Normen
AVG §58 Abs2;
NatSchG Tir 1991 §1 Abs1;
NatSchG Tir 1991 §22 Abs2;
NatSchG Tir 1991 §27 Abs2 Z1;
NatSchG Tir 1991 §27 Abs2 Z2;
NatSchG Tir 1991 §27;
NatSchV Tir 1975 §1 Abs2;
NatSchV Tir 1975 §2 Abs4;
AVG §58 Abs2;
NatSchG Tir 1991 §1 Abs1;
NatSchG Tir 1991 §22 Abs2;
NatSchG Tir 1991 §27 Abs2 Z1;
NatSchG Tir 1991 §27 Abs2 Z2;
NatSchG Tir 1991 §27;
NatSchV Tir 1975 §1 Abs2;
NatSchV Tir 1975 §2 Abs4;
Spruch:
1. Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
Die Erstbeschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern zu 2. bis 23. Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheiden vom 26. September 1991 erteilte die Bezirkshauptmannschaft insgesamt 35 Antragstellern (darunter den Beschwerdeführern zu 2. bis 23.) die naturschutzrechtliche Bewilligung zum Ausgraben von Enzianwurzeln unter bestimmten Beschränkungen und Auflagen.
Gegen diese Bescheide erhob der Landesumweltanwalt Berufung. Er führte aus, die Bescheide seien ohne Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, insbesondere ohne Beiziehung eines naturschutzfachlichen Sachverständigen erlassen worden. Das Ausgraben von Enzianwurzeln bringe Beeinträchtigungen der Schutzinteressen nach § 1 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991 mit sich. Grundlage für ein ausreichendes Gutachten wäre eine botanische Erhebung der Enzianart und des Deckungsgrades des Entnahmebereiches sowie eine genaue Lagebeschreibung des Entnahmeortes. Durch das mit den bekämpften Bescheiden bewilligte Ausgraben von mehreren hundert kg Enzianwurzeln würden Schutzinteressen gravierend und nachhaltig beeinträchtigt. Das öffentliche Interesse an der Vermeidung dieser Beeinträchtigungen übersteige das private Interesse einzelner Personen bei weitem.
Die belangte Behörde erteilte einem Sachverständigen aus dem Fach des Naturschutzes den Auftrag, ein Gutachten darüber zu erstatten, welche naturkundliche Schutzwürdigkeit Enzianwurzeln im Bezirk zukäme, ob die Anträge in ihrer Gesamtheit geeignet seien, den Bestand der geschützten Enziane allgemein (oder nur in bestimmten Gebieten) zu gefährden, wenn ja, wieviele Anträge bewilligt werden könnten, ohne den Bestand der Enziane zu gefährden, und unter welchen Vorschreibungen dies geschehen müsse.
Einem Amtsvermerk vom 4. Februar 1992 zufolge erklärte der Sachverständige, für die Gutachtenserstattung seien umfangreiche Erhebungen notwendig, die erst im Sommer und Herbst 1992 durchgeführt werden könnten.
Die belangte Behörde nahm daraufhin von der Einholung des Gutachtens Abstand; sie ersuchte die Abteilung Umweltschutz beim Amt der Landesregierung, eine "generelle Stellungnahme zum Enzianwurzengraben" zu verfassen. Diese Stellungnahme (vom 9. März 1992) hat folgenden Wortlaut:
"Die gegenständliche Stellungnahme soll dazu dienen, die allgemeine naturschutzfachliche Sicht bezüglich des Ausgrabens von Enzianwurzen zur Gewinnung von Enzianschnaps darzulegen.
Zugrundegelegt werden dieser Stellungnahme:
- 1. Erste Stellungnahme von Dr. FF vom 12. Oktober 1977
- 2. Zweite Stellungnahme von Dr. FF vom 18. September 1978,
- 3. Gutachten des Amtssachverständigen Herrn LL vom 20. September 1985,
- 4. Gutachten des Amtssachverständigen Herrn LL vom 15. Oktober 1986,
- 5. Stellungnahme des Gefertigten vom 13. Feber 1992.
