VwGH 91/02/0020

VwGH91/02/002015.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 22. Jänner 1991, Zl. MA 70-9/772/90/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §24 Abs1 lita;
VStG §6;
StVO 1960 §24 Abs1 lita;
VStG §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 22. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er am 4. Februar 1988 von 0.00 - 0.10 Uhr in Wien I, mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gehalten habe, obwohl an dieser Stelle ein durch Verbotstafeln gekennzeichnetes Halteverbot besteht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Hinblick auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen ist zunächst folgendes festzuhalten: Mit Straferkenntnissen der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom 9. Mai 1988 und vom 28. Juli 1988 wurde der Beschwerdeführer jeweils einer Übertretung nach § 24 Abs. 3 lit. d StVO 1960 für schuldig befunden, weil er zu der bereits angeführten Tatzeit am schon genannten Tatort mit dem betreffenden Pkw auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr "geparkt" bzw. "gehalten" habe, obwohl nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den Fließverkehr freigeblieben seien. Beide Straferkenntnisse wurden unter einem mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 21. Dezember 1988 behoben und es wurde hiebei "das Verfahren" gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG 1950 eingestellt. Von der Erlassung eines weiteren Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom 9. Jänner 1989, welches den gleichen Tatvorwurf nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 enthielt wie jenes vom 20. September 1990 (das als erstinstanzliches Straferkenntnis dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegt), kann mangels Unterfertigung durch ein Behördenorgan nicht ausgegangen werden, welchem Umstand die belangte Behörde mit Berufungsbescheid vom 21. März 1989 durch Zurückweisung der dagegen erhobenen Berufung als unzulässig Rechnung getragen hat.

Daraus ergibt sich aber entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, daß der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine bereits vorliegende, "ein und denselben Sachverhalt" betreffende Entscheidung nicht entgegenstand, ist doch eine solche, die zugunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen gewesen wäre, in Ansehung einer Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 vorher nicht ergangen und der sich darauf beziehende Tatvorwurf - ungeachtet dessen, daß es sich um denselben Vorfall handelte - mit jenem nach § 24 Abs. 3 lit. d StVO 1960 nicht ident. Die mit Bescheid vom 21. Dezember 1988 ausgesprochene Einstellung des Verfahrens hatte - entsprechend der der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Rahmen der "Sache" zustehenden Befugnis - lediglich die Verfolgung des Beschwerdeführers wegen einer Übertretung nach § 24 Abs. 3 lit. d StVO 1960 zum Gegenstand.

Im übrigen hat der Beschwerdeführer nie bestritten, objektiv den Tatbestand nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 verwirklicht zu haben. Er hat sich allerdings schon im Verwaltungsstrafverfahren auf eine Notstandssituation berufen, weil einer seiner Hunde weggelaufen sei, wodurch er sich genötigt gesehen habe, seinen Pkw am Tatort kurzfristig abzustellen, um den Hund vor der ihm drohenden Gefahr durch andere Verkehrsteilnehmer zu schützen, und er den Hund nur dadurch, daß er ihm nachgelaufen sei, wieder in seine Gewahrsame habe bringen können. Dabei hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, daß dieser Hund (ein Rauhaardackel) "einen nicht unbedeutenden Marktwert" habe und sein Verlust für den Beschwerdeführer "einen bedeutenden Vermögensnachteil zur Folge gehabt" hätte.

Geht man von diesem Tatsachenvorbringen aus, so kann das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes im Sinne des § 6 VStG 1950 nicht angenommen werden. Die belangte Behörde hat zutreffend auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. außer den von ihr angeführten Erkenntnissen aus früherer Zeit u.a. jene vom 11. April 1986, Zlen. 86/18/0051, 0052, und vom 26. Mai 1987, Zl. 86/17/0016) hingewiesen, wonach unter Notstand im Sinne des § 6 VStG 1950 nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden kann, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht, jedoch davon im Falle einer wirtschaftlichen Schädigung solange nicht die Rede sein kann, als diese nicht die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedroht. Schon alleine dieser Grund, der in der Beschwerde völlig übergangen wird, reicht für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus, weshalb auf die weitere, vom Beschwerdeführer gerügte Begründung der belangten Behörde, er habe die von ihm behauptete Zwangslage zufolge mangelnder Verwahrung des Tieres selbst verschuldet, nicht mehr eingegangen zu werden braucht. Es sind daher auch die von ihm erkennbar nur in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängel nicht als wesentlich anzusehen. Der Beschwerdeführer wurde dadurch, daß die belangte Behörde ihrer Entscheidung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers zugrunde gelegt und diese einer rechtlichen Beurteilung unterzogen hat, die - wie oben wiedergegeben - dem Gesetz entspricht, nicht in seinen Rechten verletzt.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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