Normen
AbgRallg;
AHG 1949 §1;
AHG 1949 §3;
AHG 1949;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
BAO §76 Abs1 litc;
GEG §6;
GEG §7;
GEG §9 Abs1;
GEG §9 Abs2;
GEG;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwRallg;
AbgRallg;
AHG 1949 §1;
AHG 1949 §3;
AHG 1949;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
BAO §76 Abs1 litc;
GEG §6;
GEG §7;
GEG §9 Abs1;
GEG §9 Abs2;
GEG;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Abs. 1 des Spruches des oben näher bezeichneten Bescheides
des Präsidenten des Oberlandesgerichtes ... (in der Folge:
belangte Behörde) wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin, die
ein bestimmtes Verfahren des Bezirksgerichtes ... (in der
Folge: BG) betreffenden Gerichtsgebühren (einschließlich S 50,-- Einhebungsgebühr) in der Höhe von S 46.729,-- gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 nachzulassen, nicht stattgegeben.
Hingegen wurden mit Abs. 2 des angeführten Spruches - entsprechend dem Eventualbegehren - diese Gerichtsgebühren (einschließlich der Einhebungsgebühr) nach § 9 Abs. 1 GEG 1962 unter gleichzeitiger grundbücherlicher Sicherstellung bis 31. Dezember 1992 gestundet.
Als Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes an:
Mit Schriftsatz vom 26. April 1990 habe die Beschwerdeführerin um Nachlaß der Gerichtsgebühren, in eventu um Stundung bis zum Jahre 1995 ersucht, weil die Gebührenpflicht mangels rechtzeitiger Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für das erwähnte Verfahren beim BG entstanden sei. Diese Bewilligung sei nämlich auf Grund von Schätzungen des zukünftigen Einkommens des Ehegatten der Beschwerdeführerin verweigert worden. Sie habe für drei Kinder zu sorgen und erwarte in den nächsten Tagen das vierte. Die Voraussetzungen für einen Nachlaß lägen vor, da sie nicht über das Einkommen verfüge, um den Betrag zu bezahlen. Der Nachlaß liege auch im öffentlichen Interesse, da sie im Hinblick auf die angeführte, nicht rechtzeitige Entscheidung eine Amtshaftungsklage gegen den Bund einbringen müsse.
Dazu bemerkte die belangte Behörde unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 2 GEG 1962, im vorliegenden Fall lägen weder die Voraussetzungen für einen Nachlaß aus dem Grunde der besonderen Härte noch aus dem des öffentlichen Interesses vor.
Aus dem betreffenden Akt des BG (Vermögensbekenntnis vom 24. August 1989) gehe hervor, daß die Beschwerdeführerin am 2. Juni 1963 geboren sei und als Ordinationsgehilfin in der Arztpraxis ihres Ehegatten bis vor der Geburt ihres vierten Kindes beschäftigt gewesen sei. Sie sei zur Hälfte Eigentümerin einer bestimmten Liegenschaft. In der betreffenden Grundbuchseinlage sei die Einleitung des Versteigerungsverfahrens angemerkt. Überdies sei die Beschwerdeführerin Eigentümerin eines Pkws, Marke Ford Fiesta, Baujahr 1981. Zum Zeitpunkt der Abgabe des Vermögensbekenntnisses habe das ihren Bausparvertrag betreffende Konto einen Stand von S 30.000,-- aufgewiesen. Sie sei (gemeinsam mit ihrem Ehegatten) für vier minderjährige Kinder sorgepflichtig.
Im Hinblick auf DIESE wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin sei die sofortige Einziehung der hier in Rede stehenden Gerichtsgebühren (einschließlich Einhebungsgebühr) mit einer besonderen HÄRTE verbunden, weshalb dem Eventualantrag der Beschwerdeführerin habe stattgegeben werden können. Der Zahlungsaufschub sei allerdings auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen mit 31. Dezember 1992 zu befristen gewesen.
Weiters führte die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1977, Zl. 127/77, aus, im vorliegenden Fall könne derzeit noch nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, daß sich die wirtschaftliche Verhältnisse der Beschwerdeführerin in Zukunft keinesfalls mehr bessern könnten, weshalb dem Nachlaßantrag nicht habe stattgegeben werden können.
