Normen
VStG §51 Abs5 idF 1984/299;
VStG §51 Abs5 idF 1984/299;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 13. Juni 1988 wurde der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer der "G-Ges.m.b.H. & Co KG" schuldig erkannt, daß durch die genannte Unternehmung in der Zeit vom 1. Jänner 1987 bis 3. November 1987 in I eine gewerbliche Betriebsanlage, nämlich der Gastbetrieb "XY", welche im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 geeignet gewesen sei bzw. sei, die Nachbarn durch Lärm, welcher durch die Lüftungsanlage des Gastbetriebes hervorgerufen worden sei bzw. werde, zu belästigen, ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 betrieben und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 begangen zu haben. Hiefür wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzarreststrafe 30 Tage) verhängt.
Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 27. April 1989 keine Folge.
Über eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0115, dahingehend erkannt, daß der angefochtene Bescheid, soweit er über Strafart und Strafausmaß sowie die Kosten des Strafverfahrens abspreche, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und im übrigen die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde. In Ansehung der Bemängelung der verwaltungsbehördlichen Strafbemessung ist in den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses unter Bezugnahme auf § 60 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) und § 19 VStG 1950 ausgeführt worden, daß die belangte Behörde den sich im Zusammenhang mit der Strafbemessung ergebenden Begründungserfordernissen nicht entsprechend nachgekommen sei. Dieses Erkenntnis wurde der belangte Behörde nach der Aktenlage am 27. April 1990 zugestellt.
Mit dem daraufhin ergangenen Ersatzbescheid vom 24. Oktober 1990 - dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt am 29. Oktober 1990 - wies der Landeshauptmann von Tirol gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab, änderte jedoch den Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses dahin ab, daß die Rechtsgrundlage der erfolgten Bestrafung zu lauten habe:
"Gemäß § 366 Einleitungssatz in Verbindung mit § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973". Zur Begründung wurde - nach Darstellung des bisherigen Verfahrenslaufes und der Begründungsdarlegungen der bisher ergangenen verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisse - unter Hinweis auf das vorangeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0115, ausgeführt, daß auf Grund dieses Erkenntnisses hinsichtlich der Strafbemessung ergänzende Erhebungen durchgeführt worden seien. Über den Stadtmagistrat Innsbruck sei der doch erhebliche Grundbesitz des Beschwerdeführers erhoben und sodann von ihm selbst der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1988 vorgelegt worden. Aus diesem gehe hervor, daß er über ein Nettoeinkommen von rund S 500.000,-- in diesem Jahr verfüge. Weiters sei der Beschwerdeführer für seine Ehefrau und seine beiden studierenden Söhne sorgepflichtig. Der Unrechtsgehalt der Tat sei infolge des berechtigten Interesses der Nachbarn auf Schutz vor Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 sowie im Hinblick auf den langen Zeitraum der Verwaltungsübertretung als erheblich zu beurteilen. Bei der Strafbemessung seien die bisherigen drei einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers als erschwerend beurteilt worden. Mildernd sei dem nichts gegenüber gestanden. Unter Berücksichtigung der vorsätzlichen Begehung, des Grades des Unrechtsgehaltes der Tat sowie unter Berücksichtigung der vorliegenden Einkommens- und Familienverhältnisse sei die Berufungsbehörde der Ansicht, daß die von der Erstbehörde verhängte Höchststrafe von S 30.000,-- (Ersatzarrest in der Dauer von 30 Tagen) zumutbar und angemessen sei. Diese Strafe betrage nicht einmal ein Monatseinkommen. Die Änderung der Rechtsgrundlage im Spruch des erstbehördlichen Bescheides sei auf Grund einer präziseren Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmung im Sinne des § 44a lit. c VStG 1950 erfolgt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung mit Beschluß vom 26. Februar 1991, B 1358/90-3, gemäß § 19 Abs. 3 Z. 1 VerfGG abgelehnt wurde. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Beschwerde rüge die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung in Rechten durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer allenfalls grob unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes, insbesondere des § 51 Abs. 5 VStG 1950. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen, zumal die Auslegung des Gesetzes nicht unsachlich sei, derzufolge nach Aufhebung eines Berufungsbescheides durch einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes die Einjahresfrist des § 51 Abs. 5 VStG 1950 für die Erlassung des Berufungs-(Ersatz-)bescheides neuerlich beginne. Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Mai 1991, B 1358/90-5, wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG i.V.m. § 87 Abs. 3 VerfGG 1953 i.d.F. BGBl. Nr. 297/1984 dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß abgetreten.
