VwGH 92/09/0026

VwGH92/09/002625.6.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der V AG in L, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. Dezember 1991, Zl. 5 - 214 J 9/20 - 91, betreffend Zustimmung zu einer Kündigung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (mitbeteiligte Partei: R in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:

Normen

BEinstG §14 Abs1;
BEinstG §14 Abs2;
BEinstG §8 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
BEinstG §14 Abs1;
BEinstG §14 Abs2;
BEinstG §8 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er ausspricht, daß dem Antrag auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG nicht stattgegeben wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1990, Zl. 89/09/0117, verwiesen, welcher den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannt ist. Mit diesem Beschluß wurde die damalige Beschwerde der T AG (d.i. die Rechtsvorgängerin der nunmehrigen beschwerdeführenden Partei) gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18. Juli 1989 wegen Fehlens der "Beschwer" zurückgewiesen. Mit diesem Bescheid war der den Antrag (vom 26. September 1988) der damaligen beschwerdeführenden Partei auf nachträgliche Zustimmung zu der bereits zum 2. Jänner 1988 ausgesprochenen Kündigung des Mitbeteiligten zurückweisende Bescheid der Behörde erster Instanz aufgehoben und die Zurückverweisung der Angelegenheit ausgesprochen worden.

Im fortgesetzten Verfahren sprach der Behindertenausschuß beim Landesinvalidenamt für Steiermark mit Bescheid vom 5. Juli 1990 aus, daß dem Antrag auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung des Mitbeteiligten gemäß § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) stattgegeben werde. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Behindertenausschuß nach sorgfältiger Abwägung der einzelnen Interessen zur Ansicht gelangt sei, daß eine Kündigung, wie im Spruch ersichtlich, gerechtfertigt sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Mitbeteiligte im wesentlichen vor, er sei seit dem Jahre 1979 bei der beschwerdeführenden Partei als Kistenfertiger und in weiterer Folge als Schleifer beschäftigt gewesen. Es sei daher offensichtlich, daß er trotz seiner psychischen Behinderung nicht bloß auf primitivste Hilfsarbeiten, sondern auch auf die nicht ganz anspruchslose Tätigkeit eines Schleifers habe angelernt werden können. Auf Grund seiner Behinderung habe die beschwerdeführende Partei einen Lohnkostenzuschuß von zuletzt S 6.000,-- erhalten, sodaß die finanzielle Belastung nicht so hoch gewesen sei. Bereits zwei Monate vor Ausspruch der verfahrensgegenständlichen Kündigung habe er den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gestellt und diesen Umstand dem Arbeitgeber bereits damals bekanntgegeben. Der Umstand, daß zwischen Antragstellung auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten und Bescheiderlassung mehr als sieben Monate verstrichen seien, liege nicht in seinem Einflußbereich und dürfe daher nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Nachweislich spätestens mit Schreiben vom 14. Juli 1988 sei der Arbeitgeber auf Grund eines Schreibens der Gewerkschaft, welche offensichtlich eingeschaltet habe werden müssen, vom nunmehr vorliegenden Bescheid des Landesinvalidenamtes vom 16. Mai 1988 benachrichtigt worden. Aber erst zweieinhalb Monate später habe der Dienstgeber einen Antrag auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung eingebracht. Die Aussicht auf einen Vermittlungserfolg auf einen neuen Arbeitsplatz müsse als äußerst gering angesehen werden. Was die allgemein bekannten wirtschaftlichen Schwierigkeiten der ehemaligen T AG betreffe, sei zu bemerken, daß sich die wirtschaftliche Situation bereits seit den Jahren 1988/89 wieder wesentlich gebessert habe und spätestens seit Anfang 1989 wiederum zahlreiche neue Mitarbeiter eingestellt worden seien. Es müsse in einem Betrieb, in dem es so viele verschiedene Arbeitsplätze gebe, doch möglich sein, irgend einen anderen Arbeitsplatz zu finden. Aus all diesen Gründen werde der Antrag gestellt, den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, daß der Antrag auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung abgewiesen werde.

Zu dieser Berufung holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei ein, zu der der Mitbeteiligte seinerseits ergänzend Stellung nahm. In der Folge wurden im Berufungsverfahren zahlreiche Zeugen einvernommen (insbesondere zur Frage, ob die beschwerdeführende Partei vor Ausspruch der gegenständlichen Kündigung vom Antrag des Mitbeteiligten auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten Kenntnis gehabt habe) und es wurde dem Mitbeteiligten Gelegenheit gegeben, zu den auf diese Weise erzielten Ermittlungsergebnissen ergänzend Stellung zu nehmen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 1991 gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 19a BEinstG teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, daß dem Antrag auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8 Abs. 2 BEinStG nicht stattgegeben, dem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung ab Antragstellung jedoch stattgegeben werde.