Zumal das Ausgraben von Enzianwurzen zur Gewinnung von Enzianschnaps in weiten Tirols, insbesondere im Außerfern sowie im Oberinntal weit verbreitet ist, mußte von vorne herein erwartet werden, daß eine starke Dezimierung der gesammelten langstieligen Enziane eintreten würde. Aus diesem Grunde wurden nach der Verordnung zum Tiroler Naturschutzgesetz auch alle langstieligen Enziane unter Teilnaturschutz gestellt, wobei unter § 2 Abs. 4 auch ausdrücklich das Verbot des Ausgrabens von Wurzeln enthalten ist. Diese Schutzmaßnahmen sollten dazu dienen, die seltene Pflanzenart, die in vielen Fällen nur in den Alpen oder in begrenzten Arealen der Alpen vorkommt, zu schonen. Die Pflanzenart an sich ist nicht nur Zeiger einer bestimmten Vegetationsgesellschaft, die als bedroht anzusehen ist, sie ist auch von besonderem ästetischen Wert und daher einzigartiger Schmuck der Landschaft.
Das bei den meisten langstieligen Enzianen sehr langsame Wachstum (oft bis zu 10 Jahre von der Samenkeimung bis zur Blüte), sowie das hohe Alter der Wurzelstöcke (beim gelben Enzian bis zu 60 Jahre) zeugen von der Lebenskraft dieser absolut schützenswürdigen Gebirgspflanze.
Bezüglich des massenhaften Auftretens von langstieligen Enzianen, welches immer wieder als Argument dafür verwendet wird, daß ein Ausrotten der Enziane nicht möglich sei, wird folgendes festgestellt:
Das gruppenhafte und massige Auftreten auf Weiden und Mähwiesen stellt ein ökologisches Charakteristikum dar und ist in dieser Form geradezu als typische Bereicherung der Bergwiesen zu betrachten. Die von Antragstellern immer wieder vorgebrachten Einwände, daß beim Ausgraben von Enzianwurzeln lediglich Teile dieser Wurzeln entnommen und das Vegetationszentrum nicht zerstört würden, ist in keiner Weise richtig: vielmehr ist durch die rücksichtslose Zerstörung der stets mehrsprossigen Rhicome (Erdsprosse) auch eine empfindliche Verminderung des Austriebes eventuell noch vorhandener Seitenknospen, welche an den Blattbasen und darunter (also an den stärksten Wurzelteilen) sitzen, zu erwarten. Es muß ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die vorhandene Wurzelmasse des Enzians mit ihrer reichen Verzweigung keineswegs so wüchsig ist, wie oft angenommen wird. Verbleibende Reste von Wurzeln nach der Entnahme der Hauptwurzelmasse bilden keine Gewähr für das Nachwachsen neuer Pflanzen. Dies bestätigen nicht zuletzt die vielerorts zurückgegangenen Enzianbestände. Darüberhinaus sei darauf zu verweisen, daß sich der pharmazeutisch wirksamste Enzian (gelber Enzian, Genziana lutea) sehr gut kultivieren und aus Samen ziehen läßt, sodaß die Gewinnung der Wurzelstöcke aus Kulturen viel wirksamer und wirtschaftlicher als das Sammeln derselben in der Natur geworden ist. Ein von Dr. FF im Gebiet des Tuxer Joch durchgeführter Lokalaugenschein ergab, daß die Wurzelmasse eines mehrsprossigen Enzianstockes ein Frischgewicht von 31,5 dag haben kann; für ein Liter Schnaps würden somit grob gerechnet 60 - 70 große Enzianstöcke, welche im bezeichneten Gebiet keineswegs als Massenvorkommen auftraten, zerstört werden. Für 350 kg Wurzeln müßten daher jeweils ca. 1000 Wurzelstöcke entnommen werden Beispielsweise konnte nunmehr "im Almajurtal" nachgewiesen werden, daß durch erlaubte und unerlaubte Wurzelgrabereien in den letzten Jahrzehnten der Bestand an gelben Enzianen deutlich abgenommen hat (Stellungnahme des Naturschutzbeauftragten vom 25. Oktober 1988).
