VwGH 90/13/0256

VwGH90/13/025622.3.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des F und der O gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. August 1990, Zlen. 6/3-3436/87-04 und 6/3-3093/90-04, betreffend Nichtveranlagung der Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1986 und 1987 sowie Nichtfeststellung der Einkünfte für 1986 und 1987, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §28;
BAO §32;
EStG 1972 §23 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
BAO §28;
BAO §32;
EStG 1972 §23 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution Aufwendungen in der Höhe von S 3.035 zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer gewährte in den Jahren 1981 und 1982 - teilweise gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin - mehreren Personen Darlehen, für die er auch Fremdmittel heranzog. Die Darlehen wurden in den Folgejahren zum Teil notleidend. Gewerbesteuererklärungen der Jahre 1981 bis 1987 liegen gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972 ermittelte Einkünfte aus gewerblichem Geldverleih als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugrunde. Im Rahmen dieser Einkünfte machte der Erstbeschwerdeführer auch Wertberichtigungen zu und Ausfälle von Forderungen als Aufwandsposten geltend. Die aktenkundigen Umsatzsteuererklärungen weisen lediglich steuerfreie Zinserträge (keine Vorsteuer) aus.

Eine den gewerblichen Geldverleih betreffende abgabenbehördliche Prüfung (BP) ging davon aus, daß nicht der Erstbeschwerdeführer allein, sondern beide Beschwerdeführer (Ehegatten) zusammen in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Einkünfte (bzw. Verluste) aus Gewerbebetrieb erzielt hätten. Das Finanzamt erließ für die Jahre 1981 bis 1985 unter anderem den Prüfungsfeststellungen entsprechende Bescheide betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb sowie Bescheide betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1982, 1983, 1985 und 1986.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide am 7. Juli 1987 Berufung. Im Zuge des Berufungsverfahrens führte die Abgabenbehörde Erhebungen durch, mit dem (den Beschwerdeführern vorgehaltenen) Ergebnis, daß der Geldverleih nicht als Gewerbebetrieb anzusehen sei. Mit dieser Begründung lehnte das Finanzamt sodann mit Bescheid vom 10. August 1988 für die Jahre 1986 und 1987 die Veranlagung der Beschwerdeführer zur Umsatzsteuer und Gewerbesteuer sowie eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften ab. Auch gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführer eine Berufung ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die Bescheide des Finanzamtes betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Jahre 1981 bis 1985 sowie die genannten Einheitswertbescheide ersatzlos auf. Die Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend die Nichtveranlagung zur Umsatzsteuer und Gewerbesteuer sowie betreffend Nichtfeststellung der Einkünfte für die Jahre 1986 und 1987 wies die belangte Behörde als unbegründet ab. Sie erblickte im Geldverleih keine gewerbliche Tätigkeit, da eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und eine Gewinnabsicht nicht vorgelegen hätten. "Der Vollständigkeit halber" brachte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch ihre Auffassung zum Ausdruck, daß beide Beschwerdeführer gemeinsam (als GbR) den Geldverleih ausgeübt hätten.

Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit

des angefochtenen Bescheides geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid hat die Feststellung der Einkünfte der Jahre 1981 bis 1985, die Einheitswerte des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1982, 1983, 1985 und 1986 sowie die Nichtveranlagung der Umsatzsteuer und Gewerbesteuer und die Nichtfeststellung der Einkünfte für die Jahre 1986 und 1987 zum Gegenstand (Seite 1 im Zusammenhalt mit Seite 11 Abs. 1 des angefochtenen Bescheides).

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des RECHTES, in dem der Beschwerdeführer VERLETZT zu sein behauptet (Beschwerdepunkte), zu enthalten.

Dieser Bestimmung entsprechend heißt es in der Beschwerde:

"Wir sind in unserem Recht durch Nichtveranlagung zur Umsatzsteuer und Gewerbesteuer sowie zur richtigen einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1986 und 1987 verletzt."

Bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides kommt dem Beschwerdepunkt entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der VwGH bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (siehe Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 242, und die dort zitierte Rechtsprechung). Wird der Beschwerdepunkt vom Beschwerdeführer ausdrücklich und unmißverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (siehe Dolp, a.a.O., S 245 Abs. 4, das dort erwähnte Erkenntnis des VwGHes, das hg. Erkenntnis vom 20. September 1989, Zl. 89/01/0135, und der hg. Beschluß vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0219).

Im Hinblick auf die wiedergegebene Bezeichnung des Beschwerdepunktes in der vorliegenden Beschwerde hat der VwGH den angefochtenen Bescheid nur insoweit zu prüfen, als er die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Finanzamtes abwies, daß eine Veranlagung zur Umsatzsteuer und Gewerbesteuer sowie eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1986 und 1987 nicht vorzunehmen war.

