VwGH 93/18/0342

VwGH93/18/034228.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion in Wien vom 4. Juni 1993, Zl. IV-678.384/FrB/93, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
AVG §45 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 4. Juli 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 2. April 1993 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 und 4 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei seit 17. Juli 1991 in Österreich aufhältig. Er sei bisher keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. Zum Nachweis der Mittel zu seinem Unterhalt könne er lediglich auf eine Verpflichtungserklärung seiner Mutter verweisen. Außerdem verfüge er über keinen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz. Im Dezember 1992 habe sich der Beschwerdeführer gegen Entgelt einen gefälschten Auszug aus dem Eheregister eines serbischen Standesamtes besorgt, in dem die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin beurkundet gewesen sei. Letzteren Sachverhalt habe der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde (am 2. April 1993) zugegeben. Es entspreche nicht den "rechtlichen Gepflogenheiten", sich durch unrichtige Angaben gegenüber einer österreichischen Behörde über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Das Verhalten des Beschwerdeführers habe eindeutig gezeigt, daß sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 erster Satz FrG kann einem Fremden auf Antrag ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern ein gültiges Reisedokument vorliegt und kein Versagungsgrund gemäß § 10 gegeben ist.

Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

2.1 Auf der Grundlage einer Anzeige des Arbeitsamtes Wien 16., Herbststraße, hat die belangte Behörde als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer jener Behörde im Dezember 1992 gefälschte Auszüge aus dem serbischen Eheregister vorgelegt und im Hinblick auf die Eintragung eines österreichischen Ehepartners um einen Befreiungsschein angesucht habe.

2.2. Der Beschwerdeführer brachte dazu im Verwaltungsverfahren (Stellungnahme vom 4. Mai 1993) vor, daß ihm ein Mann namens M angeboten habe, um S 70.000,-- einen Befreiungsschein zu besorgen. Der Beschwerdeführer habe keine "Scheinehe" eingehen wollen; er sei vielmehr von M getäuscht worden und der Meinung gewesen, "daß die Angelegenheit legal vor sich geht". Diese Darstellung des Beschwerdeführers sei von der belangten Behörde unbeachtet geblieben; sie habe es unterlassen, entsprechende Erhebungen zu pflegen, inwieweit der Beschwerdeführer von M getäuscht worden sei und er sich "im guten Glauben befunden habe, daß mir der Sichtvermerk erteilt werden hätte können".

2.3. Richtig ist, daß es die belangte Behörde verabsäumte, im bekämpften Bescheid auf die (u.a.) zur Frage der Vorlage gefälschter Auszüge aus dem Eheregister vom Beschwerdeführer erstattete Äußerung einzugehen. Allerdings ist dieser Verfahrensmangel nicht wesentlich, gelingt es doch dem Beschwerdeführer nicht, mit seinen in der besagten Stellungnahme vom 4. Mai 1993 enthaltenen Ausführungen die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung durch die belangte Behörde zu erschüttern. Aus dieser Äußerung des Beschwerdeführers geht hervor, daß es seine Absicht war, sich durch einen Dritten um einen Betrag von S 70.000,-- einen Befreiungsschein zu besorgen. Auch wenn der Beschwerdeführer, wie er sagt, "in den österreichischen Gesetzen nicht erfahren (ist)" und auch keine "Scheinehe" habe eingehen wollen, hätte die beträchtlichte Höhe des von ihm aufzuwendenden Geldbetrages bei gehöriger Aufmerksamkeit zumindest Zweifel an der Korrektheit der Vorgangsweise des M wecken müssen. Diese der gegebenen Sachlage nach jedenfalls angebrachten Zweifel hätten im Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Ausstellung eines Befreiungsscheines durch den Beschwerdeführer beim Arbeitsamt in die Gewißheit münden müssen, daß die ihm hiefür von dritter Seite besorgten Unterlagen gefälscht waren, wäre es doch dem Beschwerdeführer oblegen, spätestens anläßlich der Antragstellung Einsicht in die ihm besorgten und zur Stützung seines Antrages der Behörde vorgelegten Papiere zu nehmen. Da er dieser jedem Antragsteller obliegenden Verpflichtung zur Überprüfung nicht entsprach, hat er die Unrichtigkeit der in den besagten Unterlagen aufscheinenden (konkret: die fälschlich das Bestehen einer Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen beurkundenden) Angaben zu verantworten; dies umso mehr, als ihn die geschilderten Begleitumstände, unter denen ihm diese Unterlagen beschafft worden sind, zu besonderer Vorsicht und Aufmerksamkeit hätten veranlassen müssen. Von daher gesehen war es für die belangte Behörde entbehrlich, (vom Beschwerdeführer vermißte) "entsprechende Erhebungen" zu dem von ihm angeführten Zweck durchzuführen.

Wurde demnach von der belangten Behörde unter Zugrundelegegung des von ihr mängelfrei ermittelten Sachverhaltes zu Recht der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG als verwirklicht angesehen, so konnte seitens des Gerichtshofes eine Prüfung der Frage, ob die belangte Behörde ihre abweisliche Entscheidung rechtens auch auf den weiteren Versagungstatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG zu stützen in der Lage war, unterbleiben. Eine Auseinandersetzung mit dem diese Frage betreffenden Beschwerdevorbringen erübrigt sich somit.

3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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