Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO schuldig erkannt und bestraft wurde sowie im Ausspruch über die damit verbundenen Verfahrenskosten und den Ersatz der Kosten der verschiedenen Untersuchungen, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. August 1992 wurde der Beschwerdeführer u. a. schuldig erkannt, er habe am 5. Oktober 1990 gegen 22,00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Lkw und einen Anhänger in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von J nach W und anschließend bis zum Lagerplatz der Firma N. gelenkt und dadurch eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO wurde über ihn eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen) verhängt. Weiters wurde er neben den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 5 Abs. 9 StVO verpflichtet, die Kosten der Untersuchung auf Alkoholbeeinträchtigung (Alkotest S 10,--, Blutabnahme S 330,-- und Blutuntersuchung S 1684,--) zu ersetzen. Der Begründung ist in Verbindung mit den Ausführungen im erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 29. August 1991 zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer um 22,30 Uhr in U im Gasthaus A. angetroffen worden sei und die mittels Alkomat erfolgte Messung der Atemluft um 23,04 Uhr einen Wert von 0,41 mg/l (zu ergänzen: um 23,06 Uhr von 0,42 mg/l) ergeben habe. Dem Beschwerdeführer sei über sein Verlangen Blut abgenommen worden. Die Untersuchung des Blutes (durch einen Sachverständigen des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck) habe für den Zeitpunkt der Blutabnahme um 23,30 Uhr einen Blutalkoholgehalt von 0,8 %o ergeben. Damit sei die Tat als erwiesen anzunehmen. Auf die Einvernahme des vom Beschwerdeführer zum Beweise dafür, daß er im Gasthof noch vor der Amtshandlung ein großes Bier konsumiert habe, namhaft gemachten Zeugen R habe im Hinblick auf die Meßprotokolle (bezüglich Alkomat) und des Blutalkoholgutachtens sowie die Aussage des die Blutabnahme durchführenden Arztes verzichtet werden können, da die Aussage des angebotenen Zeugen an der erwiesenen Alkoholisierung des Beschwerdeführers nichts zu ändern vermöge.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorwegzunehmen ist, daß Gegenstand dieser Entscheidung nur die Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO ist und in Ansehung des weiteren Gegenstandes des angefochtenen Bescheides (Übertretung nach § 1 lit. a der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 13. Februar 1990, LGBl. Nr. 8, in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO) eine gesonderte Beschlußfassung erfolgt.
Die belangte Behörde hat sich bereits im angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei die Vornahme der Alkomatuntersuchung durch den Gendarmerieinspektor X, der dem Gendarmerieposten F zugeteilt gewesen sei, am Gendarmerieposten Y "rechtsungültig" gewesen, ausreichend auseinandergesetzt. Vor allem aber übersieht der Beschwerdeführer, daß selbst die Berücksichtigung von Beweisergebnissen, welche auf gesetzwidrige Weise gewonnen wurden, zur Ermittlung der materiellen Wahrheit nur dann unzulässig ist, wenn das Gesetz dies anordnet oder wenn die Verwendung des betreffenden Beweisergebnisses dem Zweck des durch seine Gewinnung verletzten Verbotes widerspräche (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, E. 5.b. zu § 46 AVG, S. 341). Dies trifft aber auf eine Alkomatuntersuchung nicht zu. Im übrigen wurde dem Beschwerdeführer vorliegend nicht etwa die Verweigerung der Untersuchung mittels Alkomat zur Last gelegt, und hat er sich der Untersuchung freiwillig unterzogen. Die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung betrifft keinen vergleichbaren Sachverhalt.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß nach der Betriebsanleitung des Alkomaten vom erzielten Meßergebnis die "Komponente 0,05 mg/l" in Abzug zu bringen sei, erweist sich, wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1993, Zl. 91/03/0337, dargelegt hat, als verfehlt.
Der Beschwerdeführer bekämpft vor allem die Feststellung, er sei im Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges alkoholbeeinträchtigt im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO gewesen, indem er die Beweiswürdigung rügt und in diesem Zusammenhang die Unterlassung weiterer Beweisaufnahmen geltend macht.
Diesem Vorbringen kommt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Berechtigung zu.