Es muß gemäß allen Aussagen, Gutachten sowie Stellungnahmen aller involvierten Fachleute darauf hingewiesen werden, daß das kommerzielle Ausgraben von Enzianwurzeln dazu führen muß, daß "durch diese Maßnahme der Schutzzweck des Pflanzenschutzes nach der Tiroler Naturschutzverordnung wesentlich beeinträchtigt wird" und somit aus naturschutzfachlicher Sicht diese Tätigkeit strikt abzulehnen ist. Großflächig werden im Zuge dieser Tätigkeit nämlich Pflanzenbestände vernichtet, die durchaus als besonders wertvoll bezüglich Funktion im Naturhaushalt sowie Landschaftsästhetik einzustufen sind. Lediglich größtmögliche Schonung könne laut Dr. FF das weitere Bestehen dieser Arten sichern, da bereits vielerorts durch Ausgraben die Vorkommen von Enzianen zurückgegangen bzw. verschwunden sind. Zumal das Vorkommen von langstieligen Enzianen auf traditionell bewirtschaftete Flächen innerhalb des Ökosystems der Alpen beschränkt ist, diese traditionelle Kulturlandschaft jedoch stark im Rückgang begriffen ist, stellen Eingriffe zur direkten Vernichtung von Pflanzenarten immer eine Beeinträchtigung von Naturhaushalt und Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren (in diesem Fall auch Landschaftsbild und Erholungswert) dar. Eine Ziehung beispielsweise des gelben Enzians in Kultur zur Gewinnung von preßfähigen Wurzelstöcken ist in jedem Falle möglich, die Erhaltung einer traditionell bewirtschafteten Kulturlandschaft mit ihren typischen Vegetationsgesellschaften und entsprechenden Zeigerarten ist in zunehmendem Maße schwieriger bzw. unmöglich geworden. Daher bedeutet ein Besammeln von langstieligen Enzianen in jedem Falle auch eine Beeinträchtigung, die weit über die direkte Vernichtung einer einzelnen Pflanzenart hinausreicht."
Diese Stellungnahme brachte die belangte Behörde den Antragstellern zur Kenntnis. Mehrere Antragsteller sowie die Erstbeschwerdeführerin äußerten sich (sinngemäß) dahin, daß in dem in Betracht kommenden Gebiet Enzian in so großer Ausdehnung vorkäme, daß durch das Ausgraben von Wurzeln im beantragten Umfang eine Beeinträchtigung der Bestände nicht zu befürchten sei. Im übrigen führe das Ausgraben von Wurzeln durch die damit verbundene Auflockerung des Bodens zu einem besseren Gedeihen der nachkommenden Pflanzen. Das Ausgraben der Wurzeln sei eine seit Menschengedenken bestehende Tradition. Die jeweils genehmigten Mengen würden von der Gemeinde unter den Bewerbern verlost. Dieses System habe sich sehr gut bewährt. Die Antragsteller legten eine von "Dr. AS" gezeichnete Stellungnahme des Instituts für spezielle Botanik und botanischer Garten der Johannes Gutenberg Universität in Mainz vor, die folgenden Wortlaut hat:
"Seit über zehn Jahren besuche ich die Gemeinde Galtür als Botaniker teilweise privat, meist aber um Exkursionen unseres Instituts durchzuführen. Aus dieser Sicht habe ich mir naturgemäß auch einen Überblick über die Enzianbestände im Raum um Galtür erworben. Die Enzian-Arten, die dort gegraben werden können (voran der punktierte Enzian), sind im Gebiet nicht auffällig, aber gut repräsentiert. Ich konnte in dem von mir überblickten Zeitraum keine merkliche Abnahme des punktierten Enzians feststellen. Der Zeitraum ist zugegeben nur kurz, erfaßt aber zumindest die aktuelle Situation, müßte gravierende Beeinträchtigungen also erfassen.
