Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die Vorkehrung Punkt 8 des erstinstanzlichen Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 16. Februar 1983 aufrechterhalten wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 16. Februar 1983 stellte der Landeshauptmann von Niederösterreich gemäß §§ 29 Abs. 1 und 99 WRG 1959 fest, daß das unter PZ n im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Neunkirchen eingetragene Wasserbenutzungsrecht (Wasserkraftanlage) gemäß § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 (durch ausdrücklichen Verzicht der Beschwerdeführerin) am 20. Dezember 1966 erloschen sei, und verpflichtete gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 die Beschwerdeführerin, bis spätestens 28. Februar 1985 folgende letztmalige Vorkehrungen zu treffen:
- 1. Die frei über den Unterwasserkanal liegenden Traversen sind auszubauen.
- 2. Die Stahlträger, welche als Auflager für die Überbauten dienen, sind mit einem Korrosionsschutz zu versehen.
- 3. Sämtliche Schützenanlagen im Bereich der ehemaligen Wasserkraftanlage sind vollständig auszubauen. Der Turbinenraum ist baulich so auszugestalten, daß ein freier Wasserdurchfluß gegeben ist. Die Holzsteher sind aus dem Abflußprofil zu entfernen, wobei allerdings die Standsicherheit des Überbaues durch entsprechende Ersatzmaßnahmen zu gewährleisten ist.
- 4. Die rechte Ufermauer im Oberwasserkanal ist entsprechend auszubessern.
- 5. Die linksufrige Böschungssicherung entlang der Parzelle Nr. 251, Katastralgemeinde X, ist bis auf Höhe dieser Parzellengrenze zu erneuern.
- 6. Der Werkskanal ist von Anlandungen und Ablagerungen zu räumen.
- 7. Die Schützenanlage zum Umlaufgraben bei der gemeindeeigenen Mühle ist auszubauen und durch eine dichte und standsichere Ufermauer zu ersetzen.
- 8. Für den Fall einer außertourlichen Bachabkehr hat die (Beschwerdeführerin) die Kosten für eine Abfischung zu übernehmen. 14 Tage vor Bachabkehr sind die Fischereiberechtigten, z.H. ihres Vertreters Y, p.A. Forstverwaltung Z, nachweislich zu verständigen.
Gleichzeitig wurde gemäß § 29 Abs. 5 mit Bezug auf § 70 Abs. 1 erster Satz WRG 1959 das Erlöschen der durch das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten festgestellt.
Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin änderte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 28. Oktober 1986 den erstinstanzlichen Bescheid in der Weise ab, daß die unter den Punkten 4 und 6 vorgeschriebenen letztmaligen Vorkehrungen entfielen sowie die Erfüllungsfrist bis 31. Oktober 1988 erstreckt wurde, und gab der Berufung im übrigen nicht Folge. Begründend wurde nach Darstellung des vorangegangenen Verwaltungsgeschehens auf einen im Rechtsmittelverfahren im Beisein des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin durchgeführten Ortsaugenschein verwiesen, bei welcher Gelegenheit der wasserbautechnische Amtssachverständige bei der Besichtigung der Wasserkraftanlage zu den Auflagepunkten 1 bis 7 im einzelnen Stellung genommen habe und zusammenfassend zur Feststellung gelangt sei, daß die Vorschreibungspunkte 1, 2, 3, 5 und 7 des erstinstanzlichen Bescheides zum damaligen Zeitpunkt im privaten und öffentlichen Interesse notwendig und daher aus fachlicher Sicht vorzuschreiben gewesen seien, die Punkte 4 und 6 aber aufgrund des vorgefundenen Zustandes entfallen könnten; der Punkt 8 betreffe fischereirechtliche Belange. Mit Bezug auf § 29 Abs. 1 WRG 1959 führte die Rechtsmittelbehörde weiter aus: Das betreffende Wasserbenutzungsrecht sei im Dezember 1966 durch Verzicht erloschen. Unbestritten sei auch, daß das Erlöschen dieses Wasserbenutzungsrechtes erst mit dem bekämpften Bescheid 17 Jahre später von der Behörde festgestellt worden sei und erst in jenem Bescheid der Beschwerdeführerin im öffentlichen Interesse gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 letztmalige Vorkehrungen vorgeschriebenen worden seien. Unbestritten sei ferner, daß die Beschwerdeführerin zu den Verhandlungen am 9. Juli 1981 und am 2. März 1982 nicht geladen gewesen und ihr das Verhandlungsergebnis erst nachträglich zur Kenntnis gebracht worden sei. Aus der Tatsache, daß die Wasserrechtsbehörde durch 17 Jahre das Erlöschen des Wasserrechtes nicht festgestellt habe, könne indessen nicht geschlossen werden, daß zum damaligen Zeitpunkt keine letztmaligen Verfügungen im öffentlichen oder privaten Interesse notwendig gewesen seien. Ebenso könne daraus, daß die Beschwerdeführerin als ehemalige Wasserberechtigte aus eigenem ihr notwendig erscheinende letztmalige Vorkehrungen getroffen und die Bezirkshauptmannschaft diese angeblich zustimmend zur Kenntnis genommen habe, nicht gefolgert werden, daß die Behörde in einem späteren Verfahren den ehemaligen Wasserberechtigten keine ihr notwendig erscheinenden letztmaligen Vorkehrungen bescheidmäßig vorschreiben dürfe. Die Meinung, daß durch Zeitablauf die Verpflichtungen des ehemaligen Wasserberechtigten erloschen seien, gehe an der Rechtslage vorbei, da das Wasserrechtsgesetz eine Verjährung nicht kenne. Das nunmehrige Verfahren habe daher den Zweck gehabt, gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 festzustellen, ob und in welchem Ausmaß letztmalige Vorkehrungen erforderlich gewesen seien; demgemäß habe die Berufungsbehörde in einem Ortsaugenschein neuerlich die Notwendigkeit letztmaliger Vorkehrungen überprüft.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht verletzt erachtet, nicht die ihr vorgeschriebenen Erlöschensvorkehrungen auferlegt zu erhalten.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Mitbeteiligte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes - wozu gemäß § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 der der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebrachte Verzicht des Berechtigten gehört - festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden, angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.
