VwGH 83/07/0026

VwGH83/07/002614.6.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde des F und der ES in S, beide vertreten durch Dr. Martin Stock, Rechtsanwalt in Zell am See, Postplatz 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14. Dezember 1982, Zl. 1/01- 18.252/4-1979, betreffend Einräumung eines Zwangsrechtes (mitbeteiligte Partei: AA in S, vertreten durch Dr. Egon Schmidt, Rechtsanwalt in Saalfelden, Am steinernen Meer, Rathausplatz), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §63 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.400,-- und der mitbeteiligten Partei zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens suchte im Jahre 1977 unter Vorlage eines Projektes um die wasserrechtliche Bewilligung zur Fassung und Ableitung von zwei Quellen an, von denen eine auf dem ihm gehörigen Grundstücke 389 KG X entspringt. Dieses Vorhaben wurde auf Ersuchen des Mitbeteiligten zunächst zurückgestellt, nachdem ihm gemeinsam mit den Beschwerdeführern und einem Dritten mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 26. Juli 1979 ein Wasserrecht für eine Wasserversorgungsanlage erteilt worden war. Der Mitbeteiligte hatte darnach das Recht zu einem Wasserbezug im Ausmaß von 13.000 l pro Tag. Als diese Wassermenge für die Versorgung seiner Liegenschaft nicht mehr ausreichte, wiederholte er seinen 1977 gestellten Antrag und ersuchte um Durchführung des Verfahrens auf Grund des schon früher eingereichten Projektes. Die Bezirkshauptmannschaft Zell am See ordnete mit Kundmachung vom 4. Mai 1982 für den 25. Mai 1982 eine mündliche Verhandlung an, von der sie nachweislich den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer benachrichtigte. Diese Verständigung von der Verhandlung wurde von der Schwiegertochter des Rechtsvorgängers übernommen. Zu der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 1982, in der der Mitbeteiligte sein Vorhaben insofern einschränkte, als er nur mehr die Fassung und Ableitung der auf seinem Grundstück entspringenden Quelle plante, erschien der Erstbeschwerdeführer und gab im eigenen Namen sowie im Namen seiner Ehefrau E als Rechtsnachfolger nach JS folgendes zu Protokoll:

"Der Leitungsführung über meine Gp. 370 KG X wird nur unter nachstehenden Bedingungen zugestimmt:

1. Auf der Wegparzelle 381 (unser Privatweg) wurde bislang im Bedarfsfalle widerrechtlich der eigene Traktor des Einschreiters abgestellt. Der Einschreiter müßte in Zukunft die Abstellung des Traktors auf diesem Abstellplatz unterlassen.

2. Entgegen einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen uns und dem Einschreiter hat nunmehr Herr A um zirka 2 m den Verteilerschacht auf Gp. 303 KG X auf seine eigenen Grundstücke zu verlegen."

Der Mitbeteiligte erklärte sich in der Verhandlung mit diesen Bedingungen nicht einverstanden und beantragte die Einräumung des erforderlichen Zwangsrechtes zur Leitungsführung über das Grundstück 370 KG X.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 15. Juni 1982 wurde im Punkt I.) des Spruches gemäß §§ 98, 9, 11, 12, 13, 21, 34, 50, 107, 111 und 112 WRG 1959 dem Mitbeteiligten die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der mit Bescheid derselben Behörde vom 26. Juli 1979 bewilligten Wasserversorgungsanlage mit zusätzlicher Fassung und Ableitung einer auf dem Grundstück 389 KG X entspringenden - im Projekt als Qu 1 bezeichneten - Quelle im Ausmaß der gesamten Quellschüttung (Mindestschüttung rund 5 l pro Minute) bei Einhaltung bestimmter Auflagen erteilt. Im Punkt II.) des Spruches wurde gemäß §§ 60 und "63 b" WRG 1959 zwangsweise das Recht eingeräumt, auf dem Grundstück 370 KG X, das im Eigentum der Beschwerdeführer steht, entsprechend dem vorgelegten und korrigierten Projekt eine Wasserleitung zu verlegen, zu betreiben und zu erhalten und zu diesem Zweck das Grundstück zu betreten. Im Punkt III.) des Spruches wurde den Beschwerdeführern gemäß § 117 WRG 1959 für die Einräumung dieser Dienstbarkeit eine einmalige Entschädigung von S 500,-- zugesprochen. Für einen entstehenden Ernteausfall und Flurschaden während der Herstellung der Wasserleitung wurde eine gesonderte Entschädigung festgesetzt. Im Punkt V.) des Spruches wurden die Beschwerdeführer mit ihren Forderungen betreffend Privatweg und privatrechtliche Vereinbarung zurückgewiesen, wobei festgehalten wurde, daß zur Austragung dieser Angelegenheit den Beschwerdeführern der ordentliche Rechtsweg offenbleibe.