Abschließend bemerkte die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1981, Zl. 15/1346/80, zu der im Schriftsatz enthaltenen Drohung, die Beschwerdeführerin werde im Falle der Nichtstattgebung ihrer Anträge eine Amtshaftungsklage gegen den Bund einbringen, daß dieses Vorbringen nicht geeignet sei, einen Nachlaß aus dem Grunde des öffentlichen Interesses zu rechtfertigen. Daher sei auch nicht näher auf das die nicht rechtzeitige Entscheidung durch den zuständigen Richter des BG betreffende Vorbringen einzugehen.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich ausdrücklich und nach ihrem gesamten Inhalt nur gegen die Entscheidung der belangten Behörde gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962, und zwar mit dem Antrag, den "hier angefochtenen" Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die betreffenden Verwaltungsakten und die von ihr erstattete Gegenschrift vor. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz GEG 1962 kann die vorgeschriebene Zahlungsfrist auf Antrag verlängert oder die Entrichtung in Teilbeträgen gestattet werden (Stundung), wenn die Einbringung mit einer besonderen Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre und entweder durch die Stundung nicht gefährdet oder Sicherheit geleistet wird.
Nach § 9 Abs. 2 erster Satz GEG 1962 können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Die Beschwerdeführerin scheint zunächst folgendes zu übersehen:
So wie für das in den §§ 6 und 7 GEG 1962 nur bruchstückweise geregelte Verfahren WEDER DAS AVG 1950 noch die BAO ANZUWENDEN, sondern mangels gesetzlicher Regelungen die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens heranzuziehen sind, sind auch in dem nicht näher geregelten Verfahren über Nachsichtsanträge die allgemeinen Grundsätze eines geordneten Verfahrens zu beachten (siehe z.B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1988, Zl. 87/16/0140, ÖStZB 23/1988, S. 534, mit weiterem Hinweis).
Bei der Bestimmung des § 9 Abs. 2 GEG 1962 handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, jedoch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen der beiden im Gesetz enthaltenen Alternativvoraussetzungen ("besonderer Härte" oder "im öffentlichen Interesse") abhängig (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 1989, Zl. 88/16/0118, ÖStZB 23/24/1989, S. 472, mit weiterem Hinweis).
Nun hat der Verwaltungsgerichtshof nicht nur in seinem - z.B. in der ÖStZB 4/1978, S. 52, veröffentlichten - Erkenntnis vom 28. Juni 1977, Zl. 127/77, sondern z.B. auch in seinen Erkenntnissen vom 14. Jänner 1982, Zl. 81/15/0048, ÖStZB 22/1982, S. 334, und vom 19. Mai 1988, Zl. 87/16/0143, ÖStZB 23/1988, S. 530, dargetan, daß eine besondere Härte im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG 1962 nicht vorliegt, wenn sich der Zahlungspflichtige in wirtschaftlichen Schwierigkeiten VORÜBERGEHENDER Art befindet.
Ob die diesen Erkenntnissen zugrunde gelegenen Fälle mit dem Beschwerdefall vergleichbar sind oder nicht, bedarf schon deshalb keiner Erörterung, weil die Nachsicht von Gebühren nach § 9 Abs. 2 GEG 1962 den typischen Fall einer auf die Verhältnisse des Einzelfalles zugeschnittenen Entscheidung darstellt (siehe z.B. das schon oben angeführte Erkenntnis vom 19. Mai 1988, Zl. 87/16/0140, und zwar auch im nunmehrigen Zusammenhang mit weiterem Hinweis) und der Begriff der "besonderen Härte" dehnbar ist. Eine engere Auslegung ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil auch eine weitere möglich wäre (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 1989, Zl. 88/16/0225, ÖStZB 23/24/1989, S. 471, mit weiterem Hinweis).
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, es lägen hier nur wirtschaftliche Schwierigkeiten vorübergehender Art vor, noch keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, zumal die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zumindest im Ergebnis enthaltene - keinesfalls denkgesetzwidrige - Prognose, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin würden sich in Zukunft bessern, mit der Lebenserfahrung im Einklang steht, daß der Aufbau einer Arztpraxis in Österreich einen verhältnismäßig nicht zu langen Zeitraum beansprucht und nach Zurücklegung der entsprechenden "Durststrecke" auch eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitglieder der betreffenden Arztfamilie zu erwarten ist. Eine solche Erwartung ist nicht dem von der Beschwerdeführerin erwähnten Beispiel eines vielleicht möglichen Lottogewinnes gleichzusetzen.
