Normen
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
GehG 1956 §30a Abs2;
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
GehG 1956 §30a Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht seit 1. Mai 1986 als Oberrat (Dienstklasse VII) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist seit 1. Jänner 1986 Leiter der Bundesanstalt für Pferdezucht.
Mit Schreiben vom 24. April 1987 beantragte der Beschwerdeführer, ihm ab 1. Mai 1987 eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) (im folgenden: Leiterzulage) in dem dem Gesetz entsprechenden Ausmaß zu bemessen. Das besondere Ausmaß an Verantwortung ergebe sich neben der Leitung der Bundesanstalt (im engeren Sinn) (68 Bedienstete; Betreuung von insgesamt 256 Hengsten als Landstallmeister) aus der Führung des Landstallmeisteramtes nach § 20 des Bundesgesetzes vom 27. April 1982 über die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, BGBl. Nr. 230 (im folgenden kurz LdwBAG). Die letztgenannte Aufgabe sei nunmehr ausschließlich bei der Bundesanstalt konzentriert. Für die Leitung der Bundesanstalt seien ca. 40 Wochenstunden zu veranschlagen. Für die Tätigkeit als Landstallmeister seien wegen der Teilnahme an Züchterveranstaltungen (vor allem an Wochenenden) im Durchschnitt 80 Stunden pro Monat als Mehrleistung erforderlich. Da der Beschwerdeführer als Landstallmeister für die gesamte Pferdezucht verantwortlich sei, sei der Besuch der Züchterveranstaltungen unbedingt notwendig, weil nur der direkte Kontakt zu den Züchtern eine effiziente Zuchtplanung zulasse.
Mit Schreiben vom 11. September 1987 ersuchte die belangte Behörde das Bundeskanzleramt, der Bemessung der Leiterzulage für den Beschwerdeführer im Ausmaß von drei Vorrückungsbeträgen bzw. in der Dienstklasse VII mit 37,5 v.H. des Gehaltes der Dienstklasse V/2 zuzustimmen.
Das Bundeskanzleramt stimmte in der Folge zu, daß die Leiterzulage für den Beschwerdeführer mit 31,25 v.H. des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V mit Wirkung ab 1. Mai 1986 bemessen werde (davon 25 v.H. des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 Dienstklasse V als Überstundenvergütung).
In Wahrung des Parteiengehörs erklärte sich der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 21. März 1988 mit der vorgeschlagenen Bemessung aus Gründen der Gleichbehandlung nicht einverstanden: Für Leiter etwa gleich großer Dienststellen sowie Leiter wesentlich kleinerer Dienststellen im Ressortbereich sei die Leiterzulage in der Höhe von 37,5 v.H. des Gehaltes der Dienstklasse V/2 (12,5 und 25 %) festgesetzt worden. Neuerlich wies der Beschwerdeführer auf die Aufgaben des Landstallmeisters hin, der nach den Tierzuchtförderungsgesetzen der Länder als Mitglied der Hengstkörkommission nach Art. 97 Abs. 2 B-VG tätig sei. Ferner gehöre es zum Aufgabenbereich des Landstallmeisters an Züchterveranstaltungen der einzelnen Landesvereine und Rassenvereinigungen (ARGE Haflinger, ARGE Noriker, ARGE Warmblut) beratend teilzunehmen. Daraus erwachse die Verpflichtung an Pferdezuchtveranstaltungen und Nachzuchtschauen teilzunehmen sowie bei Pferdesportveranstaltungen anwesend zu sein. In den Verantwortungsbereich des Landstallmeisters gehöre auch die Einteilung der Hengste gemeinsam mit den Zuchtverbänden und die Errichtung der staatlichen Deckstationen (derzeit 32 staatliche und 104 Privatpflegestationen), die Kontrolle der ordnungsgemäßen Pflege und Unterbringung der Hengste sowie der Überprüfung der Deckgebührenverrechnung und die Kontrolle der Führung der Deckregister. Aus deckhygienischen und anderen veterinärmedizinischen Gründen sei die persönliche Kontrolle der staatlichen Deckstationen und Privatpflegestationen während der Decksaison unumgänglich. Er lenke den Dienstkraftwagen aus Gründen der Sparsamkeit selbst und lege jährlich 50.000 bis 60.000 km zurück.
