VwGH 92/13/0207

VwGH92/13/020714.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden der X-G.m.b.H. in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in E, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) 1) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 16. Juli 1992, Zl 6/2-2243/1/89-01, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 1980 bis 1986, sowie

2) der FLD für Wien, NÖ und Bgld (Berufungssenat III) vom 16. Juli 1992, Zl 6/2-2243/89-01, betreffend Umsatzsteuer, Abgabe von alkoholischen Getränken, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1977 bis 1985, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §116 Abs1;
BAO §184;
BAO §20;
BAO §284 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
BAO §115 Abs1;
BAO §116 Abs1;
BAO §184;
BAO §20;
BAO §284 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;

 

Spruch:

Die Bescheide werden im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 23.200,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Gegenstand des Unternehmens der Beschwerdeführerin war der Einzel- und Großhandel mit Weinen im Gebinde und Erzeugung von Wermut und Süßweinen. Die Beschwerdeführerin ermittelte ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr, welches jeweils den Zeitraum vom 1. April bis 31. März umfaßte.

Im Jahre 1986, dem Jahr nach Bekanntwerden des sogenannten "österreichischen Weinskandales", wurde bei der Beschwerdeführerin mit der Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung begonnen, welche sich zunächst auf die Jahre 1977 bis 1984 erstreckte und in der Folge auf die Jahre 1985 bis 1988 ausgedehnt wurde.

In dem gemäß § 150 BAO erstellten Bericht über die Jahre 1977 bis 1984 vom 3. Juli 1989, auf welchen in dem für die Jahre 1985 bis 1988 erstellten Bericht vom gleichen Tag verwiesen wurde, wurde festgehalten, daß mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 29. Februar 1988 die Gesellschafter der Beschwerdeführerin Manfred P., Gerhard P. und Dipl.-Ing. Werner P. wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB rechtskräftig zu Freiheitsstrafen verurteilt worden wären. Es wären von Mitte 1978 bis Anfang Sommer 1985 zumindest 1,908.000 l verfälschter Wein mit einer Schadenssumme von mindestens S 9,730.800,-- angeboten worden.

Zur Buchführung wurde unter Hinweis auf die entsprechenden Textziffern des Berichtes festgestellt, daß

  1. a) Umsätze und entsprechende Gewinne, die zu Einlagen auf sogenannte "schwarze Sparbücher" geführt hätten, nicht erklärt worden wären,
  2. b) "Schwarzweinverkäufe" - laut Aussage des Gerhard P. vor dem Untersuchungsrichter monatlich 8.000 bis 15.000 l, "dies aber nicht immer" - nicht in die Buchhaltung aufgenommen worden wären,
  3. c) Kunstwein der Firmen Pf. und T. ohne Rechnung gekauft (756.000 l) und verkauft worden wären und
  4. d) Handel mit Prädikatsweinbescheinigungen nicht erfaßt worden wären.

In der Folge nahm der Prüfer, soweit dies für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof von Bedeutung ist, in den Jahren 1977 bis 1985 folgende Zuschätzungen bei der Umsatzsteuer vor:

a) b) c)

1977 2,000.000,--

1978 1,440.000,--

1979 2,200.000,--

1980 380.000,-- 420.000,--

1981 600.000,--

1982 600.000,--

1983 600.000,--

1984 1,600.000,--

1985 5,220.000,--

Die in Spalte a) enthaltenen Werte wurden unter Bezugnahme auf Punkt a) der oben angeführten Feststellungen dazugeschätzt, wobei davon ausgegangen wurde, daß zwischen Ein- und Verkauf Aufschläge von 100 % möglich gewesen wären.

Die in Spalte b) enthaltenen Werte wurden unter Bezugnahme auf Punkt b) der oben angeführten Feststellungen dazugeschätzt, wobei der Zusatz "dies auch nicht immer" insofern berücksichtigt wurde, als Schwarzweinverkäufe 1981 bis 1983 im Ausmaß von 10.000 l jeden zweiten Monat und 1980 7.000 l jeden zweiten Monat zu einem Verkaufspreis von S 10,--/l angenommen wurden.

