VwGH 91/13/0165

VwGH91/13/01654.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden der Ö-GmbH in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom 31. Mai 1991, GZ 6/2-642/37/1/89-02, betreffend Einschränkung der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht gemäß § 5 Z. 10 KStG 1988, und GZ 6/2-642/37/89-02, betreffend Feststellung des Geschäftskreises nach § 7 Abs. 1 bis 3 WGG, zu Recht erkannt:

Normen

KStG §26 Abs4 Z2;
KStG §5 Z10;
WGG 1940;
WGG 1979 §40 Abs1 Z1;
WGG 1979 §40 Abs1 Z2;
WGG 1979 §7 Abs1;
WGG 1979 §7 Abs2;
WGG 1979 §7 Abs3;
WGGDV 1940;
KStG §26 Abs4 Z2;
KStG §5 Z10;
WGG 1940;
WGG 1979 §40 Abs1 Z1;
WGG 1979 §40 Abs1 Z2;
WGG 1979 §7 Abs1;
WGG 1979 §7 Abs2;
WGG 1979 §7 Abs3;
WGGDV 1940;

 

Spruch:

1) Der Bescheid GZ 6/2-642/37/1/89-02 wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als sein Spruch lautet:

"Wird der gesonderte Rechnungskreis nicht bei Beginn des Geschäftes eingerichtet, tritt der Bescheid nicht in Kraft;"

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2) Die Beschwerde gegen den Bescheid GZ 6/2-642/37/89-02 wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer Eingabe vom 24. Jänner 1989 führte die Beschwerdeführerin aus, sie verwalte die im Wohnungseigentum stehende Wohnhausanlage in W., P.H. 41 - Dr. H. M.-Str. 60, welche "seinerzeit" von der Beschwerdeführerin errichtet worden sei. Die Wohnhausanlage umfasse fünf Mehrfamilienhäuser mit 68 Wohnungen und acht Reihenhäuser mit je einer Wohneinheit. Vier Wohnungen der Mehrfamilienhäuser und die acht Reihenhäuser hätten eine Nutzfläche von mehr als 150 m2. Die Beschwerdeführerin beantragte die Feststellung, ob die Verwaltung der Wohnhausanlage "in den steuerfreien Geschäftskreis" gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 WGG falle oder nicht. Eventualiter wurde beantragt, die unbeschränkte Steuerpflicht auf dieses Geschäft zu beschränken.

Die belangte Behörde stellte mit dem Bescheid

GZ 6/2-642/37/89-02 fest, das genannte Geschäft falle hinsichtlich der Verwaltung der vier Wohnungen und acht Reihenhäuser nicht unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG. Mit dem gleichzeitig erlassenen Bescheid GZ 6/2-642/37/1/89-02 wurde die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht auf dieses Geschäft unter der Auflage beschränkt, daß für das steuerpflichtige Geschäft ein gesonderter Rechnungskreis besteht.

Gegen diese Bescheide wurden Beschwerden eingebracht und darin deren inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Tätigen Bauvereinigungen, die nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), BGBl. Nr. 139/1979, als gemeinnützig anerkannt sind, Geschäfte außerhalb der in § 7 Abs. 1 bis 3 WGG bezeichneten Art, hat die Finanzlandesdirektion gemäß § 5 Z. 10 KStG 1988 auf Antrag die unbeschränkte Steuerpflicht bescheidmäßig auf diese Geschäfte unter der Auflage zu beschränken, daß für diese Geschäfte ein gesonderter Rechnungskreis besteht. Weiters hat die Finanzlandesdirektion im Zweifelsfall auf Antrag festzustellen, ob ein geplantes Geschäft unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG fällt oder nicht.

Gemäß § 7 Abs. 1 WGG hat sich die Bauvereinigung nach ihrem Genossenschaftsvertrag (Gesellschaftsvertrag, Satzung) und tatsächlich mit der Errichtung und Verwaltung von Wohnungen mit einer Nutzfläche von höchstens 150 m2 mit normaler Ausstattung, von Eigenheimen mit höchstens zwei Wohnungen dieser Art und von Heimen im eigenen Namen im Inland zu befassen und ihr Eigenkapital vornehmlich für diesen Zweck einzusetzen.

