VwGH 90/14/0119

VwGH90/14/011916.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Baumann, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde des W in I, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom 19. April 1990, Zl. 30.043-3/89, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §2;
EStG 1972 §37 Abs2;
EStG 1972 §37;
EStG 1972 §2;
EStG 1972 §37 Abs2;
EStG 1972 §37;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus der Tätigkeit "Handel von Grundstücken" bezog der Beschwerdeführer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Wille des Beschwerdeführers war auf eine große Zahl von Grundstücksumsätzen gerichtet, tatsächlich erschöpfte sich seine Tätigkeit im Ankauf eines Grundstückes im Jahr 1985 (Kaufpreis S 545.000,--) und im Verkauf desselben Grundstückes am 8. Oktober 1987 (Verkaufspreis S 500.000,--). Für die Jahre 1985 und 1986 ermittelte der Beschwerdeführer aufgrund der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 Verluste von

S 545.000,-- (für 1985) und S 860,-- (für 1986). Zum 1. Jänner 1987 wechselte er freiwillig zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1972 und ermittelte den Übergangsgewinn wie folgt:

"I. ZURECHNUNGEN

Vorräte S 545.000,--

II. ABRECHNUNGEN S -,--

III. ÜBERGANGSGEWINN S 545.000,-- "

Der für das Jahr 1987 ermittelte laufende Verlust von

S 117.000,-- resultiert aus dem Veräußerungserlös von

S 500.000,-- einerseits und dem Wareneinsatz von S 545.000,--,

dem Gewerbesteueraufwand von S 70.000,-- und diversen anderen

Aufwendungen von S 2.000,--. Den Veräußerungs- bzw.

Aufgabegewinn im Sinn des § 24 EStG 1972 ermittelte der Beschwerdeführer mit S 0,--. Für den nach Vornahme des innerbetrieblichen Verlustausgleiches verbleibenden Gewinn von S 428.000,-- beantragte er die Besteuerung nach § 37 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 3 EStG 1972.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid versagte die belangte Behörde die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes. Bei den nach § 37 EStG 1972 zu begünstigenden Einkünften müsse es sich um solche handeln, die ausnahmsweise und einmalig in einem bestimmten Jahr anfielen. Das sei aber beim gegenständlichen Übergangsgewinn nicht der Fall. Außerdem sei zu beachten, daß auf Geschäftsfälle, die zur normalen Geschäftstätigkeit zählten, auch dann nicht die für Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinne im Sinne des § 24 EStG 1972 bestehenden Begünstigungen anzuwenden seien, wenn diese Geschäftsfälle im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe stünden. Daher dürfe auch der freiwillige Wechsel der Gewinnermittlungsart auf den Beginn des Wirtschaftsjahres, welches mit der Betriebsaufgabe ende, nicht zu einer begünstigten Besteuerung dieser Geschäftsfälle führen.

Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Begünstigung gemäß § 37 EStG 1972 verletzt. Er beantragt den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1972 ist auf Antrag die auf die im Einkommen enthaltenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind außerordentliche Einkünfte im Sinne des Abs. 1 unter anderem Gewinne, die infolge eines Wechsels der Gewinnermittlungsart entstehen.

Die Vorschrift des § 37 EStG 1972 enthält keine Definition des Begriffes "außerordentlich", sondern zählt im Abs. 2 taxativ die außerordentlichen Einkünfte auf. Die gesetzliche Voraussetzung der "Außerordentlichkeit" erschöpft sich aber nicht darin, daß es sich der Art nach um Einkünfte handelt, die in dieser Aufzählung enthalten sind, sondern es muß diesen Einkünften darüber hinaus in jedem konkreten Fall die vom Gesetz für die Anwendung des Steuersatzes des § 37 EStG 1972 sowohl in dessen Abs. 1 wie nochmals in dessen Abs. 2 ausdrücklich hervorgehobene Eigenschaft des "Außerordentlichen" zukommen. Die "Außerordentlichkeit" wird nicht fingiert, sondern muß als allgemeines Tatbestandsmerkmal erfüllt sein (hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1992, 88/14/0053).

Der einzig erkennbare Zweck der Vorschrift des § 37 Abs. 1 EStG 1972 ist die Herbeiführung einer Progressionsmilderung. In Anbetracht dieser Zielsetzung sieht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur für den Fall als gerechtfertigt an, daß es zu einer (regelmäßig progressionswirksamen) Zusammenballung von Einkünften, die sonst verteilt auf mehrere Wirtschaftsperioden zu erfassen wären, in einem einzigen Veranlagungsjahr kommt. Es muß sich bei den Einkünften des § 37 Abs. 2 EStG 1972 - von denen der Z. 5 abgesehen - um solche handeln, die ausnahmsweise und einmalig in einem bestimmten Jahr anfallen (hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1992, 90/14/0130).

Im gegenständlichen Fall hat der Übergangsgewinn nicht zu einer Zusammenballung von Einkünften geführt. Wäre der Gewinn auch im Jahre 1987 nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt worden, so wäre er nicht niedriger gewesen als die vom Beschwerdeführer ausgewiesene Summe aus Veräußerungsgewinn und laufendem Gewinn (somit Gesamtgewinn) des Jahres 1987. Der Übergangsgewinn besteht aus den Anschaffungskosten des Grundstückes, derselbe Betrag ist wegen der Veräußerung des Grundstückes im Jahr, für welches der Übergangsgewinn anzusetzen ist, als Wareneinsatz gewinnmindernd zu berücksichtigen.

Im gegenständlichen Fall kommt dem Übergangsgewinn daher das Merkmal der "Außerordentlichkeit" nicht zu, weil er nicht zu einer Zusammenballung von Einkünften führt. Daher führt er nicht zu einer Besteuerung nach § 37 Abs. 1 EStG 1972.

Die belangte Behörde ist somit von einer zutreffenden rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes ausgegangen; es erübrigt sich daher, auf die von der belangten Behörde hilfsweise vorgebrachten Gründe einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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