Normen
FrPolG 1954 §14;
FrPolG 1954 §14a;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z5;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
GrKontrG 1969 §10 Abs1;
GrKontrG 1969 §15 Abs1 litb;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §34 Z17;
VwRallg;
FrPolG 1954 §14;
FrPolG 1954 §14a;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z5;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
GrKontrG 1969 §10 Abs1;
GrKontrG 1969 §15 Abs1 litb;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §34 Z17;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18. Mai 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, ein auf § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Z. 5 des Fremdenpolizeigesetzes (FrPolG) gestütztes, bis 30. Juni 2001 befristetes Aufenthaltsverbot für das "Bundesgebiet der Republik Österreich" erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nicht nur den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 5 FrPolG erfüllt; er habe darüber hinaus sogar eine gerichtlich strafbare Handlung (nicht bloß eine Verwaltungsübertretung) begangen. Der Beschwerdeführer sei unbestrittenermaßen mit zwei weiteren türkischen Staatsangehörigen am 8. Dezember 1990 bei der Schleppung von neun türkischen Staatsangehörigen betreten, festgenommen und angezeigt worden. Am 17. Jänner 1991 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Graz wegen Vergehens der Schlepperei gemäß § 14a FrPolG (i.d.F. BGBl. Nr. 190/1990) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt auf drei Jahre, rechtskräftig verurteilt worden. Aufgrund dieser Verurteilung stehe jedenfalls fest, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 5 FrPolG - noch dazu in einem qualifizierten Ausmaß - verwirklicht habe. Damit seien jedenfalls auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 leg. cit. gegeben.
Es sei wohl richtig, daß sich der Beschwerdeführer schon ca. 14 Jahre in Österreich aufhalte, daß er verheiratet und für zwei mj. Kinder sorgepflichtig sei. Mit Rücksicht darauf, daß die Schlepperei ein schweres Vergehen darstelle, weil dabei die Not von Menschen zum eigenen finanziellen Vorteil ausgenützt und weil das öffentliche Interesse an einer kontrollierten Ein- bzw. Ausreise Fremder gefährdet werde, erscheine im vorliegenden Fall trotzdem die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten. Die maßgebenden öffentlichen Interessen seien schwerwiegend beeinträchtigt und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen unverhältnismäßig schwerer als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. Eine Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens des Beschwerdeführers komme nicht in Betracht, da er in Österreich ausschließlich Hilfsarbeitertätigkeit ausgeübt habe, der er auch in einem anderen Staat nachgehen könne. Aus dem Hinweis des Beschwerdeführers, er habe in Österreich einen Kredit aufgenommen, den er nun nicht mehr zurückzahlen könne, sei für ihn nichts zu gewinnen. Der Beschwerdeführer übersehe dabei, daß für die Frage der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes lediglich die durch § 3 FrPolG bestimmten öffentlichen Interessen mit Privatinteressen des Beschwerdeführers abzuwägen seien; allfällige Interessen Dritter, die durch die genannte fremdenpolizeiliche Maßnahme berührt würden, seien dabei nicht maßgeblich.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, aus diesen Gründen den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat dazu eine "Gegenäußerung" erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 3 Abs. 1 FrPolG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, (MRK) genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Nach § 3 Abs. 2 FrPolG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 5) an der rechtswidrigen Einreise eines Fremden in das Bundesgebiet oder an der rechtswidrigen Ausreise aus diesem gegen Entgelt mitgewirkt hat ("Schlepper").
Gemäß § 3 Abs. 3 FrPolG ist, wenn durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen würde, seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen: 1) die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen; 2) die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen; 3) die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
Nach Art. 8 Abs. 2 MRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
2. Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des bekämpften Bescheides auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren wegen Verstoßes gegen § 14a (Abs. 1 Z. 1) FrPolG durch das Landesgericht für Strafsachen Graz (Urteil vom 17. Jänner 1991, 6E Vr 3243/90-406/90) bezogen und daraus auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 3 Abs. 2 Z. 5 FrPolG geschlossen. Diese - in der Beschwerde im übrigen nicht in Zweifel gezogene - rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken, stand doch aufgrund der genannten rechtskräftigen Verurteilung für die belangte Behörde bindend fest, daß der Beschwerdeführer ein Verhalten gesetzt hat, das ihn als "Schlepper" im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. ausweist. Damit gelangte die belangte Behörde zu Recht zu dem Ergebnis, es liege eine "bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1" (des § 3 leg. cit.) vor, und hielt solcherart zutreffend die in dieser Gesetzesstelle umschriebene Annahme für gerechtfertigt.
3.1. Die Beschwerde vertritt die Ansicht, daß die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung nicht dem Gesetz entspreche, weil hiebei nicht gebührend auf das hohe Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers und seiner Familie, die Intensität der familiären Bindungen des Beschwerdeführers sowie die Beeinträchtigung des beruflichen und persönlichen Fortkommens des Beschwerdeführers und seiner Familie Bedacht genommen worden sei. Insoweit sei auch das behördliche Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben.
