Normen
GewO 1973 §103 Abs1 litb Z25;
GewO 1973 §366 Abs1 Z1;
VStG §44a lita;
VwRallg;
GewO 1973 §103 Abs1 litb Z25;
GewO 1973 §366 Abs1 Z1;
VStG §44a lita;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 18. April 1991 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe in der Zeit vom 26. Jänner 1990 bis 2. Mai 1990 in R, "so zum Beispiel durch Tathandlungen vom 8.3.1990 durch Anbieten eines gebrauchten Radbremszylinders und eines Simmerringes an den
Besitzer des Personenkraftwagens ... und durch den Verkauf
einer gebrauchten Sonnenblende und einer Ventildeckeldichtung an den Besitzer des Personenkraftwagens ...", gebrauchte Kraftfahrzeugteile in der Absicht gehandelt, durch deren Verkauf einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Die Beschwerdeführerin habe diese Tätigkeit selbständig und dadurch das Handelsgewerbe mit Kraftfahrzeugteilen gemäß § 103 Abs. 1 lit.b Z. 25 GewO 1973 ausgeübt. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 5 Z. 1 und § 103 Abs. 1 lit.b Z. 25 GewO 1973 begangen. Gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1973 wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid vom 13. Februar 1990 sei der Beschwerdeführerin als Gesellschafterin der P OHG aufgetragen worden, alle Fahrzeugbehältnisse, die wassergefährdende Stoffe enthalten, vor Ablagerung des Fahrzeuges zu entleeren. Die bei der Entleerung anfallenden Stoffe seien entsprechend gesetzlichen Bestimmungen, z.B. Altölgesetz, Sonderabfallgesetz, zu entsorgen. Alle Behältnisse, die wassergefährdende Stoffe enthielten, dürften nur auf ausreichend großen Manipulationsflächen mit ölfestem und flüssigkeitsdichtem Belag entleert werden. Nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 sei der Beschwerdeführerin aufgetragen worden, alle fahrbereiten und nicht mehr fahrbereiten Kraftfahrzeuge sowie alle gebrauchten Ersatzteile, insbesondere Motoren, Getriebe und Hinterachsen, und alle anderen neuen Ersatzteile und das Zubehör zu beseitigen. Weiters habe sie auf dem Gebäude sämtliche Hinweise auf die Ausübung des Handelsgewerbes mit Kraftfahrzeugen und die Ausübung des Kraftfahrzeugmechanikergewerbes zu entfernen. Der Betrieb sei geschlossen zu halten. Dieser Bescheid sei zur Verhinderung einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung, insbesondere des Kraftfahrzeugmechanikergewerbes und des Handelsgewerbes mit Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugbestandteilen, erlassen worden. Er stelle daher sinngemäß keine Aufforderung dar, die gebrauchten Kraftfahrzeugteile mit Gewinn zu verkaufen. Aus der Versicherungsbestätigung der Gebietskrankenkasse gehe hervor, daß S seit 1. Februar 1989 bei der P OHG als Arbeitnehmer gemeldet sei. Bei ihrer Einvernahme am 2. Mai 1990 habe die Beschwerdeführerin angegeben, daß dieser Arbeitnehmer (ihr Schwiegersohn) nach wie vor als Arbeitnehmer gemeldet sei. Sie habe die Abmeldung vorbereitet und werde sie bei der Gebietskrankenkasse abgeben. Sie lebe derzeit vom Verkauf der gebrauchten Ersatzteile etc. Die Hälfte der Betriebsanlage, die nunmehr einem anderen Unternehmer gehöre, sei geräumt worden. Entgegen den Bestimmungen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 5. Februar 1990 und der nachfolgenden schriftlichen Ausfertigung habe sie die Autowracks und die Sonderabfälle noch nicht beseitigt und auch das Erdreich noch nicht ausgebaggert.
