Normen
AVG §38;
BAO §281 Abs1;
B-VG Art132;
LAO Slbg 1963 §206 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
AVG §38;
BAO §281 Abs1;
B-VG Art132;
LAO Slbg 1963 §206 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
1.0. Aus der Säumnisbeschwerde und den ihr angeschlossenen Beilagen ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
1.1. Mit Bescheid vom 26. Juli 1991 schrieb der Bürgermeister der Gemeinde Flachau dem Beschwerdeführer Ortstaxe in der Höhe von S 2.700,-- für die Jahre 1986 bis 1990 auf Grund des Salzburger Ortstaxengesetzes 1972 vor. Die Behörde gründete die Abgabepflicht auf das grundbücherliche Eigentum des Beschwerdeführers an einer Ferienwohnung.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer am 14. August 1991 eine mit 8. August 1991 datierte Berufung ein und machte darin im wesentlichen geltend, daß die Wohnung seiner Mutter als Fruchtgenußberechtigter zuzurechnen sei, da diese die Herrschaft über dieses Wirtschaftsgut gleich einer Eigentümerin ausübe. Es werde daher der Antrag gestellt, den erstinstanzlichen Bescheid vom 26. Juli 1991 ersatzlos aufzuheben.
1.2. In der Folge habe der Bürgermeister der Gemeinde Flachau, so heißt es in der Säumnisbeschwerde weiter, dem Beschwerdeführer gegenüber einen Bescheid vom 14. Oktober 1991 erlassen, dessen Spruch folgendermaßen laute:
"Gemäß § 199 der Salzburger Landesabgabenordnung idgF wird die gegen den Abgabenbescheid der Gemeinde Flachau vom 26. Juli 1991 Zl 1013/1991 - Ob., eingebrachte Berufung vom 8. August 1991 als gegenstandslos erklärt, da der endgültige Bescheid, gerichtet an Frau M K, dem Berufungsbegehren vollinhaltlich Rechnung trägt."
Zur Begründung habe der Bürgermeister ausgeführt:
"Da dem Begehren des Berufungswerbers vollinhaltlich Rechnung getragen wurde, kann gemäß § 58 AVG eine Begründung entfallen."
1.3. Mit diesem Bescheid sei nach Auffassung des Beschwerdeführers über die Berufung nicht entschieden worden. Der Spruch des Bescheides stütze sich auf § 199 der Salzburger Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 58/1963 in der geltenden Fassung (im folgenden: Sbg LAO), wobei die Berufung als gegenstandlos erklärt werde. Die Anwendung dieser Bestimmung sei im vorliegenden Fall nicht möglich. Der vom Beschwerdeführer bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters vom 26. Juli 1991 sei nicht vorläufig ergangen. Es habe daher auch keine endgültiger Bescheid erlassen werden können. Ein ändernder Bescheid sei dem Beschwerdeführer niemals zugestellt worden. Das im Bescheid des Bürgermeisters vom 26. Juli 1991 dem Beschwerdeführer auferlegte Leistungsgebot sei somit nach wie vor aufrecht.
Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge über seine Berufung vom 8. August 1991 gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 26. Juli 1991 entscheiden und diesen Bescheid im Sinne des Berufungsbegehrens ersatzlos aufheben.
1.4. Der Beschwerdeführer hat auch gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 14. Oktober 1991 Berufung erhoben. Die behauptete Verletzung der Pflicht der Gemeindevertretung zur Entscheidung über diese Berufung ist Gegenstand der zur hg. Zl. 92/17/0223 protokollierten Säumnisbeschwerde.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Fünfersenat erwogen:
2.1. Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Gemäß § 27 VwGG idF BGBl. Nr. 330/1990 kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Artikel 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, ....., angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
§ 199 Sbg LAO lautet:
"Wurde gegen einen vorläufigen Bescheid (§ 147) oder gegen einen nachträglich geänderten Bescheid eine Berufung eingebracht, über die im Zeitpunkt der Erlassung des endgültigen oder des ändernden Bescheides noch nicht entschieden war, dann ist sie zugleich mit der Erlassung des endgültigen oder des ändernden Bescheides insoweit als gegenstandslos geworden zu erklären, als der endgültige oder der ändernde Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trägt. Im übrigen gilt die gegen den vorläufigen oder gegen den geänderten Bescheid eingebrachte Berufung als auch gegen den endgültigen oder gegen den ändernden Bescheid gerichtet."
