VwGH 90/05/0180

VwGH90/05/018022.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über 1) die Beschwerden der N-OHG in Wien, gegen die Bescheide der Bauoberbehörde für Wien vom 5. Juli 1990, Zl. MDR - B I - 8/90 und MDR - B I 7/90, betreffend die Zurückweisung von Devolutionsanträgen, sowie 2) damit zusammenhängende Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht

Normen

AVG §73 Abs2;
BauO Wr §70;
VwGG §27;
AVG §73 Abs2;
BauO Wr §70;
VwGG §27;

 

Spruch:

I. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerden werden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerden gegen die Bescheide vom 5. Juli 1990 werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 5.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Am 28. August 1986 langte beim Magistrat der Stadt Wien ein dort zur Zahl 6/86 protokolliertes Ansuchen um Erteilung einer Planwechselbewilligung betreffend die Umwidmung zweier Wohnungen im Hause Wien, X-Straße 18, ein. In einem Aktenvermerk vom 16. Dezember 1986 wurde festgehalten, daß der Vertreter der Einschreiterin bei der Baubehörde vorgesprochen und die Erklärung abgegeben habe, daß zur Zl. 7/86 ein Antrag auf Umwidmung der Wohnung Tür Nr. 10 anhängig sei. Im Falle einer Bewilligung des zu Zl. 7/86 anhängigen Ansuchens würde dann das Gebäude überwiegend Büro- und Geschäftszwecken dienen. Im Hinblick darauf ersuche der Einschreiter, vorerst den letztgenannten Antrag einer positiven Erledigung zuzuführen.

Am 28. März 1990 langte bei der Bauoberbehörde für Wien ein auf Erledigung des Ansuchens vom 28. August 1986 gerichteter Devolutionsantrag ein. Die belangte Behörde hielt der Einschreiterin den Aktenvermerk vom 16. Dezember 1986 vor. In einer Stellungnahme dazu führte die Beschwerdeführerin aus, "dieser Aktenvermerk wird schon stimmen", seit dem 16. Dezember 1986 seien aber rund dreieinhalb Jahre vergangen, die Behörde habe diese Zeit einfach verstreichen lassen und würde dies wohl noch weiter tun, wenn nicht durch den Devolutionsantrag "Leben in die Sache" gekommen wäre. Es sei sicherlich Sache der Behörde, innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden. Mit Bescheid vom 5. Juli 1990, Zl. MDR - B I -8/90, wies die belangte Behörde den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 zurück.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg.

Zl. 90/05/0180 protokollierte Beschwerde, verbunden mit dem zur Zl. 90/05/0181 protokollierten Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden, da die belangte Behörde eine Entscheidung verweigere und damit ihre Entscheidungspflicht verletzt habe.

2. Am 3. Februar 1986 langte beim Magistrat der Stadt Wien ein Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der Baubewilligung für den Einbau eines Personenaufzuges im Hause Wien, X-Straße 18, ein. Einem Aktenvermerk vom 29. April 1986 zufolge habe der Vertreter der Beschwerdeführerin erklärt, es sei in Kürze mit einem Antrag um Planwechselbewilligung für das Dachgeschoß zu rechnen. Er ersuche, die Erledigung des in Aussicht gestellten Antrages um Planwechselbewilligung abzuwarten, da die Errichtung des Aufzuges derzeit ohnehin nicht in Angriff genommen werden solle, und den vorliegenden Antrag vorerst ruhen zu lassen.

Am 28. März 1990 langte bei der Bauoberbehörde für Wien ein auf Erledigung des Ansuchens vom 3. Februar 1986 gerichteter Devolutionsantrag ein. Mit Schreiben vom 18. April 1990 hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den Aktenvermerk vom 29. April 1986 vor. Mit Schreiben vom 21. April 1990 brachte die Beschwerdeführerin dazu vor, der zur Kenntnis gebrachte Aktenvermerk vom 24. September 1986 werde schon seine Richtigkeit haben, es werde dieser auch außer Streit gestellt. Der mehr als vier Jahre alte Aktenvermerk ändere jedoch nichts daran, daß deshalb ein Akt nicht ad infinitum unerledigt bleiben könne. Dieser unbestrittene Aktenvermerk hätte von der Behörde zumindest in zumutbaren Abständen auf seine Aktualität überprüft werden müssen. Bei mangelnder Aktualität hätte die Behörde über den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung eine Entscheidung treffen müssen.

