VwGH 90/10/0123

VwGH90/10/012317.5.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1.) der M und 2.) des Mag. F, beide in B, beide vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 30. Mai 1990, Zl. 562.101/5-VI/C/14a/90, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in X (mitbeteiligte Partei: Mag. J in B, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 litb idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs1 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 litb idF 1984/502;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 2. November 1988 erteilte der Landeshauptmann von Vorarlberg dem Mitbeteiligten gemäß §§ 9, 10 und 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke für den Standort der Gemeinde X mit der voraussichtlichen Betriebsstätte X-Allee/D-Weg (früher U-Weg).

Die Beschwerdeführer erhoben als Inhaberin bzw. als Pächter der C-Apotheke in B Berufung, in der sie mangelnden Bedarf und Existenzgefährdung ihrer öffentlichen Apotheke geltend machten.

1.2. Mit Bescheid vom 30. Mai 1990 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst diese Berufung als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Bundesminister zur Frage des Bedarfes erhoben, daß für die beantragte Apotheke 2.834 Einwohner von X, allenfalls die Hälfte der Einwohner von L, das seien 112 Personen, und die Hälfte der Einwohner von E, das seien 105 Personen, ferner 505 Einwohner von Y und 644 Einwohner von Z sowie noch zum Teil die Einwohner von B, die zwischen Ill und Westbahntrasse angesiedelt seien, das seien etwa 1.300 Personen, als zukünftige Kunden der Apotheke in X in Frage kämen. Die Bezirkshauptmannschaft B sei sogar der Auffassung, daß alle

2.481 Einwohner dieses Gebietes primär die Apotheke in X aufsuchen würden, da von dort nur zwei Unterführungen ins Stadtzentrum für Kraftfahrzeuge benützbar seien. Laut Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft B ordiniere in L und E kein praktischer Arzt, sodaß infolge der guten Straßenverbindung zwischen diesen beiden Orten und X angenommen werden müsse, daß deren Einwohner zumindest zur Hälfte die neue Apotheke nach einem Arztbesuch in B oder X aufsuchen würden; L liege zwar näher zu G (richtig wohl: P), wo eine ärztliche Hausapotheke betrieben werde, doch bevorzugten die Einwohner von L erfahrungsgemäß Ärzte in B und X, da sie dort einen Arztbesuch mit Erledigungen von Einkäufen etc. verbinden könnten. Die Bezirkshauptmannschaft weise noch darauf hin, daß sich in X eine Ferien-Dialyse-Station befinde, die bei der Entscheidung über die Konzessionserteilung zu berücksichtigen sei. Weiters sei nach dem Bericht der Bezirkshauptmannschaft noch auf den Fremdenverkehr in X, Y und Z Bedacht zu nehmen, der ca. 800 Einwohnern gleichzusetzen sei. Der wesentliche Anziehungspunkt in X sei jedoch das regionale Einkaufszentrum, das bei der Bedarfsbeurteilung ins Kalkül zu ziehen sei.

Der Bundesminister sei, so heißt es in der Begründung weiter, bei seiner Entscheidung sodann von folgenden Erwägungen ausgegangen: In X ordinierten zwei praktische Ärzte. Die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke in X zu der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke in B (der Apotheke der Beschwerdeführer) betrage 1,2 km.

Eine Existenzgefährdung der Nachbarapotheken sei nach dem schlüssigen Gutachten der Apothekerkammer nicht gegeben.

Hinsichtlich des Bedarfes werde als Versorgungsgebiet der beantragten Apotheke das Gebiet der Standortgemeinde, zum Teil das Gebiet der Stadtgemeinde B, das zwischen Ill und Westbahntrasse liege, und das gesamte Z-Tal angesehen. Da entsprechend der Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft B die Bewohner von L und E auf Nahversorgungseinrichtungen und Ärzte in B und X angewiesen seien, werde zumindest die Hälfte der Einwohner dieser beiden Ortschaften dem Versorgungsgebiet der beantragten Apotheke zuzurechnen sein. Bei einer Einwohnerzahl von 2.834 in X zuzüglich der 1.149 Einwohner des Z-Tales und 217 Einwohner von L und E sowie etwa 1.300 Personen aus dem Bereich B werde die gesetzlich geforderte Mindestzahl von zu versorgenden Personen für die Apotheke in X erreicht.