Die in Spalte c) enthaltenen Werte wurden unter Bezugnahme auf Punkt c) der oben angeführten Feststellungen dazugeschätzt, wobei die Verkäufe von 160.000 l zugekauften Kunstweines dem Jahr 1984 und 580.000 l zugekauften Kunstweines dem Jahr 1985 zugeordnet wurden. Die Verkäufe der restlichen 16.000 l zugekauften Kunstweines wurden als in der Zuschätzung des Jahres 1980 enthalten angesehen. Als Verkaufspreis wurde im Jahr 1984 S 10,--/l, im Jahr 1985 auf Grund erheblicher Preisrückgänge kurz vor dem "Weinskandal" S 9,--/l angenommen.

Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Einkommen- und Gewerbesteuer wurden die Zuschätzungen abzüglich eines Wareneinsatzes von jeweils 50 % mit Ausnahme des Jahres 1985, in diesem Jahr wurde bei der Zuschätzung von S 5,220.000,-- ein Wareneinsatz von S 2,700.000,-- in Ansatz gebracht, zuzüglich der auf die Zuschätzungen entfallenden Umsatzsteuer dem Betriebsergebnis außerbilanzmäßig - für die Jahre 1980 bis 1985 als verdeckte Gewinnausschüttung - hinzugerechnet.

Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ ua für die Jahre 1977 bis 1985 entsprechende Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide. Bezüglich der verdeckten Gewinnausschüttungen der Jahre 1980 bis 1985 sowie einer weiteren verdeckten Gewinnausschüttung des Jahres 1986 in Höhe von S 116.000,-- wurde die Beschwerdeführerin mit Bescheid zur Haftung für Kapitalertragsteuer im Ausmaß von 25 % der ungekürzten Kapitalerträge herangezogen.

In einer ua gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung wurde im wesentlichen ausgeführt:

Zu den oben unter Punkt a) angeführten Feststellungen und den diesbezüglich angesetzten Zuschätzungen wurde geltend gemacht, daß die Mittel aus den Sparbüchern zur Gänze von Julius P., dem Vater der nunmehrigen Gesellschafter Manfred, Gerhard und Dipl.-Ing. Werner P., stammten, welcher seit Anfang der Sechziger-Jahre eine Weinhandelsfirma betrieben hätte, die er mit Stichtag 1. April 1975 in die Beschwerdeführerin eingebracht hätte. Julius P. wäre immer bestrebt gewesen, finanzielle Reserven anzusammeln, um im Notfall der Firma helfen zu können. Diese Hilfe wäre zu seinen Lebzeiten in der Form erfolgt, daß er fallweise für Weinlieferungen aus seinem angesammelten Privatgeld Schecks bezahlt hätte, welche erst viel später zur Einlösung und Gutschrift auf seinen Konten übergeben worden wären. Er hätte sein Geld praktisch vorgestreckt, und hätte dieses Geld auch immer als Reserve für die Firma haben wollen, falls Krisenzeiten eintreten sollten. Dies lasse sich schon daraus beweisen, daß die Einlagen größtenteils in den Jahren 1977 bis 1978 erfolgt seien. Nach relativ unbedeutenden Einzahlungen in den Jahren 1979 und 1980 wären die vorhandenen Reserven erschöpft gewesen.

