Normen
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
RVZG Wr 1966 §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
RVZG Wr 1966 §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien (Land) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht seit 16. März 1956 zuletzt als Senatsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Mit Wirkung vom 30. September 1990 wurde er in den Ruhestand versetzt.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Besoldungsamt) vom 20. September 1990 wurde dem Beschwerdeführer unter anderem die ihm ab 1. Oktober 1990 gebührende Ruhegenußzulage in der Höhe von monatlich S 8.554,85 bemessen.
Mit Bescheid der genannten Behörde vom 28. November 1990 wurde ihm die Ruhegenußzulage in der Höhe von monatlich S 8.587,70 ab 1. Oktober 1990 und ab 1. November 1990 ebenfalls in gleicher Höhe bemessen.
Gegen beide Bescheid berief der Beschwerdeführer.
Mit dem angefochtenen, beide Berufungen erledigenden, Bescheid bestätigte die belangte Behörde den erstgenannten Bescheid (Punkt 1). Der Berufung gegen den zweitgenannten Bescheid gab die belangte Behörde mit der Maßgabe statt, daß festgestellt wurde, daß dem Beschwerdeführer ab 1. Oktober 1990 gemäß der §§ 3 bis 5 und 7 des RVZG 1966 eine Ruhegenußzulage von monatlich S 8.602,69 und ab 1. November 1990 eine Ruhegenußzulage in derselben Höhe gebühre (Punkt 2).
In der die Spruchpunkte nicht abgesondert behandelnden Bescheidbegründung geht die belangte Behörde auf die Abweisung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 20. September 1990 nicht ein. Nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen wird zu den materiellrechtlichen Ausführungen des Beschwerdeführers zunächst im Abschnitt I der Begründung des angefochtenen Bescheides die Frage der Berücksichtigung von Nebengebühren behandelt, die von ihm als Beamter des Ruhestandes bezogen wurden. Diese Ausführungen sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht von Bedeutung, da die belangte Behörde diesbezüglich der Auffassung des Beschwerdeführers gefolgt ist und dementsprechend den Abspruch im Punkt 2. des angefochtenen Bescheides gestaltet hat. Zur Frage der Auslegung der "Wahrungsbestimmung" des § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz RVZG 1966 wird im Abschnitt II der Bescheidbegründung im wesentlichen ausgeführt:
Der Ansicht des Beschwerdeführers, daß aus keinem Wort oder keiner Satzstellung des § 5 RVZG 1966 hervorgehe, daß die 300 Monate am Anfang der städtischen Dienstzeit des Beamten liegen müssen bzw. vom Beginn derselben an zu zählen seien, könne nicht gefolgt werden. Eine solche Auslegung wäre nach Meinung des Beschwerdeführers vielleicht zulässig, wenn vom Erreichen der 300 Monate gesprochen würde; es hieße aber ausdrücklich "die bei .. gebührt hätte"; aus dem Worte "bei" müsse geschlossen werden, daß die 300 Nebengebührenbezugsmonate irgendwo in der Laufbahn des Beamten angesiedelt sein könnten. Schon im Wortlaut des § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz RVZG 1966 finde diese Auslegung keine Deckung. Die Verwendung der Wortfolge "gebührt hätte" deute vielmehr in Anbetracht des § 5 Abs. 2 erster Halbsatz RVZG darauf hin, daß bei Überschreiten von 300 Nebengebührenbezugsmonaten jedenfalls der Hundertsatz von 3,2 verringert werde und § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz RVZG 1966 der Wahrung des Ausmaßes der Ruhegenußzulage, die nach 300 Nebengebührenbezugsmonaten erreicht worden sei, diene. Betrachte man § 5 und § 7 RVZG 1966, so sei einsichtig, daß der Ermittlung des Ausmaßes der Ruhegenußzulage nach § 5 die Ermittlung der Gutschrift nach § 7 RVZG zeitlich vorgehe. Beispielsweise könnte die Gutschrift bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des RVZG 1966, wenn es sich um einen Beamten des Dienststandes gehandelt habe, der sich am 1. Dezember 1965 in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien befunden habe und der im Jahr 1966 mindestens eine im Sinne des § 2 RVZG 1966 für die Ruhegenußzulage anrechenbare Nebengebühr bezogen habe, ermittelt werden. Aus § 7 Abs. 7 RVZG 1966, nach dem für die