Seinem Vorbringen in dem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG aufgetragenen Ergänzungsschriftsatz zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer "in seinem Recht verletzt, wegen einer Tat, die wegen Ablaufes der einjährigen Frist des § 51 Abs. 5 VStG zur Erlassung des Berufungsbescheides nicht mehr geahndet werden darf, auch nicht bestraft zu werden". Hiezu wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 17. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.621/A, ausgesprochen, daß der Berufungsbehörde zur Erlassung des Ersatzbescheides neuerlich eine Frist von einem Jahr eingeräumt sei. Der Beschwerdeführer verkenne nicht, daß der Verwaltungsgerichtshof gute Gründe für diese Auslegung angeführt habe. Er sei aber der Meinung, daß der Verwaltungsgerichtshof mit diesem Erkenntnis doch noch nicht das letzte Wort gesprochen habe, sondern - in Würdigung seiner Ausführungen - von diesem Erkenntnis wieder abgehen werde. Auszugehen sei davon, daß im § 31 Abs. 3 VStG die Regelung getroffen sei, daß die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof in die dreijährige Frist für die Verfolgungsverjährung nicht einzurechnen sei. § 51 Abs. 5 VStG enthalte eine gleichartige Regelung nicht. Der Gesetzgeber sei nämlich davon ausgegangen, daß der Ersatzbescheid nach einer Aufhebung einer Berufungsentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof ohne zeitliche Befristung erlassen werden könne. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem vorangeführten Erkenntnis überzeugend begründet habe, sei diese Ansicht aber verfehlt; es liege daher eine echte Gesetzeslücke vor. Gewiß sei es denkbar, diese Lücke durch die im vorangeführten Erkenntnis vertretene Auffassung zu schließen, wonach der Berufungsbehörde für den Ersatzbescheid wieder ein volles Jahr zur Verfügung stehe. Er halte aber dafür, daß diese Auslegung unrichtig - nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes im Beschluß vom 26. Februar 1991, B 1358/90-3, möglicherweise grob unrichtig - sei. Warum solle bei der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 31 Abs. 3 VStG nur eine Hemmung des Ablaufes der Verjährungsfrist bewirkt, gemäß § 51 Abs. 5 VStG hingegen eine neue Frist in voller Länge für die Erlassung des Ersatzbescheides in Gang gesetzt werden. Das wäre wohl mehr als gleichheitswidrig. Eine solche Auslegung würde die Berufungsbehörde nicht zur gewünschten und auch notwendigen raschen Erledigung zwingen. Die von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Auslegung des § 51 Abs. 5 VStG im Sinne des vorangeführten Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisses sei daher rechtswidrig.
Im Beschwerdefall ist im Hinblick auf Art. II der VStG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 358, der § 51 Abs. 5 VStG 1950 in seiner Fassung vor dieser Novelle anzuwenden, wonach, wenn eine Berufungsentscheidung nicht innerhalb eines Jahres ab Einbringung der Berufung erlassen wird, der angefochtene Bescheid als aufgehoben gilt und das Verfahren einzustellen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem - auch in der Beschwerde zitierten - Erkenntnis vom 17. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.621/A, zur Bestimmung des § 51 Abs. 5 VStG 1950 dargelegt hat, ist der Berufungsbehörde zur Erlassung des Ersatzbescheides - unbeschadet der Vorschrift des § 31 Abs. 3 VStG 1950 - nach dieser Gesetzesstelle neuerlich eine Frist, und zwar von einem Jahr ab Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes an sie, eingeräumt. Die Zeit des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof ist in die Frist des § 51 Abs. 5 VStG 1950 nicht einzurechnen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch im Beschwerdefall unter Hinweis auf die in diesem und folgenden verwaltungsgerichtlichen Erkenntnissen dargestellten Entscheidungsgründe nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu der im Hinblick auf die Bestimmung des § 31 Abs. 3 VStG 1950 in der Beschwerde dargelegten Argumentation darauf hinzuweisen, daß der Regelungsinhalt des § 31 Abs. 3 VStG 1950 unabhängig von dem des § 51 Abs. 5 leg. cit. besteht, und daß ferner auch im Hinblick darauf sowie auf die vordargestellte Begründung des in der vorliegenden Beschwerdesache ergangenen Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 1991, B 1358/90-3, für den Verwaltungsgerichtshof kein Anhaltspunkt für eine allenfalls ins Auge zu fassende Verfassungswidrigkeit der hier anzuwendenden Regelung des § 51 Abs. 5 VStG 1950 gegeben ist.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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