Hinsichtlich des Z-Tales werde festgestellt, daß Z zwar außerhalb der 4-km-Zone, gemessen von der zukünftigen Betriebsstätte, liege, jedoch die Einwohner von Z zwangsläufig an X vorbeifahren müßten, um nach B zu kommen. Das gesamte Z-Tal sei daher zum Einzugsgebiet der neuen Apotheke zu rechnen.

Die Behörde zweiter Instanz habe in langjähriger Entscheidungspraxis für die Grenze des Versorgungsgebietes bei sich überschneidenden 4-km-Kreisen bestehender und beantragter Apotheken den Grundsatz entwickelt, daß die Personen, die jeweils näher zu der einen oder anderen Apotheke wohnten, immer der Apotheke zugerechnet würden, zu der der Anmarschweg kürzer sei. Aus diesem Grund könne angenommen werden, daß in dem Gebiet von B zwischen Ill und Westbahntrasse ein Teil der Bevölkerung auch die Apotheke in X in Anspruch nehmen werde.

Wenn auch in der Regel beim Bedarf für eine neue öffentliche Apotheke auf die nicht motorisierte Bevölkerung Bedacht genommen werde, müsse im vorliegenden Fall doch auch zu einem gewissen Teil auf das Verkehrspublikum abgestellt werden, das einen nicht exakt bestimmbaren Prozentsatz an Kunden für die neue Apotheke in X stellen werde. Bei den doch geringen Entfernungen zwischen dem Ortskern von X und dem Einkaufszentrum an der Peripherie sei auch der Anmarschweg zu Fuß den Bewohnern von X zumutbar. Sicherlich stelle das Einkaufszentrum einen sogenannten Einflutungserreger dar, der bei der Beurteilung des Bedarfes zu berücksichtigen sei.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 10 Abs. 2 ApG (in der Fassung vor der Apothekengesetznovelle 1990) lautet auszugsweise:

"(2) Bei der Prüfung des Bedarfes sind insbesondere die Anzahl der zu versorgenden Personen unter Berücksichtigung der ständigen Einwohner und die Entfernung zur nächstgelegenen Apotheke zu berücksichtigen. Ferner sind die Lebensverhältnisse der Bevölkerung sowie der Verkehr im Standort und in der Umgebung, die vorhandenen Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, größere gewerbliche und industrielle Betriebe, der Umfang des Geschäftsbetriebes der im Standort und in der Umgebung bestehenden öffentlichen Apotheken sowie deren Turnusdienst in Betracht zu ziehen. Ein Bedarf ist jedenfalls nicht anzunehmen, wenn

1.a) in Orten, in denen keine öffentliche Apotheke besteht,

die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5 500 beträgt

oder

b) .....

und

2. die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke weniger als 500 m beträgt."

2.2.1. In der Beschwerde wird hinsichtlich des Versorgungsgebietes in jenem TEIL VON B, der zwischen der Ill und der Westbahntrasse liegt, zunächst darauf verwiesen, daß die Stadtgemeinde B in ihrem Bericht vom 9. Februar 1988 ausdrücklich ausgeführt habe, die Bewohner dieses Gebietes wohnten näher zur Betriebsstätte der Apotheke der Beschwerdeführer. Der Auffassung der Bezirkshauptmannschaft B, es herrschten ungünstige Verkehrsverbindungen in das Stadtzentrum von B, habe die Stadtgemeinde in ihrer Stellungnahme vom 18. August 1988 ausdrücklich widersprochen. Die Beschwerdeführer hätten diesbezüglich in ihrem Schriftsatz vom 8. September 1989 unter Vorlage eines Stadtplanes unter Beweis gestellt, daß die Einwohner aus allen Teilen des in Rede stehenden Teilgebietes von B näher in das Stadtzentrum hätten als zur in Aussicht genommenen Betriebsstätte in X. Auch hätten sie vorgebracht, daß mehrere Möglichkeiten, die Eisenbahntrasse Richtung Stadtzentrum zu überqueren bzw. unter ihr durchzufahren oder durchzugehen, bestünden, während nur eine einzige Möglichkeit bestehe, die Ill in Richtung X aus diesem Gebiet zu überqueren. Dazu komme noch erschwerend, daß diese Brücke auf Grund ihrer Auslegung als Autobahnzubringer so gebaut sei, daß die Einwohner des in Rede stehenden Gebietes zunächst in Richtung Stadtzentrum von B fahren müßten, um überhaupt auf die Brücke auffahren zu können. Entsprechende Beweisanträge zu den Entfernungs- und Verkehrsverhältnissen seien gestellt worden.

