VwGH 84/07/0286

VwGH84/07/028614.5.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde 1.) des Pfarrers AJ für die Pfarrpfründe S in A, 2.) des LB in A, 3.) des RF in A, 4.) des JG in A und 5.) des CO in A, alle vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer, Rechtsanwalt in Lienz, Hauptplatz 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Juli 1984, Zl. 410.826/01-I4/84, betreffend wasserrechtlicher Bewilligung zur Errichtung eines Wasserkraftwerkes (mitbeteiligte Partei: FK in B, vertreten durch Dr. Richard Kaan, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
WRG 1959 §63 litb;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
WRG 1959 §63 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.400,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 8.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. Mai 1984 erteilte der Landeshauptmann von Tirol (LH) als Wasserrechtsbehörde erster Instanz dem Mitbeteiligten (MB) als Projektswerber unter zahlreichen Auflagen und Bedingungen die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Kraftwerkes zum Zwecke der Erzeugung elektrischer Energie (maximale Kraftwerksleistung 2,5 MW bei einer Ausbauwassermenge von 330 l/s). Das damit bewilligte Projekt des MB sieht die Fassung des E-baches und des M-baches im Gemeindegebiet von B bzw. von A in Osttirol in einer Höhenlage von ca. 2000 m vor, wobei eine von einem Spitzenspeicher zum Krafthaus vorgesehene Druckrohrleitung von ca. 5180 m Länge ungefähr 1000 m Höhendifferenz überwinden soll.

Der Viertbeschwerdeführer ist Eigentümer mehrerer unterhalb der geplanten Fassung des M-baches an diesen angrenzender Almgrundstücke. In einer gemeinsam mit anderen Grundeigentümern eingebrachten Eingabe vom 31. August 1983 hatte der Viertbeschwerdeführer Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren mit Rücksicht darauf beantragt, daß das Projekt die Bewirtschaftung der Almwiesen in sehr starkem Maße beeinträchtige.

Die erstbeschwerdeführende Pfarrpfründe (in der Folge kurz: Erstbeschwerdeführerin) sowie die Zweit-, Dritt- und Fünftbeschwerdeführer sind Eigentümer verschiedener Grundstücke, über welche Teilabschnitte der vorgesehenen Druckrohrleitung verlaufen sollen.

Über das mit dem Bescheid des LH vom 15. Mai 1984 bewilligte Vorhaben des MB fand am 11. und 12. Oktober 1983 eine mündliche Verhandlung statt, in der die nunmehrigen Beschwerdeführer folgende Erklärungen abgaben:

Die Zweit- und Fünftbeschwerdeführer stimmten dem Projekt und in der Folge ihrer Grundinanspruchnahme nicht zu, weil sie der Ansicht waren, daß die Ableitung der Bäche einen unwiederbringlichen Schaden für ihre Gemeinde und die Landschaft, in der sie wohnten, mit sich brächte.

Der Drittbeschwerdeführer erklärte für den Fall, daß seitens der Behörde für das Bauvorhaben die Bewilligung erteilt werde, bereit zu sein, mit dem MB auf der bereits in Vorgesprächen geführten Ebene zu verhandeln und einen Dienstbarkeitsvertrag abzuschließen.

Der Viertbeschwerdeführer brachte im eigenen sowie u.a. im Namen der Erstbeschwerdeführerin vor, dem Vorhaben aus folgenden Gründen nicht zuzustimmen: die projektgemäß vorgesehenen Wassermengen seien zu hoch angesetzt, die vorgesehene Löschwassermenge sei nicht ideal, der Fremdenverkehr im Gemeindegebiet werde durch die Nutzung der Bäche große Einbußen erleiden; auch werde durch die Ableitung der Bäche zu wenig Wasser für landwirtschaftliche Zwecke zur Verfügung stehen und das ökologische Gleichgewicht gestört werden. Er verwies ferner auf ein Umfrageergebnis in der Gemeinde, welches eine überwiegende Ablehnung des Projektes durch die Wahlberechtigten ergeben habe.