Nebengebührenbezugsmonate gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. von jedem zur Gutschrift herangezogenen Jahr von 1942 bis 1946 3 Monate, von 1947 bis 1956 4 Monate und von 1957 bis 1966 9 Monate zur berücksichtigen seien, gehe hervor, daß der Beginn der zeitlichen Zählung der Nebengebührenbezugsmonate am Beginn der Dienstlaufbahn des Beamten bei der Gemeinde Wien liege. Ergebe sich eine Gutschrift nach § 7 RVZG 1966, so würden die bei dieser Gutschrift herangezogenen Zeiten jedenfalls bei der Ermittlung der 300 Nebengebührenbezugsmonate nach § 5 Abs. 2 RVZG 1966 berücksichtigt. Nach den Erläuterungen zu § 5 RVZG 1966 errechne sich der in Abs. 1 des § 5 angeführte Hundertsatz unter Bedachtnahme auf einen 25jährigen Bezug an Nebengebühren. Dies bedeute - so die Erläuterungen -, daß sich bei einem "Hundertsatz von" ein Faktor von 4 v.H. ergibt. Wenn man nunmehr davon ausgehe, daß das höchste Ausmaß, so wie beim Ruhegenuß, 80 v. H. nicht überschreiten dürfe, so ergäbe sich ein Hundertsatz von 3,2. In jedem Fall, in dem der Beamte mehr als 25 Jahre (300 Nebengebührenbezugsmonate) Nebengebühren bezogen habe, würde bei Beibehaltung des Hundertsatzes von 3,2 die Bemessungsgrundlage von 80 v.H. überschritten werden. Um dies zu verhindern, solle sich der Hundertsatz entsprechend verringern. Jedenfalls solle jedoch die Ruhegenußzulage gebühren, die bei 300 Nebengebührenbezugsmonaten gebührt hätte. Auch aus den Erläuterungen könne kein Umstand erkannt werden, wonach die zur Wahrung des Ausmaßes der Ruhegenußzulage nach § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz RVZG 1966 herangezogenen 300 Nebengebührenbezugsmonate nicht vom Beginn der dienstlichen Verwendung des Beamten an, sondern vom zeitlich letzten Nebengebührenbezugsmonat zurück zu zählen seien. Ebenso lasse sich nicht erkennen, daß diese 300 Nebengebührenbezugsmonate irgendwann in der Aktivzeit des Beamten liegen könnten. Unabhängig davon sei anzuführen, daß aus den Unterlagen über die Vorarbeiten, die zum gegenständlichen RVZG 1966 geführt haben, hervorgehe, daß der Grund für die Wahrungsbestimmung des § 5 Abs. 2 RVZG 1966 vor allem darin gelegen gewesen sei, eine Verringerung der Ruhegenußzulage in den Fällen zu verhindern, in denen die ins Verdienen gebrachten Nebengebühren nach 25 Nebengebührenbezugsjahren sänken und dies unter Zugrundelegung der Ermittlung des Hundertsatzes nach § 5 Abs. 3 RVZG 1966 eine geringere Ruhegenußzulage ergäbe. Es solle auch in einem solchen Fall jene Ruhegenußzulage gewahrt bleiben, die sich nach 25 Nebengebührenbezugsjahren ergäbe. Aber auch dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 7 leg. cit. selbst und den Erläuterungen könne nur der Sinn entnommen werden, daß dem Beamten jedenfalls das nach 300 Nebengebührenbezugsmonaten Erreichte gewahrt werden solle. Die Bestimmung habe offensichtlich den Regelfall im Auge, daß Beamte in höherem Lebensalter nicht mehr in der Lage seien, Tätigkeiten auszuüben, die einen entsprechenden Anspruch auf Nebengebühren begründen würden. Die Bestimmung diene also vornehmlich jenen, bei denen ein Herabsinken der ins Verdienen gebrachten Nebengebühren im Laufe ihrer Dienstkarriere zu erwarten sei. Bei jenen, die nach Erreichung der
300 Nebengebührenbezugsmonate höhere Nebengebühren bezögen, werde dies ohnehin durch die Berücksichtigung aller in der gesamten Dienstzeit erworbenen Nebengebühren entsprechend berücksichtigt. Daß in Einzelfällen Härten dadurch auftreten könnten, daß ein Bediensteter, in der Regel ein leitender Bediensteter, mit hohen pauschalierten Überstundenentschädigungen, bei Zugrundelegung der letzten 300 Nebengebührenbezugsmonate eine höhere Ruhegenußzulage erreichen könnte, wie dies im Fall des Beschwerdeführers gegeben sei, könne am Wortlaut und am Sinn der Bestimmung des § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz leg. cit keine Veränderung bewirken. Diese Rechtsmeinung sei auch seinerzeit vom Berufungswerber vertreten worden und habe auch den Gesetzeswortlaut als Stütze. Wäre vom Gesetzgeber eine Berücksichtigung der letzten 300 Nebengebührenbezugsmonate in der Wahrungsbestimmung des § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz leg. cit. gewünscht worden, oder hätte er eine Berücksichtigung der für den Beamten jeweils günstigsten