Die Gefahren einer Enzian-Nutzung sind nicht von der Hand zu weisen und sollen von mir auch nicht verkleinert werden - schließlich haben wir Deutschen das Lehrbuchbeispiel geliefert, wie man Enzian ausrottet. Bei uns stehen deshalb alle Enzian-Arten schon länger unter Schutz. In Österreich sind die betreffenden Arten zwar viel häufiger als bei uns, doch bringt jede Nutzung Gefahren. In Galtür ist man nach meinem Dafürhalten bislang einen vertretbaren Weg gegangen: Zwölf Genehmigungen zu je 100 kg pro Jahr scheinen mir auf den ersten Blick sehr viel für den gesamten Bestand; doch habe ich bisher keine Abnahme der Enzianbestände erkennen können. Aus der Sicht des Naturschutzes zwar nicht ganz ohne innere Unruhe plädiere ich aus diesem Grunde dennoch für das Beibehalten der bisherigen Regelung. Bestärkt werde ich darin durch das Interesse, das die Gemeindeverwaltung meinem Vorschlag zur Anpflanzung des Enzians entgegenbringt. Wenn sich die einschlägigen Enzian-Kulturen in der Vergangenheit nicht durchsetzen konnten, so lag das zum einen an der langsamen Entwicklung der Enzian-Pflanzen - zum anderen aber an der Verfügbarkeit des natürlich wachsenden Enzians. Doch erschöpfen sich auch in Österreich die natürlichen Ressourcen zunehmend, so daß langfristig die geglückte Anzucht des Enzians und eine alsdann sinnvolle Beschränkung des Grabens auf die angezogenen Pflanzen die natürlichen Vorkommen schonte. Sollte die Enziankultur auf kleinen geeigneten Flächen in Galtür gelingen, wäre dies ein schöner Beitrag zum Naturschutz - und die alte Sitte des "Wurzengrabens" könnte gefahrlos an eigens kultivierten Pflanzen beibehalten werden. Das Vorhaben beansprucht jedoch eine längere Anlaufzeit, in welcher das kontrollierte Graben der Enzian-Wurzeln gebilligt werden könnte."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und wies die Anträge auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung zum Ausgraben der in den jeweiligen Anträgen angegebenen Menge von Enzianwurzeln in den jeweiligen Anträgen näher bezeichneten Gebieten gemäß § 22 Abs. 1 und 2 Tiroler Naturschutzgesetz 1991 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 und 4 der Verordnung der Landesregierung vom 22. April 1975 zum Schutz wildwachsender Tiere und freilebender, nicht jagbarer Tiere (Naturschutzverordnung), LGBl. Nr. 29/1975 in Verbindung mit § 27 Abs. 5 Tiroler Naturschutzgesetz 1991 ab.