2.2.2. Bei der Auslegung des negativen Bedarfskriteriums nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG ist zunächst das Verhältnis der Ortsgrenzen zu den Grenzen der 4-km-Zone zu klären. Da der 4-km-Umkreis im ländlichen Gebiet in aller Regel über den "Ort" hinausragen wird, kann nicht angenommen werden, es käme auf die 4-km-Zone nur innerhalb des Ortes an und die Ortsgrenzen bildeten die äußerste Grenzlinie. Entscheidend ist vielmehr grundsätzlich die 4-km-Grenze, und zwar auch dann, wenn die 4-km-Zone einen anderen Ort umschließt oder in einen solchen hineinragt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089, sowie Puck, Die Prüfung des Bedarfs bei öffentlichen Apotheken, Winkler-FS, 226). Das gilt auch für den Fall, daß der 4-km-Umkreis in einen Ort hineinragt, in dem sich bereits eine öffentliche Apotheke befindet. Das Bestehen einer Apotheke sagt ja, wie § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG zeigt, nicht, daß es in diesem Ortsteil nicht "zu versorgende Personen", d.h. potentielle Kunden der neuen Apotheke geben kann (vgl. Puck, aaO, 227, sowie die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0005 = ZfVB 1992/5/1790, und vom selben Tag, Zl. 87/08/0091 = ZfVB 1992/5/1792).

Unter den "in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen" sind jene zu verstehen, die eine besondere räumliche Nahebeziehung (im 4-km-Umkreis) zur neuen Apotheke haben. Dazu zählen primär die ständigen, im 4-km-Umkreis von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neuen Apotheke wohnenden Personen, sofern sie auch unter Bedachtnahme auf die im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG genannten Umstände ihren Heilmittelbedarf voraussichtlich in der neuen Apotheke und nicht in den schon bestehenden Apotheken und weiterbestehenden Hausapotheken decken werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 1990, Zl. 88/08/0257 = ZfVB 1990/5/2058, und vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089 = ZfVB 1992/8/1791, Pkt. 2).

2.2.3. Da der Umkreis von 4 Straßenkilometern von der geplanten Betriebsstätte der Apotheke des Mitbeteiligten in das Stadtgebiet von B hineinreicht, ist das zwischen den Apotheken des Mitbeteiligten und der Beschwerdeführer wohnhafte Kundenpotential der einen oder der anderen Apotheke zuzuordnen. Für diese Zuordnung wird die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend sein, wobei es in erster Linie auf die zurückzulegende Entfernung ankommt. Darüber hinaus kann aber auch ausnahmsweise noch ein anderer Umstand eine Rolle spielen, wie etwa erhebliche Höhenunterschiede, besonders unangenehme oder gefährliche Wegstücke etc.