Zu den oben unter Punkt b) angeführten Feststellungen und den diesbezüglich in Ansatz gebrachten Zuschätzungen wurde eingewendet, daß sich die Aussage, pro Monat wären 8.000 bis 15.000 l Wein schwarz verkauft worden, auf den Zeitraum ab Mitte 1984 bis Sommer 1985 bezogen hätten. Obwohl der Beschwerdeführerin im Wirtschaftsjahr 1979/80 ein Schwarzweineinkauf von 16.000 l (von der Firma Pf.) vorgeworfen werde, hätte es Schwarzweinverkäufe vor 1984 nicht gegeben. Der besagte Zukauf von 16.000 l Wein wäre ausschließlich zur Schwundabdeckung verwendet worden. In den Wirtschaftsjahren 1980 bis 1983 wäre es auf Grund der guten Betriebsergebnisse nicht nötig gewesen, Schwarzverkäufe zu tätigen. Erst ab Mitte 1984 hätten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend geändert. Es hätte ein Weinpreissturz vor allem im Export eingesetzt, Spätlesen hätten bereits um DM 0,70/l füllfertig geliefert werden müssen. Zusätzlich hätten die deutschen Abnehmer immer höhere Restsüßen im Wein verlangt, die legalerweise nicht mehr herzustellen gewesen wären, sodaß vor allem teurer Fruchtzucker (Fructose) schwarz eingekauft hätte werden müssen (ca S 50,--/kg). Weiters hätten ab 1984 die deutschen Abnehmer alle Weine ausgeschönt verlangt; diese Bentonitschönung zur Eiweißentfernung im Wein hätte wiederum einen größeren Mengenverlust insofern zur Folge gehabt, als zum Vorquellen der Bentoniterde statt Wasser Normalwein hätte verwendet werden müssen, um die Prädikatsweine in ihrer analytischen Zusammensetzung nicht nachteilig zu beeinflussen. Ferner wäre ab 1984 von den Weinbauern infolge der großen Exportnachfrage durchgesetzt worden, daß beim Weinkauf auch das Geläger mitaufgeladen und als Wein bezahlt werden hätte müssen, was zusätzlichen, nicht unbeachtlichen Mengen- und Wertverlust bedeutet hätte. Die angeführten Fakten zusammen hätten die wirtschaftliche Situation des Betriebes derart verschlechtert, daß kein anderer Ausweg mehr gesehen worden wäre, als durch Schwarzverkäufe diese Betriebsspesen wieder hereinzubringen. So wäre von der Firma T. und Pf. ab Mitte 1984 Wein ohne Rechnung gekauft worden und dieser mit Lagerwein verschnitten auf Rechnung an Brennereien verkauft worden.

Die Kunstweinzukäufe wurden sowohl hinsichtlich der Menge als auch hinsichtlich des Einkaufspreises bekämpft. Ebenso wurde die Annahme bekämpft, der zugekaufte Wein wäre in gleicher Menge des Zukaufes um S 10,-- bzw S 9,--/l ohne Rechnung verkauft worden. Nach den Berufungsausführungen wären nur 450.000 l Kunstwein um einen Preis zwischen S 3,50 und S 5,-- gekauft und höchstens 200.000 l zu einem Preis von maximal S 6,50 verkauft worden.

Sämtliche Gewinne aus Schwarzverkäufen wären zur Gänze zum Ankauf der unerlaubten Zusätze wie vor allem Fructose, Glyzerin, etc verwendet worden. In einer Entgegnung zu einer Stellungnahme des Prüfers zur Berufung wurde diesbezüglich ergänzt, daß die von der Behörde vertretene Ansicht, die Gewinne aus Schwarzgeschäften hätten zu verdeckten Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter geführt, völlig unrealistisch sei.

Mit dem nunmehr zweitangefochtenen Bescheid wurde der Berufung betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1977 und 1978 sowie hinsichtlich der Abgabe von alkoholischen Getränken betreffend die Jahre 1977 bis 1984 stattgegeben, betreffend Abgabe von alkoholischen Getränken 1985 teilweise stattgegeben, im übrigen wurde die Berufung jedoch als unbegründet abgewiesen.