In dieser Verhandlung wurden u.a. auch Gutachten eines landwirtschaftlichen und eines kulturbautechnischen Sachverständigen eingeholt, die übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangten, daß durch die vorgesehene Ableitung des M-baches für die Grundstücke des Viertbeschwerdeführers weder hinsichtlich der Vegetation noch hinsichtlich der Trink- und-Nutzwasserversorgung bedeutsame Nachteile zu erwarten seien.

Die wasserrechtliche Verhandlung wurde am 1. Dezember 1983 zwecks Einräumung der erforderlichen Dienstbarkeiten, gegenüber jenen Parteien fortgesetzt, die sich mit einer Grundinanspruchnahme nicht einverstanden erklärt hatten; zu diesen zählten die Erst-, Zweit-, Dritt- und Fünftbeschwerdeführer. In dieser Verhandlung wurden vom forsttechnischen Amtssachverständigen Entschädigungen für die zwangsweise Einräumung der Dienstbarkeit der Rohrleitung auf einer Breite von 1,5 m und für Zuwachsentgang während der Bauzeit unter Bedachtnahme auf die auf den einzelnen Grundstücken in Anspruch genommenen Flächen und auf die Bonität der betroffenen Grundstücke ermittelt.

Im eingangs erwähnten Bewilligungsbescheid des LH vom 15. Mai 1984 wurden im Spruchpunkt VI u.a. die Einwendungen des Viertbeschwerdeführers, soweit sie sich auf die Eingabe vom 31. August 1983 bezogen, als unbegründet abgewiesen, und soweit sie sich auf die projektierte Wassermenge, die Löschwasserversorgung, den Fremdenverkehr, die Landwirtschaft in der Gemeinde, das ökologische Gleichgewicht und das Ergebnis einer Unterschriftenaktion bezogen, als unzulässig zurückgewiesen. Zur Abweisung führte der LH in der Begründung seines Bescheides unter ausführlicher Wiedergabe der dazu eingeholten Gutachten aus, daß der M-bach auf den Bodenwasserhaushalt der Alpe des Viertbeschwerdeführers keinen Einfluß ausübe, weil er deren Areal nur am untersten Rand umfließe; eine Bachableitung beeinträchtige daher die Vegetation in Hinsicht auf eine Ertragsminderung in keiner Weise. Auch würde die verbleibende Schüttung durchaus genügen, diese Alpe auch hinsichtlich des für Weidevieh erforderlichen Wasserbedarfes ausreichend zu versorgen. Die geltend gemachten Befürchtungen könnten daher zu keiner nachweisbaren Beeinträchtigung der zu schützenden Rechte des Viertbeschwerdeführers führen. Nur für den Fall der Bejahung der Beeinträchtigung der Rechtssphäre der anrainenden Grundeigentümer hätte dies jedoch zu einer Berücksichtigung im Bewilligungsbescheid führen können. Da eine Rechtsverletzung nicht habe nachgewiesen werden können, seien die diesbezüglichen Einwendungen abzuweisen gewesen. Die weiteren Einwendungen des Viertbeschwerdeführers seien deshalb zurückzuweisen gewesen, weil es sich dabei ausschließlich um Vorbringen gehandelt habe, das dem öffentlichen Interesse zuzuordnen sei, auf dessen Geltendmachung Privatpersonen keinen Einfluß hätten. Diesen stünden nur Einwendungen im Rahmen ihrer "geschützten Rechte" (rechtmäßig geübte Wassernutzungen, Nutzungsbefugnisse und Grundeigentum) zu. Im übrigen hätten die vorgebrachten Bedenken ohnehin im Sinne der Wahrung der öffentlichen Interessen im Bewilligungsverfahren durch verschiedene Vorschreibungen Berücksichtigung gefunden.

