VwGH 89/07/0143

VwGH89/07/014330.6.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1) der JO in A und 2) der HP in N, beide vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 21. Juni 1989, Zl. 512.301/01-I5/89, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: WASSERGENOSSENSCHAFT XY, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in C), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §117;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §64 Abs1;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §64 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.930,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. Juli 1988 erteilte der Landeshauptmann von Salzburg der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Wassergenossenschaft unter einer Reihe von Nebenbestimmungen gemäß §§ 99 Abs. 1 lit. c, 11, 12, 13, 21 bis 26, 27, 29, 34, 50, 63 ff, 105, 111, 112 und 117 WRG 1959 hinsichtlich der Wasserversorgungsanlage dieser Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Einspeisung der auf Grundstück nn1 KG H im Eigentum der Erstbeschwerdeführerin und auf Grundstück nn2 KG U im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin entspringenden K-Quellen 2 bis 5 in ihr Versorgungsnetz sowie zur Abänderung des Wasserleitungsnetzes nach Maßgabe des diesem Bescheid zugrundeliegenden Lageplanes sowie der in der Folge wiedergegebenen Anlagenbeschreibung, erklärte bestimmte Wasserbenutzungsrechte für erloschen, erließ Schutzgebietsbestimmungen, räumte Dienstbarkeiten, unter anderem zu Lasten der Beschwerdeführerinnen, ein, wobei die Festsetzung von Entschädigungen einem Nachtragsbescheid vorbehalten wurde, wies die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen als unbegründet ab und bestimmte das Maß der Wasserbenutzung in der nachstehend angegebenen Weise:

"Höchstens 8 l/s aus allen Wasserspenden zusammen (also aus den O-Quellen 1 und 2, den M-Quellen 1 und 2 sowie den K-Quellen 2 - 5), wobei das Höchstausmaß der Wasserbenutzung für die einzelnen Quellen wie folgt festgesetzt wird:

2 l/s für die M-Quellen 1 und 2

6 l/s für die O-Quellen 1 und 2

4,7 l/s für die K-Quellen 2 - 5".

Mit Bescheid vom 21. Juni 1989 gab der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 66 AVG 1950 der Berufung der Beschwerdeführerinnen nicht Folge, änderte jedoch aufgrund der Berufung der Mitbeteiligten den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, daß das Gesamtmaß der Wassernutzung von 8 auf 11 l/s erhöht wurde. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, sie habe sich veranlaßt gesehen, zu folgenden Fragen ein wasserbautechnisches Amtsgutachten einzuholen, zu welchem Parteiengehör gewährt worden sei:

  1. a) ob die Notwendigkeit der gegenständlichen bewilligten Wasserversorgung zufolge des tatsächlichen Bedarfes und Wasserdargebotes überhaupt gegeben erscheine, was von den beschwerdeführenden Liegenschaftseigentümerinnen in Abrede gestellt werde, bejahendenfalls
  2. b) ob der Konsens nicht dem Eventualbegehren der Beschwerdeführerinnen entsprechend zeitlich befristet werden sollte und
  3. c) ob, der Mitbeteiligten folgend, das Maß der Wasserbenutzung von 8 auf 11 l/s hinaufgesetzt werden könnte.

Der Landeshauptmann habe sich im Zuge dessen um eine gütliche Lösung bemüht, die aber letztlich nicht zustande gekommen sei. Die Berufungsbehörde habe sich auf Grund der Aktenlage von der überzeugenden und schlüssigen fachlichen Beurteilung seitens ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen - die in den folgenden Überlegungen zum Ausdruck kommt - leiten lassen.

Die Wasserversorgungsanlage "Hochzone" sei als "überaus schlecht" einzustufen und raschest zu verbessern. Unter den gegebenen Umständen sei davon auszugehen, daß dem Bestreben, die Bevölkerung mit Wasser in ausreichender Qualität und Quantität zu versorgen, Vorrang vor allen anderen Nutzungsarten einzuräumen sei. Da nach den vorliegenden Akten der Anschluß an eine überregionale "Wasserschiene", d.h. den Wasserverband Salzburger Becken, derzeit und in naher Zukunft nicht möglich sei, müsse der Wasserbedarf in der betroffenen Region selbst gedeckt werden.