300 Nebengebührenbezugsmonate in Erwägung gezogen, so hätte er dies ausdrücklich positiv-rechtlich zum Ausdruck bringen müssen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der kostenpflichtige Aufhebung der "angefochtenen Bescheide" beantragt wird. In ihr macht der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechtes auf ersatzlose Aufhebung des Bescheides vom 20. September 1990, in eventu die Verletzung des ihm aus § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz RVZG 1966 erfließenden subjektiven Rechts auf die Ruhegenußzulage, die ihm gebühren würde, wenn er nur 300 Nebengebührenbezugsmonate, die in der Zeit bis inklusive Oktober 1990 gelegen sind, aufzuweisen hätte, geltend. In dem zuletzt genannten subjektiven Recht verletzten ihn auch die anderen in der zitierten Erledigung enthaltenen Bescheide.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was zunächst den Abspruch zu 1. des angefochtenen Bescheides anlangt, bringt der Beschwerdeführer vor, zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 20. September 1990, dem 24. September 1990, habe keine Feststellung über ein bestehendes Recht oder Rechtsverhältnis getroffen werden dürfen, das erst ab 1. Oktober 1990 mit dem Tag des Beginnes des Ruhestandes des Beschwerdeführers eintreten könne. Durch Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides vom 20. September 1990 und Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides vom 28. November 1990 habe die belangte Behörde in einer Erledigung festgestellt, daß dem Beschwerdeführer ab 1. Oktober 1990 eine Ruhegenußzulage von S 8.544,85 und von S 8.602,69 gebühre, diese beiden "Bescheide in einem" stünden mangels entsprechender Begründung in unlösbarem Widerspruch.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß eine Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides vom 20. September 1990, die darin gelegen sein soll, daß über in der Zukunft eintretende Rechtswirkungen der Ruhestandsversetzung abgesprochen worden ist, nicht zu erkennen ist. Dies schon deshalb, weil jede wesentliche Änderung des Sachverhaltes oder der Rechtslage nach Erlassung eines solchen Bescheides zu einer neuen Entscheidung in dieser Sache Anlaß geben kann. Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher in der gleichen Sache ergangenen Bescheides gemäß § 68 Abs. 1 AVG nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. In diesem Zusammenhang ist der Begriff der "Identität der Sache" in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus zu beurteilen. Der der materiellen Rechtskraft fähige Abspruch eines Bescheides besteht nicht nur aus dem Spruch des Bescheides allein, sondern aus dem Spruch in Verbindung mit der Begründung, insoweit sich aus ihr der von der Behörde angenommene maßgebliche Sachverhalt, das ist der für die rechtliche Beurteilung dienende Sachverhalt, ergibt (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1955, Slg. NF Nr. 3874/A, vom 11. Juni 1985, 84/04/0212 und vom 7. Dezember 1988, 86/10/0164).
Da der erstinstanzliche Bescheid vom 20. September 1990 zufolge der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung aber nicht in Rechtskraft erwachsen war, durfte die Erstbehörde in derselben Sache nicht neuerlich entscheiden, wie sich aus § 66 Abs. 4 AVG ergibt, weil danach die Zuständigkeit zur Sachentscheidung auf die Berufungsbehörde übergegangen war. Der trotzdem in dieser Sache ergangene (zweite) Bescheid der Behörde erster Instanz vom 28. November 1990 ist wegen Unzuständigkeit der Behörde rechtwidrig. Diese Rechtswidrigkeit hat die belangte Behörde nicht aufgegriffen, was zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Abspruches zu Punkt 2 des angefochtenen Bescheides führen müßte (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1979, Slg. NF Nr. 9742/A). Dies unabhängig davon, daß der Beschwerdeführer diese Rechtswidrigkeit weder in seiner Berufung noch in der Beschwerde geltend gemacht hat.
