VwGH 90/14/0238

VwGH90/14/02385.3.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Reichel sowie die Hofräte Dr Hnatek und Dr Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr Cerne, über die Beschwerde der RAIFFEISENBANK X regGenmbH gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) des Vorsitzenden des Berufungssenates IX bei der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 23. Juli 1990, Zl 186/1-6/90, betreffend Beschlagnahme von Unterlagen, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §96;
FinStrG §114 Abs1;
FinStrG §56 Abs2;
FinStrG §57 Abs1;
FinStrG §65 Abs1;
FinStrG §89 Abs1;
FinStrG §89 Abs2;
FinStrG §89 Abs4;
FinStrG §89 Abs5;
FinStrG §98 Abs1;
FinStrG §98 Abs4;
KWG 1979 §23 Abs1;
KWG 1979 §23 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
BAO §96;
FinStrG §114 Abs1;
FinStrG §56 Abs2;
FinStrG §57 Abs1;
FinStrG §65 Abs1;
FinStrG §89 Abs1;
FinStrG §89 Abs2;
FinStrG §89 Abs4;
FinStrG §89 Abs5;
FinStrG §98 Abs1;
FinStrG §98 Abs4;
KWG 1979 §23 Abs1;
KWG 1979 §23 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl 90/14/0112, (in der Folge: bezughabendes Erkenntnis) verwiesen. Die in dieser Entscheidung aufscheinenden Kurzbezeichnungen werden weiterhin verwendet.

Nachdem das Finanzamt Spittal an der Drau die vom Vorsitzenden des Spruchsenates beim Finanzamt Klagenfurt (in der Folge: Vorsitzende) übergebenen Tagesstrazzen ausgewertet und den Schluß gezogen hatte, daß am 12. September 1983 von einem der Nummer nach bestimmten Sparbuch (in der Folge: Sparbuch) ein Betrag von 200.000 S abgehoben worden sei, wodurch der Verdacht gegenüber dem Kunden, er habe das Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begangen, weiter erhärtet worden sei, erging am 19. Feber 1990 ein Auskunftsersuchen an die Beschwerdeführerin, in dem um Abschriften des Sparbuches für die Jahre 1983 bis 1987 gebeten wurde. Gleichzeitig wurde ersucht bekanntzugeben, ob das Sparbuch noch aufrecht sei, bejahendenfalls wie hoch der derzeitige Einlagenstand sei.

Unter Hinweis auf das Bankgeheimnis nach § 23 Abs 2 KWG und des mangelnden Zusammenhanges des Sparbuches mit dem gegen den Kunden eingeleiteten Finanzstrafverfahren verweigerte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Abschriften des bereits seit geraumer Zeit aufgelösten Sparbuches. Sie teilte mit, der Kunde habe ihr gegenüber erklärt, das Sparbuch habe sich nicht in dessen Eigentum, Besitz oder Verfügungsmacht befunden. Der Eigentümer des Sparbuches sei ihr nicht bekannt. Der vom Finanzamt gezogene Schluß, das Sparbuch sei dem Kunden zuzurechnen, entbehre somit jeder Grundlage. Mangels Entbindung vom Bankgeheimnis (§ 23 Abs 2 Z 3 KWG) sei sie nicht in der Lage, dem an sie gerichteten Ersuchen nachzukommen.

Mit Beschlagnahmeanordnung (Bescheid) vom 20. April 1990 verfügte daraufhin das Finanzamt die Abnahme der sich im Gewahrsame der Beschwerdeführerin befindlichen Abschriften des Sparbuches für die Jahre 1983 bis 1987. Zur Begründung wurde ausgeführt, die geforderten Unterlagen kämen im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren gegen den Kunden als Beweismittel in Betracht.

Die Beschwerdeführerin brachte gegenüber den einschreitenden Organwaltern des Finanzamtes die selben Einwendungen wie anläßlich des Vollzuges der Beschlagnahmeanordnung (Bescheid) vom 19. Jänner 1990 vor, worauf die Abschriften des Sparbuches unter Siegel genommen und dem Vorsitzenden übergeben wurden.

Der Vorsitzende ordnete mit Bescheid vom 30. April 1990 die Beschlagnahme der vom Finanzamt der Beschwerdeführerin abgenommenen Abschriften des Sparbuches nach § 89 Abs 5 FinStrG an, wobei er zur Begründung im wesentlichen ausführte, die Abschriften kämen in dem gegen den Kunden eingeleiteten Finanzstrafverfahren als Beweismittel, welches im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Finanzstrafverfahren stehe, in Betracht. Denn aus diesen Abschriften sei ersichtlich, daß von dem Sparbuch tatsächlich am 12. September 1983 ein Betrag von 200.000 S behoben worden sei. Unter Hinweis auf § 98 FinStrG führte der Vorsitzende weiter aus, von einem unzulässigen Erkundungsbeweis bzw einem Verwertungsverbot in Ansehung der beschlagnahmten Tagesstrazzen könne keine Rede sein. Im Finanzstrafverfahren komme als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich sei. Die Aussage des Schwiegersohnes sei als ganz konkreter Hinweis auf die Begehung eines Finanzvergehens durch den Kunden zu werten. Die Finanzstrafbehörde sei daher verpflichtet, Beweis zu erheben, ob der Kunde tatsächlich 200.000 S von einem "Schwarzen Sparbuch" abgehoben habe. Dem Finanzstrafverfahren seien bindende Beweisregeln fremd. Selbst Beweismittel, die unter Umgehung oder Verletzung einer Verfahrensvorschrift in den Besitz der Behörde gelangt seien, könnten dennoch in einem Strafverfahren Verwertung finden. Ein Beweisverwertungsverbot sei auch in den Bestimmungen über das Bankgeheimnis (§ 23 KWG) nicht enthalten. Schließlich gebe der Erfolg der gesetzten Maßnahmen der Beschlagnahmeanordnung zusätzlich Recht.

Gegen diesen Bescheid ergriff die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde, wobei sie einleitend ausführt, das Finanzamt Klagenfurt sei für eine Entscheidung über die vom Finanzamt Spittal an der Drau verfügte Beschlagnahme nicht zuständig. Sie vertritt sodann im wesentlichen die Ansicht, das Beweismittel (Abschriften des Sparbuches) sei deswegen unzulässig zustande gekommen, weil schon die Beschlagnahme der Tagesstrazzen rechtswidrig gewesen sei (vgl die Ausführungen im bezughabenden Erkenntnis). Da die Abschriften somit nicht verwertet werden dürften, sei deren Beschlagnahme von vornherein unzulässig. Überdies führe die Finanzstrafbehörde einen verpönten Erkundungsbeweis durch, weil das Sparbuch dem Kunden nicht zugerechnet werden könne. Schließlich gehe es nicht an, dem Kunden ein Sparbuch zuzurechnen, über das er nie verfügen haben können.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Vorsitzende der belangten Behörde die Beschwerde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ab, wobei er hinsichtlich der behaupteten Unzuständigkeit zunächst darauf verweist, der Vorsitzende sei als Organ des Finanzamtes Spittal an der Drau tätig geworden, auch wenn diese Funktion nicht ausdrücklich im angefochtenen Bescheid angeführt worden sei. Beim eben genannten Finanzamt sei kein Spruchsenat installiert, weswegen der beim Finanzamt Klagenfurt bestehende Spruchsenat auch als Organ sämtlicher Finanzämter des Landes Kärnten zu agieren habe. Die Zuständigkeit des Vorsitzenden zur Erlassung des Bescheides nach § 89 Abs 5 FinStrG sei daher gegeben. Überdies bestehe bei der Beschwerdeführerin Klarheit, von welcher Behörde der bekämpfte Bescheid ausgefertigt worden bzw welcher Behörde er zuzurechnen sei. Der bekämpfte Bescheid sei daher auch aus diesem Gesichtswinkel wirksam. Zur Frage der Beschlagnahme selbst führt der Vorsitzende der belangten Behörde aus, es bestehe der dringende Verdacht, der Kunde habe Abgaben verkürzt. Hiebei habe sich die Finanzstrafbehörde insbesondere auf die Aussagen des Schwiegersohnes stützen können, nach der der Kunde zwischen dem 8. und 13. September 1983 von einem "Schwarzen Sparbuch" 200.000 S abgehoben habe. Durch Einsichtnahme in die bereits am 29. Jänner 1990 beschlagnahmten Tagesstrazzen sei festgestellt worden, daß tatsächlich am 12. September 1983 vom Sparbuch 200.000 S behoben worden seien. Die nunmehrige Beschlagnahme von Abschriften des Sparbuches stelle daher keineswegs die Verwertung eines unzulässig zustande gekommenen Beweismittels dar, sondern lediglich eine logische Fortführung der zunächst eingeleiteten Maßnahme. Für das gegen den Kunden anhängige Finanzstrafverfahren bildeten die beschlagnahmten Unterlagen ein durchaus legales Beweismittel. Das allein im § 98 Abs 4 FinStrG normierte Beweisverwertungsverbot habe nur insofern Wirkung, als unzulässig gewonnene Beweismittel zur Fällung des Erkenntnisses (der Strafverfügung) nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten herangezogen werden dürften. Selbst wenn im vorliegenden Fall unzulässige Beweise verwertet worden wären, wäre dies vom Kunden in dem ihn betreffenden Finanzstrafverfahren geltend zu machen und könne daher nicht Gegenstand eines zur Sicherung von Beweismitteln dienenden Verfahrens sein. Das Sparbuch bilde daher ein legales Beweismittel für das gegen den Kunden anhängige Finanzstrafverfahren, weil bei Kreditunternehmungen diejenigen Gegenstände der Beschlagnahme unterlägen, die mit vorsätzlichen Finanzvergehen, für die das Bankgeheimnis nach § 23 Abs 2 Z 1 KWG aufgehoben sei, unmittelbar zusammenhingen. Gegenstand des Strafverfahrens gegen den Kunden sei ua die Nichterklärung des Sparbuches. Da auf das Sparbuch die Aussagen des Schwiegersohnes zuträfen, komme es als Beweismittel im Finanzstrafverfahren gegen den Kunden in Betracht, sodaß diesbezüglich das Bankgeheimnis aufgehoben sei. Der Einwand der Beschwerdeführerin, das Sparbuch könne dem Kunden nicht zugerechnet werden, sei unbeachtlich, weil es nicht Sache der Beschwerdeführerin sei, darüber zu entscheiden, ob eine Zuordnung des (anonymen) Sparbuches möglich sei oder nicht. Die Finanzstrafbehörde sei verpflichtet, jedem möglichen Beweis nachzugehen. Von einem Erkundungsbeweis könne bei der gegebenen Sachlage keine Rede sein. Das Bankgeheimnis anderer Kunden der Beschwerdeführerin werde durch die Beschlagnahme der Abschriften des Sparbuches nicht verletzt.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertritt die Beschwerdeführerin wie bereits im Verwaltungsverfahren die Ansicht, der erstinstanzliche Bescheid sei von einer unzuständigen Behörde erlassen worden, was auch zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde (des Vorsitzenden des Berufungssenates IX bei der Finanzlandesdirektion für Kärnten) führe. Im wesentlichen erachtet sich die Beschwerdeführerin jedoch in ihrem aus § 23 KWG erfließenden Recht auf Nichtbeschlagnahme der Abschriften des Sparbuches nach § 89 Abs 5 FinStrG verletzt, wobei sie zunächst darauf hinweist, es wäre sehr wohl ihre Sache zu prüfen, ob das Sparbuch dem Kunden zuzurechnen sei. Denn sie sei zur Wahrung des Bankgeheimnisses insofern verpflichtet, als dieses nur dann als durchbrochen gelte, wenn zwischen dem Beweismittel und dem eingeleiteten Finanzstrafverfahren ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Das Sparbuch könne jedoch keineswegs dem Kunden zugerechnet werden. Die Finanzstrafbehörde habe überdies einen unzulässigen Erkundungsbeweis vorgenommen. Das eingeschränkte Beweisverwertungsverbot des § 98 Abs 4 FinStrG führe keineswegs dazu, daß die Finanzstrafbehörde unter dem Motto "wenn die Beschlagnahme danebengeht, schadet das nicht, da ja ein Beweisverwertungsverbot besteht", Beweise erheben dürfe, die sodann einem Verwertungsverbot unterlägen. Das im Interesse eines Beschuldigten getroffene Verwertungsverbot könne daher weder ihr Recht beeinträchtigen noch ihre Pflicht beseitigen, das Bankgeheimnis zu wahren bzw dessen Verletzung zu bekämpfen. Schließlich rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die belangte Behörde nicht geprüft habe, ob der vom Gesetz geforderte unmittelbare Zusammenhang zwischen dem gegenüber dem Kunden eingeleiteten Finanzstrafverfahren und den beschlagnahmten Abschriften des Sparbuches bestehe und somit eine abstrakte Entscheidung getroffen habe. Überdies seien nicht alle Beweismittel ausgeschöpft worden.

In der erstatteten Gegenschrift wird beantragt, die Beschwerde möge als unbegründet und kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Was die zunächst behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde betrifft, genügt es zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe im bezughabenden Erkenntnis hinzuweisen. In diesem hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf Stoll, Bundesabgabenordnung, S 228, ausgeführt, die ungenaue Behördenbezeichnung im erstinstanzlichen Bescheid schadet dann nicht, wenn erkennbar ist, daß der Vorsitzende entschieden hat. Die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher auch im gegenständlichen Fall nicht vor.