Die Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid beschränken sich nun auf die Feststellung, daß als Versorgungsgebiet der neuen öffentlichen Apotheke des Mitbeteiligten auch "zum Teil das Gebiet der Stadtgemeinde B, das zwischen Ill und Westbahntrasse liegt", angesehen werde. Personen, die jeweils näher zu der einen oder anderen Apotheke wohnten, würden immer der Apotheke zugerechnet, zu der der Anmarschweg kürzer sei; aus diesem Grund könne angenommen werden, daß in dem Gebiet von B zwischen Ill und Westbahntrasse ein Teil der Bevölkerung auch die X-Apotheke in Anspruch nehmen werde.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides läßt somit nicht erkennen, wie die belangte Behörde das in Rede stehende Gebiet zwischen Westbahn und Ill nach dem Gesichtspunkt der räumlichen Nähe zu den Apothekenbetriebsstätten der Beschwerdeführer einerseits und des Mitbeteiligten andererseits sowie deren Erreichbarkeit für diese Wohnbevölkerung aufgeteilt hat. Eine solche Lösung wurde, selbst ansatzweise, gar nicht versucht. Vielmehr wurde - nach Berücksichtigung der Einwohner von X, Y, Z und der Hälfte der Einwohner von L und E - offenkundig der auf die erforderliche Zahl von 5500 zu versorgenden Personen insgesamt fehlende Rest von "ca. 1300" Personen aus diesem Stadtgebiet gewonnen. Ungeachtet des von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren erstatteten konkreten Vorbringens in der Stellungnahme vom 8. September 1989, daß die im Norden gelegene Westbahntrasse mehr Durchlässe bzw. Überführungen für den Fußgänger- und Kraftfahrverkehr nach B biete als die zwei Barrieren, die auf dem Weg nach X zu überwinden seien, nämlich die Ill und die Rheintal-Autobahn A 14, wurden Feststellungen über die geographischen Verhältnisse, insbesondere auch die Verkehrsverhältnisse, nicht getroffen. Eine Auseinandersetzung mit der erwähnten Stellungnahme unterblieb zur Gänze.

Der angefochtene Bescheid leidet somit in diesem Punkt unter einem Mangel an Begründung, der eine Überprüfung des Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof auf seine inhaltliche Gesetzmäßigkeit hindert. Die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde sind in diesem Punkt ergänzungsbedürftig geblieben. Im Hinblick auf die festgestellte Zahl von 5.500 künftig zu versorgenden Personen ist nicht ausgeschlossen, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid gekommen wäre.

Bemerkt wird dazu noch, daß die räumliche Aufteilung des Kundenpotentials eines Stadtgebietes bzw. Stadtrandgebietes von einer im Grunde gleichmäßigen Versorgungsdichte durch Ärzte ausgeht, sodaß auf die Lage der Ordinationen im maßgeblichen Gebiet nicht Bedacht genommen wird. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Mai 1985, Zl. 83/08/0181 = ZfVB 1986/1/10, ausgeführt, die Lage der Berufssitze der Ärzte im maßgeblichen Gebiet sei als Indikator für die Prognose des voraussichtlichen Kundenverlustes grundsätzlich (von Extremfällen abgesehen, in denen die ärztliche Versorgung auch des der gefährdeten Apotheke nach Errichtung der neuen Apotheke verbleibenden Einzugsgebietes praktisch von Ärzten erfolgt, die in unmittelbarer Nähe der errichteten Apotheke ihren Berufssitz haben) ungeeignet. Etwas anders dürfte die Situation jedoch - vor dem Hintergrund der Erfahrungstatsache, daß ein erheblicher Teil des Arzneimitteleinkaufes unmittelbar nach den Arztbesuchen erfolgt - zu beurteilen sein, wenn die zahlreichen praktischen Ärzte und Fachärzte von B ihre Ordinationen außerhalb des zu beurteilenden Gebietes, also nördlich der Westbahntrasse, hätten und diesen überhaupt nur zwei Ärzte in X gegenüberstehen, zumal kein einleuchtender Grund für die Wohnbevölkerung des in Rede stehenden Wohngebietes B zu bestehen scheint, wegen der Eröffnung der Apotheke in X vermehrt die Ärzte in X in Anspruch zu nehmen.

2.3. Nicht nachvollziehbar ist auch die im angefochtenen Bescheid erfolgte Berücksichtigung von jeweils der Hälfte der Einwohner von E und L.

Die Einwohner von E haben es eindeutig näher zu den bestehenden Apotheken in B. Feststellungen zu den Verkehrsverhältnissen, die eine andere Beurteilung gerechtfertigt hätten, fehlen.