Das dem gegenständlichen Bescheid zugrundeliegende Projekt sei bereits 1981 ausgearbeitet worden. Es bestehe somit die Möglichkeit, daß die ausgewiesenen Daten nicht mehr den aktuellen Entwicklungsstand repräsentierten. Unter der Annahme, daß sich die Anzahl der Verbraucher nicht wesentlich geändert habe, entspreche die Ermittlung des gegenwärtigen und zukünftigen Wasserbedarfes den technischen Richtlinien für die Errichtung, Erweiterung und Verbesserung von Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen des ehemaligen Bundesministeriums für Bauten und Technik. Aus fachlicher Sicht bestünden somit gegen den ermittelten Wasserbedarf keine Einwände.

Wie die Erfahrung zeige, könnten sich im Zuge einer Wiederverleihung bzw. Verlängerung von Wasserrechten Probleme ergeben (Entschädigungsforderungen usw.), die die gesamte Wasserversorgung einer Region in Frage stellten. Da die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser im öffentlichen Interesse liege, sollten im Bewilligungsbescheid Fristen gesetzt werden, die die Nachhaltigkeit der Versorgung garantierten. Auf Grund der beschriebenen Versorgungssituation gebe es keinen Grund, den Konsens für die Wasserableitung aus den gegenständlichen Quellen zeitlich zu befristen. Auch sei dabei zu berücksichtigen, daß auf Grund wachsender Einwände der Bevölkerung der Anschluß an eine überregionale Wasserversorgung immer problematischer werde und daher getrachtet werden sollte, den Wasserbedarf in der betroffenen Region selbst zu decken.

Laut Technischem Bericht sei der zukünftige Wasserbedarf im gegenständlichen Versorgungsgebiet mit rd. 20 l/s festgelegt worden. Derzeit bestünden Konsense für den Brunnen N mit

Q = 8,3 l/s sowie für die M- und O-Quellen von zusammen

Q = 8,0 l/s. Es gebe somit einen Fehlbetrag, der auf Grund der

gegebenen Situation durch Wasservorkommen der Region gedeckt werden müsse. Es sei daher vorgesehen, Wasser der K-Bachquellen in größtmöglichem Ausmaß zu fassen und in das Versorgungsnetz einzuleiten, mit dem Ziel, in Zeiten geringer Schüttung die "Hochzone" gänzlich mit Quellwasser und in Zeiten höherer Schüttung auch die "Tiefzone" zu versorgen. Auf diese Weise solle auch Pumpenenergie eingespart werden. Dem Projekt seien Untersuchungen der Quellschüttungen (1985/86) angeschlossen. Diesen könne entnommen werden, daß bei der Erteilung eines Konsenses von 11 l/s die Jahreswasserfracht des Klausbaches lediglich um 12 %, hingegen in Niederwasserzeiten die Wasserführung im K-Bach über einen kurzen Zeitraum um mehr als 40 % reduziert werde.

Allein unter Berücksichtigung der gegebenen unbefriedigenden Versorgungssituation und unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit sei aus fachlicher Sicht dem Antrag auf Erhöhung der Konsensmenge auf 11 l/s nach dem Vorschlag des Sachverständigen der Vorinstanz zu entsprechen, dies umsomehr, als die K-Quellen 4 und 5 laut Aktenlage nicht mehr unmittelbar an der Dotation des Eglsees beteiligt seien und durch die Gewährleistung konsensgemäßer Entnahmen von den M- und O-Quellen eine Verbesserung des Abflußgeschehens (wenn auch in geringem Maße) erzielt werden könne.

Über die oben angeführten Fragen hinaus sei zu bemerken, daß dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerinnen nicht entnommen werden könne, in welchen Rechten sie sich konkret beeinträchtigt fühlten. Als wesentliche Argumente gegen die geplante Ableitung der K-Bachquellen würden die Beeinträchtigung des E-Sees bzw. des Moores, das Mischwasserproblem und die Frage einer notwendigen Entkeimung ins Treffen geführt. Dabei handle es sich aber um öffentliche Interessen, deren Wahrung ausschließlich der Behörde selbst obliege.

Bei der Bewertung, welchem öffentlichen Interesse - Sicherstellung der Wasserversorgung oder kurzfristige Reduktion der Wasserführung des K-Baches und damit einer möglichen Beeinträchtigung des E-Sees - der Vorzug gebühre, sei aber sowohl aus fachlicher als auch rechtlicher Sicht auf Grund der gegebenen Versorgungssituation und der Kurzfristigkeit einer nennenswerten Abflußverminderung im K-Bach eindeutig der nachhaltigen Sicherstellung der Trinkwasserversorgung Vorrang einzuräumen. Es ergebe sich also, daß eine unverminderte Erhaltung des E-Sees und die streitgegenständliche Wasserversorgung einander ausschlössen, wobei am E-See selbst keine waserrechtlich geschützten Rechte bestünden.

Es werde schließlich darauf hingewiesen, daß nach einem glaubwürdigen - den Beschwerdeführerinnen bekannten - Kostenvergleich der Ingenieurkonsulenten Sch. und F., deren inhaltliche Richtigkeit ein wasserbautechnischer Amtssachverständiger erster Instanz bestätigt habe, die Versorgung der sogenannten Hochzone des Versorgungsbereiches der Mitbeteiligten durch die "Wasserschiene" des Wasserverbandes - für die eine Anschlußmöglichkeit derzeit noch nicht bestehe, da eine weitere Wasserspende für diesen Verband noch nicht erschlossen sei - um ca. 15 Millionen Schilling gegenüber der nunmehr bewilligten Wasserbenutzung teurer käme.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten, wobei sich die Beschwerdeführerinnen in dem Recht verletzt erachten, nicht durch den Entzug des Quellwassers sowie die festgelegten Dienstbarkeiten enteignet zu werden.

Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften mit dem Antrag, der Beschwerde nicht Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 64 Abs. 1 WRG 1959 kann die Wasserrechtsbehörde zu den im Eingang des § 63 bezeichneten Zwecken - also um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern und ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen - in dem Maß als erforderlich (a) die Benutzung eines Privatgewässers, insoweit es für die Nutzungsberechtigten (§ 5 Abs. 2) entbehrlich ist, einem anderen einräumen oder eine Verlegung oder Beseitigung gestatten.

Zu den Privatgewässern gehören Quellen (§ 3 Abs. 1 WRG 1959). Die Beschwerdeführerinnen sind Nutzungsberechtigte ihrer Quellen. Daß die Ableitung der durch die bewilligte Einspeisung beanspruchten Quellen deshalb unzulässig wäre, weil diese für sie nicht entbehrlich wären, haben die Beschwerdeführerinnen weder im Berufungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet. Soweit jedoch Dienstbarkeiten gemäß § 63 lit. b WRG 1959 (auch) zu ihren Lasten eingeräumt wurden, bestreiten die Beschwerdeführerinnen, daß das bewilligte Vorhaben "im Vergleich zu den Nachteilen der Zwangsrechte überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten" lasse. Zu letzterem Begriff ist noch festzuhalten, daß damit, wie vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen (siehe etwa das Erkenntnis vom 14. Mai 1985, Zl. 84/07/0286), ein im Gegensatz zum Einzelinteresse allgemein bestehendes Interesse verstanden wird, das an anderen Stellen des Wasserrechtsgesetzes bei gleichem Sinngehalt als öffentliches Interesse gekennzeichnet ist.

