Normen
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnF litb;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnF litb;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 28. November 1991 illegal in das Bundesgebiet ein. Bei einer am 3. Dezember 1991 aus Anlaß der Gewährung des Parteiengehörs zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes durchgeführten niederschriftlichen Befragung gab der Beschwerdeführer unter anderem an, er werde nicht politisch verfolgt. Im Jahr 1986 habe er auf Grund einer Blutrache einen Mann erschossen. Aus der Haft sei er im Zuge einer Amnestie nach Verbüßung einer Strafe von 11 Monaten und 17 Tagen entlassen worden. Im September 1991 habe er den Sohn eines Polizisten in die Beine geschossen; deshalb habe er die Türkei verlassen.
Am 3. Dezember 1991 stellte der Beschwerdeführer einen Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Befragung zum Asylantrag am 10. Dezember 1991 gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund befragt an, er sei kurdischer Abstammung und Mitglied der verbotenen Organisation "DEV SOL". Er sei 1988 wegen der Teilnahme an einer verbotenen Demonstration sieben Monate und 1989 wegen einer Geiselnahme an zwei Polizisten, die der Erzwingung besserer Bedingungen in den türkischen Gefängnissen hätte dienen sollen, neun Monate in Haft gewesen. Im September 1991 habe er den Sohn eines (ihm nicht namentlich bekannten) Polizisten in den linken Oberschenkel geschossen. Er habe fünfmal geschossen, habe den Burschen aber nicht töten, sondern nur verletzen wollen. Die Tat habe auf sein Ansuchen der (ihm nicht namentlich bekannte) Vorstand der "DEV SOL" "bewilligt". Er habe den Sohn des Polizisten angeschossen, weil ihn der letztere während der Haft im Jahr 1989 mit einem Rasiermesser gefoltert habe. Vermutlich werde er wegen dieser Tat in der Türkei mittels Haftbefehls gesucht. Noch im September 1991 sei er nach Griechenland gereist und habe dort um politisches Asyl angesucht; im November 1991 sei er von dort nach Österreich abgereist.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 16. Dezember 1991 ab und sprach aus, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes. Nach Wiedergabe der Angaben des Beschwerdeführers und Darlegung der Rechtslage vertrat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung, der Beschwerdeführer habe sein Heimatland verlassen, um Sanktionen wegen strafrechtlich zu ahndender Delikte zu entgehen. Bei der von ihm verübten Tat seien persönliche Rachemotive im Vordergrund gestanden. Selbst wenn der Beschwerdeführer diese Tat aus politischen Beweggründen begangen und deshalb eine Strafe zu gewärtigen hätte, sei er nicht Flüchtling im Sinne der Konvention, weil der Ausschlußgrund des Art. 1 Abschnitt F lit. b der Konvention vorliege. Es lägen nämlich ernsthafte Gründe für den Verdacht vor, daß er in seinem Heimatland ein schweres, nicht politisches Verbrechen begangen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer vertritt zunächst die Auffassung, schon der Umstand, daß er Kurde und Mitglied der "DEV SOL" sei, aber auch die Tatsache, daß er wegen politischer Aktivitäten (Teilnahme an Demonstrationen) längere Zeit in Haft gewesen sei, spreche für das Vorliegen "politischer Fluchtgründe". Damit verkennt der Beschwerdeführer zunächst, daß die Zugehörigkeit zu einer Minderheit - auch zu der der Kurden - allein noch keinen Grund für die Anerkennung als Konventionsflüchtling darstellt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1992, Zl. 91/01/0212). Ebensowenig konnte den Darlegungen des Beschwerdeführers entnommen werden, daß er wegen einer (den Behörden bekannten) Mitgliedschaft bei einer verbotenen Organisation mit Maßnahmen zu rechnen hätte, die als Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anzusehen wären.
Auch die im Jahre 1988 erlittene Haft wegen der Teilnahme an einer Demonstration war im vorliegenden Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, da diese nicht in einem solchen zeitlichen Konnex zur Ausreise des Asylwerbers aus seinem Heimatland steht, daß sie als Fluchtgrund im Sinne der Konvention anerkannt werden könnte (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0156).
