VwGH 90/19/0002

VwGH90/19/000223.4.1990

N gegen Landeshauptmann von Tirol vom 17. August 1989, Zl. Vd-16.335/3, betreffend Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes

Normen

ARG 1984 §27 Abs1;
B-VG Art144 Abs3 idF 1984/296;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §48 Abs1 Z1;
ARG 1984 §27 Abs1;
B-VG Art144 Abs3 idF 1984/296;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §48 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als "gewerberechtlicher Geschäftsführer sowie Prokurist der Firma T-GmbH" schuldig erkannt, er habe es als "gesetzlicher Vertreter im Sinne des § 27 Abs. 1 Arbeitsruhegesetz sowie § 9 Abs. 2 VStG 1950" der genannten Gesellschaft zu verantworten, "daß durch die Fa. T-GmbH am 28.5.1987, sohin am Christi Himmelfahrtstag, welcher als Feiertag im Sinne des § 7 Abs. 2 Arbeitsruhegesetz gilt," bestimmte namentlich angeführte Arbeitnehmer "im oben angeführten Betrieb in Z, X-Straße nach Eintritt der Feiertagsruhe im Sinne des Arbeitsruhegesetzes (06.00 Uhr) beschäftigt wurden, obwohl gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. der Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden, die frühestens um 0.00 Uhr und spätestens 06.00 Uhr des Feiertages beginnen muß, hat". Der Beschwerdeführer habe dadurch "eine Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes 1983 BGBl. Nr. 144/1983 begangen". Hiefür wurde er gemäß § 27 Abs. 1 Arbeitsruhegesetz mit Geldstrafen (Ersatzarrest) "pro beschäftigten Arbeitnehmer" bestraft.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Mit Beschluß vom 28. November 1989, B 1117/89, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes sind Arbeitgeber oder deren gesetzliche Vertreter, die unter anderem dem § 7 leg. cit. zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, soweit es sich um Betriebe handelt, die der bergbehördlichen Aufsicht unterstehen, von der Berghauptmannschaft mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,-- zu bestrafen.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Dies deckt sich mit der im § 27 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes normierten strafrechtlichen Verantwortlichkeit des "gesetzlichen Vertreters". Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind nach Abs. 2 des § 9 VStG berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

§ 44a lit. a VStG 1950 bestimmt, daß der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. In der Tatumschreibung muß zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat. Wird ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person oder einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG 1950 bestraft, so erfordert es die Bestimmung des § 44 a lit. a leg. cit., daß im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter "zur Vertretung nach außen berufen ist" eindeutig angeführt wird. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist für den Bereich des Arbeitnehmerschutzes der Geschäftsführer, und zwar nicht der gewerberechtliche, sondern der handelsrechtliche Geschäftsführer nach außen zur Vertretung berufen (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 1988, Zl. 88/08/0059, und die dort angeführte Vorjudikatur). Ein Prokurist zählt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu den gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufenen Personen (vgl. das Erkenntnis vom 25. Februar 1988, Zlen. 86/08/0146, AW 86/08/0027).

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist die mit dem angefochtenen Bescheid übernommene Umschreibung der Tätereigenschaft des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht geeignet, dessen strafrechtliche Verantwortlichkeit für die ihm zur Last gelegten Taten zu begründen. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer und Prokurist der als Arbeitgeber in Erscheinung getretenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist er weder gesetzlicher Vertreter dieser Gesellschaft im Sinne des § 27 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes noch gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch die Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Die Stellung des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer und Prokurist läßt auch nicht zwingend darauf schließen, daß er gemäß § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG 1950 zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften im gegenständlichen Unternehmensbereich bestellt worden wäre. Es geht daher auch der Hinweis auf § 9 Abs. 2 VStG 1950, noch dazu unter Bezugnahme auf den in diesem Zusammenhang unpassenden Begriff des gesetzlichen Vertreters, ins Leere.

Schon aus diesem Grunde belastete die belangte Behörde durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz war abzuweisen, weil im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren gebührt, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 681, angeführte Judikatur).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte