Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei, die in Wien eine Schneiderei betreibt, hatte nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens am 4. Jänner 1993 als Arbeitgeberin beim Arbeitsamt Bekleidung-Druck-Papier für die türkische Staatsangehörige G für die berufliche Tätigkeit als Büglerin die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 475/1992 (AuslBG), beantragt.
Dieser Antrag war vom genannten Arbeitsamt mit Bescheid vom 4. Jänner 1993 unter Berufung auf § 4 Abs. 6 AuslBG mit der Begründung abgewiesen worden, der Vermittlungsausschuß hätte im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus hätte das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In ihrer Berufung vom 15. Jänner 1993 brachte die beschwerdeführende Partei gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid im wesentlichen vor, sie möchte die beantragte Ausländerin unbedingt in ihrem Betrieb einstellen. Die beantragte Ausländerin sei nicht nur vertrauenswürdig, sie sei auch sehr fleißig, sauber und nett. Der beschwerdeführenden Partei sei die achtköpfige Familie der beantragten Ausländerin bekannt. Da derzeit nur das Familienoberhaupt arbeite, sei die Familie in sehr großen finanziellen Schwierigkeiten. Aus diesem Grunde möchte die beantragte Ausländerin unbedingt arbeiten und solcherart ihre Familie finanziell unterstützen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. Februar 1993 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und 6, sowie § 13a AuslBG keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Rechtsstufe. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der obgenannten Rechtsvorschriften, soweit für die Beschwerde von Relevanz, aus, werde ein Ausländer mit geringerem Integrationsgrad als gemäß § 4b AuslBG beantragt, sei zu prüfen, ob vorrangige Arbeitskräfte in der dort normierten Reihenfolge zur Verfügung stünden. An der Vermittlung dieser Personen bestehe - im Hinblick auf die für einen Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung - ein dringendes öffentliches Interesse. Diesem Personenkreis sei primär die Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu ermöglichen. Es sei festgestellt worden, daß die beantragte Ausländerin nicht diesem Personenkreis angehöre. Derzeit sei jedoch eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische Bügler möglich, die Arbeitslosengeld bezögen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden und somit nach den oben dargelegten Gründen der beantragten Ausländerin im Rang vorgingen. Auf Grund des letzten Vermittlungsauftrages vom November 1992 seien der beschwerdeführenden Partei beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stehende Arbeitskräfte zugewiesen worden. Es sei jedoch zu keiner Einstellung gekommen. Zwei Bewerber seien von der beschwerdeführenden Partei abgelehnt worden, da sie die offene Stelle anderweitig besetzt habe. Im gegenständlichen Verfahren habe die beschwerdeführende Partei in ihrer Berufung zum Ausdruck gebracht, daß sie unbedingt die beantragte Ausländerin einstellen wolle und habe solcherart die beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stehenden Arbeitskräfte abgelehnt. Durch dieses Desinteresse an der angebotenen Ersatzkraftstellung habe sich die beschwerdeführende Partei die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Im Hinblick auf diese Umstände werde daher die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 1 AuslBG nicht für vertretbar erachtet. Überdies sei die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 30. November 1992, BGBl. Nr. 738/1992 für das Bundesland wien festgesetzte Landeshöchstzahl von 97000 laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Jahresbeginn weit überschritten. Weder im Ermittlungsverfahren noch in der Berufung seien von der beschwerdeführenden Partei Gründe vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Gerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei in dem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes erhebt die beschwerdeführende Partei unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit den Vorwurf, der mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellte Bescheid der Behörde erster Rechtsstufe erfülle nicht die Mindesterfordernisse des § 18 Abs. 4 AVG, weil die der beschwerdeführenden Partei zugestellte Ausfertigung der Erledigung kein eigenhändiges Handzeichen enthalte, aus welchem zu entnehmen sei, daß der Genehmigende und der Fertigende ident seien.
Dieser Einwand kann die Beschwerde nicht zum Erfolg führen.
Nach der Anordnung des § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG genügt bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich.
Der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegende Bescheidnachdruck des erstinstanzlichen Bescheides vom 5. Oktober 1992, welcher mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde, enthält als Beisetzung den Namen des genehmigenden Organwalters "H".
Wenn die beschwerdeführende Partei meint, auf Grund des Zusatzes beim Namen des Genehmigenden "Ihr Arbeitsamt" sei nicht nachvollziehbar, welches Arbeitsamt den Bescheid erlassen hätte, ist ihr zu erwidern, daß links oben im Kopf des Bescheides die Bezeichnung des Arbeitsamtes Bekleidung-Druck-Papier samt Anschrift aufscheint und solcherart die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 4 erster Satz AVG erfüllt sind.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde bringt die beschwerdeführende Partei vor, gemäß § 4 Abs. 8 AuslBG könne über Höchstzahlen hinaus der Bundesminister für Arbeit und Soziales Beschäftigungsbewilligungen erteilen. Wenn die Höchstzahl - wie dies die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellt habe - überschritten sei, dann sei gemäß § 4 Abs. 8 AuslBG nicht die Zuständigkeit der belangten Behörde, sondern des Bundesministers für Arbeit und Soziales gegeben; dieser habe im Beschwerdefall nicht entschieden.