In der Begründung dieses Bescheides stellte die Behörde erster Instanz auf Grund des eingereichten Projektes und nach Einholung von Gutachten der Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und Landwirtschaft folgenden Sachverhalt fest:

Das vorgelegte Projekt sehe die Fassung einer auf dem Grundstück 389 KG X (Eigentum des Mitbeteiligten) entspringenden Quelle vor, die bereits vorschriftsmäßig gefaßt sei, sodaß eine Ableitung derselben jederzeit möglich sei. Sie stelle eine Erweiterung der bisherigen Wasserversorgungsanlage des Mitbeteiligten dar; diese Erweiterung sei notwendig, weil die bestehende Anlage, an welcher ein Bezugsrecht von 13.000 l Wasser pro Tag bestehe, durch Fehlen eines entsprechenden Hochbehälters eine völlige Ausnutzung dieses Bezugsrechtes nicht gewährleiste und eine klaglose Versorgung daher nicht garantiere. Zudem habe sich der Versorgungsstand der Liegenschaft des Mitbeteiligten inzwischen geringfügig erhöht. Die Quelle habe am Verhandlungstag eine geschätzte Schüttung zwischen 15 und 20 l pro Minute aufgewiesen. Es sei anzunehmen, daß sich die Mindestschüttung dieser Quelle bei rund 5 l pro Minute bewegen werde. Dies würde eine Tagesschüttung von rund 7.000 l ergeben. Mit den aus der bereits bestehenden Anlage zugesprochenen 13.000 l ergebe sich somit eine zur Verfügung stehende Wassermenge von rund 20 m3. Dies entspreche ungeführ dem maximalen Tagesverbrauch für die Liegenschaft des Mitbeteiligten bei Inrechnungstellung von 150 l Wasserbedarf pro Einwohnergleichwert, 80 l pro Großvieheinheit, 40 l pro Kleinvieheinheit sowie einem Nutzwasserbedarf von rund 4.000 l pro Tag und einem Zuschlag von rund 50 % für den Stoßbetrieb. Laut Projekt sei die Wasserversorgung für insgesamt 45 Personen sowie für 41 Stück Vieh (19 Stück Großvieh und 22 Stück Kleinvieh) sicherzustellen. Bei der Anlage eines entsprechenden Hochbehälters, welcher annähernd auf den Tagesbedarf anzulegen wäre, sei daher eine klaglose Versorgung der Liegenschaft gesichert. Das vorgelegte Projekt sehe aus diesem Grunde einen entsprechenden Ausbau eines Hochbehälters vor, wobei dieser mit einem nutzbaren Fassungsraum von 24 m3 geplant und mit einer Unterteilung in zwei gleichgroße Wasserkammern vorgesehen sei. Die Freispiegelleitung von der Quelle zum Hochbehälter werde in Rohren von 5/4 Zoll ausgelegt und befinde sich zur Gänze auf Grundstücken des Mitbeteiligten. Die Situierung des Hochbehälters auf dem Grundstück 388 KG X, die dem Mitbeteiligten gehöre, ermögliche einen Versorgungsdruck zu den einzelnen Objekten des Mitbeteiligten annähernd bei 40 m Wassersäule. Eine Verlegung auf die Grundparzelle 374 (im Eigentum des Mitbeteiligten) werde nicht empfohlen, da der Höhenunterschied Hochbehälter-Versorgungsobjekte dadurch auf etwa 20 m abgemindert werde. Die Druckrohrleitung, welche in Röhren mit einem Querschnitt von 2 Zoll ausgelegt sei, werde ebenfalls zum Großteil auf Grundstücken des Mitbeteiligten verlegt; auf einer Länge von zirka 80 m müßte diese Leitungstrasse auf dem Grundstück 370 KG X der Beschwerdeführer verlegt werden. Die Trassenführung sei zweckmäßigerweise so gewählt worden, daß durch teilweise Verlegung der Leitung im Bereich eines Gerinnerandes und im übrigen im Bereich einer landwirtschaftlichen Zufahrt möglichst wenig Beeinträchtigung des Grundbesitzes erfolge.

