Normen
AVG §42 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO NÖ 1976 §100 Abs2;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §42 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO NÖ 1976 §100 Abs2;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wiener Neustadt Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Ansuchen der Mitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung einer Tankstelle in Wiener Neustadt, fand am 3. Mai 1990 die Bauverhandlung statt. Der Prokurist der Beschwerdeführerin, einer Anrainerin, brachte folgendes vor:
"Der Grünstreifen der seitlichen Grenze der geplanten Tankstelle (zum Anrainer W gerichtet) ist mit immergrünen Nadelgewächsen mit einer Mindesthöhe von 1,50 m zu bepflanzen und ständig in einem guten "(oder: geordneten; die handschriftliche Niederschrift ist insoferne unleserlich)" Zustand zu erhalten."
Weiters wurde in der Niederschrift die Erklärung der Bauwerberin festgehalten, daß sie grundsätzlich mit der Forderung einverstanden sei und die näheren Details mit dem Anrainer klären werde.
Mit Bescheid vom 17. Mai 1990 (im Akt erliegt nur ein "Bescheidkonzept" mit diesem Datum) erteilte der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt die beantragte Baubewilligung unter Erteilung einer Reihe von Auflagen; eine Begründung entfiel gemäß § 58 Abs. 2 AVG. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Verhandlung findet im Bescheid keine Erwähnung. Die Baubewilligung wurde mit Bescheid vom 30. Mai 1990 durch Vorschreibung einer weiteren Auflage ergänzt.
Gegen den Bescheid vom "27." Mai 1990 erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie rügte zunächst, daß der Bescheid entgegen § 58 Abs. 2 AVG unbegründet sei. Die Einwendung der Beschwerdeführerin in der Verhandlung wäre eindeutig als Geltendmachung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes auf Schutz vor Immissionen zu werten gewesen; durch eine immergrüne Nadelhecke sollte ein Immissionsschutz erreicht werden. Auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin befänden sich Gebäude, die auch Wohnungen enthielten. Die Behörde hätte durch entsprechende Erörterung des Vorbringens eine Klärung herbeiführen müssen. Zur Frage des Vorliegens unzumutbarer Immissionen hätte ein Sachverständiger beigezogen werden müssen. Dadurch hätte geklärt werden können, ob mittels des von der Berufungswerberin begehrten Immissionsschutzes die Immissionen auf ein tragbares Maß reduziert werden könnten. Es wurde Aufhebung des bekämpften Bescheides und ordnungsgemäße Verfahrensdurchführung verlangt.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung statt und änderte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend ab, daß zusätzlich nachstehende Auflage vorgeschrieben wurde:
"Der Grünstreifen an der südlichen Grenze der gegenständlichen Tankstelle, welcher sich zum Anrainer W-GmbH hin erstreckt, ist mit einem immergrünen Nadelgewächs mit einer Mindesthöhe von 1,50 m zu bepflanzen und in einem guten Zustand zu erhalten."
In der Begründung wurde ausgeführt, es könne kein Zweifel darüber bestehen, daß die Einwendung nicht als privatrechtliche Einwendung zu werten war, sondern als Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte auf Schutz vor Immissionen. Unter Berücksichtung dieser gemäß § 118 Abs. 9 BO geltend gemachten Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte war zum Zweck des Immissionsschutzes eine entsprechende Auflage vorzuschreiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete
ebenso wie die Mitbeteiligte eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich offenbar in ihrem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs und (im Rahmen ihrer Parteistellung) auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt. Eine Verletzung des § 45 Abs. 3 AVG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Berufungsbehörde kein Ermittlungsverfahren durchgeführt hat; die Gewährung von Parteiengehör allein zur beabsichtigten Änderung des erstinstanzlichen Bescheidspruches durch die Berufungsbehörde ist nicht vorgesehen, weil sich das Parteiengehör seinem Wesen nach auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens bezieht (hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1989, Zl. 88/18/0351).
Gemäß § 65 AVG dürfen in der Berufung neue Tatsachen und Beweise vorgebracht werden. Allerdings ist die beschränkte Parteistellung des Nachbarn zu beachten: Hat er nicht entsprechend § 42 Abs. 1 AVG rechtzeitig Einwendungen erhoben, so ist es der Berufungsbehörde (wie dem Verwaltungsgerichtshof) verwehrt, darauf meritorisch einzugehen (siehe beispielsweise hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. 10.317/A). Es ist also zunächst die Frage zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin überhaupt eine Einwendung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG erhoben hat. Eine Einwendung im Rechtssinne liegt nur vor, wenn das Vorbringen die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat. Es muß erkennbar sein, aus welchen Gründen sich der Nachbar gegen das Bauvorhaben des Bauwerbers wendet, welche Rechtsverletzung behauptet wird. Bei jeder dem Gesetz entsprechenden Einwendung ist der Antrag des Nachbarn mitzudenken, den Antrag des Bauwerbers abzuweisen (Hauer, Der Nachbar im Baurecht2, 62 f).
Keinem dieser Kriterien entspricht das Vorbringen der Beschwerdeführerin anläßlich der Bauverhandlung. Der Wunsch nach einer 1,50 m hohen Begrünung kann durch verschiedene Motive begründet sein. Ein Vorbringen, das Bauvorhaben überschreite mit seinen Emissionen - wobei nur vermutet werden kann, welche Emissionen gemeint sein können - das Widmungsmaß, läßt sich diesem Wunsch, dem die Bauwerberin sofort zu entsprechen versprach, keinesfalls entnehmen. Insbesondere wurde keinerlei Rechtsverletzung behauptet, sodaß auch zu einer weiteren Erörterung im Sinne des § 13a AVG kein Anlaß bestand, zumal unverzüglich Einigung mit dem Bauwerber erzielt wurde. Mangels Vorliegens einer Einwendung bestand für die Berufungsbehörde keine Veranlassung, das Beweisverfahren zu ergänzen oder eine neue Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Hingegen normiert § 66 AVG kein Recht der Partei auf Verweisung der Sache an die erste Instanz zur neuerlichen selbständigen Durchführung des Ermittlungsverfahrens (Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren8, I. Halbband, 940).
Schon damit aber erweist sich die Beschwerde mangels Rechtsverletzung zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, wobei insbesondere auf deren Art. III Abs. 2 verwiesen wird.
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