Normen
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Gemeinde F Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Bürgermeister der Gemeinde F erließ gegenüber dem Beschwerdeführer einen Bescheid vom 14. Oktober 1991, dessen Spruch wie folgt lautete:
"Gemäß § 199 der Salzburger Landesabgabenordnung idgF wird die gegen den Abgabenbescheid der Gemeinde F vom 26. Juli 1991, Zl 1013/1991 - Ob., eingebrachte Berufung vom 8. August 1991 als gegenstandslos erklärt, da der endgültige Bescheid, gerichtet an Frau MJ, dem Berufungsbegehren vollinhaltlich Rechnung trägt."
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung, welches er an die "Gemeinde F" richtete. Er stellte den Antrag, den Bescheid vom 14. Oktober 1991 ersatzlos aufzuheben.
1.2. Die vorliegende Säumnisbeschwerde wird vom Beschwerdeführer auf "Art. 132 B-VG und 27 VwGG in Verbindung mit § 63 Abs. 2 lit. b Salzburger Gemeindeordnung" gestützt und damit begründet, daß über die Berufung vom 24. Oktober 1991 bis zum Einbringungstag der Beschwerde nicht entschieden worden sei. Als belangte Behörde wird die Gemeindevertretung der Gemeinde F bezeichnet. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf fristgerechte Entscheidung über seine Berufung als verletzt; auch lägen keine Gründe vor, die der Gemeindevertretung F als belangter Behörde die fristgerechte Erlassung einer Berufungsentscheidung unmöglich gemacht hätten. Auch im Kostenersatzantrag spricht der Beschwerdeführer vom Kostenersatz durch den Rechtsträger der "Gemeindevertretung F als belangte Behörde".
1.3. Die Gemeindevertretung der Gemeinde F als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
2.1. Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG als belangte Behörde die oberste Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde.
Sinn dieser Bestimmung ist es, in einer jeden Zweifel ausschließenden Art und Weise den Verwaltungsgerichtshof erkennen zu lassen, welcher Behörde Säumnis vorgeworfen wird.
Welche Behörde belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, kann allerdings - wie der Verwaltungsgerichtshof für das Bescheidbeschwerdeverfahren ausgesprochen hat - nicht nur aus der zutreffenden Bezeichnung der Behörde durch den Beschwerdeführer ersehen werden, sondern ist auch aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt und den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation erschließbar. Jene Behörde ist Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, welche bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen als belangte Behörde zu erkennen ist.
Dies gilt auch in Säumnisbeschwerdefällen, wenn aus der Beschwerde in ihrem Gesamtzusammenhang (einschließlich allfälliger Beilagen, wie z.B. Berufung an die säumige Behörde) zweifelsfrei hervorgeht, welcher obersten Behörde im Sinne des Art. 132 B-VG die Verletzung der Entscheidungspflicht vorgeworfen wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Zl. 85/18/0078, Rechtssatz veröffentlicht in Slg. N.F. Nr. 12.088/A, wo fallbezogen ausgesprochen wurde, es sei nach der damaligen Aktenlage eindeutig erkennbar, daß sich die Beschwerde nicht gegen den in ihr bezeichneten "Hilfsapparat" des Amtes der Landesregierung, sondern gegen die Landesregierung selbst richte).
Es ist freilich unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei der von ihr vorgenommenen Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes und der belangten Behörde ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dessen Wortlaut nicht unmittelbar erschlossen werden kann (vgl. den hg. Beschluß vom 20. Jänner 1989, Zl. 88/17/0183, und die dort zitierte Rechtsprechung, sowie den hg. Beschluß vom 20. Februar 1992, Zl. 92/08/0005). Diese Beurteilung gilt angesichts desselben dahinterstehenden Regelungszweckes sowohl für die Bezeichnung der belangten Behörde in Bescheidbeschwerden gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 VwGG als auch für die Bezeichnung der belangten Behörde in Säumnisbeschwerden gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. (hg. Beschluß vom 22. Februar 1991, Zl. 90/17/0181).
2.2. Gemäß § 43 Abs. 3 der Salzburger Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 58/1963 in der geltenden Fassung (im folgenden: Sbg LAO), fällt die Erhebung der Gemeindeabgaben in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Nach § 44 leg. cit. richtet sich die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Abgabenbehörden nach den Vorschriften über ihren Wirkungsbereich und nach den Abgabenvorschriften. Gemäß § 45 leg. cit. richtet sich die Zuständigkeit in Angelegenheiten der Gemeindeabgaben, wenn die im § 44 erwähnten Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit keine Bestimmungen enthalten, nach den gemeinderechtlichen Vorschriften; als Abgabenbehörde zweiter Instanz hat hienach jene Behörde zu gelten, die zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz berufen ist.
§ 17a der Salzburger Gemeindeordnung 1976, LGBl. Nr. 56 (im folgenden: Sbg GdO 1976), lautet:
"(1) Organe der Gemeinde sind unbeschadet der in anderen Gesetzen vorgesehenen jedenfalls:
a) der Gemeinderat, welcher die Bezeichnung "Gemeindevertretung" führt;
b) der Gemeindevorstand, welcher die Bezeichnung "Gemeindevorstehung" führt;
- c) der Bürgermeister;
- d) im Fall der Ermächtigung durch die Gemeindevertretung die Ausschüsse.
(2) Hilfsorgan der Gemeinde ist das Gemeindeamt und gegebenenfalls eine gemäß § 42 gebildete Verwaltungsgemeinschaft.