Bezüglich der Notwendigkeit und des Umfanges des eingeräumten Zwangsrechtes der Verlegung einer Wasserleitung auf dem Grundstück 370 KG X der Beschwerdeführer gemäß § 63 lit. b WRG 1959 führte die Behörde erster Instanz begründend in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen aus, daß die Herstellung der Anlage nur unter Heranziehung fremden Grundes möglich sei. Die Erweiterung der Anlage des Mitbeteiligten sei aber für eine gesicherte Wasserversorgung erforderlich; eine Verlegung des Hochbehälters auf das dem Mitbeteiligten gehörigen Grundstück 374 KG X sei abgesehen von den technischen Nachteilen auch deshalb nicht günstiger, weil auch diesfalls fremde Grundstücke in Anspruch genommen werden müßten und die Eigentümer dieser Grundstücke der Einräumung einer Dienstbarkeit in der mündlichen Verhandlung nicht zustimmten. Die Voraussetzungen für die Einräumung der Dienstbarkeit auf dem Grundstück 370 KG X der Beschwerdeführer gemäß § 63 lit. b WRG 1959 seien gegeben. Der Betrieb der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage (Fassung einer zusätzlichen Quelle und Errichtung eines eigenen Hochbehälters) lasse im Vergleich zu den Nachteilen des eingeräumten Zwangsrechtes zur Leitungsführung - die Leitungsführung sei so gewählt worden, daß der Eingriff in das Grundstück 370 KG X sehr gering sei und zudem durch die zusätzlichen Auflagen des Amtssachverständigen für Landwirtschaft sichtbare Nachteile für die Beschwerdeführer nicht gegeben seien - überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse, nämlich unbedingt notwendiger Ausbau eines eigenen Hochbehälters und zusätzlich erforderlicher Wasserdeckungsbedarf für die Liegenschaft Y (landwirtschaftliches Anwesen und bereits errichteter Neubau) erwarten. Hinsichtlich der Entschädigung für die zwangsweise Einräumung der Dienstbarkeit könne auf Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Landwirtschaft und auf den Spruch dieses Bescheides verwiesen werden. Gleichzeitig sei der Erstbeschwerdeführer mit seiner Stellungnahme, die er auch namens seiner Ehefrau als Miteigentümerin abgegeben habe zurückzuweisen gewesen, weil die Forderungen rein privatrechtlicher Natur seien, zu deren Erfüllung oder Zustimmung der Mitbeteiligte, wie aus seiner Stellungnahme entnommen werden könne, nicht bereit gewesen sei. Bei den diesbezüglichen Forderungen (Bedingungen), wobei es um einen bestehenden Streit hinsichtlich eines Privatweges und um eine Änderung einer zwischen den Beschwerdeführern als Rechtsnachfolger nach JS und dem Einschreiter getroffenen privatrechtlichen Vereinbarung gehe, handle es sich um keine öffentlich-rechtliche, sondern um rein privatrechtliche Forderungen, worüber zu entscheiden das ordentliche Gericht zuständig sei.

Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer Berufung erhoben, in der sie im wesentlichen ausführten, die Leitungsführung wäre auch über die Grundstücke 368 und 369 KG X, die im Eigentum der MH stünden, möglich; es würde sich dabei um eine kürzere und günstigere Variante handeln; der Unterschied der Nutzwerte dieser Liegenschaft zum Nutzwert der Liegenschaft der Beschwerdeführer sei unwesentlich. Bei der vorgesehenen Trassenführung über das Grundstück 370 der Beschwerdeführer werde eine rutschgefährdete Steilstufe überwunden, welche beim Ortsaugenschein zufolge der Unwegsamkeit vom Sachverständigen nicht begangen worden sei. An dieser Stelle wäre das Kreuzen eines Baches erforderlich; die erforderlichen Leitungs- und Grabarbeiten würden die Hochwassergefahr erhöhen. Es bestünde die Möglichkeit, daß der Mitbeteiligte einen Hochbehälter am westlichen Ende des Grundstückes 374 KG X errichte, sohin auf einer Parzelle, die in seinem Eigentum stehe und wodurch einerseits Zwangsrechte vermieden, andererseits die Leitungslänge um zirka 200 m vermindert würde. Die Angaben über den Wasserbedarf des Mitbeteiligten seien nicht stichhältig; der dargestellte Bedarf decke sich nicht mit den Tatsachen. Die Beschwerdeführer legten dieser Berufung ein Schreiben eines Zivilgeometers vom 21. Juni 1982 bei, aus dem hervorgehe, daß der Höhenunterschied zwischen den Gehöften Z und Y auf Grund amtlicher Unterlagen 33 m betrage. Eine genauere Aussage sei bei Vermessung an Ort und Stelle zu erhalten.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14. Dezember 1982 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, § 63 lit. b WRG 1959 gewähre keinen Anspruch, auf den Betroffenen zweckmäßig erscheinende Varianten realisiert würden. Dem Eigentümer des dienenden Grundstückes komme lediglich ein Recht auf rechtmäßige Abwägung der berührten Interessen zu. Dem Einwand der Beschwerdeführer, die Wasserleitungsverlegung auf dem Grundstück 370 KG X werde mehr als bisher die Vermurung durch abgeschwemmtes Material zur Folge haben und auch einen Abtrag dieses Nutzgrundes nach sich ziehen, sei entgegenzuhalten, daß der Eintritt eines solchen Nachteiles bei konsensgemäßer Herstellung der Anlagen ausgeschlossen werden könne, da die auf der Grundlage der Sachverständigengutachten gemachten Vorschreibungen im Spruchabschnitt I/1 und 12 sowie im Spruchabschnitt IV des Bescheides der Behörde erster Instanz den Mitbeteiligten zur schonenden Vorgangsweise bei den Grabarbeiten und zur Wiederherstellung des früheren Zustandes verpflichten. Sollten bei der Ausführung der Anlagen diese Vorschreibungen zugunsten der Beschwerdeführer nicht erfüllt werden, könnte dies von den Betroffenen spätestens im Überprüfungsverfahren geltend gemacht werden. Gegebenenfalls stünde der Behörde die Möglichkeit offen, bei Gefahr im Verzug eine einstweilige Verfügung zu treffen oder auf der Grundlage des § 121 WRG 1959 eine Mängelbehebung anzuordnen oder gemäß § 138 leg. cit. die unterlassenen Arbeiten aufzutragen. Wenn wider Erwarten Umstände eintreten sollten, welche die Verlegung der Wasserleitung dem Bescheid entsprechend nicht oder nur mit erhöhtem wirtschaftlichen Aufwand zuließen, könne dies im Bewilligungsverfahren nicht eingewendet werden, weil es im Risiko des Mitbeteiligten liege, ob ein von ihm geplantes von der Wasserrechtsbehörde bewilligtes Projekt technisch dem Bescheid entsprechend ausgeführt werden könne. Die Behauptungen der Beschwerdeführer, die Errichtung des Hochbehälters sei auf einer anderen Grundparzelle möglich, die Errichtung desselben nach Verlegung einer zusätzlichen