Wenn die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem - von ihr als solchem vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpften - Stundungstermin Aktenwidrigkeit behauptet, weil die belangte Behörde trotz dieses Termines, zu dem ihr jüngstes Kind erst zwei Jahre alt sei, annehme, daß ab diesem Zeitpunkt ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gebessert seien, dann übersieht sie, daß ein Verstoß gegen die Wahrheitsfindung infolge Aktenwidrigkeit nur vorliegt, wenn sich die Behörde bei der Sammlung der Unterlagen für ihre Entscheidung mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch setzte, nicht aber, wenn sie aus dem Inhalt der Akten vermeintlich unrichtige Schlüsse zog (siehe z.B. die von Dolp-Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 593 Mitte, zitierte Rechtsprechung). Im übrigen ist in diesem Zusammenhang folgendes zu bemerken:
Ganz abgesehen davon, daß in Österreich viele Mütter berufstätig sein und deshalb ihre Kinder schon im Alter von einem Jahr in sogenannten "Krabbelstuben" tagsüber unterbringen müssen, werden im Falle der Beschwerdeführerin zu dem hier in Rede stehenden Stundungstermin jedenfalls ihre anderen drei Kinder schon im Schul- bzw. Kindergartenalter stehen, wodurch die Beschwerdeführerin in der Lage sein könnte, ihre Einkünfte zumindest zu steigern.
An der Einhebung von Abgaben besteht an sich ein öffentliches Interesse, weil ohne sie dem Staat die Mittel zur Erfüllung seiner Aufgaben fehlen würden; dies gilt insbesondere auch für die Einhebung von Gerichtsgebühren. Das im § 9 Abs. 2 GEG 1962 erwähnte öffentliche Interesse muß - um einen Nachlaß zu rechtfertigen - IM EINZELFALL so gewichtig sein, daß es jenes allgemein bestehende öffentliche Interesse an der Einhebung der Gebühren überwiegt (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 19. Mai 1988, Zl. 87/16/0143).
Ganz abgesehen davon, daß im Nachsichtsverfahren kein Raum dafür besteht, die Behauptung der Beschwerdeführerin, ihre Gebührenpflicht wäre durch das Verschulden bestimmter anderer Personen herbeigeführt worden, zu überprüfen, vermag selbst ein allfälliger Amtshaftungsanspruch der Beschwerdeführerin ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil das öffentliche Interesse nicht am Nachlaß bestünde, sondern daran, daß die Beschwerdeführerin bei Gewährung des Nachlasses auf die Führung eines Amtshaftungsverfahrens verzichten würde. Es kann aber nicht Zweck der Vorschrift des § 9 Abs. 2 GEG 1962 sein, einen solchen "Leistungsaustausch" herbeizuführen (siehe z.B. das von der belangten Behörde zutreffend zitierte - z.B. in der ÖStZB 13/1982, S. 202, veröffentlichte - Erkenntnis vom 12. November 1981, und das bereits oben angeführte Erkenntnis vom 15. März 1989, Zl. 88/16/0118). Daher bedarf auch die Behauptung der Beschwerdeführerin in ihrem Nachlaßantrag, sie hätte ohne Bewilligung der Verfahrenshilfe niemals die Klage eingebracht, jedenfalls hier keiner Erörterung.
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung, vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Zusammenhang damit, daß dort die Ankündigung der Beschwerdeführerin, eine Amtshaftungsklage gegen den Bund einzubringen, als "Drohung" bezeichnet wird, keine Befangenheit der belangten Behörde zu erblicken, weil jede Amtshaftungsklage sowohl für den betreffenden Rechtsträger als auch für das von diesem allenfalls für einen Rückersatzanspruch haftbar erachtete Organ ein (mehr oder minder großes) Übel bedeutet.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird abschließend bemerkt, daß das GEG 1962 die Möglichkeit eines Widerrufes eines Nachlasses gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 nicht vorsieht (siehe z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1986, Zl. 86/16/0064). Im Hinblick darauf und wegen der vorstehend angeführten Argumente handelte die belangte Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie - vorläufig - die hier in Rede stehenden Gerichtsgebühren (samt Einhebungsgebühr) zumindest noch nicht nachsah. Es bleibt der Beschwerdeführerin unbenommen, im Falle des Vorliegens wesentlicher neuer, gegen die angeführte Prognose der belangten Behörde sprechender Tatsachen rechtzeitig vor Ablauf des erwähnten Stundungstermines entsprechende Anträge zu stellen.
Die unbegründete Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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