Die Beschwerdeführerinnen meinen, der zukünftige Wasserbedarf der Mitbeteiligten hätte durch einen Anschluß an die schon mehrmals erwähnte "Wasserschiene" gedeckt werden können. Die Beschwerdeführerinnen haben jedoch die - nach Lage der Verwaltungsakten auf einer Mitteilung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 5. Juni 1989 beruhende - Äußerung nicht entkräftet - auch nicht durch den Hinweis auf ein Schreiben des Wasserverbandes vom 9. Jänner 1987 über einen frühestmöglichen Anschluß in der zweiten Hälfte 1988 - (wodurch sich das Fehlen eines eigenen Vorhaltes dieser Auskunft nicht als wesentlicher Verfahrensmangel erkennen läßt), wonach eine Anschlußmöglichkeit der von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagenen Art derzeit nicht möglich sei. Dazu kommt noch, daß diese die im Verfahren auf ihre Richtigkeit geprüfte Berechnung nicht widerlegt haben, aus der hervorgeht, daß in einem solchen Fall die Mehrkosten etwa 15 Millionen Schilling betragen würden. Schon im Verfahren vor dem Landeshauptmann ist zu dieser Frage ferner seitens eines wasserbautechnischen Sachverständigen bemerkt worden, daß selbst im Fall eines Anschlusses nur die tieferliegenden Versorgungsgebiete erfaßt würden, während ein Hochpumpen des Wassers in die Hochzone weder technisch noch wirtschaftlich sinnvoll wäre. Was die Bemängelung der Wassergüte betrifft, hat der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogene sanitätspolizeiliche Amtssachverständige gegen die Bewilligung zur Nutzung der in Rede stehenden Quellen unter bestimmten Voraussetzungen - die als Vorschreibungen in den Bescheid aufgenommen wurden - keinen Einwand erhoben. Diese Beurteilung ist von den Beschwerdeführerinnen nicht in sachkundig ausgewiesener Form entkräftet worden. Was den erforderlichen quantitativen Bedarf anlangt, widersprechen sich die Ausführungen in der Beschwerde insofern, als einmal die Unzulänglichkeit der Versorgung hervorgehoben - mit Bezug auf den Auftrag im Bewilligungsbescheid, weitere Wasserspenden ausfindig zu machen -, ein anderes Mal der belangten Behörde vorgeworfen wird, sie habe mit der Erhöhung des Gesamtmaßes der Wassernutzung eine unzulässige "Enteignung auf Vorrat" ausgesprochen. Die belangte Behörde ist jedoch insofern lediglich den den Beschwerdeführerinnen bekannten, im erstinstanzlichen wasserbautechnischen Amtssachverständigengutachten enthaltenen Argumenten für eine erforderliche Erhöhung, und zwar auf der Grundlage der Begutachtung ihres eigenen Amtssachverständigen, gefolgt. Auch die für diese Erhöhung sprechenden Gründe sind nicht als unschlüssig zu erkennen.

Die Beschwerdeführerinnen sind jedoch insoweit im Recht, als sie jede für sich Anspruch darauf haben, im Rahmen der ihnen gegenüber begründeten Zwangsrechte jeweils das für sie geltende Maß der Wassernutzung schon aus Anlaß der Bewilligung zu erfahren, so daß jenes zumindest getrennt für die K-Quellen 2 und 3 einerseits sowie 4 und 5 andererseits festzusetzen ist; diese Bestimmung kann nicht, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift meint, in das Entschädigungsverfahren verlegt werden.

Hingegen bedeutet es keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerinnen, daß die Einspeisung der sogenannten M-Quellen bisher nicht verfügt wurde (siehe dazu auch den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 1. Dezember 1978, S. 9 f.), weil die Entnahme aus den Quellen in einem Höchstausmaß bestimmt wurde, wobei die Festlegung dieses Maßes unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen zu erfolgen hat.

Auch daß in bezug auf die O-Quellen nur eine Gesamtnutzung festgelegt wurde, die eine Überschreitung des bereits bescheidmäßig bestimmten Teilkonsenses nicht ausschließt, stellt keinen Eingriff in Rechte der Beschwerdeführerinnen dar.

Nach dem Vorgesagten war der angefochtenen Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des gestellten, den pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits zum Zeitpunkt der Geltendmachung unterschreitenden Antrages (siehe die Rechtsprechung bei Dolp. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 687).

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