VwGH 92/04/0154

VwGH92/04/015420.10.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der X Gesellschaft m.b.H. & Co in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) - diese Behörde vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W - vom 22. Juni 1992, Präs 142-100/91/Wa/N, betreffend Grundumlage, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs2;
HKG 1946 §57g;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs2;
HKG 1946 §57g;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft sprach mit Bescheid vom 22. Juni 1992 wie folgt ab:

"I.

Der Bescheid der Bundeskammer, Präs 142-100/91/Wa/N, vom 19.3.1992 wird gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahingehend abgeändert, daß der Bescheid der Kammer Niederösterreich vom 5.9.1991 hinsichtlich seiner Ausführungen, wonach für die Jahre 1989 - 1991 eine Grundumlage in der Höhe von S 10.800,-- vorgeschrieben wird, aufgehoben wird.

II.

Gemäß § 57g HKG wird als Grundumlage 1991 für die Zugehörigkeit der Berufungswerberin zu den im erstinstanzlichen Bescheid genannten Fachgremien eine Zahlungsverpflichtung der X GmbH & Co in der Höhe von S 3.600,-- festgestellt."

Zur Begründung wurde zu I. ausgeführt, gemäß § 68 Abs. 2 AVG könnten Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen sei, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen habe, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. Auf diese Bestimmung gestützt stelle die Bundeskammer fest, daß für die Jahre 1989 und 1990 keine Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin bestehe. Zu II. wurde ausgeführt, hinsichtlich der festgestellten Zahlungsverpflichtung in der Höhe von S 3.600,-- auf Grund der Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin zu den Landesgremien Niederösterreich des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln, des Textilhandels, des Einzelhandels, des Parfümeriewarenhandels sowie des allgemeinen Landesgremiums werde auf die Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen, der insofern zum integrierenden Bestandteil dieses Bescheides gemacht werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde zurück- bzw. abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, a) einen Bescheid zu erhalten, in dem festgestellt werde, daß sie nicht verpflichtet sei, für den Standort P, für die Jahre 1989, 1990 und 1991 Grundumlagen zu entrichten, b) im Falle einer Bejahung ihrer Grundumlagenpflicht die betreffende Grundumlage mit Leistungsbescheid vorgeschrieben zu erhalten, und c) die Bezahlung der ihr vorgeschriebenen Grundumlagen zu verweigern". Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, wenn auch niemandem ein Anspruch darauf zustehe, daß die Behörde das ihr gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG eingeräumte Abänderungs- und Behebungsrecht ausübe, müsse doch im Falle, daß von diesem Recht Gebrauch gemacht werde, der neue Bescheid rechtmäßig sein. Das sei hier nicht der Fall, weil für eine bloß Kassation des erstbehördlichen Bescheides kein Grund bestehe; weder sei nach der materiell-rechtlichen Situation die Erlassung eines Bescheides überhaupt unzulässig, noch sei sie während des Berufungsverfahrens unzulässig geworden, noch auch könne allein die Kassation des erstbehördlichen Bescheides den von der Rechtsordnung gewünschten Zustand herstellen. Die der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG obliegende Sachentscheidung könne vielmehr nur in der Feststellung bestehen, daß sie für den Standort P für die Jahre 1989, 1990 und 1991 keine Grundumlagenpflicht treffe. Eine solche Feststellung enthalte aber nur die Begründung des angefochtenen Bescheides und dies auch nur in bezug auf die Grundumlagenpflicht für die Jahre 1989 und 1990, obwohl doch der erstbehördliche Bescheid zur Gänze aufgehoben werde. Die belangte Behörde hätte die Feststellung, daß für alle drei Jahre keine Grundumlagenpflicht bestehe, richtigerweise in den Spruch aufnehmen und dies gemäß den gesetzlichen Vorschriften auch begründen müssen. Die Erlassung eines derartigen Feststellungsbescheides sei wegen der ungeklärten Rechtslage, ob und allenfalls in bezug auf welche Gremien sie für den genannten