Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Bundesland Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. Jänner 1988 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen einen Rückstandausweis dieser Behörde vom 22. Dezember 1987 betreffend vollstreckbar gewordene Müllabfuhrgebührenschuldigkeiten als unzulässig zurückgewiesen, weil der bekämpfte Rückstandsausweis nicht Bescheidqualität aufweise.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Berufungsentscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. März 1988 als unbegründet abgewiesen.
Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. Oktober 1988 Folge gegeben, die Berufungsentscheidung des Gemeinderates vom 18. März 1988 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde verwiesen; dies im wesentlichen mit der Begründung, daß ein Rückstandsausweis zwar keinen Bescheid darstelle, daß aber der Abspruch über Einwendungen gegen derartige Rechtsakte in Bescheidform zu erfolgen habe. Dabei obliege es der Abgabenbehörde, sich mit den Einwendungen gegen den Rückstandsausweis unter anderem unter dem Gesichtspunkt des § 15 Abgabenexekutionsordnung auseinanderzusetzen, was im vorliegenden Fall aber unterblieben sei. Dieser Bescheid wurde nach der Aktenlage nicht weiter bekämpft.
Mit der ausdrücklich als Bescheid bezeichneten Erledigung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 20. März 1989 wurden die in der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 22. Dezember 1987 enthaltenen Einwendungen des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In dem als "Spruch" gekennzeichneten Teil der Erledigung wurde der Beschwerdeführer nicht namentlich genannt. Er wurde jedoch im Betreff der Erledigung, in der Begründung und weiters als die Person, an die diese Erledigung ergeht, angeführt.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß der Beschwerdeführer durch den mit Vorstellung bekämpften "Bescheid" vom 20. März 1989 deswegen nicht in seinen Rechten verletzt sein könne, weil dieser "Bescheid" in seinem Spruch entgegen der Bestimmung des § 70 Abs. 2 Steiermärkische Landesabgabenordnung 1963, LGBl. Nr. 158 (Stmk. LAO), den Bescheidadressaten nicht genannt und daher dieser "Bescheid" niemandem gegenüber Rechtswirksamkeit entfaltet habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, daß seine Vorstellung nicht - als gegen einen Nichtbescheid gerichtet - zurückgewiesen werde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist streitentscheidend, ob die mit Vorstellung des Beschwerdeführers bekämpfte Erledigung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 20. März 1989 mangels eines Bescheidadressaten ins Leere gegangen ist oder nicht.
Diese Rechtsfrage ist auf der Grundlage des § 70 Abs. 2 Stmk. LAO zu beantworten. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Jänner 1986, Zl. 84/17/0200, zum Normgehalt des § 70 Abs. 2 Stmk. LAO ausgeführt, daß diese Bestimmung die Funktion habe, einen als Bescheid intendierten individuellen Verwaltungsakt von allgemeinen Verwaltungsakten (Verordnungen) abzugrenzen und die persönliche Reichweite des Bescheides, d.i. der individuellen, verwaltungsbehördlichen, außengerichteten Normerlassung, festzulegen. Bestünden in einem konkreten Fall weder Anhaltspunkte dafür, in der behördlichen Erledigung eine Verordnung zu erblicken, noch auch Zweifel daran, wen die belangte Behörde als Bescheidadressaten angesehen habe - etwa weil dies in einem Mehrparteienverfahren unklar sein könnte -, so genüge es sowohl unter dem Gesichtspunkt der Abgrenzung zur Verordnung als auch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmung des Bescheidadressaten, wenn der letztere aus dem "Bescheidkopf" eindeutig hervorgehe, auch wenn er in dem als Spruch bezeichneten Teil der behördlichen Erledigung nicht aufscheine.
Nichts anderes hat auch im vorliegenden Beschwerdefall zu gelten, in dem NACH DEM GESAMTBILD DER MERKMALE DER ERLEDIGUNG vom 20. März 1989 - nämlich der Anführung des Beschwerdeführers im Betreff, in der Begründung und in der Zustellverfügung - unzweifelhaft ist, daß damit eine verwaltungsbehördeliche Erledigung GEGENÜBER DEM BESCHWERDEFÜHRER getroffen und im Hinblick auf den "Spruch" ein an den Beschwerdeführer gerichteter Bescheid erlassen worden ist.
Da die belangte Behörde demnach zu Unrecht eine meritorische Entscheidung über die Vorstellung des Beschwerdeführers abgelehnt und statt dessen eine bloße Formalentscheidung getroffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weswegen dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Die Umsatzsteuer ist in den pauschalierten Sätzen dieser Verordnung bereits berücksichtigt. Stempelgebührenersatz war nur hinsichtlich der zur Beschwerdeführung notwendigen Urkunden zuzuerkennen.
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