Normen
FinStrG §21 Abs1;
FinStrG §31 Abs1;
FinStrG §31 Abs5;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs3;
FinStrG §21 Abs1;
FinStrG §31 Abs1;
FinStrG §31 Abs5;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren (Stempelgebühren) wird abgewiesen.
Begründung
Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid waren beim Beschwerdeführer aufgrund einer gemäß § 99 Abs. 2 Finanzstrafgesetz durchgeführten Prüfung von diesem nicht erklärte Einnahmen aus Vertretertätigkeit (für die Jahre 1974 bis 1979) und ebenfalls nicht offengelegte Einkünfte aus Kapitalvermögen (für die Jahre 1976 und 1977) der Besteuerung unterzogen worden. Der Gesamthinterziehungsbetrag der Jahre 1974 bis einschließlich 1979 hatte laut angefochtenem Bescheid in Verbindung mit dem insoweit im Verwaltungsrechtszug bestätigten erstbehördlichen Schuldspruch undifferenziert an Umsatzsteuer S 143.582,--, an Einkommensteuer S 199.442,-- und an Gewerbesteuer S 111.626,-- (zusammen S 454.650,--) betragen. Die Festsetzung der verkürzten Abgabenbeträge war für die Jahre 1974 und 1975 nach Verfahrenswiederaufnahme und für die Jahre 1976 bis 1979 erstmalig erfolgt, weil für diese Jahre keine Steuererklärungen eingereicht worden waren (die Abgabenfestsetzung war auch Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom 25. November 1986, 84/14/0136).
Mit dem nach durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung am 15. September 1989 verkündeten angefochtenen Bescheid (Datum der schriftlichen Ausfertigung 27. März 1990) bestätigte die belangte Behörde den Schuldspruch erster Instanz hinsichtlich vorsätzlicher Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz, setzte die erstinstanzlich verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 150.000,-- jedoch unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers auf S 75.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Tage) herab.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht, und zwar u.a. wegen Verstoßes gegen das gemäß § 31 Finanzstrafgesetz gewährleistete Recht "nicht bestraft zu werden".
Die belangte Behörde hat in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt und die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Nach § 33 Abs. 3 lit. a Finanzstrafgesetz ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches nicht innerhalb eines Jahres ab dem Ende der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) festgesetzt wurden (die durch die Finanzstrafgesetznovelle 1985, BGBl. Nr. 571, in den § 33 Abs. 3 leg. cit. eingefügte gesetzliche Regelung über den Zeitpunkt der Vollendung der Abgabenhinterziehung bei Unterbleiben einer bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung ist nach § 2 Abs. 1 des Art. II dieser Finanzstrafgesetznovelle auch auf vor dem 1. Jänner 1986 begangene Taten anzuwenden, wenn die Bestimmungen, die zur Zeit der Tat gegolten haben, für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger waren - vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1994, 90/14/0114, 0115).
Gemäß § 31 Abs. 1 Finanzstrafgesetz erlischt die Strafbarkeit eines Finanzvergehens durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt die Verjährung erst mit dessen Eintritt zu laufen. Nach dem Abs. 5 des § 31 erlischt die Strafbarkeit jedenfalls (absolute Verjährung), wenn seit dem Beginn der Verjährungsfrist bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist, zehn Jahre verstrichen sind.
Bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Vergehen der Abgabenhinterziehung handelt es sich um Erfolgsdelikte, sodaß für den Beginn der Verjährungsfrist der Erfolgseintritt maßgebend ist. Für die Jahre 1974 und 1975 begann deshalb die Verjährungsfrist mit der bescheidmäßig zu niedrig erfolgten - erstmaligen - Festsetzung der Abgaben und für die Jahre 1976 bis 1979 jeweils mit dem Ablauf eines Jahres nach dem Ende der gesetzlichen Erklärungsfristen (31. März des jeweiligen Folgejahres) zu laufen. Bezogen auf den mit der mündlichen Verkündung am 15. September 1989 ergangenen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1951, 127/50, Slg. Nr. 1941/A) angefochtenen Bescheid war daher bezüglich der Finanzvergehen, deren Erfolgseintritt vor dem 15. September 1979 gelegen war, die Strafbarkeit unter Beachtung der absoluten Verjährungsfrist des § 31 Abs. 5 Finanzstrafgesetz erloschen.
Fragen, die unter dem Blickwinkel der zehnjährigen Frist des § 31 Abs. 5 Finanzstrafgesetz im Hinblick auf die im Beschwerdefall betroffenen Zeiträume geklärt hätten werden müssen, wurden von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid in Verkennung der Rechtslage nicht behandelt.
Die belangte Behörde legte ihrem Ausspruch im Wege der Bestätigung des erstbehördlichen Schuldspruches in Ansehung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Pflichtverletzung hinsichtlich der verschiedenen Abgabenjahre zwar Tateinheit im Fortsetzungszusammenhang über mehrere Jahre ("die Verkürzung von bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben DIESER JAHRE an ...") zugrunde, ohne allerdings hiezu in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Bescheides die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Zu den Voraussetzungen einer Qualifikation von einzelnen Tathandlungen als fortgesetztes Delikt wird beispielsweise auf die hg. Erkenntnisse vom 5. November 1991, 91/04/0150, und vom 4. September 1992, 91/13/0021, verwiesen. Im gegebenen Zusammenhang ist zu vermerken, daß wesentliche Feststellungen, die ein Bescheid vermissen läßt, in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden können (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1990, 89/15/0115).
Mangels der erforderlichen Feststellungen, die es erlaubt hätten, vom Vorliegen eines fortgesetzen Deliktes auszugehen, hat der Verwaltungsgerichtshof unter dem Blickwinkel des geltend gemachten Beschwerdepunktes der Verjährung in Ansehung der betroffenen Zeiträume dem Beschwerdeführer das Vorliegen von jeweils einzelnen Finanzvergehen zuzugestehen. In diesem Zusammenhang hätte die belangte Behörde hinsichtlich der Jahre 1974 und 1975 feststellen müssen, wann die betreffenden Abgaben zunächst zu niedrig festgesetzt worden waren. Darüberhinaus hätte die belangte Behörde für die Jahre 1976 und 1977 (Ablauf der Einjahresfrist nach dem Ende der gesetzlichen Erklärungsfristen) nicht davon ausgehen dürfen, daß die im § 31 Abs. 5 Finanzstrafgesetz vorgesehene Frist von zehn Jahren am 15. September 1989 noch offen war. Der Umstand, daß bei gleichzeitiger Bestätigung des Schuldspruches nur eine Herabsetzung der verhängten Strafe erfolgt ist und die Rechtsmittelerledigung somit nur "assertorisch" war, spielt keine Rolle (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1991, 89/14/0073, und vom 4. September 1992, 91/13/0021).
Die belangte Behörde hat somit den Schuldspruch betreffend die Abgabenverkürzungen der Jahre 1974 bis 1977 und - wegen der Fassung des im Instanzenzug bestätigten Schuldspruches, welcher unteilbar die Begehung eines fortgesetzten Deliktes hinsichtlich verkürzter Gesamtbeträge feststellt -, auch hinsichtlich der Jahre 1978 und 1979 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und damit auch die Rechtswidrigkeit des - einheitlichen - Strafausspruches bewirkt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen (Ermessensübung bei der Strafbemessung) einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren (beantragt S 60,--) waren nicht zuzusprechen, weil der Beschwerdeführer laut Verfahrenshilfebeschluß vom 11. September 1990 von der Entrichtung dieser Gebühren befreit war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)