(3) Die Befugnisse und Aufgaben der Gemeindeorgane ergeben sich aus den Verwaltungsvorschriften."
§ 63 Sbg GdO 1976 enthält Bestimmungen über Bescheid, Berufung und Vorstellung. Gemäß § 63 Abs. 1 leg. cit. steht der Partei das Recht der Berufung zu, und zwar, soweit durch Gesetz
nicht anderes bestimmt ist, ... b) gegen Bescheide des
Bürgermeisters in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde an die Gemeindevertretung.
Gemäß § 52 Abs. 3 Sbg GdO 1976 obliegt die Einhebung (Vorschreibung und Eintreibung) der Abgaben dem Bürgermeister. Für die Gemeindeabgaben enthält § 31 Abs. 6 leg. cit. in der Fassung LGBl. Nr. 67/1988 eine von § 63 Abs. 2 lit. b leg. cit. abweichende Zuständigkeitsregelung. Gemäß § 31 Abs. 6 Z. 1 leg. cit. obliegt nämlich die Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters in Gemeindeabgabensachen der Gemeindevorstehung, gegen deren Entscheidung ein weiterer Rechtszug im Verwaltungswege nicht stattfindet.
Abgabenbehörde erster Instanz in Gemeindeabgabensachen (wozu die Ortstaxe zählt) ist daher der Bürgermeister, zweit- und letztinstanzliche Behörde die Gemeindevorstehung. Der Gemeindevertretung kommt in diesen Angelegenheiten keine Zuständigkeit als Berufungsbehörde zu. Daß die in § 17a Sbg GdO 1976 genannten Organe in organisatorischer Sicht Organe der Gemeinde sind, ändert nichts daran, daß sie vom Gesetzgeber (auch) als Behörden eingerichtet und mit verschiedenen behördlichen Zuständigkeiten ausgestattet sind, sodaß unter den behördlichen Aufgaben der Gemeindevertretung nicht jene mitverstanden werden können, die, wie hier, nach der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung der Gemeindevorstehung obliegen.
2.3. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer ausdrücklich der Gemeindevertretung der Gemeinde F eine Säumnis bei Entscheidung über die von ihm erhobene Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters in einer Abgabensache zum Vorwurf gemacht. Er hat sich dabei in der Säumnisbeschwerde ausdrücklich auf die (allgemeine) Zuständigkeitsbestimmung des § 63 Abs. 2 lit. b Sbg GdO 1976 gestützt. Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer mit der so bezeichneten belangten Behörde in Wahrheit die gemäß § 31 Abs. 6 Z. 1 Sbg GdO 1976 in der Fassung LGBl. Nr. 67/1988 zuständige Gemeindevorstehung gemeint hat, sind weder der Beschwerde noch der dieser angeschlossenen Beilage zu entnehmen. Ob die ausdrückliche Neuung der Gemeindevorstehung als Berufungsbehörde in der Berufung als ein solches Indiz gewertet werden könnte, kann dahingestellt bleiben, denn die Berufung enthält keine Bezeichnung der Berufungsbehörde. Ebensowenig wie es bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten zulässig ist, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann (hg. Beschlüsse vom 27. Juni 1980, Slg. MF. Nr. 10.179/17, Seite 555, und vom 20. Februar 1992, Zl. 92/08/0005), kommt im vorliegenden Fall einer Säumnisbeschwerde eine Umdeutung der in der Beschwerde ausdrücklich bezeichneten belangten Behörde von "Gemeindevertretung" in "Gemeindevorstehung" in Betracht (vgl. den ebenfalls in einer Säumnisbeschwerdesache ergangenen hg. Beschluß vom 22. Februar 1991, Zl. 90/17/0181, betreffend die Behörden "Wiener Landesregierung" und "Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien").
Unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG ist es, daß jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (das Parteienbegehren) zu entscheiden. Die Pflicht zur Entscheidung kann aber nur eine Behörde treffen, die zum Abspruch über das Parteienbegehren sachlich und örtlich zuständig ist (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Beschlüsse vom 2. Dezember 1987, Zl. 87/13/0216, vom 2. Dezember 1988, Zl. 88/17/0123, und den zuletzt genannten Beschluß vom 22. Februar 1991).
Da die im Beschwerdefall belangte Gemeindevertretung nach den vorhin erwähnten Bestimmungen der Salzburger Gemeindeordnung zur Entscheidung über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung nicht zuständig war, fehlte dem Beschwerdeführer ihr gegenüber die Beschwerdelegitimation, weil diese Behörde - entgegen der Behauptung in der Säumnisbeschwerde, nicht zur Entscheidung über die Berufung berufen und daher auch nicht diejenige Behörde war, durch deren Säumnis der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt werden konnte. Die Säumnisbeschwerde mußte daher wegen des Fehlens der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluß zurückgewiesen werden.
2.4. Der Umstand, daß die Gemeindevorstehung mit Bescheid vom 20. November 1992 über die anhängige Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 14. Oktober 1991 eine Entscheidung getroffen hat, vermag keine andere Erledigung durch den Verwaltungsgerichtshof im Säumnisbeschwerdeverfahren herbeizuführen, da eine Einstellung dieses Verfahrens die Zulässigkeit der Beschwerde voraussetzt (vgl. den denselben Beschwerdeführer betreffenden hg. Beschluß vom 18. Dezember 1992, Zl. 92/17/0222).
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 2 sowie 51 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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