VwGH 91/19/0282

VwGH91/19/028225.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 2. August 1991, Zl. 5 - 212 Sche 49/5 - 90, betreffend Übertretungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 - KJBG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
KJBG 1987 §30;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4;
VwRallg;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
KJBG 1987 §30;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Übertretung nach § 11 Abs. 1 KJBG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Übertretungen nach 1. § 11 Abs. 1 KJBG und 2. § 27 Abs. 2 leg. cit. unter Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 30 leg. cit. bestraft, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft mit beschränkter Haftung dafür verantwortlich sei, daß im Silberwarenhandelsbetrieb der Gesellschaft in Graz am 24. November 1989 "1.) der jugendliche Lehrling O, geboren am 24.12.1971, in der Zeit von 8.00 bis 13.00 Uhr und von 14.30 bis zumindest 19.00 Uhr zu arbeiten hatte, obwohl die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht hätte überschreiten dürfen, und 2.) im Betrieb kein Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit, der Ruhepausen sowie über die Dauer der Wochenruhe angebracht war."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erblickt einen Verfahrensmangel darin, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, die von ihm zum Beweis dafür, daß er "seine Verantwortlichkeit" an eine verantwortliche Beauftragte "weiterdelegiert" habe, geführte Zeugin zu vernehmen. Damit vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer hätte sich zwar von der ihn gemäß § 9 Abs. 1 VStG als handelsrechtlicher Geschäftsführer der als Arbeitgeberin aufgetretenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung treffenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit durch die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 VStG befreien können; er könnte sich aber nur dann auf eine derartige Bestellung berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der ihm angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines verantwortlichen Beauftragten eingelangt wäre (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1987, Slg. Nr. 12375/A), was jedoch weder aus der Aktenlage hervorgeht, noch vom Beschwerdeführer behauptet wurde.

Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß die vom jugendlichen Lehrling verrichteten Arbeiten dem Ausnahmetatbestand des § 12 (Abs. 2 Z. 2 und 3 - siehe die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 5. Februar 1990 im Verwaltungsstrafverfahren) KJBG zu unterstellen seien, ist ihm zu erwidern, daß dieser Tatbestand schon deshalb nicht in Betracht kommen kann, weil das Vorliegen der für seine Anwendbarkeit vorausgesetzten "zwingenden betrieblichen Gründe" nie vom Beschwerdeführer behauptet wurde.

Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er meint, daß ein "Wiederholungsfall" im Sinne des § 30 KJBG nur bei - abermaliger - Verletzung "derselben Schutznorm" anzunehmen sei. Diesbezüglich genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1982, Slg. Nr. 10793/A, zu verweisen.

Hingegen ist dem Beschwerdeführer zu folgen, wenn er unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, daß die belangte Behörde den jugendlichen Lehrling O nicht über das Ausmaß seiner Arbeitszeit am Tattag vernommen habe. Der Beschwerdeführer behauptete in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis ausdrücklich, daß der Jugendliche an diesem Tag von 8 bis 12 Uhr und von 15 bis 19 Uhr gearbeitet habe, und bemängelte - unter anderem auch - in diesem Zusammenhang, daß die Behörde den Lehrling bisher noch nicht zum Sachverhalt befragt habe. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage meinte, von der Vernehmung des jugendlichen Lehrlings als Zeugen absehen zu können, weil er laut der im Berufungsverfahren abgegebenen Stellungnahme des Arbeitsinspektorates Graz bei einer im Rahmen der Erhebung vorgenommenen Befragung die in der Anzeige angeführte Arbeitszeit angegeben habe und keine Zweifel bestünden, daß diese Angaben wahrheitsgemäß gewesen seien, so übersieht sie, daß eine Würdigung von Beweisen hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit nur nach deren Aufnahme (durch die Behörde) möglich ist (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 311 zitierte Rechtsprechung). Darüberhinaus hätte sich die belangte Behörde im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht mit einem mittelbaren Beweis zufrieden geben dürfen, wenn der Aufnahme des unmittelbaren Beweises keine tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen.

Aufgrund dieser Überlegungen war daher der angefochtene Bescheid in Ansehung der Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs. 1 KJBG gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben, im übrigen aber war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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