Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12 Abs6;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12 Abs6;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 22.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog nach Lage der Verwaltungsakten seit Mai 1987 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung; seit Dezember 1987 erhielt er einen Pensionsvorschuß. Am 19. Dezember 1988 stellte er beim Arbeitsamt Horn und am 1. Februar 1989 beim Arbeitsamt-Angestellte in Wien einen weiteren Antrag auf Pensionsvorschuß. Aufgrund dieser Anträge wurde dem Beschwerdeführer der Pensionsvorschuß zuerkannt.
Im September 1989 erhielt das Arbeitsamt-Angestellte unter anderem davon Kenntnis, daß der Beschwerdeführer als Generalbevollmächtigter der T GmbH tätig geworden sei. Diese Gesellschaft, an der T, ein Sohn des Beschwerdeführers, maßgeblich beteiligt ist, habe aufgrund eines Kooperationsvertrages mit der B GmbH in der Zeit vom 1. Juli 1988 bis 31. Juli 1989 laufend Leistungen, wie Bauüberwachung, Bauberatung und dgl., erbracht. Dabei wurden dem Arbeitsamt auch Rechnungen der T GmbH an die B GmbH übermittelt, aus denen ersichtlich ist, daß für Beratungstätigkeit monatlich ein Betrag von S 30.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurde.
In einer Niederschrift vor dem Arbeitsamt Versicherungsdienste am 26. Juli 1991 gab der Beschwerdeführer im wesentlichen an, in der Zeit vom 1. Juli 1988 bis 31. Juli 1989 für die "Firma seines Sohnes" (T GmbH) unentgeltlich gearbeitet zu haben. Sein Sohn sei in dieser Zeit beim Bundesheer gewesen.
Mit Bescheid vom 7. August 1991 stellte das Arbeitsamt Versicherungsdienste gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 38, 24 Abs. 1 und 12 Abs. 6 lit. d des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (in der Folge: AlVG) die Notstandshilfe des Beschwerdeführers ab dem "nachstehend angeführten Tag" ein. Danach wurde der Zeitraum "1988 07 01 bis 1989 07 31" genannt. Nach der Begründung dieses Bescheides sei der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum für die Firma seines Sohnes tätig gewesen.
Mit einem weiteren Bescheid vom 7. August 1991 widerrief das Arbeitsamt Versicherungsdienste gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 AlVG den dem Beschwerdeführer gewährten Bezug vom 1. Juli 1988 bis 31. Juli 1989 und verpflichtete ihn gemäß § 25 Abs. 1 leg. cit. zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von S 72.100,--. In der Begründung dieses Bescheides wurde wiederum darauf verwiesen, daß der Beschwerdeführer während der im Spruch genannten Zeit für die Firma seines Sohnes tätig geworden sei.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die genannten Bescheide des Arbeitsamtes jeweils Berufung, wobei er im wesentlichen gleichlautend vorbrachte, die T GmbH sei aufgrund der Einberufung seines Sohnes zum Präsenzdienst beim österreichischen Bundesheer von Auflösung bzw. Konkurs bedroht gewesen. Um dies zu verhindern, sei er uneigennützig und ohne einen Schilling dafür zu bekommen, eingesprungen. Hätte ein Dienstnehmer seine Tätigkeit ausgeübt, so hätte dieser vielleicht als Nettogehalt einen Betrag in der Höhe von S 3.000,-- bis S 3.500,-- erhalten.
Mit dem unter der Zl. 91/08/0145 angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - in Bestätigung des Bescheides des Arbeitsamtes - die dem Beschwerdeführer gewährte Notstandshilfe für den Zeitraum vom 1. Juli 1988 bis 31. Juli 1989 unter Berufung auf § 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 6 lit. d AlVG eingestellt. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 26. Juli 1991 vor dem Arbeitsamt Versicherungsdienste erklärt, in der im Spruch genannten Zeit für die Firma seines Sohnes ("T GmbH") unentgeltlich tätig gewesen zu sein. Dies stehe im Einklang mit den im Akt erliegenden Rechnungen dieser Gesellschaft an die B GmbH, welcher im angeführten Zeitraum monatlich für Beratung ein Betrag in der Höhe von S 30.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer verrechnet worden sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob ein Dienstnehmer, für dessen Leistung eine Firma einen Betrag in der Höhe von S 30.000,-- in Rechnung stelle, tatsächlich nur S 3.000,-- bis S 3.500,-- netto ins Verdienen brächte. Da die Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 lit. a bis lit. c AlVG (richtig: ASVG) im Jahre 1988 S 2.527,-- und im Jahre 1989 S 2.593,-- brutto pro Monat betragen habe, ergebe sich nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er nicht geringfügig entlohnt gewesen wäre. Die Einstellung der Notstandshilfe sei daher zu Recht erfolgt.
Mit dem zur Zl. 91/08/0146 angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den Widerruf und die Rückforderung der dem Beschwerdeführer gewährten Notstandshilfe. Auch in der Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde auf die Angaben des Beschwerdeführers, wonach dieser im streitgegenständlichen Zeitraum für die Firma seines Sohnes tätig geworden sei. Er habe die Annahme dieser Beschäftigung dem Arbeitsamt nicht gemeldet, weshalb der Übergenuß zurückzufordern sei.
Gegen diese Bescheide richten sich die vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung verbunden und darüber erwogen:
1. Mit dem zur Zl. 91/08/0145 angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer gewährte Notstandshilfe unter Berufung auf § 24 Abs. 1 AlVG für den Zeitraum vom 1. Juli 1988 bis 31. Juli 1989 eingestellt.
Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt.
Nach dieser Bestimmung ist das Arbeitslosengeld ab einem bestimmten ZEITPUNKT (für die Zukunft) einzustellen, wenn es zum Wegfall einer den Anspruch auf eine Leistung begründenden Voraussetzung kommt, also der Arbeitslose z.B. eine Arbeit aufnimmt. Eine Einstellung von Arbeitslosengeld für einen in der Vergangenheit liegenden ZEITRAUM kommt daher schon begrifflich nicht in Frage.
Daß die belangte Behörde mit ihrem Bescheid die Zuerkennung von Arbeitslosengeld widerrufen wollte, da sich dessen Zuerkennung nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausgestellt habe, somit ein bloßes Vergreifen im Ausdruck vorliegt, kann aufgrund des insofern eindeutigen Wortlautes des Spruches des angefochtenen Bescheides nicht gesagt werden. In Bestätigung des Bescheides des Arbeitsamtes wurde die Notstandshilfe unter Berufung auf § 24 Abs. 1 AlVG ausdrücklich "eingestellt". Dazu kommt, daß das dem Beschwerdeführer gewährte Arbeitslosengeld mit einem weiteren Bescheid vom gleichen Tag zurückgefordert worden ist.
Der zur Zl. 91/08/0145 angefochtene Bescheid betreffend Einstellung der Notstandshilfe war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2. Mit dem unter der Zl 91/08/0146 angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Juli 1988 bis 31. Juli 1989 gewährte Notstandshilfe gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen und einen Betrag in der Höhe von S 72.100,-- gemäß § 25 Abs. 1 leg. cit. zur Rückzahlung vorgeschrieben.
Nach dem von der belangten Behörde zitierten § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen, wenn sich die Zuerkennung nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
Als Grund für den Widerruf hat die belangte Behörde offensichtlich die mangelnde Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers im streitgegenständlichen Zeitraum angenommen. Wenn von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang die angewendeten gesetzlichen Bestimmungen auch nicht genannt wurden, so ist der Begründung ihrer Entscheidung doch zu entnehmen, daß die Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers wegen seiner Tätigkeit in der "Firma seines Sohnes", für die ein fiktiver Dienstnehmer ein Entgelt erhalten hätte, das die im § 5 Abs. 2 lit. a bis lit. c ASVG angeführten Beträge überstiegen hätte (§ 12 Abs. 6 lit. d AlVG), verneint worden ist. Die Heranziehung dieses Umstandes erweist sich jedoch aus folgenden Überlegungen als rechtswidrig:
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Gemäß § 12 Abs. 3 lit. a leg. cit. gilt insbesondere nicht als arbeitslos im Sinne des Abs. 1, wer in einem Dienstverhältnis steht oder (lit. d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder der Kinder tätig ist.
Gemäß § 12 Abs. 6 lit. a ASVG gilt jedoch als arbeitslos, wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erhält, das die im § 5 Abs. 2 lit. a bis lit. c ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt.
Durch die AlVG-Novelle 1989, BGBl. Nr. 364/1989, wurde dem § 12 Abs. 6 eine lit. d angefügt, wonach als arbeitslos gilt, wer ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist, sofern das Entgelt aus dieser Tätigkeit, würde sie von einem Dienstnehmer ausgeübt, die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigen würde. § 12 Abs. 6 lit. d AlVG in der Fassung der genannten Novelle 1989 ist nach deren Art. III Abs. 1 mit 1. August 1989 in Kraft getreten.
Da die Frage, welche Rechtslage für die Beurteilung, ob eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung gebührte, zeitraumbezogen zu beurteilen ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 92/08/0025), erweist sich die Anwendung des § 12 Abs. 6 lit. d AlVG für die Zeit vom 1. Juli 1988 his 31. Juli 1989 als rechtswidrig.
Ob der Beschwerdeführer allerdings aufgrund der im genannten Zeitraum geltenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes arbeitslos war oder nicht (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0080), hat die belangte Behörde aufgrund ihrer verfehlten Rechtsansicht nicht geprüft.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei allerdings darauf hingewiesen, daß die T GmbH, für die der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben im streitgegenständlichen Zeitraum tätig gewesen ist, aufgrund ihrer Eigenschaft als juristische Person, somit als eigenständiges Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten, auch bei einer maßgeblichen Beteiligung des Sohnes des Beschwerdeführers nicht als ein "Betrieb des Kindes" im Sinne des § 12 Abs. 3 AlVG angesehen werden kann. Andererseits umfaßt der - weite - Begriff der Beschäftigung, wie er § 12 Abs. 1, 3 und 6 AlVG zugrundeliegt, nicht nur Dienstverhältnisse, sondern auch andere Formen entgeltlicher Beschäftigung (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 26. März 1987, Zl. 85/08/0010, und vom 17. November 1990, Zl. 89/08/0229). Dabei wird die belangte Behörde auch die Frage zu klären haben, ob der Beschwerdeführer gegenüber der B GmbH namens der GmbH aufgetreten ist oder im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig wurde, wie dies aus dem Aktenstück Nr. 57 f.
hervorzugehen scheint.
Der Widerruf des dem Beschwerdeführer gewährten Arbeitslosengeldes erweist sich daher aufgrund der verfehlten Rechtsansicht der belangten Behörde als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Da die Verpflichtung zum Rückersatz von Arbeitslosengeld gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Voraussetzung hat, daß das Arbeitslosengeld unberechtigt empfangen worden ist - diese Frage jedoch noch nicht geklärt ist -, war der gesamte Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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