Normen
AVG §37;
AZG §2 Abs1 Z1;
AZG §26 Abs1;
AZG §26 Abs2;
AZG §9;
AZG;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
AVG §37;
AZG §2 Abs1 Z1;
AZG §26 Abs1;
AZG §26 Abs2;
AZG §9;
AZG;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 16. Mai 1991 wurde der Beschwerdeführer wegen insgesamt 36 Übertretungen des § 9 Arbeitszeitgesetz schuldig erkannt, weil er es als Bevollmächtigter einer näher bezeichneten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu verantworten habe, daß bei 18 Arbeitnehmern dieser Gesellschaft zu näher bezeichneten Zeiten im Oktober 1989 die Höchstgrenze der täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden und die Höchstgrenze der Wochenarbeitszeit von 50 Stunden in näher umschriebenem Ausmaß überschritten worden seien. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 1.500,-- (ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) für jede Übertretung verhängt.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Feststellung der von den Arbeitnehmern geleisteten Arbeitszeit seien die vom Beschwerdeführer vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen zugrunde gelegt worden. Nach Abzug der Arbeitspausen ergäben sich die im Spruch des Bescheides angeführten Zeiten. Organisationsbedingte Wartezeiten, die sich aus dem Arbeitsprozeß ergäben, seien keine Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Soweit der Beschwerdeführer geltend gemacht habe, daß Fahrzeiten nicht als Arbeitszeit anzusehen seien, sei darauf nicht weiter einzugehen gewesen, weil in den vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen kein einziger konkreter Hinweis auf Fahrzeiten in einem firmeneigenen PKW oder LKW aufscheine. Die Herabsetzung der von der Erstbehörde festgesetzten Geldstrafe (von je S 2.000,--) sei vorzunehmen gewesen, weil sich im Berufungsverfahren Verringerungen der Arbeitszeitüberschreitungen ergeben hätten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 1. Oktober 1991, B 725/91, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe sein Vorbringen nicht berücksichtigt, daß die Ruhepausen nicht zur Arbeitszeit gehören.
1.2. Diese Ausführungen gehen völlig daran vorbei, daß die belangte Behörde das Ausmaß der Überschreitungen der Höchstgrenzen der täglichen Arbeitszeit und der Wochenarbeitszeit in geringerem Maße angenommen hat als die Erstbehörde. Die belangte Behörde folgte dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren und den von ihm vorgelegten Ablichtungen aus einem Kalender, in dem Vermerke betreffend "Mittagspause und Jausenpause" enthalten sind. Dadurch daß die belangte Behörde diesen Aufzeichnungen - ohne nähere Prüfung ihrer Richtigkeit - gefolgt ist, hat sie dem Standpunkt des Beschwerdeführers diesbezüglich vollinhaltlich Rechnung getragen. Welche weiteren Zeiten die belangte Behörde als Ruhepausen (im Sinne des § 11 Arbeitszeitgesetz) hätte qualifizieren müssen und daher nicht als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 hätte ansehen dürfen, wird in der Beschwerde nicht näher konkretisiert, sodaß darauf nicht weiter eingegangen werden kann.
2.1. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid auch deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde seinen Ausführungen, jene Stunden, die dazu verwendet worden seien, um die Dienstnehmer zu den Baustellen zu bringen, seien nicht Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes, nicht gefolgt sei. Die belangte Behörde hätte sich nicht damit begnügen dürfen, darauf hinzuweisen, daß sich in den Aufzeichnungen kein konkreter Hinweis auf Fahrzeiten in Firmenfahrzeugen ergebe, sondern hätte vielmehr die einzelnen Dienstnehmer dazu befragen müssen, ob und inwieweit dieser Teil seiner Verantwortung richtig sei.
2.2. Im Zusammenhang mit diesen Ausführungen ist zunächst auf § 26 des Arbeitszeitgesetzes Bedacht zu nehmen, der wie folgt lautet:
"§ 26 (1) Die Arbeitgeber haben zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu führen.
(2) Die Arbeitgeber haben der Arbeitsinspektion und deren Organen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben."
Aus dem im § 26 Abs. 1 umschriebenen Zweck der Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen und der im § 26 Abs. 2 normierten Pflicht, der Arbeitsinspektion Einsicht in diese Aufzeichnungen zu gewähren, folgt, daß sich der Arbeitgeber in der Regel nicht als beschwert erachten kann, wenn die Behörden von der Richtigkeit der dem Arbeitsinspektor vorgewiesenen Aufzeichnungen ausgehen. Behauptet der Arbeitgeber aber die Unrichtigkeit seiner eigenen Aufzeichnungen, so trifft ihn im Verfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Er hat in einem solchen Fall detailliert darzutun, aus welchen Gründen, in welchen Punkten und in welchem Ausmaß seine Aufzeichnungen unrichtig sind.
