Normen
GewO 1973 §1 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §1 Abs6 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
VereinsG 1951;
GewO 1973 §1 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §1 Abs6 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
VereinsG 1951;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener des Vereines zur Errichtung und Förderung von Kontaktstätten für Alkoholkranke zu verantworten, daß dieser Verein in der Zeit vom 21. Dezember 1990 bis 7. Jänner 1991 durch das Anbieten und Verabreichen von Speisen und Getränken, z.B.: Tagesmenü I S 50,-- (Tagessuppe, Pariser Schnitzel mit Reis und Salat), Menü II, S 50,-- (Tagessuppe, Spaghetti mit Kräutersauce und Salat), Fl. Cola S 15,-- Fl. Fanta S 15,-- eine Kanne Tee S 30,-- und ein Achtelliter Orangensaft S 18,-- in W, M-Gasse 6, das Gastgewerbe ausgeübt habe, ohne die erforderliche Konzession erwirkt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begangen, weshalb nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle im Zusammenhalt mit § 9 VStG 1950 über ihn eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt wurde. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verfahrensganges im wesentlichen ausgeführt, der "Verein zur Errichtung und Förderung von Kontaktstätten für Alkoholkranke", dessen Obmann der Beschwerdeführer gewesen sei, habe im maßgeblichen Tatzeitraum die im Spruch genannte Tätigkeit ohne die hiefür erforderliche Konzession ausgeübt. Der Name dieses Vereines sei nach Einleitung des erstinstanzlichen Strafverfahrens in "Verein zur Errichtung und Führung von Kontaktstätten und Arbeitsstätten für Suchtkranke" geändert worden. Der erstgenannte Verein habe die im Spruch genannten Tätigkeiten auf eigene Rechnung und Gefahr und damit selbständig und gleichwohl regelmäßig ausgeübt. Diese Tatbestandselemente einer gewerbsmäßigen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1973 seien vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt worden und seien daher als erwiesen anzunehmen gewesen. Hinsichtlich des dritten für die Beurteilung einer bestimmten Tätigkeit als "gewerbsmäßig" erforderlichen Tatbestandselementes der "Gewinnerzielungsabsicht" treffe § 1 Abs. 6 GewO 1973 für Vereine nach dem Vereinsgesetz 1951 eine Sonderregelung. Hier fingiere das Gesetz das Vorliegen der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Diese Absicht sei bei Vereinen ohne weiteres auch dann anzunehmen, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweise und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet sei. Daß die im Spruch umschriebene Tätigkeit des Vereines das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gastgewerbebetriebes aufweise, ergebe sich bereits aus der Anzeige der MAA 4-7, worin überdies festgestellt werde, daß die verlangten Preise für die vom Verein zum Verkauf angebotenen Speisen und Getränke die Selbstkosten überschritten. Diese Tatsache habe der Beschwerdeführer weder in seinem Berufungsvorbringen noch anläßlich der am 26. Juni 1991 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungssenat bestritten. Vielmehr habe er angegeben, das Vereinslokal sei außer Samstag, Sonntag und Feiertag von 09.00 bis 22.00 Uhr geöffnet. Der Monatsumsatz des Vereines, welcher ausschließlich aus dem Verkauf von Speisen und Getränken erzielt werde, betrage ca. S 40.000,-- bis S 50.000,--. Der Verein entrichte derzeit lediglich Lohn- und Getränkesteuer sowie den Dienstgeberbeitrag; er habe 14 Angestellte, wovon 2 Personen als Köche und 1 Person als Buchhalterin des Vereines beschäftigt seien. Auch aus diesen Angaben erhelle, daß die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweise.