2.2.1. Im vorliegenden Beschwerdefall ist die Prozeßvoraussetzung zu prüfen, ob der belangten Behörde eine Verletzung der Entscheidungspflicht im Sinne des Art. 132 B-VG und des § 27 VwGG zum Vorwurf gemacht werden kann. § 27 VwGG umschreibt dieses Tatbestandsmerkmal des Art. 132 B-VG näherhin noch dadurch, daß die Verletzung der Entscheidungspflicht erst geltend gemacht werden kann, wenn die (in dieser Bestimmung definierte) oberste Behörde von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Auslegungsbedürftig ist daher der Begriff der Entscheidung "in der Sache" im Sinnverständnis des § 27 VwGG. Sollte - so ist zu fragen - eine Säumnisbeschwerde ungeachtet einer durch verfahrensrechtlichen Bescheid erfolgten Erledigung der Verwaltungsangelegenheit immer dann zulässig sein, wenn die Behörde keine meritorische Entscheidung getroffen hat? Vor dem Hintergrund des Art. 132 B-VG und dem Sinn des Rechtsinstitutes der Säumnisbeschwerde ist diese Frage klar zu verneinen. Der Begriff der Entscheidung in der Sache im Sinne des § 27 VwGG meint eine Entscheidung in der vor der Behörde über den Antrag einer Partei anhängigen Rechtsangelegenheit. Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß die im § 27 VwGG gebrauchte Wendung "Entscheidung in der Sache" nicht allein eine meritorische Entscheidung bedeute, sondern auch eine Entscheidung rein verfahrensrechtlicher Art, wie sie z.B. in der Zurückweisung des Begehrens auf neuerliche Entscheidung gelegen sei (vgl. die hg. Beschlüsse vom 10. Februar 1955, Zl. 2830/54, vom 5. Juni 1973, Zl. 647/73, und vom 31. Oktober 1985, Zl. 85/06/0034 = ZfVB 1986/3/1385). Wurde z.B. ein Antrag eines Beschwerdeführers von der Behörde mangels Parteistellung zurückgewiesen, so hat der Beschwerdeführer nur die Möglichkeit, den betreffenden Bescheid zu bekämpfen. Eine Säumnisbeschwerde mit der Begründung, es sei nicht meritorisch über den Antrag des Beschwerdeführers abgesprochen worden, ist nicht zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1985, Zl. 85/03/0091, 0102).
Es ist daher festzuhalten, daß die Behörde nicht nur durch meritorische, sondern auch durch bestimmte verfahrensrechtliche Entscheidungen (neben prozeßbeendenden Beschlüssen sind etwa auch die Aussetzungsbescheide zu erwähnen) ihrer Entscheidungspflicht im Sinne des § 27 VwGG nachkommen kann.
2.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner in ständiger Rechtsprechung judiziert, daß die Säumnisbeschwerde vor Untätigkeit der Behörde schützt. Sie dient jedoch nicht der Abwehr von Verletzungen der den Behörden aufgetragenen Zuständigkeitsbestimmungen. Diese sind nach Erschöpfung des Instanzenzuges mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bekämpfen. Demgemäß schließt eine Sachentscheidung, mag sie auch von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sein, die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde aus. Liegt sohin ein, wenn auch rechtswidriger Bescheid vor, so kann die Zuständigkeit in derselben Angelegenheit nicht mehr auf den Verwaltungsgerichtshof übergehen. Bei dieser Rechtslage steht der Partei zur Bekämpfung einer derartigen behördlichen Erledigung lediglich der verwaltungsbehördliche Rechtszug offen (vgl. den hg. Beschluß vom 21. März 1974, Slg. N.F. Nr. 4663/F, und das Erkenntnis vom 29. April 1976, Zl. 1831/75, und andere).