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, allein der Umstand, daß er im September 1991 den Sohn eines Polizisten mit einer Schußwaffe verletzt habe, vermöge nicht die Annahme zu rechtfertigen, er sei nur im Hinblick auf die wegen dieser Tat drohenden Strafverfolgung geflohen, übersieht er, daß er selbst angab, "deshalb" und im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Verübung dieser Tat geflohen zu sein (vgl. die Niederschriften vom 3. und 10. Dezember 1991) und aus seinen Angaben weiters hervorgeht, daß er nach Ende der früheren Haftzeiten noch längere Zeit in seinem Heimatland verblieb. Bei dieser Sachlage kann die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei ausschließlich wegen des im September 1991 begangenen Deliktes geflüchtet, nicht als unschlüssig angesehen werden.
Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Auffassung der belangten Behörde, in seinem Fall sei der Ausschlußgrund des Art. 1 Abschnitt F lit. b der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge gegeben. Nach der zitierten Vorschrift sind die Bestimmungen dieses Abkommens auf Personen nicht anwendbar, hinsichtlich derer ernsthafte Gründe für den Verdacht bestehen, daß sie, bevor sie als Füchtlinge in das Gastland zugelassen wurden, ein schweres, nicht politisches Verbrechen begangen haben. Nach § 1 Asylgesetz ist Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Fremder, wenn nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt.
Die belangte Behörde hat sich nur hilfsweise auf das Vorliegen des Ausschließungsgrundes im Sinne des Art. 1 Abschnitt F lit. b berufen; primär vertritt sie die Auffassung, daß kein Fluchtgrund im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention vorliege. Diese Auffassung ist auch nicht rechtswidrig. Daß die Zugehörigkeit zur Minderheit, die Mitgliedschaft bei einer verbotenen Organisation und die behauptete Haft wegen der Teilnahme an Demonstrationen unter den Umständen des Beschwerdefalles keinen Fluchtgrund im Sinne der Konvention darstellen, wurde bereits dargelegt. Aber auch die dem Beschwerdeführer wegen des im September 1991 begangenen Deliktes drohende Strafverfolgung ist nicht als Fluchtgrund im Sinne der Konvention anzusehen, weil nicht davon gesprochen werden kann, daß es sich bei einer Strafverfolgung wegen dieses Deliktes um Verfolgung wegen eines der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention genannten Gründe (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung) handelte. Der Beschwerdeführer hat selbst als Motiv für die von ihm verübte Gewalttat die vom Vater des Opfers begangene Folterung des Beschwerdeführers genannt. Bei dieser Sachlage war es nicht unschlüssig, daß die belangte Behörde ein im Vordergrund stehendes persönliches Motiv annahm; ein Zusammenhang der Gewalttat mit politischer Tätigkeit oder politischer Meinung, der es rechtfertigte, die wegen dieser Tat drohende Strafverfolgung als Verfolgung wegen der politischen Gesinnung (oder aus einem anderen in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention genannten Grund) anzusehen, kann hier nicht bejaht werden. Worauf der Beschwerdeführer mit seinen nicht weiter konkretisierten Darlegungen Bezug nimmt, aus seiner Niederschrift gehe eindeutig die politische Motivation für seine Tat hervor, kann der Beschwerde nicht entnommen werden; diese Darlegungen sind daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht bereits das Vorliegen der in § 1 AsylG in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention angeführten Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft verneint. Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die von der Beschwerde sowohl unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit als auch des Begründungsmangels relevierte Frage des Vorliegens eines Ausschließungsgrundes nach Art. 1 Abschnitt F lit. b der Konvention einzugehen.
Soweit der Beschwerdeführer als Verletzung von Verfahrensvorschriften Mängel des erstinstanzlichen Bescheides geltend macht, genügt es, darauf hinzuweisen, daß nur Mängel des Berufungsverfahrens zur Aufhebung eines Berufungsbescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen können (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1992, Zl. 91/01/0212).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als
unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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