Normen
FrPolG 1954 §14b Abs1 Z3;
FrPolG 1954 §14e;
VStG §35;
FrPolG 1954 §14b Abs1 Z3;
FrPolG 1954 §14e;
VStG §35;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Teil des angefochtenen Bescheides wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, gegen die am 11. Jänner 1991 gegen 10.20 Uhr erfolgte Festnahme und die darauffolgende Anhaltung bis zur Erlassung des gegen
11.45 Uhr ergangenen Schubhaftbescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer am 11. Oktober 1990 mit einem für die Bundesrepublik Deutschland bis zum 7. Jänner 1991 gültigen Sichtvermerk aus der Türkei ausgereist und Mitte Dezember 1990 in das Bundesgebiet eingereist. Anläßlich einer Kontrolle durch Gendarmeriebeamte am 11. Jänner 1991 im Berggasthof D sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer nicht im Besitz seines Reisepasses sei. Auf Befragen habe der Beschwerdeführer angegeben, daß sich der Reisepaß bei einer bestimmten Person in Bregenz befinde. Durch eine sofort durchgeführte telefonische Anfrage bei der betreffenden Person sei in Erfahrung gebracht worden, daß der Reisepaß entweder bereits auf der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch aufliege oder sich noch bei einem namentlich genannten Dolmetscher befinde. Ein Gendarmeriebeamter habe diesen Sachverhalt telefonisch dem zuständigen Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mitgeteilt. Dieser habe das Vorliegen des betreffenden Reisepasses bei der Behörde verneint und nach Rücksprache mit dem genannten Dolmetscher, der sich gerade bei ihm im Büro befunden habe, in Abrede gestellt, daß dieser den Reisepaß hätte. Der Beamte der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch habe aufgrund dessen den beiden Gendarmeriebeamten telefonisch den Auftrag erteilt, den Beschwerdeführer zur Abklärung des Sachverhaltes vorzuführen. Die beiden Gendarmeriebeamten hätten angenommen, sie hätten den Beschwerdeführer bei Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 14b Abs. 1 Z. 3 des Fremdenpolizeigesetzes betreten, und seine Festnahme ausgesprochen. Gegen 11.00 Uhr sei der Beschwerdeführer der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vorgeführt worden, welche ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt und gegen 11.45 Uhr die Ausweisung des Beschwerdeführers verfügt und die vorläufige Verwahrung angeordnet habe. Nach Auffassung der belangten Behörde sei die Annahme der Gendarmeriebeamten, daß sich der Beschwerdeführer ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, unbefugt im Bundesgebiet aufhalte, vertretbar gewesen, da der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, seinen Reisepaß vorzuweisen, und auch nicht habe angeben können, wo sich dieser gerade befinde. Die Festnahme sei zur Sicherung der Strafverfolgung, insbesondere zur Verhinderung weiteren gleichartigen strafbaren Handelns, erforderlich gewesen. Für die Gendarmeriebeamten hätten auch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme bestanden, daß der Beschwerdeführer unverzüglich das Bundesgebiet verlassen werde. Es seien somit die Voraussetzungen des § 14e Fremdenpolizeigesetz gegeben gewesen, weshalb die Festnahme sowie die anschließende Anhaltung bis zur Erlassung des Schubhaftbescheides gesetzmäßig gewesen seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 9. Juni 1992, B 235, 236/91, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit dem weiteren Beschluß vom 22. Oktober 1992, B 236/91, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14e Fremdenpolizeigesetz können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Fremden, den sie bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 14b oder 14c Z. 2 lit. b betreten, zum Zwecke einer für die Sicherung des Verfahrens unerläßlichen Vorführung vor die Behörde festnehmen, es sei denn, es wäre aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen, er werde das Bundesgebiet unverzüglich verlassen.
Gemäß § 14b Abs. 1 Z. 3 Fremdenpolizeigesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, unbefugt im Bundesgebiet aufhält.
"Bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung ... betreten" im Sinne des § 14e Fremdenpolizeigesetz wird eine Person schon dann, wenn das einschreitende Sicherheitsorgan ein Verhalten unmittelbar selbst wahrnimmt, das es zumindest vertretbarerweise als eine als Verwaltungsübertretung strafbare Tat qualifizieren kann, wenn also das Organ mit gutem Grund annehmen konnte, daß eine Verwaltungsübertretung begangen wird (vgl. die Judikatur zur Wortfolge "auf frischer Tat betreten" in § 35 VStG, etwa bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II, 320 ff).
Die Erfüllung dieser Voraussetzung hat die belangte Behörde auf dem Boden des von ihr festgestellten Sachverhaltes hinsichtlich der Begehung der Verwaltungsübertretung nach § 14b Abs. 1 Z. 3 Fremdenpolizeigesetz durch den Beschwerdeführer zu Recht bejaht, wurde doch der Beschwerdeführer von den Gendarmeriebeamten ohne Reisepaß angetroffen und fanden seine Angaben über den Verbleib des Reisepasses im Ergebnis der von den Gendarmeriebeamten durchgeführten Erhebungen keine Deckung. Die gegebene Sachlage rechtfertigte auch die Annahme, daß die Vorführung des Beschwerdeführers vor die Behörde für die Sicherung des Strafverfahrens, insbesondere zur Verhinderung weiteren gleichartigen strafbaren Handelns (vgl. 1213 Blg NR 17. GP, 6), unerläßlich war. Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die "belangte Behörde bzw. die für sie tätige Exekutive" hätte es unterlassen, bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens "ein Mindestmaß an Sorgfalt" anzuwenden, erweist sich als unbegründet, zumal der Festnahme ohnedies die vom Beschwerdeführer vermißte Befragung des Dolmetschers über den Verbleib des Reisepasses - durch den Sachbearbeiter bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch selbst - vorausgegangen war, jedoch zu keinem die Verantwortung des Beschwerdeführers bestätigenden Ergebnis geführt hatte.
Ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - "legal nach Österreich eingereist ist", ist für den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 14b Abs. 1 Z. 3 Fremdenpolizeigesetz nicht wesentlich.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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