Standort in diesen drei Jahren grundumlagenpflichtig sei, für sie ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung, zumal diese Frage auch schon den Gegenstand anhängiger verwaltungsgerichtlicher Verfahren bilde. Was den Spruchpunkt II. betreffe, so fehle hiefür jede nachvollziehbare Bgründung. Der bloße Hinweis auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides reiche hier keineswegs aus, denn die Gründe der ersten Instanz gälten in gleicher Weise für die Grundumlagenpflicht aller drei Jahre. Es sei nicht zu erkennen, warum bei völlig gleicher Sach- und Rechtslage die in Rede stehende Grundumlagepflicht für die Jahre 1989 und 1990 zu verneinen, für das Jahr 1991 zu bejahen sei. Dem Gesetz sei nirgends zu entnehmen, daß die Berufungsbehörde, die ihren Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG abändere, einer Begründung dafür enthoben sein solle, selbst wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen werde. Die weiteren Beschwerdeausführungen enthalten meritorische Darlegungen.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Zu Spruchpunkt I.: Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Nach dem Wortlaut des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 19. März 1992 unter Bezugnahme auf § 68 Abs. 2 AVG schlechthin dahingehend abgeändert, daß der Bescheid der Kammer Niederösterreich vom 5. September 1991 hinsichtlich seiner "Ausführungen", wonach für die Jahre 1989 - 1991 eine Grundumlage in der Höhe von S 10.800,-- vorgeschrieben werde, aufgehoben werde. Weder aus diesem Spruchwortlaut, noch auch aus der hiezu erstatteten Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich damit aber die eindeutige Bestimmbarkeit des umfänglichen Abspruchsgegenstandes, zumal Spruchpunkt II. eine teilweise Abänderung des erstbehördlichen Bescheides zum Inhalt hat, und weiters Gegenstand der Abänderung nur der Spruch eines Bescheides sein kann, nicht aber seine Begründung (vgl. hiezu u.a. den hg. Beschluß vom 31. März 1951, Slg. N.F. Nr. 2010/A). Hingewiesen sei im übrigen in diesem Zusammenhang darauf, daß sich unter den von der belangten Behörde vorgelegten "Verwaltungsakten" keine Ausfertigungen der bezeichneten Bescheide befinden.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit im Umfang seines Spruchpunktes I. schon im Hinblick darauf als mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Zu Spruchpunkt II.: Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Daraus ergab sich aber auch die Verpflichtung der belangten Behörde, die nach dem Wortlaut des Spruchteiles II. den Spruch des erstbehördlichen Bescheides nicht etwa unter Aufrechterhaltung von Teilaussprüchen ergänzte sondern abänderte, im Sinn eines Abspruches nach § 57g HKG über Art und Ausmaß der Umlagepflicht der Beschwerdeführerin auch die für ihre Zugehörigkeit in Betracht gezogenen Landesgremien im Spruch anzuführen. Der bloße spruchgemäße Hinweis auf den in diesem Umfang zur Gänze abgeänderten Spruch des erstbehördlichen Bescheides sowie die Anführungen der Landesgremien in der Begründung des angefochtenen Bescheides sind in diesem Zusammenhang nicht als ausreichend anzusehen, da der Umstand, daß Spruch und Begründung eines Bescheides als Einheit anzusehen sind, nicht zur Folge hat, daß die Begründung eines Bescheides zur Ergänzung seines Spruches herangezogen werden dürfte (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl. 82/04/0059, u.a.).

Schon im Hinblick darauf belastete somit die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch im Umfang seines Spruchpunktes II. mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher in Stattgebung der Beschwerde schon aus den dargestellten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß sich das Erfordernis der Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens ergab. Für das fortgesetzte Verfahren sei allerdings in Ansehung des zu Spruchpunkt I. dargestellten Beschwerdevorbringens und der hiezu erstatteten Darlegungen in der Gegenschrift auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/04/0155, hingewiesen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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