Druckrohrleitung zu den Objekten des Mitbeteiligten entbehrlich und es könne nicht davon ausgegangen werden, daß 45 Personen in den Gehöften des Mitbeteiligten versorgt werden müßten, stünden in Widerspruch zu dem dem Bescheid der Behörde erster Instanz zugrunde liegenden Projekt, das durch den Amtssachverständigen für Wasserbautechnik bei der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit einem Lokalaugenschein geprüft worden sei. Laut diesem Projekt sei vorgesehen, 15 ständige Bewohner der Objekte des Mitbeteiligten, 30 fallweise anwesende Gäste sowie 41 Stück Vieh mit Trink- und Nutzwasser zu versorgen. Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführer nur durch die geforderte Notwendigkeit für die Einräumung einer Dienstbarkeit der Wasserleitung die Frage der Richtigkeit der dem Projekt zugrundeliegenden Einwohnergleichwerten (EGW) aufwerfen könnten, sehe die belangte Behörde keinen Anlaß, diese Projektsangaben anzuzweifeln. Die Beschwerdeführer behaupteten auch nicht, daß die beiden Objekte des Mitbeteiligten nicht die angegebenen 45 Personen aufnehmen könnten, sondern es werde lediglich als Argument gegen den errechneten Bedarf ausgeführt, daß diese Zahl der Personen kaum gleichzeitig anwesend sei. Die belangte Behörde habe jedoch auf volle Belegung Rücksicht zu nehmen und die Berechnung des Bedarfes darauf abzustellen. Auch die Schlüssigkeit der Bedarfsberechnung des Amtssachverständigen sei gegeben, da der Berechnungsmodus auf den bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe. Somit erweise sich für die Berufungsbehörde die Notwendigkeit der Erweiterung der Konsenswassermenge und der Wasserversorgungsanlage und es könne mangels des Rechtes auf eine Alternative von den Beschwerdeführern auch nicht gefordert werden, daß der Hochbehälter so situiert werde, daß die Verlegung von Leitungen zu und von ihm über andere Grundstücke zu erfolgen hätte. Dieses Projekt sei somit bewilligungsfähig und zugleich im allgemeinen Interesse im Sinne des § 63 lit. b WRG 1959 gelegen, da nur dadurch eine ordnungsgemäße Versorgung der Objekte mit Trink- und Nutzwasser in ausreichender Menge gegeben sei. In Abwägung des festgestellten allgemeinen Interesses zu den hervorgekommenen Nachteilen der Beschwerdeführer sei die belangte Behörde zur Auffassung gekommen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung der Dienstbarkeit auf dem Grundstück 370 KG X gegeben seien, weil die Nutzbarkeit einer Liegenschaft zu Wohn- und Vermietungszwecken höherwertig sei als die Verschonung eines Grundstückes vor einer Leitungsverlegung mit damit verbundener Duldung von Wartungstätigkeiten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich nach dem Vorbringen in ihrem Recht, nicht durch ein Zwangsrecht der Leitungsverlegung auf ihrem Grundstück belastet zu werden, verletzt. Die Beschwerdeführer seien insbesondere zufolge nicht ordnungsgemäßer Ladung daran gehindert worden, sich entsprechend auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten, sich einer entsprechenden juristischen aber auch technisch geschulten Vertretung zu versichern und sohin alle wesentlichen Argumente, Varianten und Umstände in der mündlichen Verhandlung selbst darzutun, um eine Belastung der Beschwerdeführer hintanzuhalten oder auf ein Minimum einzuschränken.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Auch der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bekämpfen den angefochtenen Bescheid aus dem Gesichtspunkt der Nichtgewährung des Parteiengehörs infolge des Unterbleibens ihrer Beiziehung zur mündlichen Verhandlung über das Wasserbauprojekt.

