VwGH 92/14/0135

VwGH92/14/01353.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 29. April 1991, Zl. 95/11-5/Ae-1991, betreffend Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte für das Kalenderjahr 1981, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1 Z9;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §26 Z7;
EStG 1972 §16 Abs1 Z9;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §26 Z7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Finanzbeamter und hat seinen Familienwohnsitz in einer Entfernung von sechs Kilometern vom Arbeitsplatz. Er beantragte für 1981 die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen in der Höhe von S 28.891,-- als erhöhte Werbungskosten, in eventu als außergewöhnliche Belastung. Durch seine berufliche Tätigkeit sei er gezwungen, sich außerhalb des Haushaltes (in Gaststätten) zu verpflegen, weil Mittagsheimfahrten aus zeitlichen Gründen nicht möglich wären.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. Sie führte unter anderem folgendes aus: Bei den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Mehrkosten für auswärtige Verpflegung handle es sich weder um Aufwendungen anläßlich einer Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972 noch um solche anläßlich einer Dienstreise nach § 26 Z. 7 EStG 1972. Die Dauer der dem Arbeitnehmer zur Verfügung stehenden Mittagspause sei auf die Zuordnung der Aufwendungen für das Mittagessen zur privaten Lebenssphäre ohne Einfluß. Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 und 2 EStG 1972 seien weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt der Familienangehörigen aufgewendeten Beträge sowie die Aufwendungen für die Lebensführung, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringe, auch wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgten, abzuziehen. Aufwendungen für das Mittagessen außerhalb des Haushaltes gehörten, sofern sie nicht aus einer Dienstreise oder Geschäftsreise erwüchsen, grundsätzlich zu den nichtabzugsfähigen Kosten für die Lebensführung. Immerhin könne aber die Notwendigkeit, sich aus beruflichen Gründen außerhalb des Haushaltes zu verpflegen, zu Mehraufwendungen führen. Solche Mehraufwendungen gehörten jedoch, insbesondere in großen Städten, wo ein bedeutender, wenn nicht der überwiegende Teil der Erwerbstätigen angewiesen sei, Mahlzeiten außerhalb des Hauses einzunehmen, grundsätzlich zu den Aufwendungen für die Lebensführung. Im Regelfall sei nämlich kein Arbeitnehmer in der Lage, seine Mahlzeiten mit Ausnahme des Frühstücks und des Abendessens zu Hause einzunehmen, da er infolge seiner Arbeitseinteilung bzw. der Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort nicht nach Hause fahren könne. Die dem Beschwerdeführer durch die Verpflegung außer Haus erwachsenen Kosten seien nicht durch den Beruf bzw. zur Erhaltung und Sicherung der Einnahmequelle als solche notwendig, sondern im wesentlichen durch die Art der Lebensführung bedingt und daher nach § 20 EStG 1972 nicht abzugsfähig. Wie und wo nämlich der einzelne speise, hänge in erster Linie von seiner Lebensführung ab. Insbesondere komme es bei vielen Berufstätigen auf die Lebenshaltung des einzelnen an, ob er sich eine den Lebensverhältnissen angepaßte Verpflegung besorge und diese allenfalls an seiner Arbeitsstätte konsumiere oder ob er es vorziehe, in einer Gaststätte oder Kantine zu speisen. In den geltend gemachten Kosten sei auch keine außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 zu erblicken. Es sei nämlich keineswegs außergewöhnlich, sondern durchaus üblich, daß Erwerbstätige, die, aus welchen Gründen immer, von ihrem Wohnsitz entfernt die berufliche Tätigkeit verrichten müßten, ihre Mahlzeit außerhalb des Hauses, meistens also in Gaststätten, einnehmen. Abgesehen davon sei die Inanspruchnahme von Gaststättenverpflegung durch Berufstätige jeglicher Art heutzutage insbesondere in größeren Städten, wo die Entfernung von Wohnstätte und Arbeitsstätte vielfach eine beträchtliche sei, durchaus eine übliche Erscheinung des täglichen Lebens, die des Charakters des Außergewöhnlichen entbehre.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 15. Juni 1992, B 673/91, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluß vom 15. Juli 1992 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Eintragung eines Lohnsteuerfreibetrages gemäß § 63 EStG 1972 (auf der Lohnsteuerkarte) wegen tatsächlich erwachsener Verpflegungs(mehr)aufwendungen als Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1972, in eventu als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Rechtsmeinung der belangten Behörde, insbesondere ihre Auffassung, die Aufwendungen für außerhalb des Haushaltes eingenommene Mittagessen würden (soweit sie nicht aus einer betrieblich bzw. beruflich veranlaßten Reise oder einer Dienstreise erwachsen) grundsätzlich zu den gemäß § 20 EStG 1972 nicht abzugsfähigen Kosten für die Lebensführung gehören, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die bereits im angefochtenen Bescheid zitierten hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1978, 2088/75, vom 7. Mai 1979, 3313/78, vom 17. Juni 1981, Slg. Nr. 5602/F, sowie weiters auch die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1984, 82/13/0018, vom 17. September 1986, 84/13/0213, vom 26. April 1989, 86/14/0047, und vom 18. Dezember 1990, 87/14/0149; vgl. auch Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 16 Abs. 1 allgemein EStG 1972 Tz 7, Stichworte "Mahlzeiten", "Verpflegungskosten am Dienstort", § 20 EStG 1972 Tz 4 Stichwort "Verpflegung", Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, 2. Auflage, § 20 Tz 11). Auch die - im § 34 Abs. 1 und 2 EStG 1972 geforderte - Außergewöhnlichkeit einer mittäglichen Gaststättenverpflegung hat die belangte Behörde zu Recht verneint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1967, Slg. Nr. 3685/F, Hofstätter-Reichel, a.a.O., § 34 EStG 1972 Einzelfälle, Stichwort "Verpflegung", Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, a.a.O., § 34 Tz 61). Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die angeführte Rechtsprechung verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die vorliegende Beschwerde nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers ist noch folgendes zu bemerken: Der Fall einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung liegt im Beschwerdefall nicht vor, weshalb aus der steuerlichen Anerkennung hiedurch verursachter Mehraufwendungen für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen ist. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht das Recht zur Glaubhaftmachung eines bestimmten Sachverhaltes abgesprochen, sondern anerkannt, daß die Notwendigkeit, sich aus beruflichen Gründen außerhalb des Haushaltes verpflegen zu müssen, zu Mehraufwendungen führen kann; sie hat solche Mehraufwendungen aber in Einklang mit der Rechtsprechung zu den Aufwendungen für die Lebensführung gezählt. Was die Gleichbehandlung aller Abgabepflichtigen und die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zitierten Bestimmungen (§ 3 Z. 24, § 4 Abs. 5, § 16 Abs. 1 Z. 9, § 26 Z. 7 EStG 1972) anlangt, wird auf den Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes und dessen Ausführungen zur Freiheit des Gesetzgebers, den in Rede stehenden, nicht auf Fälle größerer Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort beschränkten Verpflegungs(mehr)aufwand wegen seiner Abhängigkeit von Zufällen und der privaten Lebensführung anders zu behandeln als die verglichenen Fälle, verwiesen. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann den Bedenken des Beschwerdeführers nicht beipflichten; ein "überspitztes" Ergebnis, das vom erklärten Willen des Gesetzgebers offensichtlich abweicht, ist nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer gesteht selbst zu, daß es auf volkswirtschaftliche Gründe bei der Lösung der vorliegenden Rechtsfrage nicht ankommen kann; es erübrigt sich daher, auf seine diesbezüglichen Ausführungen näher einzugehen. Schließlich vermögen seine Darlegungen im Zusammenhang mit der Vergütung der in Krankenhauskosten enthaltenen Verpflegungsaufwendungen durch Sozialversicherungsträger sowie über Personenkreise, die die Verpflegung gratis erhalten oder zufolge gesetzlicher Bestimmungen (betreffend Reisen bzw. Dienstreisen) pauschale Ausgaben berücksichtigt bekämen, den Verwaltungsgerichtshof nicht von der Außergewöhnlichkeit der gegenständlichen Aufwendungen zu überzeugen. Der Beschwerdeführer erkennt selbst, daß moderne Wirtschaftsformen der Erlangung eines Arbeitsplatzes in unmittelbarer Nähe der Wohnung abträglich sind. Es entspricht der Lebenserfahrung, daß die mit der Einnahme des Mittagessens außerhalb des eigenen Haushaltes verbundenen Belastungen nicht bloß eine kleine Minderheit vergleichbarer Steuerpflichtiger treffen, sondern daß es sich hiebei um eine im täglichen Leben übliche Erscheinung handelt.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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