Aus dem Zusammenhang der Bestimmungen des § 57 Abs 1, § 114 Abs 1 sowie § 98 Abs 1 und 4 FinStrG ergibt sich, daß als von Amts wegen aufzunehmende Beweismittel alles in Frage kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes dient, wobei ein Beweisverwertungsverbot nur insofern besteht, als unzulässig gewonnene Beweismittel nur bei der Fällung des Erkenntnisses (der Strafverfügung) nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder des Nebenbeteiligten herangezogen werden dürfen. Ein weiteres Beweisverwertungsverbot oder gar ein Beweiserhebungsverbot kennt das Finanzstrafgesetz nicht. Werden Gegenstände, die als Beweismittel in Betracht kommen, nicht freiwillig ausgefolgt, so ist die Finanzstrafbehörde berechtigt, die Beschlagnahme dieser Gegenstände mit Bescheid anzuordnen (vgl § 89 Abs 1 FinStrG). Diese im Finanzstrafgesetz generell normierte Beschlagnahmemöglichkeit gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Nach § 89 Abs 4 zweiter Satz FinStrG unterliegen bei Kreditunternehmungen Gegenstände, die Geheimnisse im Sinne des § 23 Abs 1 KWG betreffen, der Beschlagnahme nur für solche vorsätzliche Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, die mit Finanzvergehen in unmittelbarem Zusammenhang stehen, für die das Bankgeheimnis gemäß § 23 Abs 2 Z 1 KWG aufgehoben ist. Danach besteht die Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses im Zusammenhang mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber der Finanzstrafbehörde nicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im bezughabenden Erkenntnis ausgeführt hat, muß der Zusammenhang des geheimen Sachverhaltes mit dem eingeleiteten Finanzstrafverfahren wegen des vorsätzlich begangenen Finanzvergehens ausreichend konkret sein, um das Bankgeheimnis gemäß § 23 Abs 2 Z 1 KWG zu durchbrechen. Damit überdies der Gegenstand, der das Geheimnis trägt, der Beschlagnahme gemäß § 89 Abs 4 zweiter Satz FinStrG zugänglich ist, muß dieser Zusammenhang außerdem ein unmittelbarer sein.

Diese Voraussetzungen treffen auf die Abschriften des Sparbuches im Gegensatz zu den im bezughabenden Erkenntnis behandelten Tagesstrazzen zur Gänze zu. Wie sich aus der Aktenlage ergibt (vgl S 2 des bezughabenden Erkenntnisses), besteht der Verdacht des Finanzvergehens gegen den Kunden, wobei das Sparbuch als Beweismittel für die Erfüllung des Tatbestandes herangezogen werden kann. Der unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Sparbuch und dem Verdacht des Finanzvergehens ist daher gegeben.

Die Frage, ob das Sparbuch dem Kunden zuzurechnen ist, ist nicht von der Beschwerdeführerin zu lösen, sondern wird erst in dem den Kunden betreffenden Finanzstrafverfahren zu beantworten sein.

Der Geheimnisschutz anderer Kunden der Beschwerdeführerin wurde durch die Beschlagnahme der Abschriften des Sparbuches - im Gegensatz zur Beschlagnahme der Tagesstrazzen - nicht verletzt, weil aus den beschlagnahmten Unterlagen Namen von Kunden und andere Kontonummern nicht ersichtlich sind. Die Beschwerdeführerin behauptet auch nicht, daß das (anonyme) Sparbuch einem anderen Kunden zuzurechnen sei, wodurch das Bankgeheimnis verletzt werde. Schließlich wird bei einem ANONYMEN Sparbuch, dessen Zurechnung - wie im vorliegenden Fall - der Beschwerdeführerin nicht möglich ist, kein Bankgeheimnis durchbrochen, weil mangels eines Geheimnisherrn kein solches bestehen kann. Denn der Bestand eines Geheimnisses setzt stets einen Geheimnisherrn voraus.

Wie die belangte Behörde bereits zu Recht ausgeführt hat, wurde kein unzulässiger Erkundungsbeweis vorgenommen. Vielmehr war die Aussage des Schwiegersohnes über die Abhebung von 200.000 S von einem "Schwarzen Sparbuch" Grundlage für die verfügte Beschlagnahme der Abschriften des Sparbuches. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß diese Beschlagnahme erst nach Einsicht in die Tagesstrazzen möglich war. Der sich aus dieser Aussage ergebende Verdacht, das Sparbuch sei dem Kunden zuzurechnen, reicht für die Zulässigkeit der Beschlagnahme aus.