Begründend wurde nach Wiedergabe der Stellungnahme vom 9. März 1992 dargelegt, das gruppenhafte und massige Auftreten von Enzianen auf Weiden und Mähwiesen stelle ein ökologisches Charakteristikum dar und könne nicht als Argument dafür verwendet werden, daß ein Ausrotten des Enzian nicht möglich sei. Die Behauptung, daß die Enziane beim Ausgraben nicht beschädigt oder zerstört würden, sei durch die Stellungnahme entkräftet. Es sei nicht nachvollziehbar, daß das Ausgraben von Enzianwurzeln zur Vermehrung dieser Pflanzenart beitragen solle. Dagegen spreche auch das Verbot des Ausgrabens der Enzianwurzeln nach § 2 Abs. 4 der Tiroler Naturschutzverordnung; würde das Ausgraben dieser Wurzeln keine Gefahr für diese Pflanzenart bilden, hätte die Schutzbestimmung nicht getroffen werden müssen. Das Privatgutachten erwecke keine Zweifel an den Ausführungen des Amtssachverständigen, weil auch dort darauf hingewiesen werde, daß jede Enziannutzung Gefahren mit sich bringe, die nicht von der Hand zu weisen seien. Es sei somit davon auszugehen, daß durch das Ausgraben von Enzianwurzeln auf jeden Fall der Artenreichtum der heimischen Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume beeinträchtigt würden. Die Voraussetzungen für eine naturschutzrechtliche Bewilligung gemäß § 27 Abs. 2 lit. c Z. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991 seien daher nicht gegeben. Das Erzeugen von Enzianschnaps diene allein den privaten Interessen der jeweiligen Konsenswerber, nicht aber öffentlichen Interessen; somit seien auch die durch § 27 Abs. 2 lit. c Z. 2 leg. cit. normierten Voraussetzungen einer Ausnahmebewilligung nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde; die Beschwerdeführer erachten sich - aus dem Inhalt der Beschwerde erkennbar - im Recht auf Erteilung naturschutzrechtlicher Bewilligungen verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist sohin, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf seine Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht verletzt sein kann.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden Anträge von Antragstellern, zu denen die Erstbeschwerdeführerin nicht gehörte, auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung abgewiesen. Die Erstbeschwerdeführerin erachtet sich - ebenso wie die Beschwerdeführer zu 2. bis 23. - in ihrem Recht auf Erteilung dieser Bewilligung verletzt. Ein solches Recht kam der beschwerdeführenden Gemeinde, die nicht zu den Antragstellern gehörte, nicht zu. Keine der im Beschwerdefall relevanten naturschutzrechtlichen Normen läßt erkennen, daß in einem danach durchgeführten Verfahren außer den Antragstellern noch jemandem subjektive Rechte zukämen. Die von den Antragstellern verschiedene beschwerdeführende Gemeinde vermag demnach aus dem Naturschutzgesetz nicht abzuleiten, daß ihr ein subjektives Recht auf Erteilung der von den Antragstellern angestrebten naturschutzrechtlichen Bewilligung zustünde (vgl. z. B. die Beschlüsse vom 24. November 1986, Zl. 86/10/0140, vom 12. Dezember 1988, Zl. 88/10/0200, vom 26. Juni 1989, Zl. 89/10/0158, und vom 19. März 1990, Zl. 89/10/0246).
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1, 3 VwGG zurückzuweisen. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 104/1991.
Zur Beschwerde der Beschwerdeführer zu 2. bis 23.:
Nach § 1 Abs. 1 Z. 16 der auf Grund der §§ 20 und 21 des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 15/1975 (nunmehr § 22 Abs. 1 und 2 des - wiederverlautbarten - Tiroler Naturschutzgesetzes 1991, LGBl. Nr. 29/1991 - NSchG) erlassenen Verordnung der Landesregierung vom 22. April 1975 zum Schutz wildwachsender Pflanzen und freilebender, nicht jagbarer Tiere (Naturschutzverordnung - NSchVo) ist gefranster oder gewimperter Enzian (Gentiana ciliata L.) gänzlich geschützt. Nach § 2 Abs. 2 lit. a Z. 18 NSchVo sind alle langstengeligen Enziane (Gentiana) und nach § 2 Abs. 2 lit. b Z. 4 alle blaublühenden kurzstengeligen Enziane (Gentiana) mit Ausnahme des gefransten oder gewimperten Enzians (§ 1 Abs. 1 Z. 16) teilweise geschützt. Nach § 1 Abs. 2 NSchVo ist es verboten, Pflanzen der in Abs. 1 angeführten Arten sowie deren Teile (Wurzeln, Zwiebeln, Knollen, Blüten, Blätter, Zweige, Früchte, udgl.) von ihrem Standort zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, in frischem oder getrocknetem Zustand zu befördern, feilzubieten, zu veräußern oder zu erwerben. Nach § 2 Abs. 4 NSchVo ist es unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 verboten, Pflanzen der dort angeführten Arten sowie deren Teile (Wurzeln, Zwiebeln, Knollen, Blüten, Blätter, Zweige, Früchte udgl.) von ihrem Standort zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, in frischem oder getrocknetem Zustand zu befördern, feilzubieten, zu veräußern oder zu erwerben.