Daß die Vereinstätigkeit mittelbar oder unmittelbar auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für Vereinsmitglieder gerichtet sei, ergebe sich ebenfalls aus der Aussage des Beschwerdeführers anläßlich der durchgeführten Verhandlung. Demnach sei zumindest er selbst als Obmann des Vereines zur Errichtung und Förderung von Kontaktstätten für Alkoholkranke jedenfalls auch Vereinsmitglied und gleichzeitig Angestellter dieses Vereines gewesen. Als Geschäftsführer habe er vom Verein ein Monatsgehalt von S 16.000,-- netto bezogen. Die Personal- und Investitionskosten des Vereines seien im Jahre 1990 von der Arbeitsmarktverwaltung mit S 960.828,-- subventioniert worden. Lediglich die mit S 162.800,-- projektierten Sachkosten hätte der Verein aus eigenem zu erbringen gehabt. Aus der Tatsache, daß der Verein allein aus dem Verkauf von Speisen und Getränken einen Jahresumsatz von ca. S 480.000 bis S 600.000,-- erziele, welcher nach den Angaben des Beschwerdeführers bloß teilweise versteuert werde, sei zu schließen, daß zumindest die veranschlagten Sachkosten aus diesem Ertrag abgedeckt worden seien. Diese Schlußfolgerung erscheine insbesondere deshalb zwingend, weil der Verein derzeit nur eine Unternehmung betreibe und die sonstigen Gesamtsubventionen des Vereines vom Selbsthilfefond der Stadt Wien, von der Aktion "Licht ins Dunkel" und privaten Spendern lediglich S 70.000,-- jährlich betrügen. Im Ergebnis sei daher davon auszugehen, daß die vom Verein ausgeübte Tätigkeit - zumindest über die von diesem zu finanzierenden Sachkosten - mittelbar auch in bezug auf den Beschuldigten als Vereinsmitglied auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile gerichtet gewesen sei. Die Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen und damit das Vorliegen des äußeren Tatbestandes seien sohin als erwiesen anzunehmen. Da zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und die Verwaltungsvorschriften über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmten, könne der Täter zufolge § 5 Abs. 1 VStG nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft mache, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Auch wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufung behauptet habe, er habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung deswegen nicht fahrlässig begangen, weil er vom Gewerbereferenten des MBA 6/7 diesbezüglich die Auskunft erhalten hätte, für die Durchführung des vom Verein intiierten Beschäftigungsprojektes sei keine Gewerbeberechtigung erforderlich, so sei ihm dadurch die vom Gesetz geforderte Glaubhaftmachung nicht gelungen. Diese Auskunft des Gewerbereferenten könne den Beschwerdeführer selbst dann nicht entlasten, wenn sie tatsächlich in dieser Form "getätigt" worden sei; nach den Angaben des Beschwerdeführers habe sich diese Auskunft bloß auf die Durchführung des Beschäftigungsprojektes und somit nicht auf die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bezogen. Überdies sei die Rechtfertigung des Beschwerdeführers durch die Zeugenaussage des genannten Gewerbereferenten widerlegt. Der Beschwerdeführer sei demnach sehr wohl auch von diesem auf das Erfordernis einer Gewerbeberechtigung aufmerksam gemacht worden. Anläßlich seiner Zeugeneinvernahme habe dieser Gewerbereferent unter anderem angegeben, er habe dem Beschwerdeführer die Auskunft nach seinem damaligen Informationsstand, jedoch mit der Einschränkung erteilt, daß sämtliche Angestellten des Vereines nicht gleichzeitig auch Vereinsmitglieder sein dürften. Da letzteres beim genannten Verein nicht zutreffe, da der Beschwerdeführer im Tatzeitraum Angestellter und Mitglied des Vereines gewesen sei, könne er sich auch nicht auf diese Auskunft im Sinne eines Entschuldigungsgrundes berufen. Es folgen sodann Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, Erhebungen darüber zu führen und Feststellungen zu treffen, ob und allenfalls wie der Verein vermögensrechtliche Vorteile wahrnehme und ob die Tätigkeit des Vereines seinen Mitgliedern vermögensrechtliche Vorteile bringe und bringen solle. Es sei nicht einmal erhoben worden, wer die Vereinsmitglieder seien. Die belangte Behörde habe sich vielmehr damit begnügt festzustellen, daß der Beschwerdeführer als Obmann Vereinsmitglied sei und zugleich auch als Angestellter des Vereines ein Einkommen beziehe. Weitere Erhebungen habe die Behörde nicht durchgeführt. Sie hätte sonst feststellen müssen, daß die Mitglieder des Vereines idealistisch gesinnte Personen seien, denen die Reintegration gefährdeter Personen in das Erwerbsleben ein Anliegen sei. Außer daß die Mitglieder mit ihren Mitgliedsbeiträgen, mit Spenden und ihrem persönlichen Engagement zur Erreichung des Vereinszweckes beitrügen, hätten sie keinen Bezug zum Verein, schon gar nicht bezögen sie daraus Gewinn oder hätten sie die Absicht, irgendeinen Gewinn daraus zu ziehen.