Was der Verwaltungsgerichtshof hier für meritorische Entscheidungen unzuständiger Behörden ausführt, gilt gleicherweise für prozeßbeendende Beschlüsse solcher Behörden.
2.3. Im Beschwerdefall hat der Bürgermeister der Gemeinde Flachau im Spruch seines Bescheides vom 14. Oktober 1991 die gegen den Abgabenbescheid vom 26. Juli 1991 eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers als gegenstandlos erklärt. Der Bürgermeister hat sich dabei auf § 199 Sbg LAO gestützt und (gleichfalls im Spruch) begründend zum Ausdruck gebracht, daß der endgültige Bescheid, gerichtet an die Mutter des Beschwerdeführers, dessen Berufungsbegehren vollinhaltlich Rechnung trage.
Der normative Inhalt dieses Abspruches liegt darin, daß die Berufung des Beschwerdeführers als gegenstandlos erklärt wird, also als prozessual erledigt zu gelten habe. Im Hinblick auf die Wirksamkeit dieses bescheidmäßigen Abspruches (§ 93 Sbg LAO) bindet dieser auch die angerufene Berufungsbehörde dahingehend, daß ihr, solange der Bescheid des Bürgermeisters vom 14. Oktober 1991 dem Rechtsbestand angehört, keine unerledigte Berufung mehr zur Entscheidung vorliegt.
Darauf, ob der Bürgermeister die Zuständigkeit zur Erlassung des Bescheides vom 14. Oktober 1991 zu Recht in Anspruch genommen hat und ob der Inhalt des Bescheides gesetzmäßig ist, kommt es im vorliegenden Beschwerdeverfahren hingegen nicht an. Da die getroffene Formalentscheidung (Gegenstandsloserklärung) die belangte Berufungsbehörde ihrer Entscheidungspflicht enthoben hat, war es entbehrlich, Überlegungen über den möglichen Inhalt der in den Spruch in Form einer Begründung aufgenommenen Wendung anzustellen, daß der endgültige Bescheid, gerichtet an die Mutter des Beschwerdeführers, dessen Berufungsbegehren vollinhaltich Rechnung trage.
2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die vom Bürgermeister der Gemeinde Flachau auf § 199 Sbg LAO gestützte bescheidmäßige Gegenstandsloserklärung der Berufung des Beschwerdeführers die Berufungsbehörde ihrer Entscheidungspflicht über die in der Abgabensache vom Beschwerdeführer erhobene Berufung entbunden hat. Da somit die Prozeßvoraussetzung der Säumnis nicht gegeben ist, war die Säumnisbeschwerde gemäß § 27 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
2.5. Der Umstand, daß dem Verwaltungsgerichtshof bekannt geworden ist, daß die Gemeindevorstehung der Gemeinde Flachau mit Bescheid vom 20. November 1992 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 26. November 1992) der Berufung des Beschwerdeführers vom 8. August 1991 stattgegeben, den Bescheid des Bürgermeisters vom 26. Juli 1991 ersatzlos aufgehoben und das darin enthaltene Leistungsgebot aufgehoben hat, vermag keine andere Erledigung durch den Verwaltungsgerichtshof herbeizuführen, da eine Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung (§ 33 Abs. 1 VwGG) die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde voraussetzt (siehe das ein Bescheidbeschwerdeverfahren betreffende hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1981, Slg. N.F. Nr. 10.547/A = ZfVB 1982/5/1809, dessen diesbezügliche Aussage in gleicher Weise auf Säumnisbeschwerden zutrifft).
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)