VwGH 91/13/0162

VwGH91/13/016221.7.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde der XY-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen die Erledigung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom 19. Oktober 1990, GZ 6/2-2453/85-04, betreffend Körperschaftsteuer 1979, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §56;
AVG §59;
BAO §19 Abs1;
BAO §260 Abs2 litd;
BAO §260 Abs2;
BAO §287;
BAO §288 Abs1 lita;
BAO §93 Abs2;
BAO §93;
StruktVG 1969 §1 Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §59;
BAO §19 Abs1;
BAO §260 Abs2 litd;
BAO §260 Abs2;
BAO §287;
BAO §288 Abs1 lita;
BAO §93 Abs2;
BAO §93;
StruktVG 1969 §1 Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die F & G AG brachte ihren gesamten Betrieb mit Einbringungsvertrag vom 23. September 1983 gemäß § 1 Abs. 2 Strukturverbesserungsgesetz in die Beschwerdeführerin, eine GmbH, ein. Die Einbringung erfolgte mit Wirksamkeit vom 31. Dezember 1982.

Das Finanzamt für Körperschaften richtete am 14. November 1985 an die F & G AG unter anderem einen Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 1979. Gegen diesen Bescheid erhob eine Steuerberatungsgesellschaft namens der F & G AG das Rechtsmittel der Berufung. Mit einer an die F & G AG gerichteten Berufungsentscheidung vom 15. Juni 1987, GZ 6/2-2453/85, wurde die Berufung von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene, mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1988, B 923/87, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wurde mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom 19. September 1990, 88/13/0234, zurückgewiesen, weil die F & G AG, an die der angefochtene Bescheid gerichtet war, rechtlich nicht mehr existent war und der Bescheid daher ins Leere gegangen war.

Mit der als "Berufungsentscheidung" bezeichneten Erledigung vom 19. Oktober 1990, die an die nunmehrige Beschwerdeführerin gerichtet ist, wurde die Berufung der F & G AG gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1979 (neuerlich) als unbegründet abgewiesen, wobei als Tag der Beschlußfassung der 30. April 1987 angegeben wurde.

Die Behandlung einer gegen diese Erledigung eingebrachten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem Gerichtshof mit Beschluß vom 11. Juni 1991, B 1313/90-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In einer Ergänzung der Beschwerde, mit der inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurden, wurde unter anderem darauf hingewiesen, daß bereits der erstinstanzliche Körperschaftsteuerbescheid 1979 an die Beschwerdeführerin und nicht an die F & G AG hätte gerichtet werden müssen. Weiters wurde darauf hingewiesen, daß es bei der belangten Behörde zu einer Beschlußfassung über den angefochtenen Bescheid nicht gekommen sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Aus der von ihr eingebrachten Gegenschrift geht hervor, daß eine Beschlußfassung durch den Berufungssenat hinsichtlich des nunmehr angefochtenen "Bescheides" unterblieben ist. Die Behörde vertrat die Meinung, es sei - mit der Änderung des Bescheidadressaten und dreier darauf Bezug nehmender Absätze der Begründung - ein bloßer "Ausfertigungsfehler" "bereinigt" worden.

Mit dieser Auffassung verkennt die belangte Behörde, daß unter einem Bescheid nach der Verwaltungsrechtslehre hoheitsrechtliche Willensäußerungen eines Verwaltungsträgers (Verwaltungsakt) ganz bestimmter Art zu verstehen sind (vgl. z. B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, 934, 1223/73, Slg. Nr. 9458/A, verstärkter Senat). Im Streitfall liegt aber eine solche Willensäußerung des für die Erlassung eines Bescheides der vorliegenden Art zuständigen Behördenorgans, das ist gemäß § 260 Abs. 2 lit. d BAO der Berufungssenat als Organ der Abgabenbehörde zweiter Instanz, nach übereinstimmender Sachverhaltsdarstellung der Streitparteien nicht vor. Somit ist die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung, es liege im Beschwerdefall ein Bescheid nicht vor, zutreffend.

Unter Bezugnahme insbesondere auf den in der Gegenschrift der belangten Behörde erhobenen Einwand, eine "neuerliche" Beschlußfassung des Berufungssenates wäre wegen entschiedener Sache nicht zulässig gewesen, ist zur Klarstellung festzuhalten, daß der Bescheidadressat ein wesentlicher Bestandteil des Bescheides ist. Die "Personsumschreibung" bildet einen notwendigen Bestandteil des Spruches des Bescheides (vgl. z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1992, 91/15/0085, mit weiteren Hinweisen), wobei dem Umstand, daß in dem den Inhalt einer Berufungsentscheidung regelnden § 288 Abs. 1 lit. a BAO die Namen der Parteien neben dem Spruch noch gesondert hervorgehoben sind, für den Streitfall keine Bedeutung zukommt. Da aber der Bescheidadressat wesentlicher Bestandteil des Bescheides ist, hat die Beschlußfassung des Behördenorgans - hier des Berufungssenates - zweifellos auch den Bescheidadressaten zu umfassen. Eine solche Beschlußfassung ist aber im Beschwerdefall nicht erfolgt.

Zur Vermeidung weiterer dem Gesetz nicht entsprechender Erledigungen ist dem in der Gegenschrift der belangten Behörde noch enthaltenen Hinweis, der (an die F & G AG adressierte) Körperschaftsteuerbescheid 1979 sei "letztlich doch in die Hände der Beschwerdeführerin gelangt", entgegenzuhalten, daß eine Umdeutung des Bescheidadressaten nicht in Betracht kommt (vgl. neuerlich das oben angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1992, 91/15/0085). Die Adressierung einer Erledigung an ein rechtlich nicht existierendes Gebilde kann keine Rechtswirkung entfalten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. April 1989, 89/01/0015). Insbesondere kann eine an ein nicht mehr existierendes Rechtsgebilde gerichtete Erledigung nicht dadurch Bescheidwirksamkeit erlangen, daß sie (körperlich) in die Hände des Rechtsnachfolgers gelangt. Ein solches tatsächliches Zukommen ist für die Beurteilung der Bescheidqualifikation in keiner Weise maßgeblich.

Da somit wie ausgeführt ein Bescheid nicht vorliegt, konnte die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht verletzt sein, sodaß es ihr an der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelte. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Stichworte