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde meine, er beziehe als Vereinsmitglied deshalb vermögensrechtliche Vorteile aus der Vereinstätigkeit, weil er auch Angestellter dieses Vereines sei und als solcher ein Monatsgehalt von S 16.000,-- netto beziehe. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, daß dieses Einkommen ein durchschnittliches sei und nicht über dem üblichen Einkommen eines Sozialarbeiters liege. Einen vermögensrechtlichen Vorteil als Obmann und damit als Mitglied des Vereines an sich beziehe er auf Grund seiner Vereinszugehörigkeit nicht. Auch die anderen Vereinsmitglieder bezögen aus der Vereinstätigkeit keine vermögensrechtlichen Vorteile. Das Gesamtbild des Vereines zur Errichtung und Förderung von Kontaktstätten und Arbeitsstätten für Suchtkranke ergebe sowohl von seiner Mitgliederstruktur wie auch von seinem Vereinszweck und von seiner tatsächlichen Betätigung her das Bild eines gemeinnützigen Vereines, der als Vereinszweck die Wiedereingliederung gefährdeter Personen in das Arbeitsleben zum Ziel habe. Die Führung des Lokales "Saftbeisl" sei diesem Zweck ganz eindeutig untergeordnet, insofern die Führung des Lokales dem Beschäftigungszweck der "Angestellten" diene. Aus der Tatsache, daß der Verein aus dem Verkauf von Speisen und Getränken einen bestimmten Jahresumsatz erziele, könne auf die Absicht der Betreiber, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, nicht geschlossen werden. Wesentlich ins Gewicht fielen die Personalkosten, die eine Hilfe an den gefährdeten und zu integrierenden Personenkreis darstellten und von der Arbeitsmarktverwaltung und aus sonstigen Spenden aufgebracht würden. Dagegen verschwänden die Erträge aus dem Verkauf von Speisen und Getränken in unbedeutende Dimensionen. Im Vordergrund stehe nicht der Verkauf und damit die Erzielung eines Ertrages, sondern die Beschäftigung und Integration von gescheiterten und gefährdeten Personen in den Arbeitsprozeß. Die Entgeltlichkeit der Speisen beweise noch nicht die Gewinnerzielungsabsicht, vor allem in diesem Fall nicht, da das Entgelt die entstehenden Unkosten lediglich zu einem geringen Teil decke. Es seien im gegenständlichen Fall die Betriebskosten nicht einmal annähernd abgedeckt. Tatsächlich wäre ohne weitestgehende Subventionierung, insbesondere durch die Arbeitsmarktverwaltung, die vom Verein ausgeübte Tätigkeit der Förderung nicht durchzuführen.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.
Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.
Zufolge Abs. 6 dieser Gesetzesstelle liegt bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist.
Die belangte Behörde erachtete den Tatbestand des § 1 Abs. 6 leg. cit. deshalb als erfüllt, weil die Tätigkeit des in Rede stehenden Vereines einerseits das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweise und andererseits der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Vereinsmitglied dadurch einen vermögensrechtlichen Vorteil erziele, daß er als Geschäftsführer bei diesem Verein beschäftigt sei und hiefür ein monatliches Entgelt von S 16.000,-- netto beziehe. Der vermögensrechtliche Vorteil des Beschwerdeführers liegt somit nach Ansicht der belangten Behörde darin, daß er für eine von ihm geleistete Tätigkeit ein Entgelt bezieht. Dieser Rechtsansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof in dieser Allgemeinheit deshalb nicht anzuschließen, weil die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt ökonomisch als Austausch wirtschaftlicher Leistungen zu verstehen ist, wobei von einem vermögensrechtlichen Vorteil für eine der beiden Vertragsparteien dann nicht gesprochen werden kann, wenn der Wert der Dienstleistung zu dem hiefür geleisteten Entgelt in einem angemessenen Verhältnis steht. Daß dies im konkreten Fall (Geschäftsführertätigkeit gegen ein monatliches Entgelt von S 16.000,-- netto) zutreffe wurde weder von der belangten Behörde festgestellt, noch ist derartiges für den Verwaltungsgerichtshof ohne weiteres ersichtlich.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof aus Gründen der Prozeßökonomie bestimmt, darauf hinzuweisen, daß der angefochtene Bescheid auch insofern mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet ist, als sein Spruch nicht jene Merkmale enthält, denen zufolge der Beschwerdeführer "als zur Vertretung nach außen Berufener" des in Rede stehenden Vereines anzusehen sei und dergestalt dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG nicht entspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1983, Slg. N.F. Nr. 11.143/A).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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