2. Die Beschwerdeführer werten die Darlehensvergabe durch den Erstbeschwerdeführer als gewerbliche Tätigkeit ("gewerblicher Geldverleih"). Unabdingbar für eine gewerbliche Tätigkeit ist aber, daß sich die betreffende Betätigung als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (siehe § 23 Z. 1 EStG 1972 und § 28 BAO). Ohne eine solche Beteiligung ist ein Geldverleih nicht Gewerbebetrieb im Sinne der eben zitierten Vorschriften. Dies geht auch aus den von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Erkenntnissen des VwGHes vom 21. November 1972, Zl. 2096/71, und vom 10. Juli 1981, Zl. 13/2509/80, hervor. Zur Abgrenzung einer gewerblichen Tätigkeit von einer Vermögensverwaltung im Sinne des § 32 BAO, zu der auch eine verzinsliche Kapitalveranlagung zählt, ist das Tatbestandsmerkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr allerdings insofern wenig geeignet, als auch eine Vermögensverwaltung regelmäßig mit einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr verbunden sein wird. Für die Abgrenzung einer vermögensverwaltenden von einer gewerblichen Tätigkeit tritt daher, wie der VwGH in seinen beiden Erkenntnissen vom 22. Juni 1983, Zlen. 81/13/0157, 0183 und Zlen. 81/13/0158, 0184, darlegte, als Abgrenzungskriterium die Art und der Umfang des tatsächlichen Tätigwerdens in den Vordergrund; keine vermögensverwaltende, sondern eine gewerbliche Tätigkeit liegt danach vor, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen deutlich jenes Maß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist. Das ändert aber nichts daran, daß eine gewerbliche Tätigkeit dann keinesfalls vorliegt, wenn eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr jedenfalls auszuschließen ist.

Im Beschwerdefall stellte die belangte Behörde unwidersprochen fest, daß der Beschwerdeführer nur an 6 Personen Darlehen vergab. Unbestritten blieb in der allein wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erhobenen Beschwerde auch, daß alle Darlehensvergaben im Zusammenhang mit der H-GmbH standen, an der der Erstbeschwerdeführer wesentlich beteiligt war. Von der Darlehensgewährung an die GmbH selbst abgesehen waren die Darlehensnehmer zur Zeit der Darlehensgewährung entweder Gesellschafter oder Geschäftsführer der GmbH, in einem Fall diente das Darlehen einem in Aussicht genommenen Gesellschafter der GmbH als Start- und Überbrückungshilfe zur Eröffnung eines Geschäftes, das ausschließlich durch die H-GmbH beliefert werden sollte. Jene Darlehensmittel, die nicht der H-GmbH selbst (unmittelbar) gewährt wurden, leiteten die Darlehensnehmer nach ebenfalls unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zum überwiegenden Teil der GmbH zu. Nach den Feststellungen der belangten Behörde stand damit bei den Darlehensvergaben eindeutig die Finanzierung der H-GmbH durch den wesentlich beteiligten Erstbeschwerdeführer im Vordergrund. Bei einer derart auf einen eng begrenzten Personenkreis abgestellten Darlehensvergabe kann von einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr selbst dann nicht mehr gesprochen werden, wenn zur Darlehensvergabe Fremdmittel herangezogen wurden. Da schon die mangelnde Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausschließt, konnte eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob im Beschwerdefall auch die von § 23 Z. 1 EStG 1972 und § 28 BAO geforderte Gewinnabsicht fehlte, unterbleiben.

Die Beschwerdeführer rügen auch, die belangte Behörde habe zu Unrecht eine GbR zwischen den Beschwerdeführern angenommen. Sie behaupten damit, wie ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde zeigt, daß allein der Erstbeschwerdeführer die strittige Tätigkeit als Geldverleiher entfaltete.

Auf dem Boden dieser Bescherdeausführungen könnten die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt sein. Käme doch dann nur dem Erstbeschwerdeführer und nicht der Gemeinschaft beider Beschwerdeführer die Unternehmereigenschaft zu, sodaß gegenüber den Beschwerdeführern zu Recht keine Umsatzsteuer festgesetzt worden wäre. Den beiden Beschwerdeführern gegenüber wäre mangels Mitunternehmerschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 GewStG 1953 auch keine Gewerbesteuer festzusetzen. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte nach § 188 BAO käme nicht in Betracht, da an den Einkünften nicht im Sinne des Abs. 1 der Gesetzesstelle mehrere Personen beteiligt waren. Die belangte Behörde hätte somit für die Streitjahre (1986 und 1987) schon aus diesen Gründen gleich dem Finanzamt eine Veranlagung zur Umsatzsteuer und Gewerbesteuer sowie eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte zu Recht abgelehnt.

Die Beschwerdeführer vermochten sohin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ihre Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/91.

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