Normen
BAO §119 Abs1;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwRallg;
BAO §119 Abs1;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 23. September 1985, Zl. 84/15/0073, Slg. N.F. Nr. 6026/F, verwiesen, mit dem klargestellt wurde, daß auf die Umsätze der von der nunmehrigen Beschwerdeführerin betriebenen Sommerrodelbahnen der begünstigte Steuersatz des § 10 Abs. 1 Z. 18 und 19 UStG (in der auf den damaligen Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) nicht zur Anwendung zu kommen hatte.
Daraus ergab sich für die Beschwerdeführerin betreffend die Streitjahre 1980 bis 1985 und die Monate Jänner bis August 1986 eine Umsatzsteuerschuld von insgesamt S 2,803.220,--.
Mit Eingabe vom 11. November 1986 beantragte die Beschwerdeführerin diesbezüglich Nachsicht gemäß § 236 BAO mit folgender Begründung:
Sie sei Betreiberin von Sommerrodelbahnen, die in den Jahren 1980 und 1981 errichtet worden seien. Nach damaliger Auskunft bei der Herstellerfirma habe man die Auffassung vertreten, die Umsätze daraus unterlägen dem begünstigten Steuersatz. In den Folgejahren habe sich auch die Behörde dieser Rechtsauffassung angeschlossen. Es sei aus der Veranlagung erkennbar gewesen, daß die Einnahmen der Rodelbahnen zum ermäßigten Steuersatz besteuert würden. Diese Praxis habe österreichweit bestanden. Auch durch den Spruch des Berufungssenates der Finanzlandesdirektion Salzburg vom 3. November 1983, sei dies erhärtet worden. Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1985, Zl. 84/15/0073, sei den Betreibern aber die Rechtslage in anderer Weise, als bisher von der Behörde vertreten, offenkundig geworden. In der Folge habe die Beschwerdeführerin wiederholt Anfragen an den Bundesminister für Finanzen gestellt, weil sie eine Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz befürchtete, zumal höhere Steuersätze auf die Preise nicht überwälzbar gewesen wären. Interventionen höchster Landespolitiker hätten die Beschwerdeführerin hoffen lassen, daß eine Regelung in ihrem Sinn möglich sein werde. Mit Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom 15. Oktober 1986 sei die Rechtslage nochmals eindeutig definiert und eine klare Stellungnahme zum Ausdruck gebracht worden. Nach dieser langen Zeit der Rechtsunsicherheit würde sich durch die nunmehrige Einhebung der zu wenig abgeführten Umsatzsteuerbeträge eine ernstliche Gefährdung des Unternehmens der Beschwerdeführerin in seiner Existenz ergeben. Die Einbringung würde auf Grund der finanziellen Lage des Unternehmens in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stehen, die sich aus der Einziehung für die Beschwerdeführerin und den Steuergegenstand ergäben.
Das Finanzamt wies den Nachsichtsantrag ab, weil auf Grund der zahlreichen Dispositionen der Geschäftsführung der Beschwerdeführerin kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der durch die Abgabennachforderung entstandenen wirtschaftlichen Belastung und der Gesamtsituation des Unternehmens hergestellt werden könne. Der Nachweis der Unbilligkeit der Einhebung sei nicht erbracht worden.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin einerseits mit dem Argument, der erstinstanzliche Bescheid sei nicht ordnungsgemäß begründet und andererseits mit der Behauptung, sie habe in ihrem Ansuchen "ausführlich dargetan", warum ihres Erachtens eine unbillige Härte gegeben und im Falle der Einhebung der Abgabenschuld die Existenz des Unternehmens ernstlich gefährdet sei.
Mit Eingabe vom 13. Dezember 1990 wiederholte die Beschwerdeführerin ihre Argumente aus dem Nachsichtsantrag und vermeinte, es läge im gegenständlichen Fall ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor, weil sie mit Recht habe davon ausgehen können, daß die Umsätze mit dem begünstigten Steuersatz zu versteuern seien. Ausdrücklich wies die Beschwerdeführerin darauf hin, es sei dem beiliegenden Status zum 1. Oktober 1990 zu entnehmen, daß sie "kein verwertbares Vermögen mehr besitze."
Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und vertrat nach Wiedergabe des § 236 Abs. 1 BAO die Auffassung, es sei bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof vom 23. September 1985, Zl. 84/15/0073, eine gewisse Rechtsunsicherheit gegeben gewesen. Die Finanzverwaltung hätte keine konkrete Rechtsauffassung vertreten. Es sei aber durch die Besteuerung zu keiner anormalen Belastungswirkung und zu keinem atypischen Vermögenseingriff gekommen, ein ordentlicher Geschäftsmann hätte die erhöhte Steuerbelastung miteinkalkulieren müssen (Unternehmerrisiko). Überdies könne eine Abgabennachsicht nicht gewährt werden, wenn durch die Nachsicht kein Sanierungseffekt ausgelöst werde. Im Anbringen vom 13. Dezember 1990 habe die Beschwerdeführerin dargelegt, der Gesamtrückstand von Abgaben (auch für den Geschäftsführer und seine Gattin) betrage S 6,038.586,--. In Anbetracht der Höhe der Überschuldung werde sich an der Existenzgefährdung des Unternehmens der Beschwerdeführerin nichts ändern, gleichgültig ob die Abgabenschuldigkeit eingehoben oder nachgesehen werde. Es komme aber darauf an, daß die wirtschaftliche Existenz gerade durch die Einbringung der gegenständlichen Abgabe gefährdet sei. Bestünde keine realistische Hoffnung auf einen "Ausgleich", sei die Abgabenbehörde zur Gewährung einer Nachsicht nicht verhalten. Zusammenfassend vermeinte die belangte Behörde daher, daß eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO eindeutig zu verneinen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nachsichtsgewährung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabenpflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre.
Die Beschwerdeführerin argumentiert in Ausführung ihrer Rechtsrüge in der Hauptsache damit, daß auf Grund der bis zum hg. Erkenntnis 84/15/0073 bei den Finanzbehörden selbst gegebenen Rechtsunsicherheit Nachsicht schon nach dem Prinzip von Treu und Glauben zu gewähren sei.
Dem ist zu entgegnen, daß zwar ein Verstoß gegen das Prinzip von Treu und Glauben eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO begründen kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. September 1987, Zl. 87/14/0079 und vom 9. Mai 1989, Zl. 86/14/0068), daß daraus aber gerade im vorliegenden Fall für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen ist, weil sich die von der Beschwerdeführerin vermeinte Unbilligkeit, wie sie selbst ausführt, erst aus der zitierten hg. Entscheidung Zl. 84/15/0073 ableiten ließe. Selbst ein Abgehen des Verwaltungsgerichtshofes von einer bereits bestehenden Rechtsprechung (durch einen verstärkten Senat) stellt nach der hg. Judiktur keine unbillige Härte des Einzelfalles, sondern vielmehr eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage dar (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1991, Zl. 91/15/0008). Ebenso bedeutet der "gute Glaube" eines Abgabenschuldners an die Richtigkeit von Steuerbescheiden keine Unbilligkeit der Einhebung allfälliger Steuernachforderungen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1988, Zl. 87/15/0103). Daß die Abgabenbelastung der Beschwerdeführerin im Ergebnis erst aus dem hg. Erkenntnis Zl. 84/15/0073 folgte und die belangte Behörde den Unbilligkeitstatbestand des § 236 Abs. 1 BAO als nicht erfüllt angesehen hat, ist sohin keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides gelegen.
Was das zweite Argument der Beschwerdeführerin anlangt, die Existenz ihres Unternehmens sei gefährdet, ist sie zunächst darauf hinzuweisen, daß es im Nachsichtsverfahren Sache des Nachsichtswerbers ist, einwandfrei und unter Ausschluß jeglicher Zweifel das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die begehrte Nachsicht gestützt werden kann (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 1990, Zl. 89/15/0088 und vom 18. Februar 1991, Zl. 91/15/0008). Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Eingabe vom 13. Dezember 1990 ausdrücklich (und durch die Vorlage eines Status belegt) betont, über kein verwertbares Vermögen mehr zu verfügen.
Allein auf Grund dieser Sachlage war die belangte Behörde berechtigt, eine Unbilligkeit zu verneinen, weil diese nach der hg. Judikatur nicht zu unterstellen ist, wenn sich an der Existenzgefährdung eines Unternehmens nichts ändert, gleichgültig ob die fragliche Abgabenschuld eingehoben oder nachgesehen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 89/14/0285). Auch bei Nachsicht der hier gegenständlichen Abgabenschuld würde sich an der Existenzgefährdung der Beschwerdeführerin nichts ändern.
Die in diesem Zusammenhang in der Beschwerde erstmals aufgestellte Behauptung, die Beschwerdeführerin verfüge über eine Forderung von S 849.577,-- verstößt gegen das gemäß § 41 Abs. 1 VwGG bestehende Neuerungsverbot und ist daher nicht weiter beachtlich. Auch in der Außerachtlassung dieses Umstandes kann daher nicht die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gelegen sein.
Mit Rücksicht auf die oben dargelegten, auf der ständigen hg. Judikatur beruhenden Erwägungen ist ein Eingehen auf die weiteren Argumente der Beschwerdeführerin, ihr Geschäftsführer habe die ihn treffende Sorgfaltspflicht in vollem Umfang beachtet, entbehrlich.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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