VwGH 92/10/0456

VwGH92/10/045626.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. September 1992, Zl. UVS-03/10/01389/92, betreffend Zeugengebühr, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §51a;
B-VG Art129a;
EGVG 2008 Art9;
EGVG Art8/Wr Fall1 Anstandsverletzung;
EGVG Art8/Wr Fall2 Lärmerregung;
VwGG §47 Abs5;
AVG §51a;
B-VG Art129a;
EGVG 2008 Art9;
EGVG Art8/Wr Fall1 Anstandsverletzung;
EGVG Art8/Wr Fall2 Lärmerregung;
VwGG §47 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Inneres) und der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von je S 1.517,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Beamter der Bundespolizeidirektion Wien; seine Dienststelle ist das Wachzimmer Z in Wien. Der Beschwerdeführer wurde am 4. September 1992 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien als Zeuge in einem Verwaltungsstrafverfahren betreffend Übertretungen nach Art. VIII und Art. IX EGVG vernommen. Die Einvernahme fand an einem dienstfreien Tag des Beschwerdeführers statt; die Anreise zum Ort der Vernehmung (Sitz des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien) erfolgte vom Wohnort des Beschwerdeführers in S. Die Entfernung zwischen der Dienststelle des Beschwerdeführers und dem Ort seiner Vernehmung beträgt mehr als 2 Kilometer.

Mit Bescheid vom 21. September 1992 wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers vom 14. September 1992 auf Zuspruch von Zeugengebühr für die Teilnahme an der Verhandlung vom 4. September 1992 ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 51a Abs. 1 AVG haben Zeugen und Beteiligte, die im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten vernommen werden, Anspruch auf Gebühren unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Ausmaß wie Zeugen im gerichtlichen Verfahren.

Den Gebührenanspruch von Zeugen im gerichtlichen Verfahren regelt das Gebührenanspruchsgesetz 1975. Dessen § 3 Abs. 2 sieht vor, daß Zeugen, die im öffentlichen Dienst stehen, anstatt des Anspruches, der für nicht im öffentlichen Dienst stehende Zeugen vorgesehen ist, Anspruch auf eine Gebühr haben, wie sie ihnen nach den für sie geltenden Reisegebührenvorschriften zustände, wenn sie über dienstliche Wahrnehmungen vernommen worden sind. Sie haben keinen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis.

Der Beschwerdeführer ist Bundesbeamter. Auf ihn findet die Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV 1955) Anwendung.

Nach § 1 Abs. 1 leg. cit. haben die Bundesbeamten nach Maßgabe der RGV 1955 Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen durch eine Dienstreise (lit. a) oder durch eine Dienstverrichtung im Dienstort (lit. b) erwächst.

Was unter einer Dienstreise und unter einer Dienstverrichtung im Dienstort zu verstehen ist, definiert § 2 RGV 1955.

Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. liegt eine Dienstreise vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der Dienstzuteilung) gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Ort mehr als 2 Kilometer beträgt.

Eine Dienstreise liegt demnach im Beschwerdefall schon deshalb nicht vor, weil sich der Beschwerdeführer zur Ablegung der Zeugenaussage nicht an einen außerhalb des Dienstortes gelegenen Ort begeben hat.

Nach § 2 Abs. 2 RGV 1955 liegt eine Dienstverrichtung im Dienstort vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion im Dienstort zu einer Dienstverrichtungsstelle begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zur Dienstverrichtungsstelle mehr als 2 Kilometer beträgt.

Dieser Fall liegt hier vor. Der Beschwerdeführer hat sich zum Zwecke der Aussage als Zeuge zu einer im Dienstort gelegenen, von der Dienststelle mehr als 2 Kilometer entfernten Dienstverrichtungsstelle begeben. Daß die Zeugenaussage für ihn Dienst war, ergibt sich eindeutig aus § 143a des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979. Danach gilt, wenn ein Wachebeamter auf Grund einer in Ausübung des Exekutivdienstes getroffenen Wahrnehmung zu einer Einvernahme als Zeuge vor Gericht oder vor eine Verwaltungsbehörde geladen wird, die Zeit der notwendigen Anwesenheit bei der betreffenden Behörde als Dienstzeit. Diese Zeit beginnt 30 Minuten vor dem festgesetzten Ladungstermin und endet 30 Minuten nach Beendigung der Zeugeneinvernahme.

Die Ansprüche bei Dienstverrichtungen im Dienstort regelt § 20 RGV 1955. Nach § 20 Abs. 1 leg. cit. gebührt bei Dienstverrichtungen im Dienstort dem Beamten

1. nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschn. II (Unterabschnitt A), der Ersatz der Kosten für die notwendige Benützung eines Massenbeförderungsmittels oder das Kilometergeld sowie der Ersatz der Kosten der Beförderung des erforderlichen Dienstgepäcks;

2. die Tagesgebühr nach Tarif II, wenn der ununterbrochene Aufenthalt außerhalb der Dienststelle die Dauer von 12 Stunden übersteigt; übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes 8 Stunden, so gebühren 2/3 dieser Tagesgebühr, übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes 5 Stunden, so gebührt 1/3 dieser Tagesgebühr.

Für Organe der Bundespolizeibehörden enthält § 43 RGV 1955 eine Sonderbestimmung. Danach begründen Dienstverrichtungen im Dienstort bei Wachebeamten und bei den rechtskundigen Beamten der Bundespolizeibehörden, die gemeinsam mit Wachebeamten eingesetzt werden, keinen Anspruch auf Reisezulage. Durch diese Bestimmung wird für Wachebeamte einer Bundespolizeidirektion bei Dienstverrichtungen im Dienstort ein Anspruch auf die im § 20 Abs. 1 Z. 2 RGV 1955 vorgesehenen Leistungen ausgeschlossen, da es sich dabei um eine Reisezulage handelt (vgl. § 13 RGV 1955).

Einen Anspruch des Beschwerdeführers nach § 20 Abs. 1 Z. 2 RGV 1955 hat die belangte Behörde mit dem Argument verneint, Sicherheitswachebeamte hätten in Ausübung ihres Dienstes für die Beförderung in einem Massenbeförderungsmittel kein Entgelt zu leisten, sodaß dem Beschwerdeführer diesbezüglich kein Gebührenanspruch erwachsen sei. Der Beschwerdeführer ist dem nicht entgegengetreten.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Nach § 47 Abs. 5 VwGG hat für den Aufwandersatz, der auf Grund dieses Bundesgesetzes von einer Behörde zu leisten ist, der Rechtsträger aufzukommen, in dessen Namen die Behörde in der Beschwerdesache gehandelt hat oder handeln hätte sollen. Diesen Rechtsträgern fließt auch der Aufwandersatz zu, der auf Grund dieses Bundesgesetzes an belangte Behörden zu leisten ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat ist zwar organisatorisch eine Landesbehörde; für welchen Rechtsträger er jeweils handelt, richtet sich aber nach dem Gegenstand des Verfahrens und den in diesem Verfahren zu vollziehenden Rechtsvorschriften. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde einen Bescheid in Vollziehung des § 51a AVG erlassen. Dieser Bescheid erging im Zuge eines Verfahrens, dessen Gegenstand Übertretungen nach Art. VIII und Art. IX EGVG waren. In diesem Verfahren ist die belangten Behörde sowohl für den Bund (Art. IX EGVG) als auch für das Land (Art. VIII EGVG) tätig geworden. Der vom Beschwerdeführer zu leistende Aufwandersatz war daher je zur Hälfte auf diese beiden Rechtsträger - hier auf den Bund und die Bundeshauptstadt Wien - aufzuteilen.

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