VwGH 93/09/0414

VwGH93/09/041421.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge der K Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung von Beschwerden gegen die Bescheide des Landesarbeitsamtes Wien vom 20. Juli 1993, jeweils Zl. IIc/6702 B (hinsichtlich der Arbeitnehmer P, hg. Zl. 93/09/0414, und E, hg. Zl. 93/09/0416), betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG wird den beiden Wiedereinsetzungsanträgen stattgegeben.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Entscheidung über die beiden vorliegenden Anträge verbunden, weil ihnen derselbe Sachverhalt zugrundeliegt.

Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin wurden die beiden von ihr bekämpften Bescheide des Landesarbeitsamtes Wien vom 20. Juli 1993 ihrer Vertreterin am 9. August 1993 zugestellt. Die am 4. Oktober 1993 zur Post gegebenen Beschwerden (hg. Zlen. 93/09/0413 und 93/09/0415) wären daher verspätet. In der Woche vom 9. bis zum 13. August 1993 sei die Vertreterin der Beschwerdeführerin auf Urlaub gewesen. In ihrer Abwesenheit habe deren immer verläßliche Kanzleileiterin R in Fehleinschätzung der gegebenen Situation keine Eintragung des Fristablaufes für Verwaltungsgerichtshofbeschwerden vorgenommen, sondern vielmehr angenommen, mit Rücksicht auf vorangegangene Abweisungen ähnlicher Beschwerden durch den Verwaltungsgerichtshof würden in diesen Fällen Beschwerden nicht erhoben werden. Der Vertreterin der Beschwerdeführerin seien die beiden Akten deshalb erst aus Anlaß weiterer anhängiger Fälle nach dem AuslBG am 27. September 1993, somit einige Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist, vorgelegt worden. Mit diesem Tag habe somit die Frist zur Erhebung von Wiedereinsetzungsanträgen gegen die auf Grund eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses aus Versehen eingetretene Versäumung der Beschwerdefrist zu laufen begonnen.

Dieses Vorbringen hat die Beschwerdeführerin durch eidesstättige Erklärungen der Rechtsanwältin Dr. M und ihrer Kanzleileiterin R bescheinigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Anlaß, diesen Erklärungen nicht zu glauben.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0327, und die dort angeführte Vorjudikatur). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit nur in Betracht, wenn dem Antragsteller und seinem Vertreter kein Versehen oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann.

Ausgehend von den glaubwürdigen Angaben in den beiden vorliegenden Wiedereinsetzungsanträgen ist die Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung durch die Vertreterin der Beschwerdeführerin auf ein für diese unvorhergesehens Ereignis, nämlich auf ein deren sonstigen Verläßlichkeit widersprechendes Verhalten ihrer Kanzleileiterin, zurückzuführen. Es liegt auch kein Anlaß zur Annahme vor, die Anwältin habe ihre Kontrollpflicht gegenüber ihrer Kanzleileiterin grob vernachlässigt.

Da auch die versäumten Prozeßhandlungen zugleich mit den rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsanträgen nachgeholt wurden, war den Anträgen stattzugeben.

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