Diese Verpflichtung hat der Beschwerdeführer nicht erfüllt, sodaß schon deshalb nicht erkennbar ist, ob in den vom Arbeitgeber als Arbeitszeit verzeichneten Stunden auch Zeiten enthalten sind, die die Arbeitnehmer für den Weg von ihrer Wohnung zur Arbeitsstätte (und zurück) benötigt haben und die als sogenannte Wegzeiten nicht als Arbeitszeit zu gelten haben (siehe dazu Grillberger, Arbeitszeitgesetz, Seite 33 und die dort zitierte Rechtsprechung).
2.3. Soweit aber das Beschwerdevorbringen, in Übereinstimmung mit der gegenüber der Erstbehörde abgegebenen Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 30. Jänner 1990, dahin zu verstehen ist, daß im Unternehmen der Gesellschaft in großem Ausmaß Fahrzeiten anfallen, die zu "Ruhepausen" der Fahrer und der Beifahrer führen, ist es rechtlich verfehlt. Zeiten, die dazu verwendet werden, Arbeitnehmer vom Betrieb zu außerhalb des Betriebes gelegenen Arbeitsstätten (und zurück) zu bringen, gelten nämlich als Reisezeit und damit als Arbeitszeit (siehe das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1990, Zlen. 90/19/0293 und 0300; vgl. zum Begriff der Reisezeiten ferner das hg. Erkenntnis vom 16. April 1991, Zlen. 90/08/0156, 0157 und die dort zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes).
Aus diesen Gründen sind auch die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gerügten Verfahrensmängel nicht relevant.
3.1. Der Beschwerdeführer vermag auch keine Rechtswidrigkeit der Strafbemessung aufzuzeigen. Gemäß § 28 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz sind Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder mit Arrest von 3 Tagen bis zu 6 Wochen zu ahnden. Die belangte Behörde hat Geldstrafen im unteren Bereich des Strafrahmens verhängt. Ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Ermessensfehler ist darin nicht zu erkennen.
3.2. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, als Milderungsgrund wäre zu berücksichtigen gewesen, daß er trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt habe, ist ihm zu erwidern, daß es sich bei den ihm zur Last liegenden Übertretungen um Ungehorsamsdelikte handelt, bei denen der Nichteintritt eines Schadens schon nach dem Zweck der Strafdrohung (§ 19 Abs. 2 VStG) nicht als Milderungsgrund in Betracht kommt (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 91/19/0100, mit weiteren Judikaturhinweisen).
3.3. Der Beschwerdeführer behauptet, er habe die ihm vorgeworfenen Taten unter der Einwirkung seines Arbeitgebers verübt, weshalb der Milderungsgrund gemäß dem (nach § 19 Abs. 2 VStG sinngemäß anzuwendenden) § 34 Z. 4 StGB vorliege.
Der Beschwerdeführer vermag damit schon deshalb keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, weil es sich bei dieser Behauptung um eine im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung handelt. Im übrigen wäre eine "Einwirkung des Arbeitgebers" auf seinen Bevollmächtigten im Hinblick auf den Schutzzweck des Arbeitszeitgesetzes nicht als Milderungsgrund in Betracht gekommen (siehe auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 3. Dezember 1992).
3.4. Unbescholtenheit - im Sinne der als Milderungsgrund allein in Betracht kommenden absoluten Unbescholtenheit (siehe das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1991, Zl. 90/19/0584) - behauptet der Beschwerdeführer nicht. Sie liegt nach der Aktenlage auch nicht vor. Auf den Milderungsgrund des § 34 Z. 2 StGB - dieser liegt dann vor, wenn der Täter bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht - beruft sich der Beschwerdeführer erstmals in der vorliegenden Beschwerde. Auch dieser Milderungsgrund wäre jedoch im Hinblick auf die aktenkundigen Vorstrafen sowie die Häufigkeit und das Ausmaß der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Übertretungen - die Höchstgrenze der täglichen Arbeitszeit wurde bei jedem der 18 Arbeitnehmer an mehreren Tagen innerhalb von zwei Wochen überschritten - nicht verwirklicht.
3.5. In der Beschwerde war gerügt worden, daß die belangte Behörde zwar die Geldstrafe, nicht aber die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt habe. Dazu hat der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 9. April 1993 erklärt, daß im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Bezahlung der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe gegenstandslos geworden sei. Es erübrigt sich daher ein weiteres Eingehen auf die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe.
4. Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)