Im Spruchpunkt VII/1 des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides wurden zum Zweck der Errichtung des projektierten Kraftwerkes für die Verlegung und den Bestand der Rohrleitung u.a. auf den im einzelnen angeführten Grundstücken der Beschwerdeführer die erforderlichen Dienstbarkeiten zur Duldung der Errichtung, Betreuung und des Bestandes der projektsgegenständlichen Rohrleitung auf einer Dienstbarkeitsbreite von 1,5 m gegen gleichzeitig festgesetzte, dem MB zur Zahlung vorgeschriebene Entschädigungsbeträge eingeräumt. Im Spruchpunkt VII/2 wurden u.a. die Einwendungen der Erst-, Zweit-, Dritt- und Fünftbeschwerdeführer abgewiesen. Zur Begründung des Spruchpunktes VII verwies der LH darauf, daß das vorliegende Kraftwerksprojekt den vom Gesetz (§§ 60, 63 WRG 1959) aufgestellten Bedingungen für die Einräumung der erforderlichen Zwangsrechte entspreche. Der MB leite aus dem M-bach maximal 220 l/s und aus dem E-bach maximal 110 l/s zum Zwecke der Gewinnung elektrischer Energie ab. Mit dieser Energie werde sein Betrieb in B versorgt, der verbleibende Reststrom werde in das öffentliche Leitungsnetz der TIWAG eingespeist. Die Selbstversorgung eines wirtschaftlich gesunden Unternehmens mit elektrischer Energie stelle eine spürbare Entlastung der öffentlichen Versorgung dar und stehe im Einklang mit der von der Republik Österreich übernommenen Verpflichtung, sich schrittweise von den Ölimporten zu lösen. Zu diesem Zweck sei es vertretbar und vernünftig, die nahegelegene heimische Wasserkraft zu nützen. Darüber hinaus habe das durchgeführte Verfahren ergeben, daß dem geplanten Kraftwerksbau keinerlei öffentliche Interessen entgegenstünden. Zum Umfang der eingeräumten Dienstbarkeiten und zur Höhe der dafür ermittelten Entschädigungen verwies der LH begründend auf das eingeholte Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen, dessen Richtigkeit die Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen und auch nicht durch ein Gegengutachten entkräftet hätten. Die durch die zwangsweise Einräumung der Dienstbarkeiten verursachten Nachteile seien im Vergleich zum erlangten Vorteil nicht überwiegend, weswegen die Dienstbarkeiten im unbedingt erforderlichen Ausmaß einzuräumen gewesen seien. Das Vorherrschen des allgemeinen Interesses werde als existent erachtet.

Mit Bescheid vom 17. Mai 1984 erteilte die Tiroler Landesregierung dem vorliegenden Projekt des MB unter Bindung an die projekts- und beschreibungsgemäße Ausführung und an die Einhaltung bestimmter Auflagen die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach den einschlägigen Vorschriften des Tiroler Naturschutzgesetzes.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Juli 1984 hat die belangte Behörde die von den fünf nunmehrigen Beschwerdeführern gegen den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des LH erhobenen Berufungen gemäß § 66 AVG 1950 abgewiesen.

Darin führte die belangte Behörde zur Berufung des Viertbeschwerdeführers begründend aus, aus dem umfassenden Gutachten des kulturbautechnischen Amtssachverständigen gehe hervor, daß die Alm des Viertbeschwerdeführers durch die Ableitung des M-baches weder hinsichtlich der Vegetation noch hinsichtlich der Trink- und Tränkwasserversorgung einen Nachteil erleide. Dieses Gutachten sei ausreichend fundiert, sodaß auch die belangte Behörde zur Auffassung gelange, daß ein nachteiliger Einfluß der Ableitung des Margarethenbaches auf die Alpe des Viertbeschwerdeführers auszuschließen sei, der diesem Gutachten nicht auf sachkundiger Ebene entgegengetreten sei. Die bloße Bestreitung der Richtigkeit eines Gutachtens reiche für dessen Bekämpfung nicht aus. Bezüglich der Einwendungen betreffend Gefährdung des Landschaftsbildes und der Naturschönheit werde festgestellt, daß dies nicht zum Kreis der wasserrechtlich geschützten Rechte gehöre, gegen deren Verletzung die Partei Berufung erheben könne. Der LH habe überdies im öffentlichen Interesse in seinem Bescheid verschiedene Vorschreibungen erlassen.