Zur Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 8 Abs. 2 BEinstG aus, Voraussetzung jeder Kündigung eines begünstigten Behinderten sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Interessenabwägung zwischen dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des zu kündigenden Arbeitnehmers. Es sei daher zu prüfen, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Arbeitnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden könne. Der Grund für die Kündigung eines begünstigten Behinderten müsse jedoch keineswegs in der Person des Gekündigten selbst liegen, sondern es könnten auch sachliche, im Betrieb selbst vorliegende Gründe gegeben sein. Es sei daher im gegenständlichen Fall zu prüfen, ob das Motiv des Arbeitgebers für die Kündigung allein die Behinderung des gekündigten Arbeitnehmers oder aber eine erhebliche Betriebseinschränkung sei. Am 6. Oktober 1987 habe der Mitbeteiligte beim Landesinvalidenamt für Steiermark den Antrag auf Feststellung seiner Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gestellt. Am 3. Dezember 1987 habe die beschwerdeführende Partei die Kündigung des Mitbeteiligten zum 2. Jänner 1988 ausgesprochen. Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Steiermark vom 16. Mai 1988 sei festgestellt worden, daß der Mitbeteiligte ab 1. Oktober 1987 dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehöre. Am 2. August 1988 habe der Mitbeteiligte beim Arbeits- und Sozialgericht die Klage auf Aufrechtbestand des Dienstverhältnisses mit der Begründung eingebracht, daß das Dienstverhältnis auf Grund seiner Begünstigteneigenschaft nach wie vor aufrecht sei. Am 26. September 1988 habe die beschwerdeführende Partei daraufhin den gegenständlichen Antrag auf nachträgliche Zustimmung zu der bereits zum 2. Jänner 1988 ausgesprochenen Kündigung beim Behindertenausschuß gestellt. In der mündlichen Streitverhandlung vom 10. Oktober 1988 habe das Arbeits- und Sozialgericht den Beschluß gefaßt, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens des Behindertenausschusses beim Landesinvalidenamt für Steiermark zu unterbrechen. Mit Bescheid vom 1. Dezember 1988 habe der Behindertenausschuß beim Landesinvalidenamt für Steiermark entschieden, daß der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf nachträgliche Zustimmung zu der bereits zum 2. Jänner 1988 ausgesprochenen Kündigung des Mitbeteiligten wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen werde. Gegen diesen Bescheid habe der Mitbeteiligte die Berufung eingebracht. Mit Bescheid vom 18. Juli 1989 sei von der belangten Behörde der Bescheid des Behindertenausschusses aufgehoben und die Sache wiederum an den Behindertenausschuß zur Entscheidung in der Sache selbst zurückverwiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe die beschwerdeführende Partei eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Mit Beschluß vom 5. April 1990 habe der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde zurückgewiesen. Dies habe bedeutet, daß der Behindertenausschuß im gegenständlichen Kündigungsverfahren in der Sache selbst zu entscheiden gehabt habe. Das neuerlich durchgeführte Kündigungsverfahren habe ergeben, daß der Mitbeteiligte 31 Jahre alt und ledig sei. Er habe keine unterhaltsberechtigten Angehörigen. Er beziehe derzeit eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung in der Höhe von S 6.600,--. An Belastungen habe der Mitbeteiligte einen offenen Kredit für den Kauf eines Familienhauses in der Höhe von ca. S 200.000,--. In diesem Verfahren seien sämtliche Abteilungen des Betriebes einer Prüfung dahingehend unterzogen worden, ob eine Möglichkeit für die Weiterverwendung des Mitbeteiligten im Betrieb bestehe. Diese Überprüfung habe ergeben, daß der Mitbeteiligte auf Grund seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten nicht mehr in der Lage sei, in einer der Abteilungen des Betriebes zu arbeiten. Wie anläßlich einer Einvernahme des Vaters des Mitbeteiligten schriftlich festgehalten worden sei, sei dieser nunmehr mit einer Kündigung einverstanden: er ersuche jedoch einer nachträglichen Zustimmung nicht stattzugeben, weil die beschwerdeführende Partei zum Zeitpunkt der Kündigung von der Behinderteneigenschaft seines Sohnes gewußt habe. Der Dienstnehmer (richtig wohl: der Dienstgeber) habe nämlich im gegenständlichen Fall mit Antrag vom 26. September 1988 die nachträgliche Zustimmung zu der bereits per 2. Jänner 1988 ausgesprochenen Kündigung beantragt, weil man zu diesem Zeitpunkt von der Behinderteneigenschaft des Dienstnehmers nichts gewußt habe. Eine solche nachträgliche Zustimmung zur Kündigung sei nur in "besonderen Ausnahmefällen" möglich. Was im einzelnen als "besonderer Ausnahmefall" gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG anzusehen sei, könne nicht allgemein, sondern nur nach der Lage des Einzelfalles beurteilt werden. Für einen solchen besonderen Ausnahmefall müßten ganz außergewöhnliche Umstände vorliegen, die hart an der Grenze des Kündigungsschutzes überhaupt lägen und überdies dadurch gekennzeichnet seien, daß dem Dienstgeber die vorherige Einholung einer behördlichen Zustimmung nicht zugemutet werden könne. Das Gesetz spreche von "besonderen Ausnahmefällen" und bringe durch die doppelte Hervorhebung des Ausnahmecharakters mit diesen Worten in eindringlicher Weise zum Ausdruck, daß wohl nur an ganz außergewöhnliche Umstände gedacht sei. Ein solcher Fall liege etwa dann vor, wenn der Dienstgeber zu einer unverhältnismäßig großen Betriebseinschränkung gezwungen sei und er außerdem bei Ausspruch der Kündigung nicht habe wissen können, daß der betreffende Dienstnehmer zu den begünstigten Behinderten zähle.