Der belangten Behörde ist darüberhinaus, wie der Beschwerdeführer diesbezüglich zutreffend rügt, bei ihrem Abspruch zu Punkt 1 des angefochtenen Bescheides insofern ein Rechtsirrtum unterlaufen, als sie auf den Zeitpunkt des erstinstanzlichen Bescheides bezogen die Sachlage anders beurteilt hat, als jene im Abspruch zu Punkt 2 und nur so zu dem Ergebnis der Abweisung der Berufung gegen den Bescheid vom 20. September 1990 gelangte. Die verfehlte Auffassung der belangten Behörde dazu läßt sich, da dem angefochtenen Bescheid jede Begründung dieses Abspruches mangelt, erst aus der Gegenschrift erschließen. Darin wird ausgeführt, es sei zu beurteilen gewesen, ob die beiden erstinstanzlichen Feststellungsbescheide zum Zeitpunkt ihrer jeweiligen Erlassung rechtmäßig waren. Der Beschwerdeführer hätte mit der Rechtskraft des zuerst erlassenen Bescheides das Recht erworben, daß ihm zumindest eine Ruhegenußzulage in dem dort festgestellten Ausmaß zustehe. Da das rechtliche Schicksal des nachfolgend erlassenen erstinstanzlichen Bescheides nach wie vor ungewiß sei, sei es geboten gewesen, den zuerst erlassenen Bescheid bis zur rechtskräftigen Neufestsetzung im Rechtsbestand zu belassen.
Dabei übersieht die belangte Behörde, daß der erste Bescheid infolge Berufung des Beschwerdeführers nicht in Rechtskraft erwachsen ist.
Sache des Berufungsverfahrens ist nach übereinstimmender Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches im Bescheid der Unterbehörde gebildet hat (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I E. 70 ff. zu § 66 S. 633). Der maßgebliche Spruch der beiden vom Beschwerdeführer mit Berufungen bekämpften Bescheide erster Instanz hatte die Bemessung der Ruhegenußzulage des Beschwerdeführers ab dem 1. Oktober 1990 zum Gegenstand. Daß der zweite Bescheid erster Instanz daneben einen - wohl überflüssigen - weiteren Spruchabsatz enthält, der die Bemessung der Ruhegenußzulage des Beschwerdeführers ab 1. November 1990 in derselben Höhe ausdrücklich wiederholt, ändert nichts daran, daß Indentität der Sache im dargelegten Sinne vorliegt. Ist doch bei Feststellung der Höhe wiederkehrender Leistungen für die Zukunft ausschließlich der Beginn und die Höhe der (monatlich) zu erbringenden Leistungen maßgebend, sodaß dem Abspruch, wonach der ersten festgestellten Monatsleistung eine gleiche folge und AB diesem Zeitpunkt weitere solche, keinerlei Bedeutung zukommt.
Die belangte Behörde hat aber die Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG nicht beachtet, wonach die Berufungsbehörde grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat und berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihrer Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid in jeder Richtung abzuändern. Da sich die maßgebende Sachlage während der Dauer des Berufungsverfahrens über den ersten Bescheid der Behörde erster Instanz geändert hatte, wäre die belangte Behörde im Berufungsverfahren über diesen Bescheid verpflichtet gewesen, die geänderte Entscheidungsgrundlage als maßgebend zu beachten (vgl. Ringhofer a.a.O. S 621 und S 645 ff E 144-153).
Auf Grund der dargestellten Rechtslage hätte daher die belangte Behörde bei Behandlung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den ersten Bescheid der Unterinstanz über den geänderten Sachverhalt zur Zeit ihrer Entscheidung erkennen müssen.