Zur Berufung der übrigen Beschwerdeführer führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, die Errichtung des Kraftwerkes lasse im Vergleich zu den Nachteilen der Zwangsrechte überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten. Die Energieversorgung Österreichs aus heimischer Wasserkraft - auch aus Kleinwasserkraftwerken - stelle einen weiteren Schritt in Richtung Unabhängigkeit von Ölimporten dar. Gerade die Selbstversorgung eines Unternehmens mit elektrischer Energie sichere - insbesondere als Notversorgungsanlage in Krisenzeiten - die energiewirtschaftliche Unabhängigkeit Österreichs. Die Energiegewinnung aus Wasserkraft sei überdies die umweltfreundlichste Energieform. Auch bezüglich der Bereiche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung seien die vom kulturbautechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagenen Auflagen im erstinstanzlichen Bescheid berücksichtigt worden. Dem stehe der Nachteil der zwangsweisen Dienstbarkeitseinräumung gegenüber, der jedoch auf Grund des geringen Ausmaßes der betroffenen Flächen klein sei.

In der Berufung werde auch nicht begründet, warum die angenommene Dienstbarkeitsbreite von 1,5 m nicht ausreichen sollte. Die Berufungsbehauptung, das Schätzungsgutachten sei in der Verhandlung vom 1. Dezember 1983 nicht vorgelegen, stehe mit der Niederschrift über diese Verhandlung im Widerspruch. Die Beschwerdeführer seien diesem Gutachten jedoch weder in der mündlichen Verhandlung noch in der Berufungsausführung auf sachkundiger Ebene entgegengetreten. Zu Einwendungen hinsichtlich Landschaftsbild, Naturschutz und Ökologie seien auch diese Beschwerdeführer nicht legitimiert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, von allen fünf Beschwerdeführern wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch der MB beantragt in der von ihm eingebrachten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.) Zur Beschwerde der Erst-, Zweit-, Dritt- und Fünftbeschwerdeführer:

Hier ist eingangs die Beschwerdelegitimation der Erstbeschwerdeführerin zu prüfen, zumal der MB in seiner Gegenschrift "zur Diskussion gestellt" hat, "ob Herr Pfarrer AJ ad personam berechtigt ist, als Beschwerdeführer aufzutreten". Dazu ist zu bemerken, daß Pfarrer AJ weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde persönlich, sondern immer nur namens der Pfarrpfründe S aufgetreten ist, die nach dem insoweit unbestrittenen Akteninhalt im Grundbuch als Eigentümerin der vom Projekt des MB berührten Grundstücke eingetragen ist. Der Erstbeschwerdeführerin, vertreten durch den Pfarrer, kommt auch die Befugnis zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Erst-, Zweit-, Dritt- und Fünftbeschwerdeführer, daß die Einräumung von Zwangsrechten zu Gunsten des MB an ihren Grundstücken unbegründet geblieben sei. Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.

Gemäß § 63 lit. b WRG 1959 kann die Wasserrechtsbehörde, um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern oder ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, in dem Maße als erforderlich für Wasseranlagen, deren Errichtung oder Erhaltung im Vergleiche zu den Nachteilen der Zwangsrechte überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschränken oder aufheben, damit Wasser reingehalten, zu- oder abgeleitet, gestaut, gespeichert, abgesenkt oder gereinigt, die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt und betrieben sowie der allfälligen Vorschreibung sonstiger baulicher Maßnahmen entsprochen werden kann.