Nach Abs. 2 des § 7 WGG erstreckt sich die Verwaltung auch auf Wohnhäuser, Eigenheime, Wohn-, Geschäfts- und Büroräume, Gemeinschaftseinrichtungen, Einstellplätze (Garagen), Abstellplätze oder Heime, welche von einer gemeinnützigen Bauvereinigung, einer Gebietskörperschaft oder einem Unternehmen, das mindestens zu 50 vH im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht, errichtet oder erworben wurden.

Die letztgenannte Gesetzesstelle (§ 7 Abs. 2 WGG) hat ihre endgültige Fassung im Bautenausschuß, also in Abänderung der Regierungsvorlage (760 Blg. NR. XIV. GP.), erfahren. Im Bericht des Bautenausschusses ist zu § 7 Abs. 2 WGG wörtlich ausgeführt (1220 Blg. NR. XIV. GP.):

"Die vorgesehene Formulierung verdeutlicht, daß die Hauptaufgabe einer gemeinnützigen Bauvereinigung in der Errichtung von Wohnraum und in der Verwaltung der von ihr geschaffenen Wohnungen zu erblicken ist. Um jeden Zweifel auszuschließen, wurden in einem eigenen Absatz jene Einheiten zusammengefaßt, die eine gemeinnützige Bauvereinigung über den von ihr selbst errichteten Bestand hinaus verwalten darf."

Entsprechend diesen Gesetzesmaterialien ist nach dem Wortlaut der in Rede stehenden gesetzlichen Bestimmungen davon auszugehen, daß die Regelung des § 7 Abs. 1 WGG die Errichtung bestimmter Wohnungen etc. UND die Verwaltung dieser von der Bauvereinigung errichteten Wohnungen zum Inhalt hat.

Demgegenüber behandelt - wie insbesondere der Verwendung des Wortes "auch" zu entnehmen ist - Abs. 2 des § 7 WGG die Verwaltung von Wohnhäusern etc., die eben nicht von der verwaltenden, sondern einer anderen Bauvereinigung, aber auch einer Gebietskörperschaft oder einem Unternehmen, das mindestens zu 50 vH im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht, errichtet oder erworben worden sind. In diesem von Abs. 1 gesonderten Abs. 2 werden somit, worauf im obzitierten Ausschußbericht ausdrücklich hingewiesen wurde, jene Geschäfte zusammengefaßt, die eine gemeinnützige Bauvereinigung über die Errichtung und Verwaltung der von ihr errichteten Einheiten hinaus ausüben kann. Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des Abs. 1 und 2 des § 7 WGG ist in Übereinstimmung mit den Materialien zur endgültigen Fassung dieser Gesetzesstelle ersichtlich, daß von Abs. 2 des § 7 WGG nur solche Geschäfte erfaßt werden, die nicht schon im Abs. 1 dieser Gesetzesstelle genannt worden sind.

Die dem Beschwerdefall zugrundeliegende Wohnhausanlage ist von der Beschwerdeführerin selbst errichtet worden. Die Verwaltung der Anlage ist demzufolge als Geschäft im Sinne des § 7 Abs. 1 WGG zu beurteilen. Somit konnte dahingestellt bleiben, ob die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß die Verwaltung der im Abs. 2 des § 7 WGG genannten Einheiten unabhängig von der Größe der Wohnungen ist, zutrifft oder ob nicht auch für Einheiten im Sinne des § 7 Abs. 2 WGG in verfassungskonformer Interpretation die für § 7 Abs. 1 WGG vorgesehene Begrenzung (150 m2) gilt. Dem in diesem Zusammenhang erfolgten Hinweis der Beschwerdeführerin auf die "Durchführungsrichtlinien zur Behandlung von Bauvereinigungen im Sinne des WGG", Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 25. März 1991, Z 06 5215/1-IV/6/91, AÖFV 146/1991, ist entgegenzuhalten, daß eine Bindung an diesen Erlaß mangels gehöriger Kundmachung und auch mangels eines normativen Gehaltes nicht besteht.