Gleiches gilt für L. Dazu kommt hier noch, daß dieser Ort erheblich näher zu P liegt, wo ein praktischer Arzt mit ärztlicher Hausapotheke ordiniert. Die belangte Behörde begnügt sich allerdings mit der Wiedergabe des diesbezüglichen Berichtes der Bezirkshauptmannschaft B, wonach die Einwohner von L erfahrungsgemäß Ärzte in B oder X bevorzugten, da sie dort einen Arztbesuch mit Erledigungen von Einkäufen etc. verbinden könnten. Eigene Feststellungen über die Zahl der durch die ärztliche Hausapotheke von P versorgten Patienten aus L wurden nicht getroffen.

Auch diese Verfahrensmängel sind relevant und belasten den angefochtenen Bescheid mit einer zur Aufhebung führenden Rechtswidrigkeit.

2.4. Was die Wohnbevölkerung des Z-TALES anlangt, ist von der Rechtsprechung auszugehen, daß zusätzlich zu den ständigen Einwohnern der 4-km-Zone nach § 10 Abs. 2 erster Satz ApG noch andere potentielle, außerhalb des 4-km-Umkreises ständig wohnende Apothekenkunden berücksichtigt werden müssen; wegen der territorialen Beschränkung nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG aber nicht schlechthin alle, sondern nur solche, die durch bestimmte, im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG beispielsweise genannte Umstände und Einrichtungen veranlaßt werden, in den 4-km-Umkreis einzufluten und anläßlich dieses Einfließens voraussichtlich ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke decken werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 1990, Zl. 88/08/0287 = ZfVB 1990/5/2058, und vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089 = ZfVB 1992/5/1791).

Im angefochtenen Bescheid heißt es dazu, es werde hinsichtlich des Z-Tales festgestellt, daß Z zwar außerhalb der 4-km-Zone liege, jedoch die Einwohner von Z zwangsläufig an X vorbeifahren müßten, um nach B zu kommen. Das gesamte Z-Tal sei daher zum Einzugsgebiet der neuen Apotheke zu rechnen.

Diese Auffassung ist inhaltlich verfehlt. Die irrige Rechtsauffassung kommt sogar sprachlich zum Ausdruck, wenn davon die Rede ist, daß die Einwohner von Z an X vorbeifahren müßten, um nach B zu kommen. Die belangte Behörde geht also offenbar selbst nicht davon aus, daß die gesamte Bevölkerung des Z-Tales ausschließlich wegen der in X befindlichen "Einflutungserreger" (insbesondere des Einkaufszentrums) sich dorthin orientieren und nicht nach wie vor auch nach B einfluten werde. Bei der gegebenen räumlichen NÄHE von X und B (die Apothekenbetriebsstätten liegen überhaupt nur 1,2 km auseinander) kann nicht gesagt werden, daß die Funktion der Bedarfsdeckung mit Heilmitteln für die Bevölkerung des Z-Tales zur Gänze von X abgefangen werden wird. Nach der zitierten Rechtsprechung kommt es vielmehr darauf an, ob die Bevölkerung durch in X gelegene Umstände und Einrichtungen veranlaßt wird, in den 4-km-Umkreis, gemessen von der neuen Betriebsstätte, einzufluten und anläßlich dieses Einfließens voraussichtlich den Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke zu decken. Dies wird zweifellos in einem gewissen Umfang der Fall sein, schließt aber nicht aus, daß ein Teil des Kundenpotentials des Z-Tales durch X nur durchfährt, um die Versorgungseinrichtungen der Bezirkshauptstadt B (insbesondere auch die Ordinationen der Fachärzte) aufzusuchen. Diese Personen wären in X nur als (nicht bedarfsindizierende) "Durchfluter", nicht aber als "Einfluter" zu betrachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 91/10/0252, zu einem insofern ähnlichen Sachverhalt, als auch dort nicht zwangsläufig der im Ort am Talausgang geplanten öffentlichen Apotheke sämtliche Einwohner des dahinterliegenden Tales als potentielle Kunden zugerechnet wurden).

Es ist daher verfehlt, von vornherein die gesamten Einwohner des Z-Tals dem Kundenpotential der neuen öffentlichen Apotheke des Mitbeteiligten in X zuzuordnen.

2.5. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen - wegen des Prävalierens der inhaltlichen Rechtswidrigkeit - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.6. Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten der Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

2.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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