Gemäß § 27 Abs. 2 lit. c NSchG darf eine naturschutzrechtliche Bewilligung für Ausnahmen von den in Verordnungen nach (u.a.) § 22 Abs. 1 oder 2 festgesetzten Verboten nur erteilt werden, 1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder 2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung das öffentliche Interesse an der Vermeidung einer Beeinträchtigung der Natur überwiegen.
Die nach § 22 Abs. 1 und 2 NSchG erlassenen Verordnungen sind somit in § 27 Abs. 2 lit. c NSchG angeführt; Ausnahmen von den in solchen Verordnungen (z.B. der NSchVo 1975) festgesetzten Verboten dürfen daher u.a. dann erteilt werden, wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt (vgl. § 27 Abs. 2 Z. 1 NSchG). Daraus folgt, daß der Gesetzgeber Fälle in Betracht gezogen hat, in denen Vorhaben, die in der NSchVo 1975 festgesetzten Verboten zuwiderlaufen, einer Ausnahmebewilligung unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 zugänglich sind. Für die Ablehnung einer Ausnahmebewilligung genügt somit nicht der Hinweis auf das sich aus der NSchVo 1975 ergebende Verbot; vielmehr ist (u.a.) zu prüfen, ob das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 beeinträchtigt.
Zur Feststellung einer Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 1 genannten Güter bedarf es einer nachvollziehbaren naturwissenschaftlichen, auf qualitative und quantitative Aspekte des Problems Rücksicht nehmenden, auf den Einzelfall bezogenen Begründung (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. September 1992, Zl. 91/10/0205, und die dort angeführte Vorjudikatur). Die belangte Behörde hat Feststellungen, auf deren Grundlage eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 1 NSchG genannten Güter beurteilt werden könnte, nicht getroffen. Mit der Frage, ob durch das Vorhaben die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, ihr Erholungswert und der Naturhaushalt (vgl. § 1 Abs. 1 lit. a, b und d) beeinträchtigt werde, hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Sie hat sich mit der Annahme begnügt, daß durch das Ausgraben von Enzianwurzeln "auf jeden Fall" der Artenreichtum der heimischen Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume beeinträchtigt würden. Mit dieser Feststellung kann im Beschwerdefall nicht das Auslangen gefunden werden. Daß jeder Eingriff der in den §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 4 NSchVo (§ 22 Abs. 2 NSchG) genannten Art - also auch das im Beschwerdefall in Rede stehende "Enzianwurzelgraben" - schon an sich die einzelnen vom Eingriff betroffenen Pflanzen bzw. Pflanzenteile beeinträchtigt, liegt im Wesen einer solchen Maßnahme. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang jedoch, ob der ARTENREICHTUM DER
HEIMISCHEN PFLANZENWELT UND DEREN NATÜRLICHE LEBENSRÄUME
beeinträchtigt werden. Die belangte Behörde hat konkrete, auf die Umstände des Beschwerdefalles bezogene Feststellungen, auf deren Grundlage die Beurteilung einer Beeinträchtigung des Artenreichtums der heimischen Pflanzenwelt und deren natürlicher Lebensräume möglich gewesen wäre, nicht getroffen. Insbesondere kann den Feststellungen des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden, daß schon die Entfernung einzelner oder einer geringen Anzahl von Pflanzen oder Pflanzenteilen - etwa im Hinblick auf besonders seltene Vorkommen der in Rede stehenden Pflanzenart oder deshalb, weil eine bestimmte Ausprägung der Pflanzenvorkommen ein besonderes Charakteristikum der in Rede stehenden Pflanzenart wäre - eine Beeinträchtigung der oben genannten Güter bedeuten