VwGH 93/11/0101

VwGH93/11/010128.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des N in R, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 8. April 1993, Zl. 415.027/1-I/9/92, betreffend Entziehung der Fahrlehrerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §109 Abs1 litb;
KFG 1967 §117 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §66;
StVO 1960 §5 Abs2;
KFG 1967 §109 Abs1 litb;
KFG 1967 §117 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §66;
StVO 1960 §5 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 117 Abs. 1 in Verbindung mit § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 dem Beschwerdeführer die Fahrlehrerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C und E entzogen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützte die bekämpfte Entziehungsmaßnahme darauf, daß der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 vom 15. November 1991 rechtskräftig bestraft wurde (Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 19. September 1992).

Gemäß § 117 Abs. 1 KFG 1967 haben Fahrlehrer vertrauenswürdig im Sinne des § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 zu sein. Die Fahrlehrerberechtigung ist nach dem letzten Satz der zuerst genannten Bestimmung zu entziehen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung dieser Berechtigung nicht mehr gegeben sind.

Es entspricht der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Vertrauenswürdigkeit mit der Begehung eines Alkoholdeliktes nicht mehr gegeben ist, zählen doch derartige Verwaltungsübertretungen zu den schwerstwiegenden Übertretungen im Straßenverkehr. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Alkoholdelikt im Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand oder in der Verweigerung einer Atemluftprobe liegt (vgl. das die Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1993, Zl. 93/11/0098). Auch ein Verweigerungsdelikt ist eine derartig schwerwiegende Übertretung und nicht - wie der Beschwerdeführer meint - lediglich ein "verkehrsstrafrechtliches Alltagsdelikt", mag es auch verhältnismäßig oft begangen werden. Bei einer anderen Betrachtungsweise hätte es die betreffende Person in der Hand, - zwar nicht die Bestrafung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960, aber - die weiteren administrativen Folgen eines solchen strafbaren Verhaltens zu vereiteln, indem sie die zu der Feststellung des Grades ihrer Alkoholisierung nötige Mitwirkung verweigert. In Ansehung der charakterlichen Einstellung zu den von der StVO 1960 geschützten Werten muß daher für alle Übertretungen im Sinne des § 99 Abs. 1 StVO 1960 dasselbe gelten. Daß der Beschwerdeführer bis zur Begehung des in Rede stehenden Deliktes "in verkehrsstrafrechtlicher Hinsicht völlig unauffällig blieb", ist unerheblich, weil bereits eine einzige Straftat die bis dahin bestandene Vertrauenswürdigkeit in Wegfall bringen kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1984, Slg. Nr. 11 450/A). Das hat bei Alkoholdelikten in Ansehung der höheren Anforderungen an die Vertrauenswürdigkeit als an die Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 66 KFG 1967, die bei Begehung eines Alkoholdeliktes ebenfalls nicht mehr gegeben ist, jedenfalls zu gelten. Es kann auch nicht zugunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht fallen, daß er das Alkoholdelikt nicht in Ausübung seines Fahrlehrerberufes begangen hat, weil sich die Vertrauenswürdigkeit auch durch Verhaltensweisen im privaten Lebensbereich zu erweisen hat. Daß berufliche und damit existentielle Belange des Fahrlehrers schwerwiegend beeinträchtigt werden, wenn ihm die erforderliche Berechtigung entzogen wird, hat ebenfalls außer Betracht zu bleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof muß aber in dem Umstand, daß die belangte Behörde den Mangel der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers auch noch annähernd 1 1/2 Jahre nach der Tat für gegeben erachtete, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblicken. Die Behörden wären zwar berechtigt und verpflichtet gewesen, die in Rede stehende Entziehungsmaßnahme unmittelbar im Anschluß an die Begehung des Alkoholdeliktes durch den Beschwerdeführer zu setzen. Hält man sich aber vor Augen, daß im gegenständlichen Zusammenhang eine Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 66 Abs. 2 KFG 1967 gemäß § 73 Abs. 3 KFG 1967 nur für vier Wochen in Betracht gekommen ist, so erscheint es unangemessen, auch noch nach ungefähr 1 1/2 Jahren - in denen nach der Aktenlage nichts gegen den Beschwerdeführer Sprechendes vorgefallen ist - dessen Vertrauenswürdigkeit zu verneinen.

Dadurch, daß die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

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