Begründend stützte sich die belangte Behörde bezüglich des Zeitraumes ab 1979 auf das bereits erwähnte rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt. Danach wären 756.000 l Kunstweinzukäufe im Zeitraum von Mitte 1978 bis Anfang Sommer 1985 als erwiesen angenommen worden. Das Urteil führe aus, daß große Teile des Inlandsgeschäftes, sowohl im Einkauf als auch im Verkauf, nicht in die Buchhaltung aufgenommen worden wären, wobei die Schwarzgeschäfte monatlich zumindest bis zu 15.000 l betragen hätten. Dieses Strafurteil hätte die Grundlage für die Betriebsprüfung gebildet, wobei abweichend von den Feststellungen des Gerichtes unter Berücksichtigung der vorgefundenen Lagerkapazitäten eine weitaus geringere Menge, nämlich 10.000 l jeden zweiten Monat als Verkauf ohne Rechnung den Berechnungen zugrunde gelegt worden wäre. Die dagegen vorgebrachten Berufungseinwendungen hätten sich auf Behauptungen, die weder durch Schriftverkehr noch durch andere Beweismittel nachgewiesen noch auf eine andere Art glaubhaft gemacht worden wären, beschränkt. Die Argumente der Beschwerdeführerin hätten nicht überprüft werden können und hätten daher unberücksichtigt bleiben müssen, da sich die Beschwerdeführerin im wesentlichen darauf beschränkt hätte, die Schätzungsgrundlagen einfach zu bestreiten, ansonsten aber nichts Konkretes vorgebracht hätten. Der Abgabenbehörde könne keine Verletzung ihrer Ermittlungspflicht vorgeworfen werden, wenn sie jene Tathandlungen als erwiesen annimmt, die ein Strafgericht bereits als erwiesen angenommen hat und die zu einer rechtskräftigen Verurteilung der Täter geführt haben. Es sei zu beachten, daß in Fällen, in denen eine Straftat mit rechtskräftigem Urteil als erwiesen angenommen worden sei, keine begründeten Zweifel am Tatgeschehen offen geblieben seien, die eine nachträgliche Überprüfung durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde rechtfertigen würden. Der Senat hätte auf Grund des rechtskräftigen Urteiles keine Veranlassung gesehen, von den in diesem erwiesenen und von der Betriebsprüfung noch reduzierten Schwarzverkäufen abzugehen, insbesondere auch deshalb, weil es sich im Urteil um festgestellte Mindestmengen gehandelt hätte. Auch die von der Betriebsprüfung angenommenen Durchschnittsverkaufspreise hätten sich auf die Angaben des Sachverständigen während der Hauptverhandlung gestützt.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß der Berufungssenat III in seiner Berufungsentscheidung (zweitangefochtener Bescheid) festgestellt hätte, in welchem Ausmaß verdeckte Gewinnausschüttungen auf Grund von Umsatzhinzuschätzungen vorgelegen seien. Auf die Begründung dieser Entscheidung werde verwiesen. Die Behauptung, es sei völlig unrealistisch, daß die Gewinne aus Schwarzweingeschäften zu verdeckten Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter geführt hätten, sei nicht geeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen, da die Beschwerdeführerin in keiner Weise durch konkrete, durch Zahlen belegte Angaben glaubhaft zu machen versucht hätte, wofür sie tatsächlich verwendet worden wären.

In den gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden beantragt die Beschwerdeführerin deren Aufhebung insoweit, als die Berufung abgewiesen wurde - somit hinsichtlich Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1979 bis 1985 sowie Kapitalertragsteuer 1980 bis 1986 - wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat (teilweise unvollständig) die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in beiden Verfahren eine Gegenschrift erstattet, in welcher jeweils die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt zunächst als Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde eine beantragte mündliche Berufungsverhandlung nicht durchgeführt hat. Diese Rüge ist unberechtigt. Die Beschwerdeführerin räumt ein, daß ihr außerhalb der Berufung gestellter Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung (ein Antrag gemäß § 276 Abs 1 BAO wurde mangels Berufungsvorentscheidung nicht gestellt) verspätet war. Sie rügt jedoch, daß die Behörde ihre "Ermessensentscheidung, warum weder die Vorsitzende noch einer der Beisitzer die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für erforderlich gehalten haben", nicht begründet hat. Nun handelt es sich jedoch einerseits bei nach § 284 Abs 1 BAO zu treffender Beurteilung der Frage, ob eine mündliche Berufungsverhandlung stattzufinden hat, um keine nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu treffende und dementsprechend zu begründende Ermessensentscheidung, weil gemäß § 284 Abs 1 BAO über die Berufung eine mündliche Verhandlung stattzufinden HAT, WENN es der Vorsitzende des Senates für erforderlich hält, WENN es der Senat auf Antrag eines Beisitzers beschließt, oder WENN es eine Partei beantragt. Andererseits ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie es nicht für erforderlich hielt, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Der Beschwerdeführerin war nämlich im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit geboten worden, alles der Rechtsverfolgung Dienliche vorzubringen. Die Beschwerdeführerin hat von dieser Gelegenheit auch Gebrauch gemacht. Den Beschwerdeausführungen, der hauptverantwortliche Geschäftsführer Gerhard P. hätte im "bisherigen Ermittlungsverfahren" nicht mitwirken können, da er sowohl zum Zeitpunkt der Durchführung der Betriebsprüfung als auch beim Abschluß dieser seine verhängte Freiheitsstrafe zu verbüßen gehabt hätte, ist entgegenzuhalten, daß einerseits bereits der vom Masseverwalter eingebrachten Berufung ein ua von Gerhard P. unterfertigter Schriftsatz angeschlossen war und andererseits Gerhard P. auch in weiteren Schriftsätzen seinen Standpunkt ausführlich darstellte.