würde. In einem Fall, in dem eine Ausnahme von den in der NSchVo 1975 normierten Verboten nicht schon wegen der soeben erwähnten besonderen Umstände im Zusammenhang mit dem Vorkommen der in Rede stehenden Pflanzenart nicht in Betracht kommt - und derartiges wurde hier nicht festgestellt -, sind somit Feststellungen erforderlich, auf deren Grundlage - bezogen auf das von der beabsichtigten Maßnahme betroffene Gebiet und die quantitativen Aspekte der beabsichtigten Maßnahme - die konkreten Auswirkungen derselben auf den Artenreichtum der Pflanzenwelt und die Gegebenheiten ihres natürlichen Lebensraumes beurteilt werden können. In diesem Zusammenhang teilt der Verwaltungsgerichtshof die schon in der Berufung des Landesumweltanwaltes vertretene Auffassung, daß eine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung im Beschwerdefall (unter anderem) eine botanische Erhebung der (vom Vorhaben betroffenen) Enzianart sowie des Deckungsgrades des Entnahmebereiches und eine genaue Lagebeschreibung des Entnahmeortes vorausgesetzt hätte. Auch in ihrem Auftrag zur Gutachtenserstattung hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß es auf die örtlichen Gegebenheiten einerseits und die konkreten Auswirkungen der beabsichtigten Maßnahme - je nach deren Umfang - auf die Pflanzenbestände andererseits ankommt. Die vom Sachverständigen in diesem Zusammenhang als notwendig bezeichneten Erhebungen durfte die belangte Behörde nicht zum Anlaß nehmen, entsprechende Ermittlungen und Feststellungen zu unterlassen.
Im Hinblick darauf, daß sich die beabsichtigten Maßnahmen ihrer Natur nach als räumlich und mengenmäßig teilbar erweisen, entspräche es auch nicht dem Gesetz, sämtliche von
35 Antragstellern beantragten Bewilligungen mit dem Hinweis darauf zu verweigern, daß diese in ihrer Gesamtheit Interessen des Naturschutzes beeinträchtigten; in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Erteilung von Bewilligungen in Betracht kommt, die im Verhältnis zum jeweiligen Antrag nur einen Teil der zu sammelnden Menge an Pflanzenteilen und des Sammelgebietes umfassen, ist eine Auseinandersetzung mit der Frage geboten, ob das Ausgraben von Enzianwurzeln ohne Beeinträchtigung des Artenreichtums der heimischen Pflanzenwelt und ihres natürlichen Lebensraumes in bestimmten Gebieten und mit bestimmmten mengenmäßigen Beschränkungen möglich wäre.
Die belangte Behörde hat Feststellungen, auf deren Grundlage das Vorliegen der in § 27 Abs. 2 Z. 1 NSchG normierten Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausnahmebewilligung beurteilt werden könnte, nicht getroffen. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher (infolge Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes) als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof kein Ersatz des im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entstandenen Aufwandes gebührt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. Jänner 1992, Zl. 90/07/0047) und die Stempelgebühren nur in jenem Ausmaß zu ersetzen sind, in dem die Partei zu ihrer Entrichtung verpflichtet war (vgl. z.B. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 681 f angeführte Rechtsprechung).
Aus Gründen der Prozeßökonomie sei bemerkt, daß der Verwaltungsgerichtshof den im Verwaltungsverfahren und auch in der Beschwerde vorgetragenen Umständen keinen Sachverhalt zu entnehmen vermag, der geeignet wäre, ein "langfristiges öffentliches Interesse" im Sinne des § 27 Abs. 2 Z. 2 NSchG am Ausgraben von Enzianwurzeln zu begründen.
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