Normen
ABGB §1090;
EheG §81;
EheG §82 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §6 Z1;
EStG 1972 §6;
ABGB §1090;
EheG §81;
EheG §82 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §6 Z1;
EStG 1972 §6;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.080,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Aktenlage war der seinerzeitige Ehegatte der Beschwerdeführerin, Alexander P., Inhaber einer Handelsagentur der Modebranche. Die Beschwerdeführerin war Arbeitnehmerin ihres Ehegatten. In den Akten befindet sich die Kopie eines an Alexander P. gerichteten Schreibens der E. AG, München, aus dem ersichtlich ist, daß Alexander P. die Vertretung der Marke "E."
für den Bereich Österreich übertragen war. Nach dem Inhalt des mehrseitigen Schreibens waren die Vertreter der E. AG der Auffassung, daß der Erfolg der E.-Kollektion in Österreich im wesentlichen der Beschwerdeführerin zu verdanken sei. Der Handelsvertretervertrag sei zwar mit Alexander P. geschlossen worden, es habe aber Einigkeit darüber bestanden, daß "E. ausschließlich Sache Ihrer Frau" sei. Wenn Alexander P. eine andere Person präsentiere, dann "würden wir unweigerlich die Konsequenzen ziehen".
In einem Scheidungsvergleich vom 11. Juni 1985 anerkannte die Beschwerdeführerin das Eigentumsrecht des Alexander P. an den Liegenschaften M.E., O.-Str. 68, sowie EZ. 783 KG. N am A-See. Weiters wurde vereinbart, daß das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin zu Alexander P. mit 30.6.1985 aufgelöst werde. Alexander P. anerkannte die Alleinvertretungsrechte der Beschwerdeführerin an der Marke E. im Gebiet Österreichs. Alexander P. erklärte seine Zustimmung, daß die Beschwerdeführerin in den bestehenden Vertretungsvertrag dieser Marke mit 1.7.1985 eintritt. Er übertrage ihr sämtliche Rechte aus diesem Vertrag betreffend die Abfertigungsansprüche des Handelsvertreters gegen die E. AG in München. Alexander P. verpflichtete sich weiters, das Bestandobjekt in Wien 3, B-Gasse 2/23, zum 31.12.1985 geräumt zu übergeben. Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich zur Leistung von S 100.000,-- für die Übertragung der Mietrechte.
Mit 1. Juli 1985 nahm die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit als (protokollierte) Einzelunternehmerin (Inhaberin einer "Modeagentur") auf.
In einem Schreiben vom 24. Juli 1985 teilte die E. AG der Beschwerdeführerin mit, daß der "Ausgleichsanspruch" des Alexander P. bei einer Kündigung der E.-Vertretung
DM 319.711,28 betragen hätte.
In einem weiteren Schreiben der E. AG vom 21.3.1989 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß ihr im Falle einer Beendigung des Handelsvertretervertrages keinerlei Ausgleichsansprüche für jene Abfindung, die sie 1985 an Alexander P. geleistet habe, zustünden.
Nach einer in den Akten befindlichen handschriftlichen Aufstellung wurden die Hälfteanteile an den beiden
og. Liegenschaften in M.E. und N (als Leistungen der Beschwerdeführerin an Alexander P.) mit S 2,500.000,-- bzw. S 250.000,-- bewertet. Dem wurde ein Wert des "Ausgleichsanspruchs" des Alexander P. (aus Abtretung der "E.-Vertretung") in Höhe von S 2,247.000,-- gegenübergestellt.
Nach dem der Bilanz zum 30.6.1986 angeschlossenen Anlageverzeichnis wurde vom Wirtschaftsgut "Ablöse
E. Vertretung - Alexander P." bei einem "Anschaffungswert" von
S 2,247.000,-- eine "Normalabschreibung" in Höhe von
S 1,864.221,-- vorgenommen. Erläuternd wurde ausgeführt, die Abschreibung sei in Höhe der im Wirtschaftsjahr 1985/1986 eingegangenen Provisionserlöse erfolgt.