Die belangte Behörde trat neuerlich an das Bundeskanzleramt heran, der Bemessung der Leiterzulage im Ausmaß von drei Vorrückungsbeträgen bzw. in der Dienstklasse VII mit 37,5 v.H. des Gehaltes der Dienstklasse V/2 zuzustimmen. Mit Schreiben vom 21. September 1988 stimmte das Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen zu, die Leiterzulage für den Beschwerdeführer mit drei Vorrückungsbeträgen (zwei Vorrückungsbeträge hievon als Überstundenvergütung) zu bemessen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Februar 1989 stellte die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer gebührende Leiterzulage befristet für die Zeit vom 1. Mai 1986 bis zu seiner Beförderung in die Dienstklasse VIII mit drei Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse VII fest. Zwei Vorrückungsbeträge gelten als Überstundenvergütung. Begründend führte die belangte Behörde aus, in seiner Eigenschaft als Leiter der Bundesanstalt für Pferdezucht oblägen dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 2 und 3 LdwBAG folgende Aufgaben:
"Pferdezucht und Pferdehaltung sowie Reit- und Fahrwesen. Forschung auf den Gebieten der Pferdezucht und Pferdehaltung mit besonderer Berücksichtigung der Ernährung, Genetik, Andrologie, Gynäkologie, Fortpflanzung und Besamung; Aufstallung, Haltung und tierärztliche Versorgung der staatlichen Hengste in der Bundesanstalt; Verbringung der Hengste in die Deckstationen; Leistungsprüfung von Zuchtpferden; Gestüts-, Reit- und Fahrwesen und Ausbildung von Gestüts-, Pflege-, Reit- und Fahrpersonal; Führung einer Lehrschmiede für den Hufbeschlag."
Nach Wiedergabe des § 30a Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 GG führte die belangte Behörde folgendes wörtlich aus:
"Unter Bedachtnahme auf das mit Ihrer Funktion verbundene Maß an Verantwortung im Sinne des § 30a Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 stimmten die mitzubefassenden Ressorts, Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Finanzen der Gewährung einer Verwendungszulage befristet für die Zeit vom 1. Mai 1986 bis zu Ihrer Beförderung in die Dienstklasse VIII in dem im Spruch genannten Ausmaß zu.
Bei der Bemessung war unter Bedachtnahme auf die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der mit der Funktion zusammenhängenden Aufgaben erforderliche zeitliche Mehrleistung von etwa 80 Überstunden Rücksicht zu nehmen und daher auf Grund der zitierten Gesetzesstellen wie im Spruch zu entscheiden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes (zutreffend: auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften) geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 30a Abs. 1 Z. 3 GG in der Fassung BGBl. Nr. 214/1972 gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd ein besonderes Maß an Verantwortung für die Geschäfte der Allgemeinen Verwaltung zu tragen hat und diese Verantwortung über dem Ausmaß von Verantwortung liegt, das Beamte in gleicher dienst- und besoldungsrechtlicher Stellung tragen.
Die Verwendungszulage ist nach Abs. 2 der angeführten Gesetzesstelle mit Vorrückungsbeträgen oder halben Beträgen der Dienstklasse und Verwendungsgruppe zu bemessen, der der Beamte angehört. Sie darf im Falle des Abs. 1 Z. 3 vier Vorrückungsbeträge nicht übersteigen und kann auch in Hundertsätzen der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V bemessen werden, wenn dies im Hinblick auf den Grad der höheren Verantwortung erforderlich ist. In diesem Fall darf sie 50 v.H. dieses Gehaltes nicht übersteigen. Innerhalb dieser Grenzen ist die Verwendungszulage nach dem Grad der höheren Verantwortung und unter entsprechender Bedachtnahme auf die vom Beamten in zeitlicher oder mengemäßiger Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen zu bemessen.
