VwGH 90/04/0068

VwGH90/04/006825.9.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol, vom 7. Februar 1990, Zl. II a-19831/6, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §370 Abs2;
GmbHG §18;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 idF 1983/176;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §370 Abs2;
GmbHG §18;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 idF 1983/176;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 1. Februar 1988 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, als im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG 1950 satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma "N-GmbH ."

verantwortlich zu sein, daß durch die genannte Unternehmung in der Zeit vom 24. April 1987 bis 23. September 1987 in Innsbruck, eine gewerbliche Betriebsanlage, nämlich ein Gastbetrieb und zwar die Bar X, welche im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 geeignet gewesen sei, die dortigen Nachbarn durch Lärm, welcher durch die Motoren der Kraftfahrzeuge, welche die dortigen Gäste zum Zufahren bzw. zum Abfahren vom dortigen Gastbetrieb verwendeten, sowie durch die Unterhaltung der diesen Gastbetrieb aufsuchenden und diesen verlassenden Gäste in unmittelbarer Nähe des Gastlokales sowie durch die im Rahmen dieses Gastbetriebes betriebene Lüftungsanlage verursacht werde, zu belästigen, ohne hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 betrieben worden sei. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 begangen, weshalb gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. über sie eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Mit dem als Ersatzbescheid für den mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1989, Zl. 88/04/0134-8, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehobenen Bescheid vom 26. April 1988 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Februar 1990 wurde über diese Berufung wie folgt entschieden:

"Die Berufung der N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Y, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 1.2.1988, Zahl I-12.065/1987, wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß der Spruch wie folgt konkretisiert wird:

Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der N-GmbH und damit als im Sinne des § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1950 satzungsgemäß zur Vertretung der N-GmbH nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß durch die genannte Unternehmung in der Zeit vom 24.4.1987 bis 23.9.1987 in Innsbruck, eine gewerbliche Betriebsanlage, nämlich ein Gastbetrieb und zwar die Bar X betrieben wurde, welche im Sinne des § 74 Abs. 2 Ziffer 2 Gewerbeordnung 1973 geeignet war bzw. geeignet ist, die dortigen Nachbarn durch Lärm, welcher durch die Motoren der Kraftfahrzeuge, die die dortigen Gäste zum Zu- bzw. zum Abfahren vom Parkplatz des Gastbetriebes verwenden, sowie durch die Unterhaltung der diesen Gastbetrieb aufsuchenden und diesen verlassenden Gäste in unmittelbarer Nähe des Gastlokales sowie durch die im Rahmen dieses Gastbetriebes betriebene Lüftungsanlage verursacht wird, zu belästigen, ohne über die hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung im Sinne der § 74 ff.

Gewerbeordnung 1973 zu verfügen.

Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1950 sind als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens S 1.000,--, insgesamt somit S 2.000,-- binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Berufungserkenntnisses zu zahlen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, nicht wegen Übertretung der Gewerbeordnung bestraft zu werden, verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, sie habe in einem Teil des ihr zur Last gelegten Tatzeitraumes das in Rede stehende Gewerbe nicht als handelsrechtliche Geschäftsführerin der N-GmbH., sondern persönlich ausgeübt. Ein Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung treffe sie deshalb nicht, weil sie gutgläubig gewesen sei. Denn der gegenständliche Betrieb sei als Pachtbetrieb geführt worden und sie habe darauf vertrauen können, daß vom Verpächter alle erforderlichen Genehmigungen eingeholt worden seien. Schließlich habe die Behörde ihre Vermögensverhältnisse nicht ausreichend überprüft.

Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund folgender Überlegungen als berechtigt:

Gemäß § 44 a VStG 1950 hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten

  1. a) die als erwiesen angenommene Tat;
  2. b) die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

    c) die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

  1. d) den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
  2. e) im Falle eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

    Diesen Erfordernissen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides, welcher mangels eines Hinweises, daß dadurch nur ein Teil des Spruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses ersetzt werde, zur Gänze an die Stelle des Spruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses trat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1977, Slg. N.F. Nr. 9379/A), insoferne nicht nach, als den Bestimmungen des § 44 a lit. b und c VStG 1950 entsprechende Spruchelemente zur Gänze fehlen.

    Dieser Mangel belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

    Aus Gründen der Prozeßökonomie weist der Verwaltungsgerichtshof für das fortgesetzte Verfahren auf folgendes hin:

    Gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

    Zufolge § 9 Abs. 1 GewO 1973 können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches und Personengesellschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

    Gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 sind Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

    Da somit die Gewerbeordnung 1973 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglich klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 VStG 1950, der die Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber allfälligen entsprechenden Regelungen in den besonderen Verwaltungsgesetzen normiert, § 9 Abs. 2 VStG 1950 nicht anwendbar, es sei denn, daß zur Zeit der angelasteten Tat ein Geschäftsführer nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 nicht bestellt war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1988, Zl. 87/04/0131, und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde als HANDELSRECHTLICHE Geschäftsführerin nach § 9 Abs. 1 VStG 1950 in Anspruch genommen, ohne daß sich die Behörde mit der Frage auseinandergesetzt hätte, ob im Tatzeitraum für die N-GmbH. Ein gewerberechtlicher Geschäftsführer im Sinne des § 9 Abs. 1 GewO 1973 bestellt war.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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