Insbesondere sei die Zweitbeschwerdeführerin daran gehindert gewesen, an der Verhandlung der Behörde erster Instanz teilzunehmen und entsprechende Einwendungen zu erheben. Da sie nicht ordnungsgemäß zur Verhandlung geladen worden sei, könne auch von einer ordnungsgemäßen Vertretung nicht gesprochen werden.

Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz war gemäß § 107 Abs. 1 WRG 1959 gehalten, über das ihr vorgelegte Projekt eine mündliche Verhandlung im Sinne der Vorschriften der §§ 40 bis 44 AVG 1950 anzuberaumen. Sie hatte hiezu laut § 41 Abs. 1 AVG 1950 die ihr "bekannten Beteiligten", d. h. also nach den gegebenen Umständen, die ihr von der mitbeteiligen Partei gemäß § 103 Abs. 1 lit. e WRG 1959 als vom Unternehmen in ihren Rechten berührt bezeichneten Personen, persönlich zu verständigen. Die Beschwerdeführer zählten nicht zu diesen Personen, da sie im Projekt nicht genannt worden waren und die Behörde offenbar nicht von sich aus wußte, daß sie inzwischen die Rechtsnachfolge nach JS angetreten hatten. Daß dies der Fall war, hätte die belangte Behörde allerdings dem Inhalt der Akten entnehmen können, weil die Beschwerdeführer bereits zusammen mit dem Mitbeteiligten im Jahre 1979 eine wasserrechtliche Bewilligung für eine Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage beantragt hatten, die ihnen mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 26. Juli 1979 erteilt worden war. War eine Partei zu einer Verhandlung zu laden, dann stellt das Unterlassen einer solchen Ladung wohl einen Verfahrensfehler dar, jedoch nicht einen solchen, welcher der Partei einen Anspruch darauf einräumen würde, daß allein aus diesem Grunde der Bescheid als rechtswidrig aufgehoben werden müßte. Der Erstbeschwerdeführer hat, wie im Sachverhalt dargestellt, an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und auch Einwendungen vorgebracht. Der Verfahrensmangel bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung gegenüber dem Erstbeschwerdeführer wurde dadurch geheilt, daß er zur Verhandlung erschienen war und sich in diese eingelassen hat.

Um eine Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder im Sinne des § 10 Abs. 4 AVG 1950 annehmen zu können, ist es erforderlich, daß der zu Vertretende nachgewiesenermaßen von der Verhandlung persönlich verständigt worden ist, weil nur damit die Prämisse für das Absehen von einer ausdrücklichen Vollmacht geschaffen worden wäre (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis N.F. Nr. 6989/A). Eine solche Vertretung der Zweitbeschwerdeführerin durch den Erstbeschwerdeführer ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil die Zweitbeschwerdeführerin aktenkundig nicht von der mündlichen Verhandlung persönlich verständigt worden ist. Zu prüfen war daher hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin, ob die belangte Behörde verpflichtet war, die nachträglichen Einwendungen der Zweitbeschwerdeführerin als rechtserheblich zu beurteilen. Nach § 107 Abs. 2 WRG 1959 kann eine Partei, die eine mündliche Verhandlung versäumt hat, weil sie nicht persönliche verständigt worden war, selbst dann, wenn die Anberaumung der mündlichen Verhandlung öffentlich bekanntgemacht worden ist (§ 41 Abs. 2 AVG 1950), ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, daß ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, die die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

Solche Einwendungen wurden von der Zweitbeschwerdeführerin in der Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz rechtzeitig und gleichlautend mit dem Berufungsvorbringen des Erstbeschwerdeführers erhoben. Über diese wurde von der belangten Behörde zu Recht eine Sachentscheidung im bekämpften Bescheid getroffen. Allerdings vermittelt § 107 Abs. 2 WRG 1959 entgegen der Ansicht der Zweitbeschwerdeführerin keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, die zur Aufhebung des bekämpften Bescheides führen könnte, liegt nicht vor.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides erblicken die Beschwerdeführer darin, daß keine dem Gesetz entsprechende Güterabwägung bei Einräumung des Zwangsrechtes vorgenommen worden sei. Die in der Berufung erhobenen Einwendungen seien unberechtigterweise verworfen worden.

