VwGH 90/12/0215

VwGH90/12/021527.9.1990

N gegen Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Festsetzung des Vorrückungsstichtages:

Normen

AVG §56;
AVG §68 Abs4 lita;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art132;
VwGG §27;
AVG §56;
AVG §68 Abs4 lita;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art132;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Universitätsassistent am Institut für A der Universität X in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Ernennung auf diese Planstelle erfolgte mit Wirkung vom 1. November 1985.

Im Zuge der Ermittlung des Vorrückungsstichtages beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. November 1985 die volle Anrechnung bestimmter Zeiten, die er während seines Studiums vor dessen Abschluß als Vertragsbediensteter bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zurückgelegt hatte. Die mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Mai 1986 vorgenommene Festsetzung des Vorrückungsstichtages trug diesem Antrag nicht Rechnung und berücksichtigte die vom Antrag des Beschwerdeführers erfaßten Zeiten (soweit nicht eine Vollanrechnung als Studienzeit erfolgte) nur zur Hälfte. Mit Erkenntnis vom 29. November 1988, Zl. 86/12/0174, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Da die belangte Behörde in der Folge innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist keinen Ersatzbescheid erließ, erhob der Beschwerdeführer zu Zl. 89/12/0194 des Verwaltungsgerichtshofes Säumnisbeschwerde.

Mit Berichterverfügung vom 13. November 1989, der belangten Behörde zugestellt am 29. Dezember 1989, wurde ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

In der Folge übermittelte die belangte Behörde eine Ausfertigung ihres Bescheides vom 27. März 1990, mit dem neuerlich der Vorrückungsstichtag (im Ergebnis wie bisher) festgesetzt wurde. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 2. April 1990 zugestellt.

Daraufhin wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1990, Zl. 89/12/0194-6, dieses Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.

In der vorliegenden Säumnisbeschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, der Ersatzbescheid der belangten Behörde vom 27. März 1990 sei nicht rechtzeitig erlassen worden. Dieser erst am 2. April 1990 erlassene Bescheid der belangten Behörde sei unbeachtlich; die alleinige Zuständigkeit "zur Erlassung des Ersatzbescheides" sei auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen. Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge ohne Rücksicht auf den erst am 2. April 1990 erlassenen Bescheid der belangten Behörde in der Sache selbst entscheiden und dem Beschwerdeführer die Vordienstzeit bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im Ausmaß von vier Jahren und zehn Tagen zur Gänze anrechnen.

Der Beschwerdeführer geht in seiner Beschwerde selbst davon aus, daß die belangte Behörde in der Angelegenheit betreffend Festsetzung seines Vorrückungsstichtages einen Bescheid erlassen hat. Zwar trifft es zu, daß die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides vom 27. März 1990 (dessen Zustellung erfolgte erst am 2. April 1990) hiefür nicht mehr zuständig war. Da im Beschwerdefall jedoch die Mindesterfordernisse für das Zustandekommen eines Bescheides erfüllt sind, liegt ein (wenn auch fehlerhafter) Bescheid vor, der bis zu seiner Beseitigung (Aufhebung) Rechtswirkungen entfaltet. Ein von einer unzuständigen (aber bescheidfähigen) Behörde erlassener Bescheid ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - kein "Nichtbescheid" und daher auch nicht unbeachtlich, sondern ein - wenn auch rechtswidriger - Bescheid (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 68 Abs. 4 lit. a AVG 1950).

Die Säumnisbeschwerde erweist sich aus folgenden Überlegungen als unzulässig: Sie schützt vor Untätigkeit der Behörde. Die Säumnisbeschwerde dient jedoch nicht der Abwehr von Verletzungen der den Behörden aufgetragenen Zuständigkeitsbestimmungen. Diese sind nach Erschöpfung des Verwaltungsrechtszuges mit Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bekämpfen. Demgemäß schließt eine Sachentscheidung - und eine solche liegt im Beschwerdefall auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 27. März 1990 vor - mag sie auch, so wie im Beschwerdefall, von der unzuständigen Behörde erlassen worden sein, die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde aus.

Liegt sohin ein, wenn auch rechtswidriger, Bescheid vor, so kann die Zuständigkeit derselben Angelegenheit nicht mehr auf den Verwaltungsgerichtshof übergehen. Vielmehr steht bei dieser Rechtslage dem Beschwerdeführer zur Bekämpfung des (letztinstanzlichen) Bescheides der belangten Behörde vom 27. März 1990 die Beschwerdemöglichkeit beim Verwaltungsgerichtshof (Verfassungsgerichtshof) zu. Davon hat der Beschwerdeführer auch Gebrauch gemacht und den Ersatzbescheid der belangten Behörde vom 27. März 1990 ausdrücklich wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde angefochten (protokolliert unter Zl. 90/12/0172). Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 90/12/0172-3, hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid auch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufgehoben.

Damit erweist sich die Säumnisbeschwerde als unzulässig. Sie war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

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