Die Beschwerdeführerin bemängelt, daß die Erlöschensvorkehrungen (auch ungeachtet ihrer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie der inzwischen eingetretenen Kostensteigerungen) nach so langer Zeit und daß sie nicht ihrem "Besitznachfolger" vorgeschrieben worden seien, daß man ihr - da der derzeitige Anlagenzustand auf die mangelnde Erhaltung des nunmehrigen Liegenschaftseigentümers (das ist der Mitbeteiligte) zurückgehe - unzulässigerweise eine dauernde Erhaltungspflicht auferlegt habe, wobei der Bedarf zu Vorkehrungen zu Unrecht nicht am - jetzt auch nicht mehr erkennbaren - Zustand zum Zeitpunkt des Erlöschens gemessen worden sei, schließlich von der Beschwerdeführerin bereits seinerzeit gesetzte Maßnahmen sowie die Tatsache unberücksichtigt geblieben seien, daß die Beschwerdeführerin Anlagenteile über ausdrückliches Ersuchen der Gemeinde im ursprünglichen Zustand belassen habe.
Demgegenüber ist jedoch festzuhalten: Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Juli 1978, Slg. Nr. 9616/A, dargetan hat, ist der "bisher Berechtigte" gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 derjenige, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen ist. Der Erwerber einer Liegenschaft, mit der ein im Zeitpunkt des Erwerbes bereits erloschenes Wasserbenutzungsrecht verbunden war, kommt, wie im hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1987, Zl. 87/07/0091, ausgesprochen wurde, nicht als Rechtsnachfolger des seinerzeitigen Wasserberechtigten und somit auch nicht als derjenige in Betracht, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen ist. Da nach Lage der Verwaltungsakten im Beschwerdefall das betroffene Wasserrecht im Lauf des Monates Dezember 1966 erloschen ist, die Liegenschaft, mit der jenes verbunden war, aber - im übrigen "ausgenommen das bestehende Wasserbenutzungsrecht" - mit Wirkung vom 31. Dezember 1966 von der Beschwerdeführerin verkauft worden ist, wurde diese von den Wasserrechtsbehörden zu Recht als bisher Berechtigter im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 behandelt.
Die Beschwerdeführerin ist auch damit nicht im Recht, daß für das Erfordernis und den Umfang notwendiger Vorkehrungen der Zustand der betreffenden Anlage im Zeitpunkt des Erlöschens maßgebend wäre. Wie aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 1986, Zl. 85/07/0009 ff., hervorgeht, hat die Behörde vielmehr jenen Sachverhalt ihrer Entscheidung zugrunde zu legen, der im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides besteht, und nicht jenen, der im Zeitpunkt des Erlöschens des Wasserrechts (durch Verzicht) bestand. Bezogen auf diesen Zeitpunkt hat die Beschwerdeführerin jedoch auf Verwaltungsebene dem Grunde und dem Ausmaß nach keine fachkundig belegten Einwände erhoben; welche Maßnahmen die Beschwerdeführerin allenfalls seinerzeit bereits gesetzt oder unter Bedachtnahme auf das Ersuchen eines Dritten (der Gemeinde) unterlassen hat, war daher unerheblich. Eine dauernde Erhaltungspflicht ist der Beschwerdeführerin nicht auferlegt worden.
Letztmalige Vorkehrungen dürfen allerdings nicht Maßnahmen betreffen, die mit dem erloschenen Wasserrecht und dem Bestand der wasserrechtlich bewilligten und überprüften Anlagen in keinem Zusammenhang stehen (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1982, Slg. Nr. 10.933/A). Die Vorschreibung Punkt 8 liegt außerhalb der auf sachkundiger Grundlage festgestellten Erfordernisse und geht, wie der erstinstanzliche Bescheid zeigt, auf eine Forderung des Vertreters der betroffenen Fischereiberechtigten zurück; sie stellt ihrem Inhalt nach keine Vorkehrung im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 dar; da ihre Aufnahme und Beibehaltung somit im Gesetz nicht begründet war, wurde die Beschwerdeführerin insoweit in ihren Rechten verletzt.
Der angefochtene Bescheid war daher im zuletzt bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde nach allem Vorgesagten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff. VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.
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