Dennoch ist die Beschwerde berechtigt:

a) Der Prüfer stützte die oben in der Spalte a) dargestellten Zuschätzungen der Jahre 1977 bis 1980 auf Einlagen "schwarzer Sparbücher". Die Beschwerdeführerin hielt dem in der Berufung entgegen, daß Julius P. Weineinkäufe der Gesellschaft vorerst mit außerbetrieblichen Mitteln vorfinanziert hätte und die in gleicher Höhe ausgestellten Schecks erst zu einem viel späteren Zeitpunkt auf dem Firmenkonto zur Einlösung gebracht worden wären. Wiewohl nun die belangte Behörde dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen - mangels anderer Beweismittel - hinsichtlich der Jahre 1977 und 1978 folgte und der Berufung insofern stattgab, läßt der angefochtene Bescheid eine Begründung dafür, warum dem diesbezüglich gleichlautenden Berufungsvorbringen für die Jahre 1979 und 1980 kein Glauben geschenkt wurde, völlig vermissen.

b) Bezüglich der oben in der Spalte b) dargestellten Zuschätzungen der Jahre 1980 bis 1983 ging der Prüfer von der vor dem Untersuchungsrichter gemachten Aussage des Gerhard P. aus, es seien monatlich 8.000 bis 15.000 l Wein, "dies aber auch nicht immer" schwarz verkauft worden. Dagegen wandte die Beschwerdeführerin insbesondere ein, diese Aussage hätte sich auf die Jahre 1984 und 1985 bezogen und in den Jahren davor wären auf Grund der guten Betriebsergebnisse keine "Schwarzverkäufe" erforderlich gewesen. Dem hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich entgegen, daß das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt ausgeführt hätte, daß "große Teile des Inlandsgeschäftes, sowohl im Einkauf als auch im Verkauf nicht in die Buchhaltung aufgenommen worden wären, sondern schwarz verkauft worden wären", wobei die Schwarzgeschäfte monatlich zumindest bis zu 15.000 l beträgen hätten.

Nun ist der belangten Behörde einzuräumen, daß im erwähnten Gerichtsurteil zwar unter Hinweis auf ein anhängiges Finanzstrafverfahren die Rede davon ist, daß große Teile des Inlandsgeschäftes, sowohl im Einkauf als auch im Verkauf, insbesondere Weine aus der Gelägerpressung nicht in die Buchhaltung aufgenommen worden, sondern schwarz verkauft worden wären, wobei die Schwarzverkäufe monatlich bis zu 15.000 l betragen hätten.

Dem Urteil ist jedoch weder konkret zu entnehmen, daß sich die monatlichen Schwarzverkäufe auf die Jahre 1980 bis 1983 beziehen, noch, daß die Frage von DERARTIGEN WeinVERkäufen überhaupt Gegenstand des strafgerichtlichen Beweisverfahrens war. Gegenstand dieses Beweisverfahrens war vielmehr im wesentlichen die Frage, welche Zulieferungen an "Kunstwein" bzw welche Mengen an mit Kunstwein verschnittenem "Wein" als erwiesen anzunehmen waren. Die diesbezüglichen Hinweise auf das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt konnten die belangte Behörde somit nicht von der Verpflichtung entheben, sich mit dem Berufungsvorbringen auseinanderzusetzen, welches sich im übrigen durchaus nicht im Bestreiten der Schätzungsgrundlagen erschöpfte.