Mit Bescheid vom 5. Juli 1990, Zl. MDR - B I - 7/90, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über das am 3. Februar 1986 eingebrachte Ansuchen um Bewilligung des Einbaues eines Personenaufzuges gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 zurück.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg.

Zl. 90/05/0184 protokollierte Beschwerde, die mit dem zur Zl. 90/05/0185 protokollierten Antrag verbunden wurde, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden, da die belangte Behörde eine Entscheidung verweigere und damit ihre Entscheidungspflicht verletzt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst beschlossen, die Verfahren wegen ihres Zusammenhanges zu verbinden.

Über die Beschwerden und die von der belangten Behörde erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde begründete die Zurückweisung der Devolutionsanträge damit, daß die Beschwerdeführerin seinerzeit das "Ruhen des Verfahrens" gewünscht habe, was im Rahmen des Verwaltungsrechtes nur bedeuten könne, daß sie an einer Erledigung der Verwaltungssache solange kein Interesse habe, als sie nicht kundtue, daß sie nunmehr eine behördliche Entscheidung über ihr Ansuchen begehre. Letzteres habe die Devolutionswerberin jedoch nicht getan, sodaß die durch das beantragte "Ruhen des Verfahrens" unterbrochene Devolutionsfrist für die Behörde erster Instanz nicht neuerlich zu laufen begonnen habe. Damit stehe aber fest, daß die im § 73 Abs. 1 AVG 1950 festgesetzte Devolutionsfrist noch nicht abgelaufen sein könne, weshalb der Antrag der Devolutionswerberin als unzulässig zurückzuweisen sei.

Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß das AVG ein "Ruhen des Verfahrens" nicht kennt. Allerdings steht es bei einem antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren dem Antragsteller jederzeit frei, seinen Antrag zurückzuziehen.

In seinem Erkenntnis vom 27. Juni 1963, Zl. 514/63, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Erklärung eines Antragstellers über die wirtschaftliche Unmöglichkeit, eine zur Bewilligung stehende Anlage in vorschriftsmäßiger Weise auszuführen, und über die Absicht, ein anderes Ansuchen einzubringen, als zumindest "einstweilige Zurücknahme" des ursprünglichen Antragsbegehrens anzusehen sei. Bei einem solchen Vorbringen dürfe die Behörde berechtigterweise annehmen, daß der Beschwerdeführer das ursprüngliche Begehren nicht weiter verfolge. Eine auf Grund einer derartigen Parteienerklärung eingetretene Verzögerung der begehrten Erledigung sei auch auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen und nicht ausschließlich der belangten Behörde anzulasten. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzugehen. In Verfolgung dieser Auffassung hätte die Beschwerdeführerin daher zunächst klarstellen müssen, daß sie eine Entscheidung über ihre urspünglichen Anträge nach wie vor wünsche, obwohl die Entscheidungen über die beiden anderen Anträge, deren Erledigung zunächst abgewartet werden sollte, noch nicht ergangen sind. Dies hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht getan. Im Hinblick auf die Parteienerklärung von der Behörde erster Instanz war somit im Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages eine Entscheidungspflicht (noch) nicht gegeben. Zu Recht hat daher die belangte Behörde den jeweiligen Devolutionsantrag zurückgewiesen. Die dagegen erhobenen Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG waren gemäß § 27 VwGG zurückzuweisen, weil eine Säumnis der belangten Behörde hinsichtlich der Entscheidung über den Devolutionsantrag nicht vorliegt, eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes aber eine Säumnis der belangten Behörde voraussetzt.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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