VwGH 93/12/0118

VwGH93/12/011828.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herbert und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, in der Beschwerdesache des C in Innsbruck, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über einen Devolutionsantrag vom 18. September 1992, betreffend die besoldungsrechtliche Stellung, Zulagen und Überstundenabgeltung, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
Statut Innsbruck 1975 §18 Abs1;
Statut Innsbruck 1975 §18;
Statut Innsbruck 1975 §41 Abs1;
Statut Innsbruck 1975 §41;
VwGG §27;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
Statut Innsbruck 1975 §18 Abs1;
Statut Innsbruck 1975 §18;
Statut Innsbruck 1975 §41 Abs1;
Statut Innsbruck 1975 §41;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit der vorliegenden Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG (§ 27 VwGG) macht der Beschwerdeführer geltend, er habe am 20. September 1991 an die oberste Dienstbehörde, den Bürgermeister der Stadt Innsbruck, den Antrag auf Zuerkennung von Zulagen und Überstundenabgeltung gestellt. Nach mehr als sechsmonatiger Untätigkeit des Bürgermeisters habe er eine "Säumnisbeschwerde und zugleich einen Devolutionsantrag an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, den Stadtsenat, mit Eventualantrag an den Gemeinderat, gestellt". Auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde sei nun durch mehr als sechs Monate untätig geblieben.

In ihrer Gegenschrift vertritt die belangte Behörde die Auffassung, daß den Bürgermeister - mangels Begehrens auf einen Feststellungsbescheid - keine Entscheidungspflicht getroffen habe und der Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde die Nichterschöpfung des Devolutionsrechtszuges entgegen stehe. Nach § 41 des Innsbrucker Stadtrechtes 1975 übe der Stadtsenat zwar oberbehördliche Befugnisse aus, jedoch sei der Gemeinderat oberste Behörde, die im Devolutionsweg angerufen werden könne. Auch wenn man davon ausgehen könnte, daß es sich bei der Eingabe des Beschwerdeführers vom 18. September 1992 um zwei selbständige Anträge, zuerst an den Stadtsenat und dann an den Gemeinderat handle, sei die Säumnisbeschwerde zu früh eingebracht, weil bei Einbringung der Beschwerde am 21. September 1992 die sechsmonatige Frist für den Stadtsenat am 21. März 1993 geendet habe, sodaß würde die Eingabe ohne neuerlichen Devolutionsantrag als an den Gemeinderat mit 21. März 1993 eingebracht gelten, die Entscheidungsfrist des Gemeinderates erst mit dem 21. September 1993 ende. Die Säumnisbeschwerde sei jedoch schon am 21. April 1993 erhoben worden.

Tatsächlich ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden, daß der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. September 1991, gerichtet an den Bürgermeister der Stadt Innsbruck, vier Anträge betreffend seine Besoldung bzw. Zulagen und Überstundenabgeltung gerichtet hat.

Mit Eingabe vom 18. September 1992, gerichtet an den Stadtsenat der Stadt Innsbruck, die als "Säumnisbeschwerde-Devolutionsantrag" bezeichnet ist, machte der Beschwerdeführer die Säumnis des Bürgermeisters in Erledigung der Eingabe vom 20. September 1991 geltend und stellte einen Devolutionsantrag. Für den Fall, daß der Stadtsenat trotz § 41 des Stadtrechtes die Rechtsansicht vertreten sollte, für die Säumnisbeschwerde bzw. den Devolutionsantrag nicht zuständig zu sein, stellte der Beschwerdeführer weiters den Antrag die "Säumnisbeschwerde samt Devolutionsantrag entsprechend der generellen Zuständigkeitsklausel zu Gunsten des Gemeinderates diese Anträge direkt dem Gemeinderat weiterzuleiten."

Nach § 41 Abs. 1 des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck 1975, LBGl. Nr. 53, geht der Instanzenzug gegen Bescheide des Bürgermeisters und des Stadtmagistrates in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches an den Stadtsenat, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gegen die Entscheidung des Stadtsenates ist ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Der Stadtsenat übt auch die in den verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse aus.

Der Wirkungskreis des Gemeinderates wird im § 18 leg. cit. geregelt, nach dessen Abs. 1 der Gemeinderat in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches das oberste schließende Organ der Stadt ist. Er ist zur Beschlußfassung und zur Überwachung der Vollziehung in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde berufen, soweit die Beschlußfassung nicht durch Gesetz ausdrücklich einem anderen Organ zugewiesen ist.

Mit dieser gesetzlichen Regelung ist keine Aussage darüber getroffen worden, daß gegenüber dem Stadtsenat nicht der Gemeinderat als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 AVG in Betracht kommt. Wenn im Stadtrecht der Landeshauptstadt Innsbruck auch nicht ausdrücklich davon die Rede ist, daß der Gemeinderat die gegenüber dem Stadtsenat in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse ausübt, so steht doch keine ausdrückliche Regelung einer solchen Annahme entgegen. Aus § 18 Abs. 1 des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck ist vielmehr abzuleiten, daß dann, wenn auch der Stadtsenat seiner Entscheidungspflicht nicht nachkommt, der Gemeinderat anzurufen ist, weil dem Gemeinderat ausdrücklich die Beschlußfassung und Überwachung der Vollziehung in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde vorbehalten ist. Wurde aber der Gemeindevorstand bei der Entscheidung über den Antrag nach § 73 Abs. 2 AVG säumig, so stand dem Beschwerdeführer zunächst das Recht zu, einen Devolutionsantrag nach § 73 AVG unmittelbar beim Gemeinderat als der zuständigen Oberbehörde einzubringen (vgl. Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1969, SlgNF. Nr. 7626/A, vom 26. März 1971 SlgNF. Nr. 7999/A, vom 12. September 1978, SlgNF. Nr. 9628/A und vom 4. September 1980, Zl. 2497/80). Da es sich bei den Ansprüchen des Beschwerdeführers um solche handelt, die dem eigenen Wirkungsbereich zuzurechnen sind, kommt dem Gemeinderat als oberstes Organ in diesem Bereich die Stellung des obersten im Devolutionsweg anzurufenden behördlichen Organes zu. Ist der Stadsenat im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG säumig geworden, so kann danach gemäß § 73 Abs. 2 AVG unmittelbar beim Gemeinderat der Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht gestellt werden, dies ohne Rücksicht darauf, daß im konkreten Fall der Gemeinderat im Berufungswege nicht angerufen werden kann (vgl. auch Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Februar 1972, Zl. 1815/71 und vom 28. September 1983, Zl. 83/01/0222, sowie für die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1986, Zl. 85/02/0281).

Der im vorliegenden Fall vom Beschwerdeführer an den Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck gerichtete Devolutionsantrag konnte demnach eine Verletzung der Entscheidungspflicht des obersten im Devolutionswege anrufbaren Gemeinderates dieser Stadt nicht bewirken. Die vorliegende Beschwerde gegen den Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck mußte aus diesen Gründen mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen werden, weil der Beschwerdeführer nicht die oberste Behörde, die von ihm im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, angerufen hat, in nicht öffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991, wobei der angesprochene Ersatz von Stempelgebühren mangels Gebührenpflicht der belangten Behörde nicht zuerkannt werden konnte.

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