Im Zuge einer Betriebsprüfung wurde von der Prüferin die Auffassung vertreten, es handle sich bei der Vertretungsbefugnis betreffend die Marke E. um keine betriebliche Anschaffung, weshalb eine Abschreibung nicht zulässig sei.
In der Berufung gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide betreffend Einkommensteuer 1986 und Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1987 wurde demgegenüber die Auffassung vertreten, es handle sich bei der Alleinvertretung E. AG um notwendiges Betriebsvermögen. Die Beschwerdeführerin habe die Alleinvertretung von ihrem Ehemann übernommen und dafür als Gegenleistung das "in ihrem Eigentum befindliche" Grundvermögen übereignet. Die Abfindung sei in Anlehnung an das deutsche Handelsvertretergesetz berechnet worden, wonach der "Vorbesitzer der Vertretung" nach Kündigung einen Anspruch auf die Provisionserlöse der nächsten anderthalb Jahre hat. Gemäß § 7 EStG sei eine Absetzung für Abnutzung für dieses abnutzbare Wirtschaftsgut vorzunehmen.
Nach einem entsprechenden Vorhalt des Finanzamtes wurde in einer Eingabe der steuerlichen Vertreterin ausgeführt, der im Zuge der Scheidung geschlossene Vergleich regle die Aufteilung des gemeinsam erworbenen Vermögens. Dazu hätten die zwei Liegenschaften, aber auch der Betrieb des Alexander P. gehört. Die Beschwerdeführerin habe ihren Anteil am gemeinsamen Privatvermögen Alexander P. gegen das Alleinvertretungsrecht der E. AG überlassen. Es habe sich also um einen Tauschvorgang gehandelt. Das erworbene Wirtschaftsgut sei gemäß § 6 EStG mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wobei die Anschaffungskosten der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes seien.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde verneinte darin das Vorliegen eines selbständig bewertbaren Wirtschaftsgutes. Die "Zustimmung" des Alexander P. zum Eintritt in den Vertretungsvertrag mit der Firma E. AG sei kein Wirtschaftsgut. Bei dem Scheidungsvergleich sei das vorhandene Vermögen der Ehegatten aufgeteilt worden, die Beschwerdeführerin habe jedoch für den Erwerb der "Zustimmung" keine Aufwendungen getätigt. Alexander P. habe der Beschwerdeführerin auch nicht seine Abfertigungsansprüche (gegenüber der E. AG) übertragen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind gemäß § 6 Z. 1 EStG 1972 mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach § 7 und um eine nach § 8 in Anspruch genommene vorzeitige Abschreibung oder um eine nach § 9 verwendete Investitionsrücklage (steuerfreien Betrag), anzusetzen.
Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1972 jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (Absetzung für Abnutzung), wobei sich die Absetzung nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes bemißt.
Wirtschaftsgüter sind alle im wirtschaftlichen Verkehr nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbaren Güter jeder Art, also auch immaterielle Wirtschaftsgüter und zeitlich begrenzte Rechte (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1983, 82/13/0174).
Der gegenständliche Scheidungsvergleich enthält nicht allein die Übertragung der Rechte aus dem von Alexander P. mit der E. AG geschlossenen Handelsvertretervertrag, sondern enthält weitere Bestimmungen - insbesondere über die Übertragung der Mietrechte am Geschäftslokal -, die es der Beschwerdeführerin ermöglichten, unmittelbar nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses die bisher von Alexander P. betriebene unternehmerische Tätigkeit (jedenfalls hinsichtlich der Marke E.) fortzusetzen. Bei Betrachtung der Bestimmungen des Scheidungsvergleiches in seiner Gesamtheit hat die Beschwerdeführerin damit die im folgenden vereinfachend als Geschäftswert bezeichnete Möglichkeit erworben, jene zu künftigen Provisions- und Provisionsabfertigungsansprüchen führende Tätigkeit ausüben zu können, die bisher Alexander P. ausgeübt hatte. (Aus der Sicht des Beschwerdefalles ist es nicht von Bedeutung, ob - was den vorgelegten Akten nicht zu entnehmen ist - die Handelsvertretungstätigkeit des Alexander P. sich auf die Vertretung der Marke E. beschränkt hatte.) Dieser Geschäftswert stellt aber (entgegen der Meinung der belangten Behörde) ein bewertbares Wirtschaftsgut dar.