Die Beschwerdeführer haben demnach ein Recht darauf, daß ein Zwangsrecht zu ihren Lasten nicht ohne eine diese Maßnahme rechtfertigende Interessenabwägung im Sinne des Gesetzes begründet wird (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1983, Zl. 83/07/0026). Der Verwaltungsgerichtshof erachtet allerdings das auch dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Ergebnis des von der Behörde erster Instanz durchgeführten Ermittlungsverfahrens, dem die Beschwerdeführer auf gleicher fachlicher Ebene nicht entgegengetreten sind, als ausreichend, um gemäß § 63 lit. b WRG 1959 das Überwiegen der Vorteile im allgemeinen (= "öffentlichen", vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1971, Zl. 308/70) Interesse gegenüber den Nachteilen der eingeräumten Zwangsrechte erkennen zu lassen: Dies schon deshalb, weil sich weder den vorgelegten Akten noch dem Vorbringen der Beschwerdeführer selbst entnehmen läßt, welche konkreten Nachteile die zum Zweck der Verlegung der Druckrohrleitung begründeten Dienstbarkeiten für die Grundstücke der Beschwerdeführer überhaupt erwarten lassen; ist diese Verlegung doch projektsgemäß durchgehend mit mindestens einem Meter Überschüttung unter Terrain vorgesehen.

Auf der anderen Seite vermag der Verwaltungsgerichtshof die wiederholten Ausführungen der im Beschwerdefall eingeschrittenen Wasserrechtsbehörden, wonach ein öffentliches Interesse an der Erzeugung elektrischer Energie aus heimischer Wasserkraft bestehe, durchaus nicht als einen "seichten Gemeinplatz" zu verstehen, mit welchem ein öffentliches Interesse an einem Kraftwerksbau nicht dem Gesetz entsprechend begründet werden könnte. Die Beschwerdeführer vermögen auch keine überzeugende Begründung dafür zu geben, warum die Gewinnung elektrischer Energie aus heimischer Wasserkraft nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein sollte. Die Befürchtung der Beschwerdeführer, demnach könne bereits ein bloßer Hinweis auf die nötige Verringerung von Ölimporten für sich allein schon jedes Kraftwerksprojekt rechtfertigen, ist unbegründet, zumal durchaus Fälle denkbar sind, in denen die Interessenabwägung gemäß § 63 lit. b WRG 1959 - anders als im Beschwerdefall - etwa infolge eines Überwiegens der mit den erforderlichen Zwangsrechten verbundenen Nachteile zu einem gegenteiligen Ergebnis führen kann.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich daher der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, der angefochtene Bescheid sei wegen eines gravierenden Begründungsmangels mit dem Gesetz nicht im Einklang, nicht anzuschließen.

Im Rahmen der Ausführungen zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides setzen sich die Beschwerdeführer mit der ihrer Auffassung nach bedenklichen Vorgeschichte des gegenständlichen Kraftwerksprojektes auseinander, ohne damit jedoch aufzeigen zu können, daß die Annahme der belangten Behörde, dieses Projekt stehe im Interesse der Allgemeinheit, unzutreffend oder gesetzwidrig wäre. Gleichgültig, welchen Anteil des in seinem geplanten Kraftwerk produzierten Stromes der Beschwerdeführer letztlich für sein eigenes Unternehmen brauche bzw. an die TIWOG weiterverkaufen wird, wird dieses Kraftwerk einen Beitrag zur inländischen Stromerzeugung liefern, von dem keinesfalls gesagt werden kann, daß er nicht geeignet wäre, dem öffentlichen Interesse an einer möglichst von Importen unabhängigen österreichischen Energiewirtschaft zu dienen.