Aus einem Aktenvermerk eines Erhebungsbeamten der Erstbehörde gehe hervor, daß anläßlich einer Kontrolle am 8. März 1990 festgestellt worden sei, daß dem Besitzer eines bestimmten Personenkraftwagens gebrauchte Kraftfahrzeugteile zum Verkauf angeboten bzw. daß an den Besitzer eines anderen Personenkraftwagens gebrauchte KFZ-Teile verkauft worden seien. Das an die Firma P ausgegebene Probekennzeichen sei trotz Aufforderung durch die Beschwerdeführerin nicht zurückgegeben worden. Einem Aktenvermerk des Gewerbereferenten sei zu entnehmen, daß am 5. September 1990 auf dem Betriebsgelände mehrere gebrauchte Kraftfahrzeuge - sie seien als Wracks anzusprechen, aber bis auf wenige Ausnahmen zum Ausschlachten tauglich - gestanden seien. Bezüglich dieser Fahrzeugwracks seien die Eigentümer befragt worden. Aus diesen Einvernahmen habe sich ergeben, daß die Fahrzeugwracks zum größten Teil der Beschwerdeführerin zum Verschrotten gegeben bzw. geschenkt worden seien. Teilweise seien auch Fahrzeuge ohne Kontaktnahme mit der Beschwerdeführerin auf dem Gelände der ehemaligen P OHG in der Hoffnung abgestellt worden, sich die Verschrottungskosten zu ersparen. Hinsichtlich eines Fahrzeuges der Marke Opel Rekord sei erhoben worden, daß ein bereits ausgeschlachtetes Wrack auf dem Gelände der P OHG abgestellt worden sei. Die Fahrzeugbesitzer hätten für die Verschrottung nichts bezahlt. Auf Grund der Verantwortung der Beschwerdeführerin, sie lebe vom Verkauf der gebrauchten Kraftfahrzeugteile, der Anstellung eines Arbeitnehmers und dem Aktenvermerk vom 8. März 1990 könne davon ausgegangen werden, daß die Beschwerdeführerin in der Absicht, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen und vom Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugteilen zu leben, gebrauchte KFZ-Teile weiterverkauft und dadurch unberechtigterweise das Handelsgewerbe mit gebrauchten Kraftfahrzeugteilen ausgeübt habe. Da der Berufungswerberin der Handel mit Gebrauchtwagen nicht habe nachgewiesen werden können, sei dieser Vorwurf aus dem Spruch zu entfernen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden. Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, ihr sei vorgeworfen worden, in zahlreichen Fällen Fahrzeuge und Fahrzeugteile gekauft und verkauft und daher im Sinne der Gewerbeordnung 1973 einen Handel betrieben zu haben, ohne hiezu berechtigt zu sein. Letztendlich habe sich jedoch herausgestellt, daß für die Zeit vom 26. Jänner bis 2. Mai 1990 lediglich zwei konkrete Fälle übriggeblieben seien, und daß der Beschwerdeführerin für diese Monate nurmehr habe vorgeworfen werden können, einen gebrauchten Radbremszylinder und einen gebrauchten Simmerring angeboten und darüber hinaus eine gebrauchte Sonnenblende und eine gebrauchte Ventildeckeldichtung weitergegeben zu haben. Für diese konkreten Fälle dürfe jedoch darauf hingewiesen werden, daß die Beschwerdeführerin die gebrauchte Sonnenblende einem Interessenten geschenkt habe, der ihr dann jedoch S 50,-- "in die Hand gedrückt hat". Ein Radbremszylinder koste neu S 120„-- und ein Simmerring neu S 25,--. Hinsichtlich der damit zusammenhängenden Feststellung der belangten Behörde liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, da die Beschwerdeführerin zu diesen nunmehr übriggebliebenen Vorwürfen nicht konkret einvernommen worden und es der Beschwerdeführerin daher nicht möglich gewesen sei, entsprechend Aufklärung zu geben. Andererseits wäre es auch eine Verpflichtung der belangten Behörde gewesen, von sich aus genaue Erhebungen über die Werte der Gegenstände durchzuführen und auch darüber, wie es zum Besitzerwechsel dieser Gegenstände gekommen sei. Jedenfalls stelle es eine Rechtswidrigkeit dar, wenn die belangte Behörde aus den beiden angeführten Fällen ableite, daß die Beschwerdeführerin einen Handel mit gebrauchten Fahrzeugbestandteilen geführt habe. Die Weitergabe der angeführten Fahrnisse könne keinen Handel im Sinne der Gewerbeordnung 1973 darstellen; insbesondere könne hier nicht angenommen werden, daß eine Gewinnabsicht gegeben sei, da eben die Werte hiezu nicht ausreichend seien. Wenn jemand in mehreren Monaten derartig geringwertige Bestandteile weitergebe, sei dies in keinem Fall ein Handel im Sinne der Gewerbeordnung 1973 und insbesondere könnte dies nicht als schwerwiegend betrachtet werden. Wenn der Beschwerdeführerin noch angelastet werde, daß sie für diese Zeit S angestellt gehabt habe, sei dies unrichtig, da die Beschwerdeführerin S bereits vorher wieder abgemeldet habe. Die Abmeldung habe lediglich bei der Tiroler Gebietskrankenkasse vorerst nicht aufgefunden werden können und es sei daher zu einer formellen Abmeldung erst zu einem späteren Zeitpunkt gekommen. Auch diesen Umstand hätte die belangte Behörde genau überprüfen müssen. Das Verfahren sei daher auch diesbezüglich mangelhaft und rechtswidrig. Andererseits habe die Beschwerdeführerin S nicht angestellt, damit dieser für sie der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeiten ausführe, sondern es sei dies lediglich ein "Formalverhältnis" gewesen. S habe keinerlei Handelstätigkeiten für die Beschwerdeführerin durchgeführt. Die Frage der Abmeldung bzw. der Versicherungszeit müsse für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtssache daher überhaupt außer Betracht bleiben.