Das Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Tagesstrazzen trifft die Beschlagnahme der Abschriften des Sparbuches nicht. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im bezughabenden Erkenntnis ausgeführt, daß die Tagesstrazzen der Beschlagnahme nicht, allenfalls nur in jenem Teil unterliegen, aus denen die Behebung eines Betrages von 200.000 S von einem Sparbuch ersichtlich ist, weswegen die belangte Behörde über die Beschlagnahme der Tagesstrazzen im fortzusetzenden Verfahren neuerlich zu Entscheiden haben wird. Dies hinderte jedoch die Finanzstrafbehörde nicht, auf Grund der aus den Tagesstrazzen gewonnenen Erkenntnisse die Beschlagnahme der Abschriften des Sparbuches zu verfügen. Denn § 98 Abs 4 FinStrG verbietet es nicht, dem Verwertungsverbot unterliegende Beweisergebnisse zur Beschaffung weiterer Beweismittel heranzuziehen. Abgesehen davon würde das Verwertungsverbot, das erst bei der entscheidung in der Hauptsache im Finanzstrafverfahren zum Tragen käme, nicht den Teil der Tagesstrazzen treffen, die sich auf die erwähnten verdächtigen Daten beziehen, weil diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Finanzstrafsache des Kunden stehen. Selbst wenn sich nämlich sachverhaltsbezogen die im bezughabenden Erkenntnis nicht ausgeschlossene Möglichkeit einer technischen Untrennbarkeit des Beschlagnahmegegenstandes (Tagesstrazzen) herausstellen sollte, wäre Schutzgegenstand des Beweisverwertungsverbotes nicht ein solches Ermittlungsergebnis, das in unmittelbarem Zusammenhang mit der Finanzstrafsache des Kunden steht. Es wäre nämlich nur aus technischen Gründen (Unteilbarkeit) und lediglich zum Schutz anderer Teile des Beschlagnahmegegenstandes vom Beschlagnahmeverbot miterfaßt, nicht zum Zweck seiner eigenen Geheimhaltung. Ein gegenteiliges Verständnis des Beweisverwertungsgebotes würde dessen Schutzzweck nicht gerecht. Denn dieser besteht darin, die Beachtung von Ermittlungsergebnissen bei der Entscheidung in der Hauptsache auszuschließen, die im Interesse eines rechtsstaatlichen Verfahrens gegen den Beschuldigten oder den Nebenbeteiligten nicht oder nicht auf die stattgefundene Art hätten gewonnen werden dürfen. Die Beachtung der Untrennbarkeit eines Beschlagnahmegegenstandes, der sich nur teilweise in unmittelbaren Zusammenhang mit der Finanzstrafsache bringen läßt, als Ermittlungshindernis, erfolgt aber nicht im Interesse eines rechtsstaatlichen Verfahrens gegen den Beschuldigten oder den Nebenbeteiligten, sondern nur im Interesse der Geheimhaltung von solchen Daten, die mit dem betreffenden Finanzstrafverfahren nicht in dem vom Gesetz geforderten unmittelbaren Zusammenhang stehen.

Die Beschlagnahme der Abschriften des Sparbuches stellt somit eine den Umständen nach gebotene zulässige Beweissicherung dar.

Wie bereits ausgeführt, konnte die belangte Behörde davon ausgehen, daß der vom Gesetz geforderte unmittelbare Zusammenhang zwischen dem gegenüber den Kunden eingeleiteten Finanzstrafverfahren und den beschlagnahmten Abschriften des Sparbuches besteht (vgl nochmals S 2 des bezughabenden Erkenntnisses). Die Behauptung, durch die unterlassene Prüfung dieses Zusammenhanges seien Verfahrensvorschriften verletzt worden, geht daher ebenso wie die, es sei nur eine abstrakte Entscheidung getroffen worden, ins Leere. Schließlich zeigt die Beschwerdeführerin auch nicht auf, welche weiteren Beweise die Finanzstrafbehörde aufnehmen hätte sollen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch von sich aus eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zu erkennen.

Hinsichtlich der Rechtsnatur der gemäß § 89 Abs 1 FinStrG erlassenen Beschlagnahmeanordnung vom 20. April 1990 wird auf die Ausführungen im hg Beschluß vom heutigen Tag, Zl 90/14/0239, verwiesen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet

und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von einer Verhandlung konnte ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin gemäß § 36 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206.

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