3.2.1. Die belangte Behörde hat die wesentlichen in der Beschwerde ins Treffen geführten, bei der Abwägung zugunsten des Beschwerdeführers zu veranschlagenden privaten (familiären) Interessen im Sinne des § 3 Abs. 3 FrPolG berücksichtigt. Sie hat dazu auf den ca. 14 Jahre währenden Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich sowie darauf hingewiesen, daß auch die Ehefrau des Beschwerdeführers und zwei gemeinsame mj. Kinder in Österreich lebten; sie hat auch auf die berufliche Situation des Beschwerdeführers Bedacht genommen, allerdings insofern - mit unbedenklicher Begründung- eine Beeinträchtigung nicht als gegeben erachtet. Es trifft zu, daß in der angefochtenen Entscheidung die ebenfalls in Österreich lebenden Verwandten des Beschwerdeführers (zwei Schwestern und drei Brüder jeweils mit Familien, Vater, Bruder des Vaters) keine Erwähnung fanden, folglich auch nicht die in der Beschwerde behauptete intensive Bindung des Beschwerdeführers zu diesen Personen. Allerdings hat die belangte Behörde insofern keinen Verfahrensmangel zu verantworten, da es der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren verabsäumt hat, auf diesen Umstand hinzuweisen und die Behörde nicht gehalten war, von sich aus Ermittlungen in dieser Richtung zu führen. Die erstmalige Hervorhebung der in dieser Hinsicht gegebenen intensiven familiären Bindungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde unterliegt dem Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG). Es kann daher auf sich beruhen, ob bei Berücksichtigung dieses Sachverhaltsmoments die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
3.2.2. Den zweifellos gewichtigen und im angefochtenen Bescheid auch so gewerteten privaten (familiären) Interessen des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde die maßgebenden gegen einen (weiteren) Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden öffentlichen Interessen gegenübergestellt. Sie hat hiebei - dies durchaus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. September 1992, Zl. 92/18/0367, und die dort zitierte Entscheidung vom 11. November 1991, Zl. 90/19/0447) - dem in der Schleppertätigkeit des Beschwerdeführers begründeten öffentlichen Interesse an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sehr großes Gewicht beigemessen. Wenngleich die Verwirklichung des Tatbestandes des § 3 Abs. 2 Z. 5 FrPolG weder eine rechtskräftige verwaltungsbehördliche Bestrafung noch eine rechtskräftige gerichtliche Verurteilung voraussetzt, hiefür vielmehr allein darauf abzustellen ist, ob die Behörde eine Schleppertätigkeit (aufgrund einwandfreier Ermittlungsergebnisse) als erwiesen annehmen durfte (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 92/18/0367), hat die belangte Behörde bei der Gewichtung der öffentlichen Interessen nicht zu Unrecht der Tatsache Bedeutung beigemessen, daß der Beschwerdeführer wegen seiner verpönten Tätigkeit gerichtlich verurteilt (Verstoß gegen § 14a Abs. 1 Z. 1 FrPolG) und nicht bloß einer Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs. 1 leg. cit. schuldig erkannt worden ist. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das vom Gesetzgeber in den Strafbestimmungen der §§ 14 und 14a FrPolG zum Ausdruck gebrachte differenzierende Unwert-Urteil auf der Ebene der Vollziehung eine Entsprechung darin findet, daß die Behörde im Rahmen des § 3 Abs. 3 leg. cit. einer gerichtlich zu ahndenden Schlepperei größeres Gewicht beimißt als einer lediglich als Verwaltungsübertretung zu ahndenden Schleppertätigkeit.
3.2.3. Demgegenüber war die belangte Behörde nicht verhalten, auf drei in der Beschwerde bezeichnete Umstände zugunsten des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen: Selbst wenn der Beschwerdeführer "erst im Zuge der Ausführung in den Tatvorgang hineingezogen wurde", hatte er, wie sich seinen eigenen Angaben entnehmen läßt (vgl. die Niederschrift vom 17. Dezember 1990 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark), noch die Möglichkeit von der Tat Abstand zu nehmen; im übrigen ist dazu wie auch zu der Beschwerdebehauptung, der Beschwerdeführer sei "an der Planung völlig unbeteiligt" gewesen, festzuhalten, daß er vom Gericht zu einer gleich hohen Strafe verurteilt worden ist wie seine beiden Mittäter, welche die Tat angeblich allein geplant haben. Abgesehen davon ist die behauptete Ahnungslosigkeit des Beschwerdeführers wenig glaubwürdig angesichts seiner eigenen Angaben (vgl. die erwähnte Niederschrift), er habe von einem der beiden Mittäter für die Fahrt nach Marburg und zurück mit seinem PKW S 4.000,-- zugesagt erhalten. Daß es sich bei der Schleppertätigkeit des Beschwerdeführers um einen "einmaligen Vorgang handelte" und er "bisher keinen strafbaren Tatbestand setzte", steht mit den Akten nicht in Einklang, ergibt sich doch aus diesen, daß der Beschwerdeführer am 24. Mai 1988 vom Bezirksgericht Donaustadt wegen § 88 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilt worden ist - ein Umstand, der von der belangten Behörde bei der Beurteilung des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers im Sinne des § 3 Abs. 1 FrPolG zu seinen Ungunsten hätte berücksichtigt werden dürfen. Zum Geständnis des Beschwerdeführers schließlich ist anzumerken, daß dieses zwar unter strafgesetzlichen Gesichtspunkten (vgl. § 34 Z. 17 StGB) Relevanz hat und vom Gericht auch als Milderungsgrund gewertet worden ist, aber aus dem Blickwinkel der von der belangten Behörde wahrzunehmenen öffentlichen Interessen an der Unterbindung des Schlepperunwesens nicht bedeutsam ist.
3.2.4. Zusammenfassend vertritt der Gerichtshof die Auffassung, daß angesichts des im Beschwerdefall mit Recht als besonders groß veranschlagten Gewichtes der maßgebenden öffentlichen Interessen (vgl. oben II.3.2.2.) die unter gebührender Bedachtnahme auf die gewiß erheblichen gegenläufigen privaten Interessen (wozu auch eine allfällige Beeinträchtigung des persönlichen Fortkommens der Ehegattin und der zwei Kinder des Beschwerdeführers zu zählen ist) vorgenommene Interessenabwägung nicht mit der in der Beschwerde behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet ist. Damit erledigt sich auch die darauf bezughabende Verfahrensrüge.
4. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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