VwGH 90/04/0087

VwGH90/04/008727.11.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 23. Februar 1990, Zl. 04-25 Pu 10-1989/1, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §189 Abs1 Z2;
GewO 1973 §192 Abs1;
GewO 1973 §193 Abs1 Z1;
GewO 1973 §193 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
VStG §44a lita;
GewO 1973 §189 Abs1 Z2;
GewO 1973 §192 Abs1;
GewO 1973 §193 Abs1 Z1;
GewO 1973 §193 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
VStG §44a lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 20. Juni 1989 wurde ausgesprochen, daß die NM-GesmbH im Standort Graz, auf dem Areal der aufgelassenen Tankstelle an der Kreuzung A-Straße/B-Straße/C-Straße, in der Zeit vom 4. Jänner bis 21. Mai 1989 einen Gastgewerbebetrieb, in welchem Pizze sowie Bier und verschiedene nicht alkoholische Getränke verabreicht würden, ausgeübt habe, obwohl die Gesellschaft weder 1.) eine Gastgewerbekonzession, noch 2.) die hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung erwirkt habe. Für diese Verwaltungsübertretungen sei der Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 als einziger handelsrechtlicher Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1.) § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 5 Z. 2 und § 189 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1973, 2.) § 366 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 GewO 1973. Gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1973 wurden über den Beschwerdeführer 2 Geldstrafen in der Höhe von je S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 20 Tage) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 23. Februar 1990 wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe gemäß § 51 Abs. 4 VStG 1950 zu Punkt 1 und 2 mit je S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 4 Tage) bemessen wurde. Der Spruch wurde dahin geändert, daß der Beginn der Tatzeit mit 3. März 1989 festgesetzt wurde und daß die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen dem § 9 Abs. 1 VStG 1950 zu

1.) in Verbindung mit § 366 Abs. 1 Z. 2, § 5 Z. 2 und § 189 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1973 und zu 2.) in Verbindung mit § 366 Abs. 1 Z. 3 und § 74 Abs. 2 GewO 1973 unterstellt wurden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, im angefochtenen Bescheid werde lediglich darauf verwiesen, daß ein konzessioniertes Gewerbe erst nach rechtskräftig erteilter Konzession ausgeübt werden dürfe. In keiner Weise sei die Behörde auf die Argumentation des Beschwerdeführers eingegangen, daß es sich beim Verkauf der Pizzastücke gar nicht um ein konzessioniertes Gewerbe handle. Das gleiche treffe für die Darlegungen hinsichtlich der Betriebsanlagengenehmigung zu, da es nämlich nicht nur darum gehe, ob eine solche notwenig sei, sondern auch um die Frage, inwieweit die angesuchte Genehmigung mit der Begründung blockiert werde, daß nach der Neufassung des § 77 GewO 1973 zuerst die Baubewilligung rechtskräftig vorliegen müsse. Hinsichtlich der Konzession sei vorrangig die Frage zu betrachten, inwieweit die Verteilung von Pizzastücken in einem offenen Standl auf die Straße überhaupt der Konzessionspflicht unterliege, da in keiner Weise ersichtlich sei, weshalb gerade diese Zubereitungsart nicht zur Reihe der von der Ausnahmegenehmigung umfaßten demonstrativ aufgezählten Speisen gezählt werden könne. Weder im Sinngehalt dieser Ausnahmebestimmung "(früher § 190 Zahl 4 GewO., nunmehr § 189 GewO.)", die offenbar jene Gasthäuser, die effektive Menüs den an Tischen sitzenden Gästen servieren, von den sogenannten "Würstelstandln" trennen wolle, noch vom gastronomischen Standpunkt her wäre dies erfindlich. Es sei hiebei auf eine in diesem Zusammenhang bereits gefällte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, mit welchem der angefochtene Bescheid aufgehoben worden sei, um die Frage des Begriffes "auf die Straße" zu klären, und würde dies sicher nicht in rechtlicher Hinsicht notwendig sein, wenn von vornherein diese Art der verabreichten Speisen von der Ausnahmegenehmigung der Konzessionspflicht nicht umfaßt sein könnte. Bei der Frage der Betriebsanlagengenehmigung reiche die Begründung der Behörde, daß allein die Eignung zum Eintritt einer Gefahr ausreiche und diese aufgrund des Pizzaofens im aus Holz bestehenden Stand resultiere, wohl nicht aus. Es handle sich nämlich, was bei genauer Überprüfung feststellbar wäre (dies beziehe sich auch auf Punkt 1.) lediglich um einen Mikrowellenherd, aus dem wahrlich keine Brandgefahr resultieren könne. In rechtlicher Hinsicht sei jedoch auch jene Frage zu betrachten, ob die Behörde - der Beschwerdeführer habe sicherheitshalber dennoch um eine Betriebsanlagengenehmigung angesucht - tatsächlich zu Recht sich materiell nicht in die Genehmigung eingelassen habe, dies mit der Begründung, daß aufgrund der Neufassung des § 77 GewO 1973 zunächst eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegen müsse. Aus dem Wortlaut wie dem Sinngehalt der angeführten Gesetzesstelle gehe dies überhaupt nicht hervor, und hätte - gerade angesichts der Novellierung, man vergleiche hier die alte Fassung - ansonsten derartiges angeführt werden können.

Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, (Z. 2) wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt, und (Z. 3) wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Nach § 189 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 unterliegen die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen der Konzessionspflicht.

Die Erteilung der Konzession für ein Gastgewerbe erfordert gemäß § 193 Abs. 1 GewO 1973 neben der Erfüllung der in § 25 Abs. 1 Z. 1 angeführten Voraussetzungen unter anderem (Z. 1) die Erbringung des Befähigungsnachweises. § 193 Abs. 1 Z. 1 gilt im Grunde des § 193 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, nicht für ein Gastgewerbe, das auf die Verabreichung von gebratenen, gegrillten oder gesottenen Würsten, gebratenem oder gegrilltem Fleisch (ausgenommen Innereien) von Rindern und Schweinen, gegrilltem Geflügel und Fisch, Pommes frites, Fleisch- und Wurstsalaten, Fleisch- und Wurstmayonnaisen, Brotaufstrichen, belegten Brötchen, üblichen kalten Beilagen, wie Essiggemüse, Mayonnaise, Senf, Kren, Brot und Gebäck, in einfacher Art und von vorverpackt angeliefertem Speiseeis sowie auf den Ausschank von Milchmischgetränken, anderen nichtalkoholischen kalten Getränken und Flaschenbier beschränkt ist, bei dem die Verabreichung und der Ausschank nur im Freien oder ins Freie erfolgen und bei dem vom Gewerbetreibenden keine Tische und Sitzgelegenheiten bereit gehalten werden.

Es handelt sich seit dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988 mit 1. Jänner 1989 lediglich um eine Bestimmung über eine Ausnahme hinsichtlich des Erfordernisses des Befähigungsnachweises, nicht jedoch um eine Ausnahme von der Konzessionspflicht. Es erübrigt sich daher, auf die in der Beschwerde enthaltenen Argumente betreffend die Rechtslage nach § 189 GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 einzugehen. Mangels eines im gegebenen Zusammenhang in Betracht kommenden Ausnahmetatbestandes hinsichtlich der festgelegten Konzessionspflicht vermag der Beschwerdeführer mit dieser Argumentation keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Der Beschwerde ist jedoch aus folgenden Gründen Erfolg beschieden: Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört es zu den Grundsätzen jedes Strafverfahrens, daß die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist und daß die Möglichkeit ausgeschlossen wird, er könnte etwa wegen derselben Handlung noch einmal zur Verantwortung gezogen werden. Diesem Konkretisierungsgebot wird in Ansehung des Vorwurfes des Betreibens eines "Gastgewerbes" im Regelfall jedenfalls durch einen Hinweis auf die Betriebsart Rechnung getragen (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1984, Zl. 84/04/0033).

Der angefochtene Bescheid läßt in Verbindung mit Punkt 1 des erstbehördlichen Straferkenntnisses nicht erkennen, wodurch der Tatbestand der unbefugten Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes verwirklicht worden sei. Die belangte Behörde unterließ es, die von ihr als der Konzessionspflicht unterliegend angesehene Tätigkeit im Spruch zumindest durch einen Hinweis auf die Betriebsart zu beschreiben.

Weiters läßt der angefochtene Bescheid in Verbindung mit Punkt 2 des erstbehördlichen Straferkenntnisses im Spruch (§ 44 a lit. a VStG 1950) jegliche dem im § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 vorgesehenen Tatbestandselement "genehmigungspflichtig" und "(§ 74)" entsprechende Feststellung vermissen.

Die belangte Behörde belastete den angefochtenen Bescheid aus den dargelegten Gründen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Höhe des für Schriftsatzaufwand vorgesehenen Pauschalbetrages und den unter dem Titel "Barauslagen" geltend gemachten Betrag (siehe hiezu den Tatbestand "Barauslagen" in § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG).

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