VwGH 91/19/0049

VwGH91/19/00499.3.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 25. April 1990, Zl. III 370-22227-90, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs2;
AVG §45 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 1990 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 12. Februar 1990 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 1 und 2 Paßgesetz 1969 abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde unter anderem aus, sie sei auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers eingegangen und habe festgestellt, daß die Mittel für seinen Lebensunterhalt nicht nachgewiesen worden seien. In der letzten Zeit habe es sich eingebürgert, daß türkische Staatsangehörige als Touristen nach Österreich einreisen und sich hier als Gesellschafter an einer Kapitalgesellschaft beteiligen, wobei "Gesellschafterwechsel in ungeheurem Ausmaß" stattfänden. Der Beschwerdeführer habe zwar seine Stellung innerhalb der Gesellschaft dargestellt, trotz Aufforderung aber das Vorhandensein und die Herkunft der Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht durchschaubar nachgewiesen. Öffentliche, insbesondere wirtschaftliche Interessen an seinem Aufenthalt in Österreich seien nicht gegeben. Da kein Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 25 Abs. 3 Paßgesetz 1969 vorgelegen sei, sei in Ausübung des freien Ermessens der Sichtvermerksantrag abgewiesen worden.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 7. Dezember 1990, B 649/90-9, ab und trat sie über Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluß vom 4. März 1991, B 649/90-11, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 25 Abs. 1 Paßgesetz 1969 kann einem Fremden auf Antrag ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt. Gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde bei der Ausübung des ihr im Abs. 1 eingeräumten freien Ermessens auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde im Hinblick auf den von ihr festgestellten Sachverhalt einen Versagungsgrund im Sinne des § 25 Abs. 3 leg. cit. heranzuziehen berechtigt gewesen wäre.

2.1. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde sei auf seine vorgebrachten persönlichen Interessen nicht eingegangen und habe nicht erklärt, welche öffentliche Interessen der Erteilung des Sichtvermerkes entgegenstünden. Die Überlegungen der belangten Behörde seien rein allgemeiner Natur und ohne irgendeine Ermittlungstätigkeit und Bedachtnahme auf den Einzelfall erfolgt, weshalb ein gravierender Verfahrensmangel vorliege.

2.2. Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß seinen Ausführungen nicht zu entnehmen ist, auf welche konkreten persönlichen Interessen - abgesehen von den sich aus der Beteiligung an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ergebenden - die belangte Behörde hätte Bedacht nehmen sollen. Sie durfte im Hinblick auf den Akteninhalt, insbesondere die Angaben des Beschwerdeführers in seinem Sichtvermerksantrag vom 12. Februar 1990 davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer am 2. Dezember 1989 (sichtvermerksfrei) nach Österreich eingereist ist, sodaß im Hinblick auf die kurze Dauer seines Aufenthaltes und - wie sich aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Ablichtung des Notariatsaktes vom 17. Jänner 1990 ergibt - seine fehlenden Deutschkenntnisse von einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht ausgegangen werden konnte. Lediglich der Bruder des Beschwerdeführers hält sich in Österreich auf, während die (geschiedene) Ehefrau des Beschwerdeführers und seine vier Kinder in der Türkei leben.

In ihrem Schreiben vom 4. April 1990 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorgehalten, daß die sichtvermerksfreie Einreise ihn nur zu einem nicht Erwerbszwecken dienenden Aufenthalt berechtige. Nach den von ihm mit dem Sichtvermerksantrag vorgelegten Unterlagen gehe er als Gesellschafter und Geschäftsführer einer Gesellschaft m. b.H. einer Erwerbstätigkeit nach und stelle sich dadurch gegen die gesetzlichen Vorschriften des Gastlandes. Er möge binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens seine persönlichen Verhältnisse ausführlich darlegen. Dazu bedürfe es konkreter Angaben über sein Vorleben im Bundesgebiet, über seine Unterhaltsmittel und über die finanzielle Geschäftsabwicklung unter Beibringung der entsprechenden Unterlagen.

In dem auf diesen Vorhalt von einem Steuerberater verfaßten Antwortschreiben vom 10. April 1990 wird darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer am 2. Dezember 1989 nach Österreich eingereist sei. Sein Bruder betreibe als Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. seit 1987 in L eine Grillstube und könne den Beschwerdeführer beschäftigen. Der Beschwerdeführer sei auch bereits Gesellschafter dieser Gesellschaft m.b.H. geworden. Die erforderlichen finanziellen Mittel dazu habe er von seinem Bruder erhalten, der auch die Kosten seines bisherigen Aufenthaltes getragen habe.

Diese Behauptungen stehen mit dem vorgelegten Notariatsakt insoferne im Widerspruch, als der Beschwerdeführer den einer (zur Hälfte bar einbezahlten) Stammeinlage im Nominalbetrag von S 250.000,-- entsprechenden Geschäftsanteil nicht von seinem Bruder, sondern von einer anderen, der türkischen, nicht aber der deutschen Sprache kundigen Person erworben hat. Aus dem Notariatsakt ergibt sich ferner, daß auch der weitere Gesellschafter der türkischen Sprache, nicht aber der deutschen Sprache kundig ist. Der Bruder des Beschwerdeführers war auch nicht Geschäftsführer dieser Gesellschaft m.b.H. Unaufgeklärt blieb auch, aus welchen Gründen für den Hälfteanteil an der Gesellschaft trotz - laut Behauptung des Steuerberaters in seinem Schreiben vom 10. April 1990 - guten Geschäftsganges nur ein Abtretungspreis von S 50.000,-- vereinbart wurde. Daneben hat es der Beschwerdeführer unterlassen, plausible Gründe anzugeben, warum er bereits rund eineinhalb Monate nach seiner Einreise die Hälfte der Geschäftsanteile an einer Gesellschaft erworben hat und trotz mangelnder geschäftlicher Erfahrung und mangelnder Sprachkenntnisse zum Geschäftsführer dieser Gesellschaft bestellt wurde.

Die belangte Behörde mußte im Hinblick auf all diese Umstände Zweifel an der Ernsthaftigkeit des vom Beschwerdeführer behaupteten wirtschaftlichen Engagements hegen und war daher berechtigt, den Beschwerdeführer zu konkreten Angaben über die finanzielle Gestion und zur Vorlage von entsprechenden Unterlagen aufzufordern. Diesem Verlangen ist der Beschwerdeführer nur unvollständig nachgekommen, indem er eine (offenbar die erwähnte Gesellschaft betreffende) Erfolgsrechnung per 31. Dezember 1989 sowie den an das zuständige Registergericht gerichteten Antrag auf Eintragung als Geschäftsführer vorlegte. Im Hinblick auf diese Sachlage konnten die auf die behauptete Beteiligung an einer Gesellschaft als geschäftsführender Gesellschafter gestützten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an der Erteilung eines Sichtvermerkes im Rahmen der Ermessensübung nicht zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen. Im Hinblick auf das öffentliche Interesse im Sinne des § 25 Abs. 2 Paßgesetz 1969 (insbesondere wirtschaftliche Belange) kann in der Abweisung des Sichtvermerksantrages des Beschwerdeführers kein Ermessensmißbrauch erkannt werden.

Bei diesem Ergebnis ist es ohne Bedeutung, ob die Ausführungen der belangten Behörde über den Anteil der Ausländer in Vorarlberg relevant gewesen wäre und ob sie auf einem mängelfreien Ermittlungsverfahren beruhen. Ebenso ist es unerheblich, ob für den Beschwerdeführer nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde und ob die belangte Behörde in anderen ähnlich gelagerten Fällen Sichtvermerke erteilt hat.

4. Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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