Der Erlassung eines Bescheides hat gemäß § 56 des im Beschwerdefall nach § 1 DVG anwendbaren AVG die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, nach den Vorschriften der §§ 37 und 39 AVG voranzugehen. Nach § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind nach § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist die besondere Leitungsfunktion des Beschwerdeführers und damit der Grund des Anspruches auf Leiterzulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 GG anerkannt; strittig ist ausschließlich die Frage der Bemessung der Leiterzulage.
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, der Hinweis auf das mit seiner Funktion verbundene Maß der Verantwortung in Verbindung mit der erforderlichen zeitlichen Mehrbelastung von etwa 80 Stunden sei als Begründung nicht ausreichend, weil damit nicht dargetan werde, auf Grund welcher Erwägungen die belangte Behörde die Bemessung vorgenommen habe. Auf die Heranziehung eines "Vergleichbsbeamten" sei von der belangten Behörde überhaupt verzichtet worden. Hätte sie dies getan, wäre sie zu einer Bemessung der Leiterzulage im Ausmaß von 37,5 % des Gehaltes der Dienstklasse V/2 gekommen.
Die Beschwerde ist berechtigt.
Aus dem oben wiedergegebenen § 30a Abs. 2 ergibt sich, daß Beamte mit geringerer Verantwortung oder geringerer Belastung in zeitmäßiger und mengenmäßiger Hinsicht nur eine entsprechend abgestufte Verwendungszulage erhalten dürfen. Um dieses Verhältnis ermitteln zu können, hat die belangte Behörde in einem ordnungsgemäßen Verfahren unter Beteiligung des Beamten zunächst die höchste tatsächlich vorkommende Belastung eines Beamten seiner Dienstklasse in beiden erwähnten Richtungen (dies unter Außerachtlassung von Fällen ganz außergewöhnlichen Charakters) sowie die konkrete Belastung des Beschwerdeführers festzustellen und beide Werte einander gegenüberzustellen. Erst damit ist eine geeignete Grundlage für die Entscheidung über die dem Beschwerdeführer gebührende Verwendungszulage geschaffen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1974, Zl. 501/74 = Slg. 8647/A, sowie vom 26. September 1979, Zl. 3024/78, uva.).
Im Beschwerdefall hat zwar die belangte Behörde bei der Bemessung auf die vom Beschwerdeführer erbrachte (außergewöhnliche) zeitliche Mehrleistung von 80 Überstunden pro Monat Rücksicht genommen. Das Ausmaß der zu tragenden Verantwortung, für die die Leiterzulage primär gebührt, hat die belangte Behörde (nach Aufzählung der gemäß § 20 Abs. 2 und 3 LdwBAG der Bundesanstalt für Pferdezucht zukommenden Aufgaben) jedoch nur allgemein mit dem Hinweis auf die Funktion des Beschwerdeführers und die Zustimmung der mitbefaßten Ressorts begründet und darauf vorrangig ihre Bemessung gestützt. Ein solcher Hinweis ist aber vor dem Hintergrund der oben dargelegten Rechtslage keine ausreichende Begründung. Dies ist im Beschwerdefall auch deshalb von Bedeutung, weil die belangte Behörde die Leiterzulage ohne jegliche Begründung in Vorrückungsbeträgen bemessen hat, der Beschwerdeführer jedoch die Anwendbarkeit der Bemessungsregel nach § 30a Abs. 2 Satz 3 GG (Hundertsatz des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V) geltend macht. Erst auf Grund der oben erwähnten Gegenüberstellung wäre aber eine geeignete Grundlage für die Lösung der Frage geschaffen gewesen, nach welcher Bemessungsregel im Beschwerdefall vorzugehen ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1975, Zl. 134/75). Dazu kommt noch, daß die mitzubefassenden Ressorts bei der ersten Befassung durch die belangte Behörde der Anwendbarkeit der Bemessung nach § 30a Abs. 1 Satz 3 GG zugestimmt haben, davon jedoch später abgerückt sind und die belangte Behörde dem gefolgt ist, ohne daß erkennbar ist, aus welchen Gründen die Änderung der Bemessungsart erfolgte.
Aus den dargelegten Gründen war der Verwaltungsgerichtshof an der inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Bescheides gehindert. Dieser war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, weil ein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des geltend gemachten Begehrens auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
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