VwGH 93/05/0169

VwGH93/05/01697.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Mai 1993, Zl. MD-VfR-B XIX-29/93, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. A in W, 2. J in W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028;
BauO Wr §134 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028;
BauO Wr §134 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der beigelegten Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachfolgender Sachverhalt:

Nach Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung am 19. August 1992 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/19 mit Bescheid vom 12. März 1993 gemäß §§ 70 und 73 der Bauordnung für Wien (BO) den mitbeteiligten Parteien die Bewilligung erteilt, nach den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plänen, abweichend von dem mit Bescheid vom 10. Oktober 1991 bewilligten Bauvorhaben in Wien, A-Gasse Nr. x, nachstehende Änderungen vorzunehmen:

"Die gartenseitige Terrasse im Erdgeschoß sowie der gartenseitige Balkon im 1. Stock werden geringfügig abgeändert. Die Fensterteilung wird an allen vier Fassadenseiten teilweise abgeändert. Die Raumeinteilungen und -widmungen werden in allen Geschoßen zum größten Teil geändert. Der Zubau im 1. Dachgeschoß, welcher den Zugang in die Wohnung Top 6 beinhaltet, wird verkleinert und stattdessen eine Terrasse ausgeführt. Neben dem Liegenschaftseingang an der Front A-Gasse wird ein Müllgefäßstandplatz hergestellt. In jeder Wohnung wird eine Waschmaschine und ein maschineller Wäschetrockner aufgestellt."

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Bauordnung für Wien enthalte keine Bestimmung, die die Anordnung von Dachflächenfenstern verbiete. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Demontage der Dachgauben wende, sei zu bemerken, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Vorschriften, die der Wahrung des örtlichen Stadtbildes und der schönheitlichen Rücksichten dienten, nicht zu jenen Bestimmungen gehörten, die außer den öffentlichen Interessen auch dem Interesse der Nachbarschaft dienten. Eine Verletzung dieser Vorschriften könne daher der Nachbar im Baubewilligungsverfahren nicht mit Erfolg geltend machen, weil ihm eben die Legitimation zur Sache fehle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Bauverfahrens verletzt, weil er als Anrainer begründete Einwendungen gegen die bewilligten A-Gassen-seitigen Dachflächenfenster erhoben habe. Er sei in seinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden, da durch diese bewilligte Änderung der freie Blick von seinem Haus nach außen, sowie der nunmehrige Einblick von den Dachfenstern des Objektes A-Gasse in sein Haus beeinträchtigt werde. Überdies sei er in seinem Parteienrecht verletzt, zur Fassadengestaltung Stellung nehmen zu können. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügt der Beschwerdeführer, es würden an der Fassade, insbesondere an der A-Straßen-seitigen Fassade wesentliche Änderungen vorgenommen und zwar die Demontage der Gauben und neue Fensterteilungen sowie neue Anbringung von Fenstern. Eine solche Änderung der Fassade in der Cottage-Schutzzone sei eine wesentliche Änderung und sei ein wesentlicher Eingriff auf das Fassadenbild. Dieser öffentlich-rechtliche Schutz betreffe aber subjektive Rechte des Beschwerdeführers. Durch die nunmehrige Einteilung der Dachfenster sei der freie Blick seines Objektes in doppelter Hinsicht beeinträchtigt. Einerseits, weil sein freier Blick gegenüber der gegenüberliegenden Fassade durch die nunmehrigen Fenster gestört sei, andererseits dadurch, daß durch die nunmehrigen Fenster ein freier Blick direkt in sein Objekt, in seine Wohnung in diesem Objekt, gegeben sei. Es sei daher entgegen der Ansicht des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein subjektiv-öffentliches Recht gegeben, durch die Störung des freien Blickes sei sein Interesse als Anrainer verletzt und seine Legitimation zu seinem Einschreiten sei daher gegeben. Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer in dem Umstand, daß entsprechende Gutachten ergeben hätten, daß durch die bewilligten baulichen Maßnahmen sehr wohl eine Fassadenänderung vorliege, die die Schutzzonenvorschriften verletzten. Es sei eine Mangelhaftigkeit darin zu erblicken, daß dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, zur Fassadengestaltung Stellung zu nehmen. Die Behörde habe vielmehr die von den Bauwerbern bereits fertiggestellte Fassade de facto akzeptiert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 34/1992, sind im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Ferner sind die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen; hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.

Aus dieser Regelung über die Rechtsstellung des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ergibt sich, daß dem Nachbarn in diesem Verfahren nur eine beschränkte Parteistellung zukommt. Darüberhinaus ergibt sich aus § 42 Abs. 1 und 2 AVG, daß ein ordnungsgemäß zur Bauverhandlung geladener Nachbar nur dann mit seinen Einwendungen durchdringen kann, wenn er sie rechtzeitig vor oder während der Verhandlung vorgebracht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, zum Ausdruck gebracht, daß ein Nachbar nur hinsichtlich rechtzeitig erhobener Einwendungen dort ein Mitspracherecht besitzt, wo der Gesetzgeber ihm ausdrücklich ein solches eingeräumt hat. In diesem Erkenntnis wurde weiters ausgeführt, daß die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie es für den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt ist, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist.

Im vorliegenden Fall bedeutet dies insbesondere, daß dem Nachbarn nach § 134 Abs. 3 BO in der Frage der Fassadengestaltung ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zusteht. Ein Widerspruch des Projektes zur "Schutzzonenbestimmung" könnte den Beschwerdeführer, da die Bestimmungen über Schutzzonen ausschließlich dem Stadtbild und damit dem öffentlichen Interesse dienen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Dezember 1990, Zl. 90/05/0226, sowie vom 24. März 1992, Zl. 91/05/0096), in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzen. Es bestand daher auch keine Verpflichtung der Behörde, aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers ein auf das Stadtbild und die Schutzzone bezogenes Gutachten einzuholen und dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen. Da die Verfahrensrechte einer Partei nicht weiter gehen als die ihr zustehenden materiellen Rechte, erübrigt sich ein Eingehen auf die Beschwerderüge zu behaupteten Verfahrensmängeln im Zusammenhang mit der Fassadengestaltung.

Die Bauordnung für Wien kennt keine Bestimmung, die dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht dahingehend einräumt, daß ihm ein freier Ausblick gewährt würde oder durch die Anordnung von Fenstern der Blick aus gegenüberliegenden Objekten in Wohnobjekte des Beschwerdeführers unmöglich ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 20. November 1956, Zl. 1256/55, ausgesprochen hat, gehört die Cottageservitut dem Zivilrecht an und ist im öffentlich-rechtlichen Bauverfahren nicht zu berücksichtigen.

Da somit bereits das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen im Rahmen des Beschwerdepunktes nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

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