Diese Mängel des Spruches des angefochtenen Bescheides führen jedoch nicht zu dessen Aufhebung. Die belangte Behörde hat in einer einheitlichen Entscheidung über die beiden Berufungen des Beschwerdeführers entschieden und in der Sache durch den Abspruch im Punkt 2 eine auf Grund der geänderten Sachlage (abändernde) Entscheidung getroffen, die nur durch die Bezugnahme auf die zweite Berufung des Beschwerdeführers fehlerhaft erscheint. Dem Abspruch zu Punkt 1 kommt demgegenüber keine erhebliche Bedeutung zu, da ihm keinerlei Rechtswirkung zukommt. Dem darin bestätigten Bescheid der Unterinstanz wird nämlich durch den folgenden Spruchpunkt 2 inhaltlich derogiert. Daraus folgt aber, daß durch die mangelhafte und verfehlte Fassung des angefochtenen Bescheides der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt sein kann. Dies auch im Hinblick darauf, daß der Spruch, wie bereits ausgeführt, im Zusammenhalt mit der Bescheidbegründung zu beurteilen ist. Die Begründung des angefochtenen Bescheides bezieht sich aber deutlich nur auf den Abspruch zu Punkt 2 des Spruches, sodaß auch unter diesem Gesichtswinkel ein erheblicher Widerspruch, der eine Rechtswidrigkeit des Abspruches im angefochtenen Bescheid bewirken würde, für den Verwaltungsgerichtshof nicht feststellbar ist.
Die für die Beantwortung der strittigen Rechtsfrage maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Ruhegenuß- und Versorgungszulagengesetz 1966 (RVZG 1966), LGBl. für Wien Nr. 22/1968, lauten:
Anspruch auf die Ruhegenußzulage
§ 3
(1) Dem Beamten des Ruhestandes gebührt zum Ruhegenuß eine monatliche Ruhegenußzulage, wenn er nach Vollendung des 18. Lebensjahres in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien mindestens 60 Nebengebührenbezugsmonate aufweist.
(2) Als Nebengebührenbezugsmonate gilt jeder Kalendermonat, in dem mindestens eine im Sinne des § 2 für die Ruhegenußzulage anrechenbare Nebengebühr bezogen wurde.
(3) Die Ruhegenußzulage gilt als Bestandteil des Ruhebezuges gemäß § 3 Abs. 2 Pensionsordnung 1966.
Bemessungsgrundlage der Ruhegenußzulage
§ 4
(1) Die Bemessungsgrundlage der Ruhegenußzulage ist die Summe der nach Vollendung des 18. Lebensjahres in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien bezogenen, im Sinne des § 2 für die Ruhegenußzulage anrechenbaren Nebengebühren.
(2) Ändert sich der Gehalt eines Beamten des Dienststandes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V, so ändert sich für die Berechnung der Bemessungsgrundlage die bis zum Ablauf des 30. November des Vorjahres des Wirksamkeitsbeginnes der Gehaltsänderung bezogene Summe der im Sinne des § 2 für die Ruhegenußzulage anrechenbaren Nebengebühren jeweils um den gleichen Hundertsatz.
Ausmaß der Ruhegenußzulage
§ 5
(1) Die Ruhegenußzulage beträgt den vierzehnten Teil von 3,2 v.H. der Bemessungsgrundlage.
(2) Bei Beamten, die mehr als 300 Nebengebührenbezugsmonate aufweisen, ist für die Ermittlung der Ruhegenußzulage an Stelle des Hundertsatzes 3,2 ein nach Abs. 3 zu ermittelnder Hundertsatz anzuwenden; es gebührt jedoch mindestens eine Ruhegenußzulage, die bei 300 Nebengebührenbezugsmonaten gebührt hätte.
(3) Bei Beamten, die mehr als 300 Nebengebührenbezugsmonate aufweisen, ergibt sich der Hundertsatz durch die Division der Zahl 960 durch die Anzahl der Nebengebührenbezugsmonate.
(4) Die Ruhegenußzulage ändert sich jeweils um denselben Hundertsatz, um den sich bei einem Beamten des Dienststandes der Gehalt der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V ändert.
(5) Ist im ruhegenußfähigen Monatsbezug eines Beamten (§ 5 der Pensionsordnung 1966) eine Dienstzulage für leitende Beamte gemäß § 25 der Besoldungsordnung 1967 enthalten, so gebührt dem Beamten die Ruhegenußzulage nur insoweit, als sie den auf diese Dienstzulage entfallenden Teil des Ruhegenusses übersteigt."