c) Bezüglich der Zuschätzungen der Jahre 1984 und 1985 folgte der Prüfer grundsätzlich den im erwähnten Strafurteil als erwiesen angenommenen Kunstweinzukäufen, nahm allerdings abweichend davon einen Verkaufspreis von S 10,-- (1984) bzw S 9,-- (1985) als erwiesen an. In der Berufung wurde dagegen abgesehen davon, daß diese zugekaufte Menge als solche bestritten wurde, ein durchschnittlicher Verkaufspreis von maximal S 6,50/l für zutreffend gehalten. Die belangte Behörde setzte sich mit dem für den Wert der Zuschätzung wesentlichen Preis je Liter nur insofern auseinander, als darauf hingewiesen wurde, "auch die von der Betriebsprüfung angenommenen Durchschnittsverkaufspreise stützen sich auf die Angaben des Sachverständigen während der Hauptverhandlung".

Diesbezüglich ist dem Beschwerdevorbringen zuzustimmen, daß nach dem Strafurteil die als erwiesen angenommenen Kunstweinzukäufe großteils als mit Normalwein verschnitten beurteilt und die durchschnittlichen Verkaufspreise unter Hinweis auf die Feststellungen des Sachverständigen mit S 5,10/l angenommen wurden.

Hinzu kommt, daß - wie bereits der Prüfer ausgeführt hat - kurz vor dem "Weinskandal" erhebliche Preisrückgänge zu verzeichnen gewesen wären. In der Darstellung des erwähnten Sachverständigen beträgt dieser "erhebliche" Preisrückgang zwischen 1983 und 1984 bei "Normalwein" nahezu 50 %. Unter Berücksichtigung dieser Angaben des Sachverständigen, auf welche sich die belangte Behörde stützt, trägt jedoch eine Preisreduktion von S 10,--/l auf lediglich S 9,--/l dem erheblichen Preisrückgang nicht ausreichend Rechnung. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift versucht, den angenommenen Preis je Liter anhand von im angefochtenen Bescheid nicht erkennbar berücksichtigtem Aktenmaterial zu rechtfertigen, ist darauf hinzuweisen, daß auch diese Unterlagen einen durchschnittlichen Verkaufspreis von S 9,--/l für 1985 keineswegs rechtfertigen, weil selbst nach diesen Unterlagen im betreffenden Zeitraum erhebliche Mengen an Wein auch um S 5,70, S 6,20 und S 8,-- geliefert wurden. Auch die diesbezüglichen Ausführungen in der Gegenschrift sind daher abgesehen davon, daß ein dem angefochtenen Bescheid anhaftender Begründungsmangel durch Ausführungen in der Gegenschrift nicht saniert werden kann, nicht geeignet, die der Schätzung zugrunde gelegten Verkaufspreise schlüssig darzutun.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, daß die belangte Behörde den zweitangefochtenen Bescheid mit einem weiteren Begründungsmangel dadurch belastet hat, daß sie sich mit dem Vorbringen im Berufungsverfahren, sämtliche Gewinne aus den Schwarzgeschäften wären für den Ankauf von unerlaubten Weinzusatzmitteln verwendet worden und verdeckte Gewinnausschüttungen lägen in den Jahren 1980 bis 1985 daher nicht vor, in keiner Weise auseinandergesetzt hat.

Dem erstangefochtenen Bescheid, auf welchen sich die Begründungsmängel des zweitangefochtenen Bescheides entsprechend auswirken, weil sich die belangte Behörde der erfolgten Beurteilung des Berufungssenates anschließt, haftet ein weiterer Begründungsmangel insofern an, als sich der Berufungssenat mit einer verdeckten Gewinnausschüttung im Jahr 1986 entgegen den Ausführungen im erstangefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt hat.

Die belangte Behörde hat daher bei Erlassung der angefochtenen Bescheide insgesamt Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu anderen Bescheiden kommen hätte können. Die Bescheide waren daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil im Verfahren gegen den erstinstanzlichen Bescheid zur Rechtsverfolgung nur dieser Bescheid vorzulegen war.

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