Die Ansicht der Behörde, die Beschwerdeführerin habe für den Erwerb dieses Wirtschaftsgutes keine Aufwendungen getätigt, ist unzutreffend: Im Falle der Scheidung der Ehe sind das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse gemäß § 81 EheG in der Fassung des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978, BGBl. Nr. 280, aufzuteilen. Ausgenommen von der Aufteilung des Vermögens auf die Ehegatten sind die im § 82 Abs. 1 EheG angeführten Vermögensgegenstände, insbesondere auch die Sachen, die zu einem Unternehmen gehören (§ 82 Abs. 1 Z. 3 EheG). Bei der Vermögensauseinandersetzung der beiden vormaligen Ehegatten ist nicht entscheidend, in wessen Eigentum sich die der Aufteilung unterliegenden Sachen befinden. Entgegen der Meinung der belangten Behörde kam es somit bei Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin eine Leistung für den Geschäftswert erbracht hat, nicht darauf an, ob die im Scheidungsvergleich aufgezählten Liegenschaften bisher im Alleineigentum des Alexander P. gestanden waren, sondern vielmehr allein darauf, ob die Liegenschaften der Aufteilung nach § 81 EheG unterlagen. War dies der Fall, so bestand die im Scheidungsvergleich vereinbarte Leistung der Beschwerdeführerin im Verzicht auf die Aufteilung dieser Liegenschaften.
Da die belangte Behörde diesbezüglich die Rechtslage verkannt hat, hat sie es unterlassen, Ermittlungen über den Umfang des der Aufteilung im Sinne des § 81 EheG unterliegenden Vermögens der Ehegatten anzustellen, obgleich schon in der Eingabe vom 2.10.1989 behauptet worden war, es habe sich bei dem Scheidungsvergleich um die Aufteilung des "gemeinsam erworbenen Privatvermögens" gehandelt.
Der angefochtene Bescheid, mit dem das Vorliegen eines angeschafften immateriellen Wirtschaftsgutes in Abrede gestellt wurde, war somit wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Von der beantragten Verhandlung konnte dabei aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wird für die Fortsetzung des Verfahrens bemerkt:
Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes umfassen alle durch den Erwerb entstandenen Ausgaben (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, S. 146). Im Beschwerdefall umfassen die Anschaffungskosten des Geschäftswertes den Verzicht auf den Anspruch der Beschwerdeführerin aus der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (einschließlich der ehelichen Wohnung). Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren insbesondere den Verkehrswert der - nach dem Vorbringen im Abgabenverfahren der Aufteilung unterliegenden - Liegenschaften zu ermitteln haben. Zur Klarstellung wird bemerkt, daß - entgegen der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bilanz - der Höhe des Abfertigungsanspruches des Alexander P. gegenüber der E. AG aus der Sicht des Beschwerdefalles keinerlei Bedeutung zukommt, sodaß der Umstand, daß die belangte Behörde über die Höhe dieses Abfertigungsanspruches keine Ermittlungen getroffen hat, auf sich beruhen kann.
Weiters ist darauf hinzuweisen, daß die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin, die von den Anschaffungskosten die im strittigen Wirtschaftsjahr eingegangenen Provisionserlöse abgesetzt hat, den Bestimmungen des - auch nach ihrem Berufungsvorbringen zur Anwendung kommenden - § 7 Abs. 1 EStG 1972 widerspricht. Die belangte Behörde wird daher die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des erworbenen Wirtschaftsgutes zu ermitteln und danach die Absetzung für Abnutzung zu bemessen haben. Die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin wäre nur verständlich, wenn sie eine aus den Provisionserlösen abgedeckte Provisionsforderung gegenüber der E.-AG erworben hätte. Von einem solchen Sachverhalt geht aber die Beschwerdeführerin selbst nicht aus.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der Ersatz von Stempelgebühren war für die Ausfertigungen der Beschwerde und der Gegenäußerung, die Beilage (Beilagengebühr S 60,--) und die Vollmacht zuzuerkennen.
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