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist allein die Auslegung des letzten Halbsatzes des § 5 Abs. 2 RVZG 1966 strittig. Aus der isolierten Betrachtung des Wortlautes: "es gebührt jedoch mindestens die Ruhegenußzulage, die bei 300 Nebengebührenmonaten gebührt hätte" könne man vielleicht zur Auslegung kommen, aus der Wortfolge "gebührt hätte" müßte geschlossen werden, die 300 Nebengebührenbezugsmonate seien vom ersten solcher Monate weg zu zählen, wie die belangte Behörde annehme. Zur richtigen Auslegung müsse aber der Gesetzestext im Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen, vor allem dem, dem § 5 RVZG 1966 innewohnenden Sinn, verstanden werden. Es möge durchaus zutreffen, daß die Gesetzesstelle AUCH dem Zweck diene, eine Minderung des Anspruches auf Ruhegenußzulage, die durch ein Sinken der im höheren Dienst- und Lebensalter zufließenden Nebengebühren bewirkt würde, zu verhindern. Es sei aber nicht dargelegt worden, daß dies der Regelfall sei. Es gäbe viele Beamte, die in jüngeren Dienstjahren auf verantwortliche Posten kämen und Mehrleistungszulagenentschädigungen erhielten und diese bis zu ihrer Ruhestandsversetzung behielten. Wenn diese gegen Ende der Laufbahn anstiegen, so wäre der Beamte nach der Auslegung der belangten Behörde benachteiligt. Daß es solche Beamte in großer Zahl gäbe, sei aus der "Ausgleichszulage bei Verwendung auf einem höherwertigen Dienstposten", die der Wiener Gemeinderat beschlossen habe, zu erkennen. Es handle sich demnach im Fall des Beschwerdeführers, der durch die Auslegung der belangten Behörde einen Nachteil erleide, nicht um einen Einzelfall. Daraus zieht der Beschwerdeführer im Zusammenhalt mit § 5 Abs. 4 und 5 RVZG 1966 den Schluß, der Gesetzgeber habe auch die Fälle, die so wie jener des Beschwerdeführers gelagert seien, durch die hier auszulegende Wahrungsklausel schützen wollen. Es sei dem Gesetzgeber nicht zusinnbar, einseitig nur die Fälle des Bezuges von in fortgeschrittenen Jahren sinkenden Nebengebühren zu begünstigen, hingegen die Fälle von Beamten mit steigendem Nebengebührenbezug zu "bestrafen". § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz RVZG 1966 sei daher so auszulegen, daß die 300 Nebengebührenbezugsmonate "irgendwo während der Dienstzeit des Beamten angesiedelt sein können, also auch unter Einschluß des letzten solchen Monates."
Diese Ausführungen sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht geeignet, eine unrichtige Auslegung der hier maßgebenden Bestimmung aufzuzeigen.
Die Auslegung der belangten Behörde hat den Wortlaut der Norm für sich, da die Wortfolge: "es gebührt jedoch mindestens die Ruhegenußzulage, die bei 300 Nebengebührenmonaten gebührt hätte", den Schluß zuläßt, daß die Erreichung des
300. Nebengebührenmonates durch Zählung vom ersten Bezugsmonat an festzustellen ist, wie dies der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde zugesteht. Diese Auslegung wird auch in der kommentierten Ausgabe "Das Pensionsrecht der Beamten der Stadt Wien" S. 360 FN 3 zu § 5 RVZG 1966, als die richtige bezeichnet, und zwar mit den Worten: "Maßgebend ist hiebei aber die Bemessungsgrundlage anläßlich des Entstehens der
300. Nebengebührenbezugsmonates." Das Ergebnis der in der Beschwerde vorgenommenen Auslegung, daß die 300 Nebengebührenbezugsmonate "irgendwo während der Dienstzeit des Beamten angesiedelt sein können", vermag dagegen keineswegs zu überzeugen, weil selbst nach den wiedergegebenen Überlegungen des Beschwerdeführers nicht erkennbar ist, nach welchem Grundsatz und in welchem Vorgang die Ermittlung der maßgebenden 300 Nebengebührenbezugsmonate dann zu erfolgen hätte. Es kann doch dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, offen zu lassen, welche Nebengebührenbezugsmonate bei Festsetzung der Nebengebührenzulage als maßgebend heranzuziehen wären, wie sich aus dem vom Beschwerdeführer gebrauchten Wort "irgendwo" schließen ließe. Daß dies jene 300 Nebengebührenbezugmonate sein sollten, die für den Beamten zu der höchsten Bemessung der Nebengebührenzulage führen würden, hat der Beschwerdeführer nicht einmal ausdrücklich behauptet und würde auch zu schwierigen Ermittlungen führen. Jedenfalls wäre es dem Gesetzgeber zusinnbar gewesen, dies ausdrücklich anzuordnen, wenn er eine solche Regelung vornehmen hätte wollen. Daß durch die Wahrungsklausel aber nur ein Teil der Beamten begünstigt wird, bedeutet bei den pauschaliert vorgenommenen Regelungen im Bereich der Nebengebühren keinesfalls, daß die durch die Regelung nicht in den Kreis der Begünstigten fallenden Beamten damit "bestraft" oder gleichheitswidrig behandelt würden.