Außerdem hätte vom Schonungsprinzip Gebrauch gemacht werden müssen. Es würde sich ja um ein bedeutungsloses Vorgehen der Beschwerdeführerin handeln, wenn man tatsächlich der Ansicht sein wolle, daß durch das gegenständliche Handeln ein Verstoß gegen die Gewerbeordnung 1973 gegeben sei.
Nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Gemäß § 103 Abs. 1 lit.b Z. 25 GewO 1973 zählen die Handelsgewerbe - mit den im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - zu den gebundenen Gewerben (§ 6 Z. 2) und somit zu den Anmeldungsgewerben (§ 5 Z. 1).
Unter dem Begriff des Handels im Sinne der Gewerbeordnung 1973 ist die auf den Warenaustausch zwischen den einzelnen Wirtschaftsmitgliedern gerichtete, gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit zu verstehen, wobei bereits dem Erwerb der Ware der Zweck, diese an andere Wirtschaftsmitglieder weiterzugeben, zugrunde liegen muß (vgl. den in Slg. N.F. Nr. 11.400/A abgedruckten Rechtssatz aus dem hg. Erkenntnis vom 10. April 1984, Zl. 83/04/0308).
Gemäß § 44a lit.a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Die zur Last gelegte Tat muß bezogen auf die Tatbestandselemente der herangezogenen Strafbestimmung so eindeutig umschrieben werden, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist. Die belangte Behörde stützte ihren Abspruch im Spruchteil nach § 44a lit.b VStG 1950 auf die Strafbestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973. Entgegen dem dort vorgesehenen Tatbestandselement "ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben" fehlt im Spruchteil nach § 44a lit.a VStG 1950 eine entsprechende Charakterisierung des der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Tatverhaltens.
In dem von der belangten Behörde getroffenen Schuldspruch wurde aber auch dieses Tatverhalten nicht entsprechend der Rechtslage, die sich aus § 366 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 103 Abs. 1 lit.b Z. 25 GewO 1973 ergibt, zur Darstellung gebracht. In der Umschreibung, wie die Beschwerdeführerin "gebrauchte Kraftfahrzeugteile gehandelt" habe, nahm die belangte Behörde lediglich auf ein Anbieten und einen Verkauf Bezug, ohne diese Feststellung mit einer auf die Merkmale des Begriffes "Handel" abgestellten Aussage darüber zu verknüpfen, ob die Beschwerdeführerin die angebotene bzw. verkaufte Ware zu dem Zweck erworben habe, diese an andere Wirtschaftsmitglieder weiterzugeben. Da die Tätigkeiten des Anbietens und Verkaufens nicht an sich schon eine Handelstätigkeit im Sinne des Begriffes des Handelns darstellen, war die belangte Behörde nicht berechtigt, unter Hinweis allein schon auf diese Tätigkeiten im Spruch die Feststellung zu treffen, die Beschwerdeführerin habe "gebrauchte Kraftfahrzeugteile gehandelt".
Auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß die belangte Behörde die im gegebenen Zusammenhang maßgebende Rechtslage verkannte. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde, wie bereits vorstehend dargestellt, nach einem Hinweis auf die Fahrzeuge, die bereits seit der Zeit der Gewerbeausübung durch die P OHG auf deren Betriebsgelände gestanden waren, ausgeführt, "daß die Fahrzeugwracks zum größten Teil der Berufungswerberin zum Verschrotten gegeben bzw. geschenkt" worden seien, daß Fahrzeuge teilweise auch "ohne Kontaktnahme mit der Berufungswerberin auf dem Gelände der ehemaligen P OHG abgestellt" worden seien, "in der Hoffnung, sich die Verschrottungskosten zu ersparen", und "daß ein bereits ausgeschlachtetes Wrack auf dem Gelände der P OHG abgestellt" worden sei. Weiters wurde ausgeführt, die Fahrzeugbesitzer hätten für die Verschrottung nichts bezahlt, hingegen habe sich die Beschwerdeführerin dahin verantwortet, daß sie vom Verkauf der gebrauchten Kraftfahrzeugteile lebe. Diese Feststellungen lassen keine auf den rechtlichen Gesichtspunkt eines dem Zweck der Weitergabe an andere Wirtschaftsmitglieder dienenden Warenerwerbs abgestellte klare und übersichtliche Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, worauf im Sinne des § 60 AVG 1950 die Beurteilung der Rechtsfrage zu stützen gewesen wäre, erkennen.
Da die belangte Behörde aus den dargelegten Erwägungen die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Höhe der Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes und ferner nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
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