Der Beurteilung der Verwaltung der in Rede stehenden Wohnhausanlage als Geschäft im Sinne des § 7 Abs. 1 WGG steht auch nicht entgegen, daß die Errichtung der Anlage durch die Beschwerdeführerin bereits vor dem Inkrafttreten des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes BGBl. Nr. 139/1979 erfolgt ist. Gemäß § 40 Abs. 1 Z. 1 und 2 WGG haben das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz 1940 sowie die Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGGDV), dRGBl 1940 I, S. 1012, mit dem Inkrafttreten des WGG ihre Wirksamkeit verloren. Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers ist damit der Umfang der Geschäftstätigkeit einer gemeinnützigen Bauvereinigung ausschließlich nach dem WGG, BGBl. Nr. 139/1979, zu beurteilen. Der erkennbare Wille des Gesetzgebers bestand aber in der - am 1979 in Kraft befindlichen Wohnbauförderungsgesetz 1968 orientierten - Beschränkung des Nutzflächenausmaßes mit 150 m2. Der Gesetzgeber des WGG hat angenommen, daß das Wohnbedürfnis durchschnittlicher Familien durch Wohnungen mit einem Nutzflächenausmaß bis höchstens 150 m2 vollständig befriedigt werden kann (vgl. die Regierungsvorlage zum WGG, 760 Blg. NR. XIV. GP. zu § 7).

Bei der dargestellten Rechtslage war es somit nicht erheblich, ob die Errichtung der in Rede stehenden Wohnhausanlage vor oder nach dem Inkrafttreten des WGG erfolgt ist. Dadurch, daß die belangte Behörde dazu keine Feststellungen getroffen hat, hat sie somit keine Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Hinsichtlich des Bescheides GZ 6/2-642/37/1/89-02 wird in der zur hg. Zl. 91/13/0165 protokollierten Beschwerde weiters gerügt, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides über die im § 5 Z. 10 KStG 1988 vorgesehene Auflage eines gesonderten Rechnungskreises für die nicht begünstigten Geschäfte hinaus folgende Anordnung trifft:

"Wird der gesonderte Rechnungskreis nicht bei Beginn des Geschäftes eingerichtet, tritt der Bescheid nicht in Kraft; wird er nicht laufend bis zur Beendigung geführt, verliert er seine Wirkung, ohne daß ein weiteres Zutun der Behörde erforderlich ist."

Zutreffend wird dazu von der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß das Geschäft bereits vor dem Inkrafttreten des KStG 1988 begonnen worden ist. Für derartige Fälle bestimmt § 26 Abs. 4 Z. 2 Satz 2 KStG 1988, daß bei gemeinnützigen Bauvereinigungen, die am Beginn des Wirtschaftsjahres, das nach dem 31. Dezember 1988 endet, Geschäfte außerhalb der in § 7 Abs. 1 bis 3 WGG bezeichneten Art tätigen, der Bescheid der Finanzlandesdirektion für dieses Wirtschaftsjahr unter der Voraussetzung wirksam ist, daß der Antrag innerhalb von drei Monaten ab Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt wird; der Antrag muß jedoch in keinem Fall vor dem 1. April 1989 gestellt werden. Die einen Teil des Spruches des angefochtenen Bescheides bildende Anordnung, der Bescheid trete nicht in Kraft, wenn der gesonderte Rechnungskreis nicht schon bei Beginn des Geschäftes eingerichtet ist, widerspricht somit der angeführten Übergangsvorschrift, sodaß der angefochtene Bescheid insoweit wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Hingegen stellt sich der Halbsatz "wird er (gemeint: der gesonderte Rechnungskreis) nicht laufend bis zur Beendigung geführt, verliert er (gemeint: der Bescheid) seine Wirkung, ohne daß ein weiteres Zutun der Behörde erforderlich ist." bei verständiger Würdigung des Wortzusammenhanges als bloße Wiederholung der bereits im § 5 Z. 10 KStG 1988 vorgesehenen Auflage des Bestandes eines gesonderten Rechnungskreises dar. Durch diesen Halbsatz wird die Beschwerdeführerin also in ihren Rechten nicht verletzt.

Abgesehen von der nur einen Teil des Spruches des Bescheides 6/2-642/37/1/89-02 treffenden inhaltlichen Rechtswidrigkeit erweisen sich die Beschwerden damit als unbegründet, sodaß sie ansonsten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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