Auch der vom Beschwerdeführer zur Auslegung der Norm herangezogene Regelungszusammenhang spricht für das Auslegungsergebnis der belangten Behörde. Schon der erste Halbsatz des § 5 Abs. 2 RVZG 1966 "Bei Beamten, die mehr als 300 Nebengebührenbezugsmonate aufweisen, ist für die Ermittlung der Ruhegenußzulage an Stelle des Hundertsatzes 3,2 ein nach Abs. 3 zu ermittelnder Hundertsatz anzuwenden", setzt notwendig eine "chronologische" Betrachtung voraus. Sind die 300 Monate erreicht, so beginnt mit dem 301. Monat die Hundertsatzregel des Abs. 3 zu greifen (Division der Zahl 960 durch die Anzahl der Nebengebührenbezugsmonate), die notwendigerweise mathematisch eine Verschlechterung bedingt. Die Nachteile, die sich daraus ergeben, soll die Wahrungsklausel des § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz RVZG 1966 abwenden, die das mit dem 300. Monat erreichte Ausmaß einer möglichen Nebengebührenzulage als "Mindestausmaß" garantiert. Daß mit dieser Regelung eine begünstigende Regelung für jene Beamte getroffen werden sollte, die durch höhere danach erreichte Nebengebühren über jenes Ausmaß hinausgehend sollte, ist diesem Regelungszusammenhang keineswegs zu entnehmen. Auch wenn, wie der Beschwerdeführer meint durch § 5 Abs. 4 RVZG 1966 die Ruhegenußzulage entsprechend den Bezügen eines Beamten valorisiert ("vor Auszehrung geschützt") und nach Abs. 5 (i.d.F.d. Novelle LGBl. für Wien Nr. 6/1978) nachträglich eine Bestimmung geschaffen wurde, die eine besondere Regel für leitende Beamte, die gemäß § 25 der Besoldungsordnung 1967 eine Zulage erhalten, zum Gegenstand hat, so ist aus diesen Bestimmungen, nicht der Schluß zu ziehen, der Gesetzgeber habe durch die Wahrungsklausel des § 5 Abs. 2 zweiter Halbsatz RVZG 1966 auch jene Fälle erfassen wollen, die wie jener des Beschwerdeführers gestaltet sind. Gerade die vom Beschwerdeführer hervorgehobene "große Zahl" von Beamten mit steigenden Nebengebühren zeigt, daß keinesfalls eine "Gesetzeslücke" vorliegt, die durch Analogie schließbar wäre, sondern im Gegenteil ein erkennbarer Wille des Gesetzgebers sichtbar wird, der sich im Detaillierungsgrad des § 5 RVZG 1966 niederschlägt: Demnach wird etwa im Abs. 5 eine Regelung getroffen, die leitende Beamte mit Dienstzulage gemäß § 25 der Besoldungsordnung betrifft - eine nach Aussage des Beschwerdeführers "sehr kleine" Gruppe. Es hätte daher einer ausdrücklichen Regelung in dem vom Beschwerdeführer angestrebten Sinn durch den Gesetzgeber bedurft, wie die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum ausgesprochen hat.
Aus diesen Erwägungen mußte die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren an Vorlageschriftsatzaufwand mußte abgewiesen werden, weil die belangte Behörde nur einen Akt vorgelegt und nur eine Gegenschrift erstattet hat.
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