VwGH 92/01/0744

VwGH92/01/074425.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. April 1992, Zl. 4.298.364/2-III/13-91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein ghanesischer Staatsangehöriger, reiste am 15. Juli 1990 in das Bundesgebiet ein, stellte am Tag danach einen Asylantrag und gab bei seiner am 19. Juli 1990 von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich durchgeführten niederschriftlichen Befragung im wesentlichen an, in seiner Heimat Schwierigkeiten gehabt zu haben, weil er mit dem Verhalten eines Sekretärs der Regierung nicht einverstanden gewesen sei und diesen kritisiert habe. Er sei deshalb zur Polizei vorgeladen worden, von der Polizei beobachtet und verdächtigt worden, ein CIA-Agent zu sein. Nachts sei die Polizei um sein Haus geschlichen. Weil es sehr schlecht sei, in Ghana als CIA-Agent abgestempelt zu sein, und er in Ghana keine Ruhe mehr gehabt habe, habe er sich trotz seiner sechs Kinder zur Flucht entschlossen.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien stellte mit Erledigung vom 21. März 1991, Zl. IV-81.515-AF/91 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Die Ausfertigung dieser Erledigung enthält neben der Klausel "Für den Sicherheitsdirektor: gez.:" die Unterschrift "i.A. R" sowie den Beisatz "Dr. S".

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen die erstinstanzliche Erledigung erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach ebenfalls aus, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde unter anderem wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft und Aufenthaltsberechtigung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 4 Satz 1 AVG müssen alle schriftlichen Ausfertigungen u.a. mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. Da die im vorliegenden Fall auf der Ausfertigung der erstinstanzlichen Erledigung befindliche Unterschrift "R" nicht von dem in der Fertigungsklausel genannten Organwalter Dr. S stammt, hätte die Berufungsbehörde mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides mit einer Zurückweisung der Berufung vorgehen müssen (vgl. dazu das bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 unter ENr. 23 referierte einen vollkommen gleichgelagerten Fall betreffende hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1989 Zl. 88/08/0040).

Entscheidet aber eine Berufungsbehörde auf Grund einer Berufung, die sich gegen einen gar nicht erlassenen Bescheid richtet, in der Sache selbst, anstatt die Berufung zurückzuweisen, so ist der Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 Seite 584, Abs. 6 referierte hg. Judikatur sowie das hg. Erkenntnis vom 17. April 1991, Zl. 91/01/0031).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Mit Rücksicht auf die durch die oben zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gefällt werden.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991.

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