Auch diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Gemäß § 4 Abs. 8 AuslBG in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 450/1990 kann der Bundesminister für Arbeit und Soziales über Höchstzahlen gemäß § 13 hinaus bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände in Einzelfällen Beschäftigungsbewilligungen erteilen. Sonst dürfen über die Höchstzahlen gemäß § 13 hinaus Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn der Bundesminister für Arbeit und Soziales dies durch Verordnung für einzelne Berufsgruppen oder Berufsarten oder für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf lokalen Arbeitsmärkten festlegt.
Da die Landeshöchstzahlenverordnung keine Höchstzahl auf Grund des § 13 AuslBG (sondern nach § 13a Z. 3 leg. cit.) festlegt, kommt § 4 Abs. 8 AuslBG, der unmißverständlich nur auf eine Höchstzahlenregelung nach § 13 leg. cit. abstellt, im Beschwerdefall von vornherein nicht in Betracht, sodaß das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere geht.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, gestützt.
Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber in der Regel einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt. Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1 AuslBG im allgemeinen zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Es ist das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung (vgl. im Zusmamenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0161).
Bezüglich der Prüfung der Arbeitsmarktlage iSd § 4 Abs. 1 AuslBG ist im § 4b leg. cit. festgelegt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zuläßt, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Personen, die bestimmt genannten begünstigten Gruppen (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, Ausländer bei denen berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen ...) in der mit der Aufzählung vorgesehenen Reihenfolge angehören, vermittelt werden können.
Gemäß dem Spruch des angefochtenen Bescheides stützte die belangte Behörde ihre Entscheidung auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG, wobei die letztere Bestimmung zwar unter Bezugnahme auf die - von der beschwerdeführenden Partei nicht angegriffene - Überschreitung der Landeshöchstzahl auch in der Begründung wiedergegeben wird, ohne daß sich die belangte Behörde allerdings mit der Frage befaßt hat, ob und inwieweit die gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG für die Erteilung der beantragten Bewilligung vorausgesetzten erschwerten Bedingungen im konkreten Fall erfüllt sind oder nicht. Die belangte Behörde hat sich dazu offenbar deshalb nicht veranlaßt gesehen, weil ihrer Auffassung nach bereits wichtige gesamtwirtschaftliche Interessen gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG der beantragten Beschäftigungsbewilligung entgegenstehen.
Dazu macht die beschwerdeführende Partei jedoch mit Recht geltend, daß sich die belangte Behörde ohne Ermittlungen und Feststellungen zum konkreten Fall mit ganz allgemeinen Ausführungen, wie "derzeit ist eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische Bügler möglich, die Arbeitslosengeld beziehen" und "im gegenständlichen Verfahren wünschten Sie in Ihrer Berufung unbedingt die beantragte Ausländerin und lehnten damit die beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stehenden Arbeitskräfte ab" begnügt hat. Solche allgemeinen Aussagen vermögen jedoch die Ablehnung eines individuellen Bewilligungsantrages nicht zu tragen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG, die im vorliegenden Zusammenhang nur im Hinblick auf die mit der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 erfolgte Einfügung des § 4b bezüglich der bevorzugt zu vermittelnden Personen zu modifizieren ist, muß auf Grund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung der antragstellenden Partei durchzuführen ist, vorerst festgestellt werden, für welche Beschäftigung die beantragte Bewilligung KONKRET beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Betrachtung der Regelung des § 4b AuslBG diese konkrete Beschäftigung des für sie in Aussicht genommenen Ausländers zuläßt. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens eine der bevorzugt zu vermittelnden Personen entsprechend der in § 4b AuslBG enthaltenen Reihenfolge zur Verfügung steht, die bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0284, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Dem angefochtenen Bescheid und den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ist nicht zu entnehmen, daß die belangte Behörde auch nur den Versuch unternommen hätte, der beschwerdeführenden Partei nach Antragstellung geeignete Ersatzkräfte für die beantragte Ausländerin zu vermitteln. Es ist daher die rechtserhebliche Frage ungeklärt geblieben, ob es taugliche Ersatzkräfte zur Deckung des von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Arbeitskräftebedarfes gibt und ob deren Einstellung allenfalls aus von der beschwerdeführenden Partei zu vertretenden Gründen unterblieben ist. Dazu kommt noch, daß die belangte Behörde auch unzutreffenderweise davon ausgegangen ist, die beschwerdeführende Partei habe durch die Ausführungen im Berufungsschriftsatz vom 15. Jänner 1993 ("Wir möchten Frau G, unbedingt in unserem Unternehmen einstellen" ...) die Stellung von Ersatzkräften unbegründet abgelehnt.
Diese Verfahrensmängel sind relevant, weil die belangte Behörde damit den einzigen von ihr aufgegriffenen Versagungsgrund für die von der beschwerdeführenden Partei beantragte Beschäftigungsbewilligung nicht in einem mängelfreien Verfahren iSd §§ 58, 60 und 67 AVG festgestellt und begründet hat.
Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden. Hierbei konnte von der Abhaltung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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