Gemäß § 63 lit. b WRG 1959 kann, um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern oder ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, die Wasserrechtsbehörde in dem Maß als erforderlich für Wasseranlagen, deren Errichtung oder Erhaltung im Vergleich zu den Nachteilen der Zwangsrechte überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschränken oder aufheben, damit Wasser reingehalten, zu- und abgeleitet, gestaut, gespeichert, abgesenkt oder gereinigt, die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt und betrieben sowie der allfälligen Vorschreibung sonstiger baulicher Maßnahmen entsprochen werden kann.

Die Beschwerdeführer als Zwangsverpflichtete besitzen damit zwar keinen Anspruch und unmittelbar daher auch keinen Einfluß darauf, daß bei einem zu bewilligenden Vorhaben bestimmte, ihnen zweckmäßig erscheinende Varianten realisiert werden. Sie haben allerdings ein Recht darauf, daß ein Zwangsrecht zu ihren Lasten nicht ohne die bezeichnete, die Maßnahme rechtfertigende Interessenabwägung im Sinne des Gesetzes begründet wird (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 14. September 1978, Zl. 2938/76).

Das Vorbringen in der Beschwerde, die Güterabwägung der berührten Interessen hätte den Vorschlag der Beschwerdeführer, den Hochbehälter auf dem Grundstück 374 KG X zu verlegen, berücksichtigen müssen, ist nicht berechtigt. Denn das Ergebnis des von der Behörde erster Instanz abgeführten Ermittlungsverfahrens, dem die Beschwerdeführer auf gleicher fachlicher Ebene nicht entgegengetreten sind, erachtet der Verwaltungsgerichtshof für ausreichend, um gemäß § 63 lit. b WRG 1959 das Überwiegen der Vorteile im allgemeinen Interesse gegenüber den Nachteilen des eingeräumten Zwangsrechtes erkennen zu lassen. Gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik wurde insbesondere von der belangten Behörde die Notwendigkeit der gesicherten Wasserversorgung des Anwesens des Mitbeteiligten nach dem vorgelegten und nun bewilligten Projekt festgestellt; die Nachteile der vorgeschlagenen Verlegung des Hochbehälters, die in einer Herabsetzung des Versorgungsdruckes gelegen seien, da der Höhenunterschied Hochbehälter - Versorgungsobjekt durch die Verlegung auf etwa 20 m abgemindert würde, wurden auf derselben Grundlage bereits von der Behörde erster Instanz aufgezeigt. Durch die der Berufung der Beschwerdeführer beigelegte Bescheinigung eines Zivilgeometers wird diese wasserbautechnische Aussage des Amtssachverständigen in keiner Weise entkräftet, da darin nur der Höhenunterschied zwischen den Gehöften der Beschwerdeführer und der mitbeteiligten Partei angegeben wird. Die Tatsache, daß das Zwangsrecht auf einem Steilstück des Grundstückes Nr. 370 KG X der Beschwerdeführer eingeräumt worden ist, zeigt vielmehr auf, daß die Verlegung der Wasserleitung auf einem geringwertigen Grundstück erfolgen soll, um die Nachteile des Zwangsrechtes möglichst gering zu halten. Die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung hinsichtlich der Einräumung des Zwangsrechtes ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachte, nicht auf sachkundiger Grundlage beruhende Behauptung der Beschwerdeführer, es würde durch die Verlegung der Wasserleitung die Gefahr der Vermurung gesteigert, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides aufzuzeigen, da die belangte Behörde auf der Grundlage des Gutachtens des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und der vorgeschriebenen Auflagen den Eintritt eines solchen Nachteiles ausschloß, und weil eine Verletzung bestehender Rechte nur unter der Voraussetzung angenommen werden kann, daß der exakte Nachweis einer entsprechenden Beeinträchtigung erbracht wird (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 19. Juni 1970, Slg. N.F.

Nr. 7821/A).

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie

gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1954 abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47,

48 Abs. 2 und 3 und 59 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 14. Juni 1983

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