Gemäß § 39 Abs. 2 AVG (§ 24 VStG) haben die Behörden - wenn wie vorliegend die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten - von Amts wegen vorzugehen. Der im § 45 Abs. 2 AVG (§ 24 VStG) normierte Grundsatz der freien Beweiswürdigung schließt eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht in der Richtung aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Gemäß § 25 Abs. 2 VStG sind die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Dabei kommt gemäß § 46 AVG als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Dem Verwaltungsverfahren ist eine antizipative Beweiswürdigung fremd. Die Behörde darf einen Beweis nur dann von vornherein ablehnen, wenn er, objektiv gesehen, nicht geeignet ist, über den maßgebenden Sachverhalt einen Beweis zu liefern. Eine Würdigung von Beweisen hinsichtlich ihrer subjektiven Glaubwürdigkeit ist nur nach Aufnahme der Beweise möglich (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, die zu § 45 Abs. 2 AVG unter E 72 ff, S. 311, und zu § 25 Abs. 2 VStG unter E 8, S. 846, wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Die belangte Behörde hat die maßgebende Feststellung auf das Ergebnis der Alkomatuntersuchung um 23,04 Uhr (bzw. 23,06 Uhr) und die Untersuchung des dem Beschwerdeführer um 23,30 Uhr abgenommenen Blutes, welche Werte von 0,41 mg/l (bzw. 0,42 mg/l) und 0,8 %o (im Zeitpunkt der Blutabnahme), also knapp über der Strafbarkeitsgrenze liegend, ergeben haben, gestützt. Der Beschwerdeführer hat sich jedoch schon im Verwaltungsstrafverfahren vor der Erstbehörde in der schriftlichen Stellungnahme vom 22. Februar 1991 und in der Folge wiederholt damit verantwortet, nach dem Lenken des Fahrzeuges (um 22,00 Uhr) vor Beginn der Amtshandlung durch die Gendarmerie um 22,30 Uhr im genannten Gasthof ein großes Bier konsumiert zu haben und dafür mehrere Zeugen namhaft gemacht. Da ein solcher Alkoholkonsum nach dem Lenken des Fahrzeuges allenfalls für die Frage des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO im Zeitpunkt des Lenkens von Bedeutung sein könnte, hätte es daher der Einvernahme der vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen und sodann gegebenenfalls der Einholung eines ärztlichen Amtssachverständigengutachtens bedurft. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer nach der Anzeige bei Einschreiten der Gendarmerie um 22,30 Uhr im Gasthof angeblich angegeben haben soll, dort keinen Alkohol konsumiert zu haben. Hiezu wurden im übrigen die Gendarmeriebeamten bei ihrer Zeugenvernehmung nicht befragt. Die Ausführungen der belangten Behörde, es hätte der Zeugenvernehmung des angebotenen R nicht bedurft, erweist sich bei der gegebenen Beweis- und Rechtslage ohne Durchführung weiterer Beweisaufnahmen als nicht schlüssig. Auch hätte es einer Befassung eines ärztlichen Amtssachverständigen mit der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Behauptung bedurft, daß er Fieber gehabt habe und daher die Atemluftuntersuchung nicht hätte herangezogen werden dürfen.
Da der Sachverhalt schon in Ansehung des Schuldspruches nach § 5 Abs. 1 StVO in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf bzw. Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätten kommen können, war der angefochtene Bescheid hinsichtlich der genannten Übertretung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Zu dem gegen die Bestimmung der Kosten der Untersuchung auf Alkoholbeeinträchtigung (Alkomat, Blutabnahme und Blutuntersuchung) gerichteten Beschwerdevorbringen ist jedoch zu bemerken, daß diese in § 5 Abs. 9 StVO - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - ihre Rechtsgrundlage findet, es jedoch in Ansehung der Kosten der Blutabnahme und der Untersuchung des abgenommenen Blutes auf Blutalkoholgehalt der Einräumung des Parteiengehörs bedurft hätte. Dies geschah jedoch nicht. Wie den Verwaltungsakten zu entnehmen ist, wurden die Kostennoten erst nach Erhebung der Beschwerde zu den Verwaltungsstrafakten genommen. Vorher enthielten diese Akten nur eine Auszahlungsanordnung und einen Vorlagebericht über eine Rechnung.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für eine nicht erforderliche Ausfertigung der Beschwerde.
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