Mit ihrem Vorbringen, der beabsichtigten Stromerzeugung stünden nicht nur - nicht näher konkretisierte - Nachteile der Grundeigentümer, sondern auch ein großer Nachteil im Interesse der Allgemeinheit, nämlich der Verlust der letzten Bäche in A und B, gegenüber, machen die Beschwerdeführer keine Verletzung ihrer subjektiven, im WRG 1959 geschützten Rechte geltend. Ihren diesbezüglichen Ausführungen ist im übrigen nicht nur das durch zahlreiche Gutachten begründete, unwiderlegt gebliebene Ergebnis des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens, sondern auch der Umstand entgegenzuhalten, daß die dafür zuständige Tiroler Landesregierung dem Projekt die erforderliche naturschutzbehördliche Genehmigung erteilt hat.

2.) Zur Beschwerde des Viertbeschwerdeführers:

Der Viertbeschwerdeführer macht als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß nicht ausreichend geprüft worden sei, inwieweit seine Almgrundstücke durch die Beileitung des M-baches in ihrem Wert gemindert würden. Mit den diesbezüglichen Einwendungen haben sich jedoch die Wasserrechtsbehörden auf der Grundlage der nicht auf der gleichen fachlichen Ebene als unschlüssig widerlegten, vom LH eingeholten Gutachten mit dem Ergebnis auseinandergesetzt, daß die Grundstücke des Beschwerdeführers weder hinsichtlich ihrer Vegetation noch hinsichtlich der Trink- und Tränkwasserversorgung einen Nachteil erleiden würden. Allein damit, daß der Viertbeschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerdeausführungen die Richtigkeit dieses Ermittlungsergebnisses "nach wie vor bezweifelt", wird nicht aufgezeigt, daß die Behörden die eingeholten Gutachten ihren Bescheiden nicht hätten zu Grunde legen dürfen, bzw. welche weitere Erhebungen sie nach Ansicht des Viertbeschwerdeführers unterlassen hätten. Mit Rücksicht auf die diesbezüglich dem angefochtenen Bescheid ausdrücklich zu Grunde gelegten Ermittlungsergebnisse vermag der Verwaltungsgerichtshof wegen Begründungslosigkeit willkürliches Handeln der eingeschrittenen Verwaltungsbehörden nicht zu erkennen.

Der Viertbeschwerdeführer erblickt in der wasserrechtlich bewilligten Beileitung des M-baches auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Er vermag aber nicht aufzuzeigen, aus welchem Grunde diese für das Kraftwerksprojekt erforderliche Beileitung eines öffentlichen Gewässers nach dem Gesetz unzulässig oder nur im Wege einer allenfalls Entschädigungsansprüche auslösenden Zwangsrechtsbegründung gegen den Viertbeschwerdeführer zulässig gewesen sein sollte. Letztlich läuft auch dieses Beschwerdevorbringen auf eine dem Viertbeschwerdeführer nicht zustehende Einwendung gegen das Projekt aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes hinaus.

3.) Zum Beschwerdevorbringen zu § 13 WRG 1959:

Zum letzlich von allen fünf Beschwerdeführern gemeinsam erstatteten, auf § 13 WRG 1959 gestützten Vorbringen, wonach das dem MB bewilligte Maß der Wasserbenutzung eine nach dieser Gesetzesstelle zu vermeidende Entziehung des zur Abwendung von Feuersgefahren erforderlichen Wassers zur Folge hätte, weisen die Beschwerdeführer selbst zutreffend auf ihre mangelnde Legitimation zur Geltendmachung diesbezüglicher Einwendungen hin, weshalb darauf nicht näher eingegangen zu werden braucht. Nur der Vollständigkeit halber sei dazu aber auf die in I/B/5 des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides enthaltene Bedingung verwiesen, mit welcher der MB zur Ausführung eines von ihm vorzulegenden Projektes über geeignete Maßnahmen für den Ersatz der verminderten Löschwasserversorgung aus dem M- und E-bach auf seine Kosten verpflichtet worden ist.

Da der angefochtene Bescheid aus diesen Gründen nicht mit der von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2, Abs. 3 Z. 1 und 2 sowie 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 sowie C Z 7 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 14. Mai 1985

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