Richtig sei, daß die ehemalige T AG im fraglichen Zeitraum enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten gehabt habe und erhebliche Personalreduzierungen habe durchführen müssen, um durch eine tiefgreifende Senkung der Personalkosten eine von vielen Maßnahmen zur Gesundung des Unternehmens zu setzen. Berücksichtige man dann noch, daß die Prüfung von allenfalls für den Mitbeteiligten in Frage kommenden Ersatzarbeitsplätzen ergeben habe, daß der Mitbeteiligte die dort vorhandenen Anforderungen nicht erfüllen könne, so komme man zwangsläufig zum Schluß, daß eine Weiterverwendung des Mitbeteiligten im Betrieb der beschwerdeführenden Partei für diese nicht mehr zumutbar sei. Was jedoch den Antrag auf eine rückwirkende Kündigung betreffe, wäre dazu auszuführen, daß in dem ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren eindeutig zum Ausdruck gekommen sei, daß die beschwerdeführende Partei vor Ausspruch der gegenständlichen Kündigung vom Antrag des Mitbeteiligten auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten Kenntnis gehabt habe. Dies gehe vor allem aus den Zeugenaussagen der Herren H und J vom 12. Dezember 1990 bzw. 14. Mai 1991 hervor. Eine weitere Bestätigung dieser Kenntnis wäre einem Brief des Werkskrankenhauses zu entnehmen, der am 9. November 1987 an den Dienstgeber gerichtet gewesen sei und in dem um Berücksichtigung der Behinderungen des Mitbeteiligten bzw. um die Einleitung der geeigneten Schritte durch den Dienstgeber ersucht worden sei. Auf Grund der oben angeführten Umstände sei dem Antrag "auf Kündigung, nicht aber dem Antrag auf nachträgliche Kündigung" stattzugeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich, soweit er ausspricht, daß dem Antrag auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG nicht stattgegeben werde, die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, das Dienstverhältnis mit dem Mitbeteiligten ordnungsgemäß zur Auflösung gebracht zu haben bzw. dahingehend, daß ihrem Antrag auf nachträgliche Zustimmung nicht Folge gegeben worden sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Berufungsverfahrens (nicht jedoch die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens) vorgelegt und - ebenso wie der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1991, G 272/91-8, G 323, 324/91-4, G 343/91-3, den § 8 Abs. 2 BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 721/1988, als verfassungswidrig aufgehoben; die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 1992 in Kraft. Der vorliegende Beschwerdefall zählt allerdings nicht zu den Anlaßfällen gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG, auf ihn ist diese Bestimmung daher weiterhin anzuwenden. Eine neuerliche Anfechtung dieser als verfassungswidrig festgestellten Norm - wie dies von der beschwerdeführenden Partei in ihrer Beschwerde angeregt wird - ist nicht zulässig.

Gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG darf die Kündigung eines begünstigten Behinderten erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuß (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates oder der Personalvertretung im Sinne des Bundes-Personalvertretungsgesetzes bzw. der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften sowie nach Anhörung des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren die Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage, wann ein solcher "BESONDERER AUSNAHMEFALL", der eine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung eines Behinderten rechtfertige, vorliegt, in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach befaßt und ist dabei im wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, daß dies insbesondere dann der Fall ist, wenn ganz außergewöhnliche Umstände vorliegen, die hart an der Grenze des Kündigungsschutzes überhaupt liegen und überdies dadurch gekennzeichnet sind, daß dem Dienstgeber die vorherige Einholung einer behördlichen Zustimmung nicht zugemutet werden kann. Das Gesetz spricht von "besonderen Ausnahmefällen" und bringt durch die doppelte Hervorhebung des Ausnahmecharakters mit diesen Worten in eindringlicher Weise zum Ausdruck, daß wohl nur an ganz außergewöhnliche Umstände gedacht ist. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn der Dienstgeber zu einer verhältnismäßig großen Betriebseinschränkung gezwungen ist UND er außerdem beim Ausspruch der Kündigung nicht wissen konnte, daß der betreffende Dienstnehmer zu den bevorzugten Personen zählt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, Zlen. 88/09/0124, 0125, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß die ehemalige T AG (die Rechtsvorgängerin der nunmehrigen beschwerdeführenden Partei) im fraglichen Zeitraum enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten hatte und erhebliche Personalreduzierungen durchführen mußte, um durch eine tiefgreifende Senkung der Personalkosten eine von vielen Maßnahmen zur Gesundung des Unternehmens zu setzen. Die von der Rechtsprechung geforderte (erste) Voraussetzung einer "verhältnismäßig großen Betriebseinschränkung" ist somit gegeben.

Was die weitere Voraussetzung anlangt, die Beschwerdeführerin habe wissen können, daß der Mitbeteiligte zum Kreis der begünstigten Behinderten zählt, so ist die belangte Behörde nach Durchführung ergänzender Ermittlungen zur Überzeugung gelangt, daß der Dienstgeber vor Ausspruch der gegenständlichen Kündigung vom Antrag des Mitbeteiligten auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten Kenntnis gehabt habe. Mit ihrer rechtlichen Schlußfolgerung, auf Grund dieser Kenntnis des Dienstgebers liege im Beschwerdefall ein besonderer Ausnahmefall nicht vor, hat die belangte Behörde jedoch die Rechtslage verkannt. Die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten ergibt sich nicht schon aus der Tatsache der infolge einer Gesundheitsschädigung um mindestens 50 v.H. geminderten Erwerbsfähigkeit, sondern es bedarf des "Nachweises" durch einen rechtskräftigen Bescheid im Sinne des § 14 Abs. 1 und, sofern ein solcher Bescheid nicht vorliegt, eines Bescheides des örtlich zuständigen Landesinvalidenamtes nach § 14 Abs. 2 BEinstG, mit dem die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten und der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1985, Zl. 84/09/0035). Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die beschwerdeführende Partei die Kündigung des Mitbeteiligten am

3. DEZEMBER 1987 (zum 2. Jänner 1988) ausgesprochen hat. Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Steiermark vom

16. MAI 1988 wurde festgestellt, daß der Mitbeteiligte ab 1. Oktober 1987 dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehört. Es ist daher davon auszugehen, daß die beschwerdeführende Partei beim Ausspruch der Kündigung am 3. Dezember 1987 noch nicht wissen konnte, daß der Mitbeteiligte als begünstigter Behinderter zu behandeln und seine Kündigung daher nur mit vorheriger Zustimmung des Behindertenausschusses möglich sei.

Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob das Dienstverhältnis des Mitbeteiligten zur beschwerdeführenden Partei zum Zeitpunkt der Verbindlichkeit des Bescheides des Landesinvalidenamtes für Steiermark vom 16. Mai 1988, mit welchem festgestellt worden ist, daß der Mitbeteiligte ab 1. Oktober 1987 rückwirkend zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gehört, überhaupt noch aufrecht gewesen ist oder nicht.

Da die belangte Behörde auf Grund der obigen Erwägungen in Verkennung der Rechtslage das Vorliegen eines "besonderen Ausnahmefalles" im Beschwerdefall zu Unrecht verneinte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser mußte daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft im Hinblick auf die gesetzliche Kostenpauschalierung den in der Verordnung geregelten Schriftsatzaufwand und den für Umsatzsteuer geltend gemachten Betrag.

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